Subjekt als System
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<strong>Subjekt</strong> <strong>als</strong> Operationsform des psychischen <strong>System</strong>s: Psychisches <strong>System</strong> und soziale Umwelt<br />
eigenen Selbst bei anderen im <strong>System</strong> referenziert.<br />
Unter dieser Prämisse steht die Schlussfolgerung, dass Sozialisation immer<br />
Selbstsozialisation ist. Wenn die soziale Umwelt nicht <strong>als</strong> beeinflussender<br />
Faktor des <strong>System</strong>s auftreten kann, so wirkt diese ausschließlich über die vom<br />
Bewusstsein erzeugten Vorstellungen.<br />
"Man muß demnach davon ausgehen, daß ein sich selbst sozialisierendes <strong>System</strong> die<br />
gesellschaftlich gestellten Anforderungen mit eigenen Mitteln aufgreifen und bewältigen<br />
muß." (Luhmann 1995b, 88)<br />
Dieses Verständnis von Sozialisation <strong>als</strong> Selbstformung steht mit dem<br />
modernen Sozialisationsverständnis in Einklang.<br />
3.5 Psychisches <strong>System</strong> und soziale Umwelt<br />
Bewusstseinssysteme sind füreinander und für ihre Umwelt intransparent.<br />
Wenn jemand seine Aufmerksamkeit auf einen anderen Menschen richtet und dabei<br />
bemerkt, daß ihm die Aufmerksamkeit seines Gegenüber gilt, dann entstehen eigentümliche<br />
Probleme (…). Das Sich-Beziehen, das Referieren auf einen Mitmenschen, in dessen<br />
Aufmerksamkeit man selbst <strong>als</strong> Bezugspunkt, <strong>als</strong> Referent fungiert, ist Referieren auf<br />
Referieren auf Referieren ..., <strong>als</strong>o zirkulär. Derartiges zirkuläres Referieren konstituiert ein<br />
'bodenloses' Geschehen. Referenz-Zirkel unterbinden jeden Versuch der Attribution. Ein<br />
Referieren, das <strong>als</strong> Referent seines Referenten fungiert, findet keinen Anhaltspunkt für die<br />
Entscheidung darüber, wer agiert und wer reagiert. Jeder Zurechnungsversuch erscheint <strong>als</strong><br />
willkürlich. Es gibt keinen Anfang und kein Ende, keine Ursache und keine Wirkung. Solch<br />
zirkuläre Referenz ist der prozessual-dynamische Rahmen, in dem sich doppelte<br />
Kontingenz ereignet. Wenn Ego auf Alter und Alter auf Ego referiert, kommt es<br />
unausweichlich zu dem, was Jürgen Habermas <strong>als</strong> "den mißlichen Zirkel doppelter<br />
Kontingenz" bezeichnet. (Markowitz 1991, 27)<br />
Refererieren auf referieren, die dadurch entstehende Zirkularität ist für die<br />
Beteiligten problematisch. Die Referenzen (Beobachtungen) der <strong>System</strong>e<br />
werden zirkulär (Referenzzirkel). Referenzzirkel sind grundsätzlich in sich<br />
geschlossen, tautologisch und paradox. Daraus entsteht das Problem doppelter<br />
Kontingenz, <strong>als</strong>o dass ein Bewusstsein nicht weiß, was ein Gegenüber in einer<br />
bestimmten Situation tun wird und denkt und umgekehrt.<br />
Luhmanns Vorschlag zur Lösung dieses Problems ist die Einführung des<br />
Begriffes Person <strong>als</strong> Form 37 .<br />
Die Form psychischer <strong>System</strong>e ist bereits im Rahmen der obigen Überlegungen<br />
beschrieben worden. Sie basiert im wesentlichen auf der primären Leitdifferenz<br />
von Selbstreferenz/Fremdreferenz und den aus dem Reentry der <strong>System</strong>form in<br />
das <strong>System</strong> entstehenden Paradoxien und die zu deren Bewältigung<br />
37 Wobei Form hier im strengen Sinne des Formkalküls zu sehen ist<br />
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