Die Presse Schaufenster
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Blindtext. Sedis audaere nduciditiis voloreni nimo temquias<br />
as sitatur, volecatem esMet vendi dolo corpos nobis<br />
Erstaunt. See-Elefanten-<br />
Baby auf der Hauptinsel<br />
von Südgeorgien.<br />
In so einem Moment frage ich mich schon, was ich<br />
hier mache“, sagt mein Gegenüber und versucht<br />
mit einiger Würde, etwas Butter auf die Semmel zu<br />
schmieren. Gar nicht so leicht, wenn ständig alles in<br />
Bewegung ist – der Teller, das Messer, das Gebäck,<br />
die Butter und sogar der Sessel. Erneut steigt der<br />
Bug der MS Bremen auf – und auf – und noch ein<br />
Stück. Und knallt herab, so dass das Schiff erzittert. Eine<br />
riesige Welle rauscht am Fenster des Restaurants vorbei.<br />
Als würde man ein Auto durch eine Waschstraße fahren.<br />
„<strong>Die</strong>se Reise ist so teuer wie ein koreanischer Mittelklassewagen.<br />
Aber meine Frau liegt im Bett, kann ohne Medikamente<br />
nichts essen, nicht schlafen. Und ich muss dem<br />
Tag alles Alltägliche abringen. Nichts ist einfach unter<br />
solchen Bedingungen.“<br />
Wieder ein Moment des Schwebens. Wieder ein Schlag.<br />
Wieder taucht das Schiff in die Wellen. Eine Wasserwand<br />
verdunkelt das Fenster. Ich schaue mich um. Nur wenige<br />
Tische im Restaurant sind besetzt. Auch Susanne, meine<br />
Frau, liegt flach. Und ich habe mich, auf der Suche nach<br />
Gesellschaft, zu einer Gruppe anderer einsamer Esser<br />
gesetzt. Es ist eine Zeit neuer Gemeinschaften.<br />
Wir wussten, dass es so würde kommen können.<br />
Eine Kreuzfahrt in die Antarktis ist eine schwierige<br />
Form der Seereise, erst recht wenn der Südhalbkugelsommer<br />
noch jung ist und die Temperaturunterschiede<br />
der Wasserschichten noch<br />
groß sind. Stürme können die von kaum einer<br />
Landmasse gestörten Meere zu riesigen Wellenbergen<br />
auftürmen.<br />
Gestern Abend, kurz vor dem Essen, trat Kapitän<br />
Mark Behrend vor die rund 150 Passagiere. Für<br />
Wetter-Fans, so seine Ausführungen, muss das<br />
aufziehende Tief ein Traum sein. Der Luftdruck<br />
fällt stark. Mit einer Zuggeschwindigkeit von rund<br />
100 Stundenkilometern bewegt es sich auf uns<br />
zu, mit Windstärken von bis zu zwölf Beaufort.<br />
Was für ein prachtvoller Orkan! Doch die Begeis-<br />
Seeschlag-Blenden<br />
schützen die<br />
Fenster vor der<br />
Macht der Wellen.<br />
terung der Passagiere hält sich in Grenzen. Der Kapitän<br />
beschließt auszuweichen, quasi im rechten Winkel um<br />
den Sturm. Und während er die Route erklärt, beginnt<br />
die Crew, die Seeschlag-Blenden vor die Fenster des<br />
Kommandostands zu schrauben, stabile Stahlplatten mit<br />
schmalen Sehschlitzen.<br />
Im Lauf des Abends werden die Wellen dann höher und<br />
höher: In den Kabinen im vorderen Bereich des Schiffes<br />
schützen nun ebenfalls Blenden die Bullaugen und Fenster,<br />
Ketten fixieren Sessel und Stühle, die Decks auf der<br />
Steuerbordseite sind gesperrt, Flaschen und Gläser in<br />
den Bars besonders gesichert. Das Selbstbedienungs-<br />
Restaurant im Club bleibt aus Sicherheitsgründen<br />
geschlossen, der Pool ebenfalls. <strong>Die</strong> Stimmung an Bord,<br />
die bisher getragen war von Heiterkeit und Vorfreude,<br />
schlägt um in Anspannung.<br />
Dem ewigen Eis verfallen. Fünf Monate, fünf Kontinente,<br />
fünf Emotionen. Unsere „kleine Weltreise“ führt an<br />
besondere Orte, an denen wir die Welt fühlen wollen:<br />
Abgeschiedenheit in einer einsamen Hütte in Kanada.<br />
Ewigkeit in den Burgen des Christusordens in Portugal.<br />
Spiritualität in den Bergklöstern des Himalaya.<br />
Eine Begegnung mit der Tierwelt auf Kangaroo<br />
Island in Australien. Once-in-a-Lifetime bei einer<br />
Kreuzfahrt in die Antarktis.<br />
Letztere ist denn auch der größte Luxus unseres<br />
Trips. Nicht so sehr ob des Preises. Für die aktuelle<br />
Saison kostet eine Reise in die Antarktis ab 11.000<br />
Euro pro Person, in der Balkonsuite 21.500 Euro.<br />
Alle Kabinen sind ausgebucht. Manche Passagiere<br />
machen den Kombi-Trip und haben schon eine<br />
dreiwöchige Reise durch die Hitze Südamerikas<br />
hinter sich. Andere sind dem Ewigen Eis verfallen,<br />
ein Paar begeht seine dreizehnte Bremen-Kreuzfahrt<br />
ins Südpolarmeer. Was die Menschen fasziniert?<br />
<strong>Die</strong> Kälte. <strong>Die</strong> Unwirtlichkeit. <strong>Die</strong> Tiere. Der<br />
Service an Bord. Das gute Essen. Das Privileg. Nur<br />
Fotos: Getty, Dirk Lehmann(3)<br />
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