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Erklärung zu diesem zeitpunkt an, dass<br />
es sich um einen herstellungsfehler handelt“.<br />
Jörg Schellenberg vom aktionsbündnis<br />
sagt darauf: „Damals gab es<br />
schon entsprechende Tests. Wenn dem<br />
so gewesen wäre, müsste es Unterlagen<br />
darüber geben.“ Er vermutet, dass die Risse<br />
aus dem laufenden Betrieb heraus entstanden<br />
sind. Die FanC glaubt trotz allem,<br />
dass „es keine gründe gibt, den Reaktor<br />
definitiv abzuschalten“.<br />
Bezüglich der Bewertung der Risse, der<br />
Qualität des Baukörpers, der verwendeten<br />
Materialien, aber auch der Mitglieder<br />
der Kommission gibt es, wie unschwer<br />
zu erkennen ist, einen umfangreichen<br />
und heftigen Meinungsaustausch zwischen<br />
einerseits Electrabel und der FanC<br />
und andererseits den atomkraftgegnern.<br />
zunächst wollte die FanC dem aktionsbündnis<br />
keine auskünfte geben, weil die<br />
Mitglieder nicht in Belgien lebende Personen<br />
seien. Erst der Verweis auf die „aarhus<br />
Konvention“, die das formale Recht<br />
von Bürgern auf zugang zu Umweltinformationen<br />
in Europa regelt, brachte<br />
die atomaufsicht zum Sprechen. Sowohl<br />
was das fachliche Wissen über atomkraftwerke,<br />
Materialien, etc., als auch Kenntnisse<br />
über Personen und deren hintergrund,<br />
aber auch vieler ökonomischer<br />
und politischer zusammenhänge anbetrifft,<br />
scheinen die atomkraftgegner gut<br />
aufgestellt zu sein. Für den Bürger ist es<br />
natürlich nicht einfach, zu unterscheiden,<br />
wer die Wahrheit sagt, Probleme herunterspielt<br />
bzw. aufbauscht. genauso wenig<br />
ist für außenstehende zu erkennen,<br />
ob amtsträger, Fachleute oder Industrie<br />
der Öffentlichkeit gegenüber ehrlich und<br />
transparent sind oder doch eher interessenorientiert<br />
agieren.<br />
Unumstößlich sind allein folgende offensichtliche<br />
Tatsachen: neben den Rissen<br />
steht fest, dass seit 2006 aus einem abklingbecken<br />
von Tihange 1 täglich ca. 2<br />
Liter radioaktiv verseuchtes Wasser auslaufen.<br />
Die Öffentlichkeit wurde bis 2012<br />
nicht darüber informiert und Electrabel<br />
hat das Leck bis heute noch nicht gefunden.<br />
Desweiteren wurde festgestellt, dass<br />
das Reaktorgebäude von Tihange 2 erhebliche<br />
Spuren von Betonkorrosion aufweist.<br />
Dieses gebäude soll aber im schlimmsten<br />
Fall - wie in Fukushima - verhindern,<br />
dass Radioaktivität austritt. Besonders irritierend<br />
ist die Tatsache, dass Tihange 1,<br />
obwohl sieben Jahre älter, 3 Jahre länger<br />
am netz bleiben soll als Tihange 2. „Im<br />
Umkehrschluss muss jeder logisch denkende<br />
Mensch sich sagen, dass Tihange<br />
2 nicht so sicher ist“, sagt Jörg Schellenberg.<br />
Dabei sind die Sicherheitssysteme<br />
von Tihange 1 wesentlich schlechter. Die<br />
EU unterzog nach dem Unglück in Japan<br />
alle atomkraftwerke in den Mitgliedsstaaten<br />
einem sogenannten „Stresstest“.<br />
hierbei werden Situationen simuliert, die<br />
normalerweise nicht vorkommen, aber<br />
unter gewissen Umständen doch eintreten<br />
könnten. Schon im Vorfeld dieser Untersuchung<br />
gab es Streit darüber, ob und<br />
welche Faktoren berücksichtigt würden.<br />
Die atomkraftgegner sahen viele Risiken<br />
gar nicht oder unzureichend kontrolliert.<br />
Trotzdem gab es einige aussagekräftige<br />
Ergebnisse: z.B. könnten im Reaktor Tihange<br />
1 die notstromaggregate im Falle eines<br />
Falles höchstens 7,5 Stunden mit Kraftstoff<br />
aus erdbebensicheren Tanks arbeiten.<br />
Sollten aufgrund äußerer Einwirkung Straßen<br />
und zuleitungen zerstört werden,<br />
würde es danach wie in Japan am Ende<br />
zur Kernschmelze kommen. Weiter wurde<br />
im Rahmen des Tests festgestellt, dass<br />
das Kraftwerk einer Überschwemmung<br />
durch die Maas nicht standhalten könnte.<br />
Bei der Erdbebensicherheit gibt es unterschiedliche<br />
angaben zwischen Betreiber<br />
und atomaufsicht.<br />
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Erwin<br />
Radermacher<br />
(Foto: privat)<br />
titelthemA 26<br />
Maßnahmen<br />
im Ernstfall?<br />
Klar ist, dass all diese Tatsachen die Menschen<br />
in Belgien und den angrenzenden<br />
Staaten beunruhigen. Erwin Radermacher,<br />
Koordinator von „Bürgeraktion gegen<br />
atomkraft in der Dg“, beklagt, „dass<br />
sich viele Menschen gegenüber der Politik<br />
im allgemeinen und gegenüber der<br />
atomlobby im Besonderen ohnmächtig<br />
fühlen.“ Weiter sagt er: „Viele sind sich<br />
nicht der großen gefahr bewusst. Im Extremfall<br />
- und je nach Windrichtung - müssten<br />
ganz Ostbelgien, Teile von nRW und<br />
Luxemburg evakuiert werden.“ Fragt man<br />
bei den zuständigen Politikern deswegen<br />
nach, wird man auch nicht viel schlauer.<br />
Die Regierung der Dg antwortete: „Energieversorgung<br />
und die Sicherheit der<br />
Kernreaktoren sind in Belgien zuständigkeit<br />
des Förderalstaates. (...) Für den Katastrophenschutz<br />
ist der gouverneur der<br />
Provinz Lüttich zuständig.“ Weil man nicht<br />
zuständig ist, darf man sich nicht äußern.<br />
Man hat aber Verständnis für die ängste<br />
der Bürger und verweist auf die einzelnen<br />
Stellungnahmen der Parteien.<br />
Die Stadt aachen verweist auf das Land.<br />
Dort verweist man auf die mit der Strahlenschutzkommission<br />
im Innenministerium<br />
festgelegten abläufe: Werte messen,<br />
Meldepflichten, zu erstellende Prognosen<br />
und entsprechend festzulegende<br />
Maßnahmen. Weiter heißt es: „Die gefahrenabwehrplanungen<br />
sind abhängig von<br />
dem abstand zu den Kernkraftwerken.<br />
In Kreisen in räumlicher nähe zu einem<br />
Kernkraftwerk bestehen detaillierte Vorplanungen.<br />
Für entferntere gebiete (dazu