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Ich bin die schönste Blume<br />
in deinem Garten<br />
Schau, mein Lieber: Ich bin wunderschön<br />
- die Schönste in deinem Garten!<br />
Ich heiße „Fritillaria meleagris“, auf Deutsch<br />
„Schach-“ oder „Schachbrettblume“. Ich<br />
sprieße aus einer zwiebel, habe lineale<br />
Blätter und eine purpurrote, glockige Blüte,<br />
deren Muster durch weiße Linien gebildet<br />
werden.<br />
Wie ich in deinen garten gekommen<br />
bin, weiß ich nicht mehr. Vielleicht war ich<br />
ein zwiebelchen im Wurzelballen einer anderen<br />
Blume oder in einem Sack Blumenerde<br />
versteckt, den du einmal gekauft hast,<br />
wer soll das wissen? Bald werde ich blühen,<br />
meine Blätter habe ich schon vorgeschickt.<br />
Wenn es so warm bleibt, komme ich im<br />
april und bleibe bis Ende Mai. Es ist die<br />
schönste zeit des Jahres für mich. Ich werde<br />
höchstens 30 cm hoch und mache nicht<br />
so viel Brimborium wie meine nachbarin.<br />
Wenn du an einem windstillen abend<br />
zu mir kommst und dein Ohr an meine<br />
glocke hältst, dann hörst du ein sanftes<br />
Bild: Ulrich Velten7pixelio.de<br />
Frühling<br />
Wenn der Winter sagt ade,<br />
die ersten Blümlein sprießen Hajo Mais<br />
aus den letzten Resten Schnee,<br />
den Frühling zu begrüßen.<br />
Die Wiesen werden wieder grün<br />
und überall in der Natur<br />
beginnt ein Knospen und ein Blüh´n<br />
auf des Frühlings Lebensspur.<br />
Und alle Tiere werden wach,<br />
die sich zum Winterschlaf versteckt,<br />
in der Erde, unterm Dach,<br />
der Frühling hat sie aufgeweckt.<br />
Und in der Luft, da ist ein Singen<br />
von der großen Vogelschar,<br />
voll Lebenslust sie alle bringen<br />
dem Frühling froh ihr Ständchen dar.<br />
Auch unsere Herzen werden weit,<br />
wenn die Sonne wieder lacht.<br />
Vergessen ist die Winterzeit<br />
durch des Frühlings Zaubermacht.<br />
Bild: wikimedia.org<br />
Klingen. Das mache ich für die anderen<br />
Blumen, sie haben es sehr gerne, weil der<br />
Klang so sanft und friedlich ist und für die<br />
dicke hummel, damit sie mich besucht. Ich<br />
schenke ihr etwas von meinem nektar und<br />
zum Dank bestäubt sie mich.<br />
Weil ich so schön bin, hat man über<br />
hundert verschiedene arten von mir kultiviert,<br />
die in jedem Boden wachsen, aber<br />
Sonne muss da sein, viel Sonne. Ich bin<br />
giftig und fast ausgestorben. Wild gibt<br />
es mich nur noch ganz selten, eigentlich<br />
schade.<br />
Ich will mich nicht beklagen, aber<br />
neben mir hast du eine unangenehme<br />
Der<br />
Traum<br />
der<br />
alten<br />
Bild: Hans-Joachim Köhn/pixelio.de<br />
JAhresZeiten 24<br />
nachbarin eingepflanzt. Eine angeberin<br />
erster güte, eine herbstzeitlose. Schon<br />
vor mir treibt sie lange schmale Blätter,<br />
nur um darin einen dicken Fruchtknoten<br />
unter zu bringen. Sie nimmt mir die<br />
Sonne am Vormittag, was ich nicht schätze.<br />
Und dieser aufwand, nur für diesen<br />
lächerlichen Fruchtknoten. Denn wenn<br />
der Sommer kommt, erschlafft die ganze<br />
herrlichkeit meiner nachbarin und verschwindet<br />
wieder im Boden. Doch dann,<br />
von august bis Oktober, wenn eine anständige<br />
Blume verwelkt ist, dann schickt<br />
die herbstzeitlose ihre Blüte, dünn, wenig<br />
Substanz, ein größerer Krokus in blaßrosa.<br />
Tödlich giftig ist sie auch. große gesellschaften<br />
stehen oft auf nassen Wiesen und<br />
wenn die Kälber die Blätter oder die Blüten<br />
fressen, dann ist alles zu spät.<br />
Lass uns jetzt Schluss machen, denn<br />
so viel Energie steckt nicht in meinen kleinen<br />
zwiebeln, um mich lange zu unterhalten.<br />
Du kannst schon anfangen,<br />
dich zu freuen, bald<br />
bin ich da.<br />
Erwin Bausdorf<br />
Frühlingsgefühle<br />
Linde<br />
Bild: Elke Sawistowski/pixelio.de<br />
Die Frühlingssonne lockt aus dem<br />
Ein schöner, alter Lindenbaum,<br />
der träumte seinen Wintertraum,<br />
derweil die Flocken fielen.<br />
Er roch der Blüten Süße schon,<br />
er hört der Bienen Summeton,<br />
er sah die Kinder spielen.<br />
Haus, die Fahrradsaison beginnt.<br />
Als Rentnerin kann man sie mitten<br />
in der Woche am hellen Vormittag<br />
eröffnen. Froh über diese Möglichkeit,<br />
radele ich auf ruhigen Wegen<br />
der Mittagssonne entgegen.<br />
Noch drückte schwer die kalte Last, Ein schmaler Fußweg führt an der langen<br />
doch er hielt eisern jeden Ast,<br />
Mauer einer ehemaligen gießerei vorbei.<br />
wurd´ es auch kalt und kälter,<br />
Mit Kreide und Farbe aus der Spraydose ist<br />
rüttelt die Zweige auch der Sturm, die graue Fläche bemalt und beschrieben.<br />
nagt an der Wurzel auch ein Wurm; Und da steht es: „anne P., ich liebe Dich für<br />
er wurde ein Jahr älter.<br />
immer!“ Der Schreiber hat mich zwar mit<br />
Der Frühling hat ihm wahr gemacht, Sicherheit nicht gemeint, aber getroffen:<br />
was trotzig träumend er erdacht,<br />
Beschwingt radele ich weiter.<br />
in langen Wintertagen.<br />
- Einer liebt mich für immer!<br />
Die Sonne wärmte seine Haut,<br />
die alte Linde jubelt laut:<br />
Ja, träumen hilft, nicht klagen!<br />
Was für ein<br />
Frühlingstag!<br />
Beide Texte:<br />
Anne Priem