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Demonstrativ. Peter Fritzenwallners absurde<br />

Streifzüge sind Inszenierungen der<br />

Sinnlosigkeit, Nutzlosigkeit und Ortlosigkeit.<br />

Als Vorlage nimmt er das Medium<br />

der Demonstration her.<br />

Fotos: Johannes Puch, Fritzenwallner<br />

Es ist einer dieser besonders schönen<br />

Herbsttage, als sich vor dem Bad Kleinkirchner<br />

Hallenbad rund 200 Menschen<br />

zum „Kunst-Wandern“ einfinden. „Public<br />

Art Walk mit Hamish Fulton“ heißt die<br />

Veranstaltung zum Start des „nock/art-<br />

Festivals“. Obwohl sie nur für eine Stunde<br />

anberaumt ist, sind die Teilnehmer gut ausgerüstet.<br />

Viele tragen Wanderschuhe, einige auch Hightech-<br />

Funktionskleidung. Man kann ja nie wissen . . . Um<br />

10.15 Uhr tritt der Künstler vor die Menge und erklärt<br />

den Ablauf: In sechzig Minuten soll eine 300 Meter<br />

lange Strecke zurückgelegt werden. Nicht mehr,<br />

nichts sonst. <strong>Die</strong> Menge wird in zwei Gruppen geteilt<br />

und soll sich von zwei unabhängigen Punkten in<br />

einer regelmäßigen Einerreihe gegenläufig aufeinander<br />

zubewegen, um anschließend den Ausgangspunkt<br />

der jeweils anderen Gruppe anzusteuern.<br />

<strong>Die</strong> erstaunte Reaktion der Teilnehmer über die<br />

Kürze der Strecke, die langsame Gehgeschwindigkeit, ist<br />

dem britischen Künstler nicht fremd. „Sie fragen sich<br />

vielleicht“, fährt er fort, „warum soll man das tun? Wann<br />

habe ich so etwas das letzte Mal gemacht? Nun, es gibt<br />

kein letztes Mal. Es geht darum, dass Sie es noch nie<br />

getan haben und dass dieses Mal das erste Mal sein wird.<br />

Es geht um die Erfahrung. Vielleicht fragen Sie sich auch:<br />

„Wir bauen gemeinsam<br />

eine<br />

Erfahrung, kein<br />

Objekt“, sagt<br />

Hamish Fulton.<br />

Ist das Kunst? Nun, ich bin Geh-Künstler, das ist die Art<br />

von Kunst, die mich interessiert. Wir gehen und bauen<br />

auf diese Weise gemeinsam eine Erfahrung, kein Objekt.<br />

Das Kunstwerk, das entsteht, besteht aus Menschen.“<br />

Mehr als Land-Art. Für Hamish Fulton ( Jahrgang 1946),<br />

eine der Schlüsselfiguren der internationalen Konzeptkunst,<br />

ist Gehen seit langem ein zentraler Bestandteil<br />

seiner Kunst. Natur und die Bewegung in ihr<br />

spielt da eine zentrale Rolle. <strong>Die</strong> Verbindung mit der<br />

Land-Art, die ihre hauptsächliche Ausprägung im<br />

skulpturalen Objekt findet, greift aber zu kurz. So<br />

meditativ und ästhetisch Fultons Aktionen auch<br />

erscheinen: Bei ihm geht es stets auch um die Mitwirkung<br />

und Teilhabe der Teilnehmer – manchmal<br />

auch um eine politische Geste, etwa beim „Slowalk<br />

(In support of Ai Weiwei)“ für die Freiheit der Kunst.<br />

Mit seinen Walks rührt Fulton an einen Nerv der<br />

Zeit, der sich im aktuellen Kunstgeschehen widerspiegelt.<br />

Zwar ist das Gehen vor allem seit der wechselseitigen<br />

Durchdringung der bildenden und performativen<br />

Künste in den 1970ern zum eigenen künstlerischen<br />

Formelement geworden. Man denke etwa an die Aktionen<br />

des Rumänen André Cadere (1934–78), der mit einem<br />

bemalten Stock durch die Straßen und Galerien von<br />

Paris wanderte, so dass seine Kunst gar keine Ausstellun-<br />

<strong>Schaufenster</strong> 27<br />

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