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Wagner- geburtstagskonzert II - Staatskapelle Dresden

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Epochengestalt der europäischen Musik:<br />

Hans Werner Henze (<strong>Dresden</strong>, 1997)<br />

sich ausschlossen. Die »Sehnsucht nach dem vollen, wilden Wohlklang«<br />

übte einen ebenso bedeutenden Einfluss auf sein kompositorisches Koordinatensystem<br />

aus wie die sich selbst auferlegte Forderung, als Künstler eine<br />

Antwort zu finden auf die ihn umgebende Welt, die aktuellen kulturellen,<br />

politischen, sozialen Geschehnisse. Sein Schaffen, das mehr als sechs Jahrzehnte<br />

überspannt, kündet von seiner Auseinandersetzung mit den Künsten<br />

weit über die Grenzen der Musik hinaus, mit Literatur, Theater, Tanz, Bildender<br />

Kunst, aber auch mit dem Zeitgeschehen, der Geschichte, der Kultur<br />

und Natur des Menschen im weitesten Sinne. Das Bekenntnis zum Kunstschönen<br />

und zur Wahrheit der musikalischen Aussage sind Kernaspekte in<br />

der Ästhetik Henzes.<br />

Seine Ausbildung begann der gebürtige Westfale an der Staatsmusikschule<br />

im niedersächsischen Braunschweig, ehe Wolfgang Fortner in<br />

Heidelberg und René Leibowitz in Paris seine Lehrer wurden. In den späten<br />

1940er Jahren kam Henze mit dem Serialismus und den Darmstädter Ferienkursen<br />

für Neue Musik in Berührung, deren Maximen er nur eingeschränkt<br />

folgte. Unglücklich über die mangelnde Aufarbeitung des Dritten Reiches in<br />

der Nachkriegsrepublik und den ästhetischen Dogmatismus in der Avantgarde,<br />

verließ er 1953 Deutschland und zog nach Italien. Die räumliche und<br />

geistige Distanz zur deutschen Musikszene sowie die Erfahrungen in seiner<br />

Wahlheimat verhalfen seinem Komponieren zu neuem Ausdrucksreichtum.<br />

In den 1960er Jahren wirkte Hans Werner Henze als Ständiger Gastdirigent<br />

der Berliner Philharmoniker und unterrichtete am Salzburger Mozarteum<br />

eine Meisterklasse, in Köln hatte er von 1980 bis 1991 eine Professur<br />

für Komposition inne. Er war Composer-in-Residence u.a. am Berkshire<br />

Music Center in Tanglewood/Massachusetts (USA) und widmete sich einer<br />

Vielzahl musikpädagogischer und kulturpolitischer Projekte. 1976 gründete<br />

er den Cantiere Internazionale d’Arte in Montepulciano/Toskana, eine jährlich<br />

stattfindende Musik-Werkstatt, 1988 rief er die Münchener Biennale ins<br />

Leben, deren Intendant er bis 1996 war.<br />

Das Œuvre Henzes ist so umfangreich wie vielgestaltig. Im Zentrum<br />

seiner Werke für Orchester stehen die zehn Symphonien, daneben widmete<br />

er sich sämtlichen Gattungen, von Solokonzerten und Oratorien bis zu<br />

Lieder zyklen und Kammermusik. Nicht zu vergessen, was selbstverständlich<br />

ist für einen derart literarisch interessierten Künstler: das Musiktheater.<br />

Mit seinen mehr als 40 Werken für die Opern- und Ballettbühne, für Funk<br />

und Fernsehen wurde er zu einem der meistgespielten zeitgenössischen<br />

Komponisten unserer Tage. Er erhielt zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen,<br />

darun ter mehrere Ehrendoktorate, den Ernst von Siemens Musikpreis<br />

(1990), den Praemium Imperiale des japanischen Kaiserhauses (2000),<br />

den Cannes Classical Award in der Kategorie »Best Living Composer« (2001)<br />

sowie das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit<br />

Stern (2008). Er wurde zum Accademico Onorario der Accademia Nazionale<br />

di Santa Cecilia in Rom (1995), zum Chevalier der Légion d’Honneur (2003)<br />

und zum Ehrenbürger von Montepulciano (1996) ernannt.<br />

Die Geschichte der <strong>Staatskapelle</strong> und der Staatsoper <strong>Dresden</strong> ist<br />

auch und gerade eine Geschichte bedeutender Komponisten, die dem Orchester<br />

und der Oper verbunden waren und sie geprägt haben. Als einer<br />

der wichtigsten Musikdramatiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

ist Hans Werner Henze seit 1961 auf den Spielplänen dieses Hauses vertreten,<br />

in Konzert, Oper und Ballett, 1966 stand er auch selbst am Pult<br />

der <strong>Staatskapelle</strong>, um seine Kompositionen zu dirigieren. Längst markiert<br />

seine Musik, in dieser Saison vielfach in den Symphoniekonzerten, Kammer-<br />

und Aufführungsabenden der <strong>Staatskapelle</strong> zu hören, ein gewichtiges<br />

Kapitel in der Historie der Semperoper. Ein Kapitel, das eine mehr als fünf<br />

Jahrzehnte währende Aufführungstradition seiner Werke umfasst – und<br />

damit doch gerade erst eröffnet ist.<br />

30 31 <strong>Wagner</strong>-Geburtstagskonzert <strong>II</strong>

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