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Priesterrundbrief_Nr. 18.pdf - Aktion alte Messe

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nicht anders wäre als jetzt, müßten die Menschen dort mit moralischer<br />

Notwendigkeit früher oder später in die schwere Sünde fallen. Es ist<br />

aber völlig entgegen der göttlichen Weisheit und Gerechtigkeit, die<br />

Menschen in einem Zustand zu schaffen, in dem sie mit moralischer<br />

Sicherheit in die schwere Sünde fallen müssen. Außerdem heißt es im<br />

Gleichnis vom barmherzigen Samariter, die Räuber hätten den Überfallenen<br />

beraubt und verwundet (vgl. Lk 10, 30), was man als „spoliatio in<br />

gratuitis et vulneratio in naturalibus – Beraubung der Gnadengaben und<br />

Verwundung der Natur“ interpretierte (vgl. I II q.85 a.1 SC). Bei einem<br />

bloßen Verlust der heiligmachenden Gnade und der praeternaturalen<br />

Gaben bliebe aber doch die gesunde Natur zurück. Daher scheint es<br />

nicht befriedigend, nur im Verhältnis zur integren Natur des Urzustands<br />

von einer Verwundung der Natur zu sprechen, zumal auch das<br />

Konzil von Trient im Anschluß an den hl. Augustinus lehrt, Adam sei<br />

„durch jenen Verstoß der Übertretung dem Leib und der Seele nach<br />

zum Schlechteren gewandelt worden“ (DH 1511, vgl. auch <strong>Nr</strong>. 371).<br />

Wegen dem Problem der ungeordneten Begierlichkeit meinen viele<br />

Theologen, Gott hätte dem Menschen in einem reinen Naturzustand<br />

mehr natürliche Hilfen gegeben. 19 Wenn man zudem bedenkt, daß die<br />

ungeordnete Begierlichkeit bei den einzelnen Menschen auch im jetzigen<br />

Zustand sehr verschieden ist, kann man sehen, daß der Kampf<br />

zwischen Fleisch und Geist nicht notwendigerweise so heftig sein muß,<br />

wie er es bei den meisten Menschen faktisch ist. Es gibt auch im jetzigen<br />

Zustand des Menschengeschlechtes Menschen, bei denen dieser<br />

Kampf nicht sehr stark ist und die es darum viel leichter haben als andere,<br />

ihre Triebe und Begierden zu beherrschen. Man muß also zumindest<br />

annehmen, daß die ungeordnete Begierlichkeit in einem reinen<br />

Naturzustand nicht so heftig gewesen wäre, wie sie es jetzt häufig ist.<br />

Dies gibt auch Kleutgen zu, und somit nehmen letztlich doch fast alle<br />

Theologen an, daß die Bedingungen des Menschen in einem reinen<br />

Naturzustand zwar nicht wesentlich anders wären als im jetzigen Zustand,<br />

es aber doch bedeutende Unterschiede auf der akzidentellen<br />

Ebene gäbe. 20<br />

Garrigou-Lagrange faßt die Meinung der Thomisten, der sich auch<br />

der hl. Alphons und Tanquerey anschließen, folgendermaßen zusammen:<br />

„hominis lapsi vires naturales esse diminutas non quidem intrinsece,<br />

sed extrinsece, ex appositione impedimenti – die natürlichen Kräfte des<br />

19<br />

Vgl. z. B. Diekamp-Jüssen, a.a.O. S. 175<br />

20<br />

Die Verurteilung des 55. Satzes des Bajus, Gott habe den Menschen am Anfang nicht so schaffen<br />

können, wie er jetzt geboren wird (DH 1955), besagt nur, daß Gott den Menschen in einem<br />

reinen Naturzustand hätte erschaffen können, d. h. ohne heiligmachende Gnade und Integritätsgaben.<br />

20

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