Rezensionen durch Michael Sturm-Berger seit 1991 - Sturm-berger.de
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Religions-Historiker im Hinblick auf die Archäologie. Je<strong>de</strong>nfalls hoffe ich, dass es <strong>seit</strong> seiner<br />
Publikation noch an<strong>de</strong>re außer mir gelesen haben. Ich wer<strong>de</strong> mich im Folgen<strong>de</strong>n bemühen, in<br />
Kürze und Verständlichkeit einige Thesen dieser Beiträge zu skizzieren - neben Erwähnungen<br />
einiger notwendiger Kritikpunkte.<br />
Die 13 Kapitel <strong>de</strong>s Buches haben eine recht unterschiedliche Länge (Kap. VII: 5 Seiten; Kap.<br />
VIII: 74 S.), wobei Kap. IV bis VIII engere inhaltliche Verbindungen aufweisen, da sie sich<br />
im Wesentlichen mit <strong>de</strong>m 2. Jt. v. Chr. beschäftigen.<br />
Ein Versuch vollständiger Darstellung ur- und frühgeschichtlicher Religion(en) wur<strong>de</strong> vom<br />
Autor nicht angestrebt, son<strong>de</strong>rn die Beiträge zeigen Arbeitsschwerpunkte, <strong>de</strong>nen er sich<br />
gewidmet hat, insbeson<strong>de</strong>re aus <strong>de</strong>r Bronzezeit und im Bun<strong>de</strong>sland Bayern.<br />
"I. Zur Religionsgeschichte <strong>de</strong>r Urmenschheit" (S. 9-24) grün<strong>de</strong>t auf nicht weniger als acht -<br />
zwischen 2001 und 2006 erschienenen - Veröffentlichungen H. Müller-Karpes (vgl. Anm. 1<br />
u. 2 auf S. 9). Es ging <strong>de</strong>m Autor dabei um <strong>de</strong>n Gegensatz zwischen geistes-geschichtlichen<br />
und materialistischen Ansätzen zur Erklärung <strong>de</strong>r menschlichen Seinsweise, um die Frage<br />
einer geistigen Dimension, die Menschliches und Göttliches miteinan<strong>de</strong>r verbin<strong>de</strong>t. Dabei<br />
setzte er sich sehr kritisch mit einigen materialistischen Anschauungen auseinan<strong>de</strong>r, in<strong>de</strong>m er<br />
<strong>de</strong>ren unhaltbare Grundlagen betonte. Geistbefähigung als Wahrnehmung <strong>de</strong>s Göttlichen,<br />
Kommunikation damit, Erkenntnis eigener Kreatürlichkeit, Demut, Dankbarkeit und<br />
Verehrung sind zugehörige Schlüsselbegriffe. Die Forschung sei sicher, dass prähistorische<br />
Kunst religiösen Ursprunges war; <strong>de</strong>ren Deutung als Votivgaben sei wahrscheinlich. Etwas<br />
<strong>de</strong>taillierter ging M-K. (so kürzte er sich selber ab) auf die mutmaßliche Beterfigur (Adorant)<br />
aus <strong>de</strong>r Geißenklösterle-Höhle bei Ulm ein: Auf Grund ihrer <strong>durch</strong> Markierungen<br />
ange<strong>de</strong>uteten Beziehung zur Zeitmessung fasste er sie als Votivgabe an die Gottheit - in<br />
Dankbarkeit für die Zeiteinteilung <strong>durch</strong> Mond und Sonne - auf.<br />
"II. Zum Beginn <strong>de</strong>s Neolithikums als religionsgeschichtliche Zäsur" (S. 25-33) stellt die<br />
Neufassung eines Textes von 1970 dar, zu <strong>de</strong>m er danach mehrfach Erweiterungen<br />
veröffentlicht hatte (Anm. 1 auf S. 25). Er bestätigte <strong>de</strong>n Einschnitt zwischen Alt- und<br />
Jungsteinzeit bezüglich Naturbeherrschung und Vermehrung materieller Besitztümer. Geistig<br />
und sozial habe es aber auch Abstieg gegeben: Soziale Spannungen führten zur<br />
Herausbildung von Kriegsführung und die von M-K. erwogene urmonotheistische<br />
Grundanschauung ging nach neueren Befun<strong>de</strong>n anscheinend schon im 10. Jt. v. Chr. verloren.<br />
Seit 1988 wur<strong>de</strong> nämlich die Erforschung <strong>de</strong>s präkeramischen Neolithikums im Vor<strong>de</strong>ren<br />
Orient vorangetrieben und führte zur Ent<strong>de</strong>ckung großer Sakralbauten aus Stein. Der Autor<br />
sah in <strong>de</strong>n großen Steinpfeilern mit abstrakten An<strong>de</strong>utungen menschlicher Elemente<br />
Groß<strong>de</strong>nkmäler für verschie<strong>de</strong>ne Gottheiten. Seine Hauptbegründung für diesen Schluss ist<br />
dabei - neben <strong>de</strong>r abstrakten Stilisierung - die übermenschliche Monumentalität <strong>de</strong>r bis zu 5 m<br />
hohen Steinkolosse von Nevali Cori, Urfa und Göbekli Tepe. "Bisher hatte man Derartiges<br />
erst für spätere Abschnitte <strong>de</strong>s Neolithikums in Betracht gezogen, woraus dann die frühen<br />
Hochkulturen entstan<strong>de</strong>n. Die Göbekli Tepe-Befun<strong>de</strong> machen es jetzt wahrscheinlich, dass<br />
solche Vorgänge bereits weit früher stattfan<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>s Neolithikums darstellten"<br />
(S. 28). Ich <strong>de</strong>nke, dass man dabei auch ins Übermenschliche erhöhte Ahnen, Geister, Heroen,<br />
Kulturbringer, Priester o<strong>de</strong>r Schamanen erwägen könnte. Es wird wohl ein künftiges<br />
Forschungsthema bleiben, sich <strong>de</strong>r Lösung ungeklärter Fragen neolithischer Religion(en)<br />
anzunähern. Mit seiner Stellungnahme im vorliegen<strong>de</strong>n Beitrag gab M-K. übrigens seine<br />
früher oft geäußerte These von <strong>de</strong>r Mythen- und Polytheismus-Entstehung am Beginn <strong>de</strong>r<br />
Hochkulturen um 3.000 v. Chr. auf und erschloss nun, dass dieser Prozess etwa 6.500 Jahre<br />
früher stattgefun<strong>de</strong>n haben soll als zuvor von ihm erwartet! Zu Abbildung 2,5 auf S. 29 fehlt<br />
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