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Rezensionen durch Michael Sturm-Berger seit 1991 - Sturm-berger.de

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Rudgleys erklärte Absicht hingegen ist es zu zeigen, ”dass alle Elemente <strong>de</strong>r Zivilisation -<br />

Schrift, wissenschaftliches Denken und wissenschaftliche Praxis, medizinisches Wissen,<br />

Technologie und Kunst - in <strong>de</strong>r Steinzeit vorhan<strong>de</strong>n waren.” (S. 27)<br />

Im Kapitel I (S. 28-61: ”Steinzeitzivilisationen”) nennt er auch Konfliktthemen <strong>de</strong>r<br />

Forschung: Urmonotheismus; Anthropomorphisierung von Gottes-Vorstellungen schon vor<br />

<strong>de</strong>m 4. Jahrtausend v. Chr.; Wan<strong>de</strong>l von <strong>de</strong>r Darstellung schwangerer Frauen zur ‚Göttin‘;<br />

Frage <strong>de</strong>s Verhältnisses von Matriarchat/Mutterrecht/Patriarchat.<br />

Er griff anschließend die be<strong>de</strong>utsame Frage nach <strong>de</strong>m Alter <strong>de</strong>r japanischen Dschomon-<br />

Keramik und <strong>de</strong>ren Verwandten in Ostsibirien und China auf (S. 51-60), das bis um 11.000 v.<br />

Chr. zurück reichen könnte. Zwar wer<strong>de</strong>n diese Kulturen im Allgemeinen als ‚rückständig‘<br />

angesehen, hatten aber anscheinend auch erstaunliche ökologische Fähigkeiten (S. 57-60).<br />

Im II. Kapitel (”Die Muttersprache”; S. 62-82) stellte er die universal-sprachlichen<br />

Hypothesen Merrit Ruhlens, Joseph Greenbergs und Aron Dolgopolskys dar, wobei 17<br />

Sprachgruppen weltweit erschlossen wur<strong>de</strong>n. Aus Wortwurzel-Vergleichen kann man dabei<br />

eine ”protoglobale” Sprache rekonstruieren, <strong>de</strong>ren Alter etwa 40.000 Jahre zurück reichen<br />

könnte. S. 73 bezeichnete er irrtümlich ”die jungpaläolithische Perio<strong>de</strong>” als ”<strong>de</strong>n jüngsten<br />

Abschnitt <strong>de</strong>r Steinzeit”. Spätestens ab hier fällt auch eine unserer Zeit vielleicht sogar<br />

entsprechen<strong>de</strong> Mischung aus alter und neuer <strong>de</strong>utscher Rechtschreibung auf, die <strong>de</strong>r<br />

Übersetzer wählte: z. B. <strong>durch</strong>gängiger Gebrauch von ”dass”, aber alte Zeichensetzung. S. 75<br />

wur<strong>de</strong> beim Wortvergleich das schwedische ”mag” für ‘Schwiegersohn‘ entstellt, ebenso 76<br />

irrtümlich ”Rektrum” statt ‘Rektum‘.<br />

Kap. III (S. 83-98: ”Ein neuer Rosetta-Stein”) han<strong>de</strong>lt von <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r Schrift aus<br />

<strong>de</strong>n ”tokens” Das sind Tonplastiken, die zu zählen<strong>de</strong>n Gegenstän<strong>de</strong>n entsprechend geformt<br />

und bis frühestens 8000 v. Chr. zurück datiert wur<strong>de</strong>n. Sie ermöglichten anscheinend über<br />

fünf Jahrtausen<strong>de</strong> lang Wirtschafts-Aufzeichnungen im Bereich <strong>de</strong>s ‘Fruchtbaren<br />

Halbmon<strong>de</strong>s‘. Ein beschrifteter Tonbehälter aus Nuzi, welcher die <strong>de</strong>r Inschrift<br />

entsprechen<strong>de</strong>n ”Zählmarken” enthielt, wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckerin dieser Zusammenhänge<br />

als Entsprechung zum ägyptisch-griechischen Rosettastein angesehen, <strong>de</strong>r einst zur<br />

Entzifferung <strong>de</strong>r Hieroglyphen führte. S. 83 und 86 benutzte <strong>de</strong>r Übersetzer <strong>de</strong>n Anglizismus<br />

”kuneiform” für ‘keilförmig, keilschriftlich‘. Bereits gegen En<strong>de</strong> dieses Kapitels stellte<br />

Rudgley die Frage nach möglichen paläolithischen Belegen für Zählsysteme (S. 95-98).<br />

Im Kap. IV (”Die Zeichen <strong>de</strong>s alten Europa: Schrift o<strong>de</strong>r Vorläuferschrift?” S. 99-120)<br />

behan<strong>de</strong>lte <strong>de</strong>r Autor hauptsächlich die Zeichen <strong>de</strong>r rumänischen Vinca- und <strong>de</strong>r bulgarischen<br />

Karanovo-Kultur, wobei er die umstrittenen Thesen von Marija Gimbutas und Harald<br />

Haarmann zur Entwicklung <strong>seit</strong> <strong>de</strong>m 6. Jahrtausend v. Chr. referierte. Interessant erscheint,<br />

dass etwa ein Drittel <strong>de</strong>r Vinca-Zeichen später in <strong>de</strong>r kretischen Linear A-Schrift auftauchten<br />

und fast die Hälfte von <strong>de</strong>ren Zeichenvorrat ausmachen. Man hat hier an Kultur-Übertragung<br />

<strong>durch</strong> eine Art Völkerwan<strong>de</strong>rung gedacht. Lei<strong>de</strong>r ist in diesem Kapitel <strong>de</strong>r Ortsname Vinca<br />

<strong>durch</strong>gängig als ”Vina” verschrieben - nur in <strong>de</strong>r Bibliografie fin<strong>de</strong>n wir ihn einmal korrekt<br />

wie<strong>de</strong>rgegeben (S. 437). Mit drastischen Worten beschrieb <strong>de</strong>r Autor, was geschähe, ”wenn<br />

die alteuropäische Schrift zweifelsfrei bewiesen wür<strong>de</strong>. Es wür<strong>de</strong> nichts weniger als <strong>de</strong>n<br />

Zusammenbruch <strong>de</strong>r gegenwärtigen Vorstellung von Zivilisation be<strong>de</strong>uten.” (S. 119f.)<br />

”Die paläolithischen Ursprünge <strong>de</strong>r Schrift” sind das Thema von Kap. V. (S. 121-142),<br />

wobei es um die Frage nach <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung von mittlerweile Millionen belegter Zeichen<br />

symbolischer Art aus <strong>de</strong>m Jung-Paläolithikum geht. Dabei wur<strong>de</strong> gezeigt, dass 89 dieser<br />

Zeichen auch innerhalb verschie<strong>de</strong>ner früher Schriftsysteme wie<strong>de</strong>rkehren. Dass es darüber<br />

hinaus schon so etwas wie Markierungen gab, die Informationen in Form von Kerben usw.<br />

enthielten, scheint so gut wie sicher zu sein (Merkhilfen: AMS = Artifical Memory Systems).<br />

Als ”Paläowissenschaft” (Kap. VI; S. 143-173) bezeichnete Rudgley die aus <strong>de</strong>n<br />

steinzeitlichen Werkzeugen und Merkhilfen erschließbaren Kenntnisse <strong>de</strong>s Messens und<br />

Zählens. Letzteres wird in <strong>de</strong>r Übersetzung als ”Fünfer-Zwanzig-System” bezeichnet, <strong>de</strong>nn<br />

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