Rezensionen durch Michael Sturm-Berger seit 1991 - Sturm-berger.de
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die angebliche Nähe mo<strong>de</strong>rner westlicher Staatsformen zum Sakralkönigtum gehen einher mit<br />
massiver Kritik an Christentum (vgl. dazu auch S. 189f.) und Monotheismus. In diesem<br />
Zusammenhang hätte er jedoch gerne "die menschliche Welt in ihren Fundamenten gestärkt<br />
und <strong>de</strong>shalb mit mehr religiösem Heil" ausgestattet gesehen (160).<br />
Im Wörtlich-Nehmen von Metaphern sah Strohm eine mögliche Quelle von Schizophrenie<br />
(161), doch habe <strong>de</strong>r "spielerische Umgang" mit ihnen als Quelle von Humor und Heiterkeit<br />
die "Irritationen <strong>durch</strong> Zarathustra"(!) überstan<strong>de</strong>n (163, vgl. 232).<br />
S. 162-182 han<strong>de</strong>ln auch von <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utsamen Rolle, welche Tiere als bildhafte Metaphern in<br />
diesem Zusammenhang bis heute spielen, was er allmählich zur entwicklungspsychologischen<br />
Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Drachenbegriffes überleitete (178-186).<br />
Danach zweifelte er gar an <strong>de</strong>r Herkunft wesentlicher Elemente <strong>de</strong>s Christentums aus <strong>de</strong>m<br />
Ju<strong>de</strong>ntum, son<strong>de</strong>rn hielt "parthische Wurzeln" für wahrscheinlicher, was eine <strong>de</strong>r Ursachen<br />
für Ju<strong>de</strong>n-Verfolgungen gewesen sei (189f.)! (Und das, obwohl gera<strong>de</strong> die Perserkönige zuvor<br />
exilierte Ju<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>ren Land zurück gesandt hatte!)<br />
Zusammenhänge zwischen verschie<strong>de</strong>nen Arten <strong>de</strong>s Opfers verfolgte er wie<strong>de</strong>r bis ins Jung-<br />
Paläolithikum zurück (190-193). Im anschließen<strong>de</strong>n Abschnitt mit <strong>de</strong>m Titel "Auszug" (Kap.<br />
III.6. = S. 193-206) arbeitete er die Rolle von Narren, Akrobaten, Karnevals-Umzügen und<br />
Magie heraus, brachte Natur- und menschliche Schauspiele in Verbindung, wobei<br />
Tagesanbruch, Morgenröte und das entwicklungs-psychlogische "Verlassen <strong>de</strong>r Höhle" als<br />
Brennpunkte gewählt wur<strong>de</strong>n (dazu Abb. 13: Felszeichnung aus Bohuslän!).<br />
Im IV. Kapitel wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r erste Abschnitt <strong>de</strong>m "Abschied von Aditi" (vgl. o.) gewidmet<br />
(207-229), einer Wandlung <strong>de</strong>s Mutterbil<strong>de</strong>s, die sich anscheinend im 5./6. Lebensmonat<br />
vollzieht und zu Us(ch)as, <strong>de</strong>r personifizierten "Morgenröte" führt. Dies sah <strong>de</strong>r Autor schon<br />
<strong>durch</strong> Befun<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m neolithischen †atal Hüyük (222-229 mit Abb. 14) und letztlich auch<br />
<strong>de</strong>s Jung-Paläolithikums gestützt, wofür die Gesichtslosigkeit ganz früher Frauen-<br />
Darstellungen spreche, welche <strong>de</strong>r kindlichen Wahrnehmung im Alter von etwa vier Monaten<br />
zuzuordnen seien.<br />
"Der Zauber <strong>de</strong>r Usas" (IV.2. = S. 229-251) stelle <strong>de</strong>n Unterbau frühkindlicher Sexualität dar,<br />
auch eine mögliche Ursache späterer Neigung zur Polygamie (232f.). Den Ursprung <strong>de</strong>s<br />
Schminkens scheint <strong>de</strong>r Autor in <strong>de</strong>r Betonung mütterlicher Züge gegenüber eigenen Kin<strong>de</strong>rn<br />
gesehen zu haben. (Ungeachtet <strong>de</strong>ssen, dass etwa <strong>de</strong>r Name <strong>de</strong>s antiken Schminkstoffes und<br />
Elementes Antimon 'gegen Einsamkeit' be<strong>de</strong>utet haben dürfte.)<br />
Strohm begeistert sich so für die jugendlich-reizvolle "Mutter" Us(ch)as, dass er S. 239f.<br />
meinte, wie<strong>de</strong>r einmal heftige Kritik an <strong>de</strong>n "späteren Vaterreligionen, zumin<strong>de</strong>st ihre(n)<br />
fundamentalistischen Varianten" üben und für die "ewig junge Göttin <strong>de</strong>r Morgenröte"<br />
werben zu müssen, <strong>de</strong>ren Wie<strong>de</strong>rerscheinen er nun in <strong>de</strong>r europäischen Aufklärung zu<br />
erkennen glaubte.<br />
Interessant erscheinen seine Bemerkungen über etymologische Zusammenhänge zwischen<br />
<strong>de</strong>n Wortfel<strong>de</strong>rn für 'Braut' und 'Nebel' im Griechischen (S. 242 mit Anm. 46 auf S. 300), was<br />
er allerdings mit <strong>de</strong>r Schleierfrage verband. Das mütterlich-kindliche Spiel mit <strong>de</strong>m Schleier<br />
usw., welches er ebenfalls etymologisch beleuchtete (244) sei im Rgveda und an<strong>de</strong>ren alten<br />
Mythologien verbreitet und ein Pfeiler <strong>de</strong>r alten Weltordnung gewesen, <strong>de</strong>nn "Usas galt als<br />
Hüterin" ... "<strong>de</strong>r Schöpfungsordnung insgesamt." (251) Da wun<strong>de</strong>rt auch nicht mehr, was er<br />
kurz zuvor mit Blick auf alt-orientalische Mythen über "Götter solchen Alters noch heute" -<br />
gemeint sind Kleinkin<strong>de</strong>r (249, vgl. auch 257) - und "Weitergabe dieses weltfundieren<strong>de</strong>n<br />
Heils <strong>durch</strong> die Lie<strong>de</strong>r an Usas" (250) schrieb.<br />
Im nachfolgen<strong>de</strong>n Abschnitt über Sexualität (251-272) rang er mit sich um auch <strong>de</strong>r<br />
Prostitution etwas psychologisch Ansprechen<strong>de</strong>s abzugewinnen (252-256), bis er sich<br />
schließlich entschied diese als Gleichnis aufzufassen (257), wobei er in erstaunlicher Weise<br />
über eine angeblich "wachsen<strong>de</strong> psychische Gesundheit unserer westlichen Kulturen"<br />
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