Priesterrundbrief_Nr. 18.pdf - Aktion alte Messe
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daß sie wie zwei Stockwerke wären, die aufeinandergesetzt seien, ohne<br />
viel miteinander zu tun zu haben.<br />
Dagegen behauptete de Lubac eine Hinordnung der Natur auf die<br />
Gnade. Die Natur dränge von sich aus auf die übernatürliche Erfüllung,<br />
der Mensch habe eine natürliche Sehnsucht nach der Gottesschau,<br />
und Pater de Lubac berief sich für seine These auch auf den hl.<br />
Thomas von Aquin. – Wir werden noch zu untersuchen haben, ob diese<br />
Berufung eine Berechtigung hatte oder nicht.<br />
Wie allgemein bekannt ist, hat Pius XII. gegen diese Lehren in der<br />
Enzyklika Humani Generis (1950) Stellung genommen und die Ungeschuldetheit<br />
der Gnade betont. Der Satz dieser Enzyklika: „Andere<br />
unterhöhlen den Begriff der unverdienten übernatürlichen Gnadenordnung,<br />
indem sie der Meinung sind, Gott könne keine vernunftbegabten<br />
Wesen schaffen, ohne sie zur seligmachenden Anschauung Gottes<br />
zu bestimmen und zu berufen“ (HK 450), war sicher gegen de Lubac<br />
gerichtet, auch wenn er nicht namentlich erwähnt wurde.<br />
De Lubac legt auch Gal 1,15-16: „Als es aber Gott, der mich von<br />
meiner Mutter Schoß an ausgesondert und durch seine Gnade berufen<br />
hat, gefiel, seinen Sohn in mir zu offenbaren …“, so aus, als würde Christus<br />
dem Menschen dessen tiefstes Wesen offenbaren: „Indem er den<br />
Vater offenbart und indem er durch ihn geoffenbart wird, läßt Christus<br />
den Menschen vollends sich selbst offenbar werden. Indem er den<br />
Menschen in Besitz nimmt, indem er ihn ergreift und ihn bis auf den<br />
Grund seines Wesens durchdringt, zwingt er ihn, auch selbst in sich<br />
hinabzusteigen, um dort plötzlich bis dahin ungeahnte Gebiete zu entdecken.<br />
Durch Christus steht die Person in ihrer Reife, der Mensch ragt<br />
definitiv aus dem Universum hervor.“ 1 Von hier aus geht ein Weg zum<br />
II. Vatikanum und der Aussage von Gaudium et spes, <strong>Nr</strong>. 22: „Christus,<br />
der neue Adam, macht … dem Menschen den Menschen kund“, sowie<br />
zur Interpretation dieser Konzilsaussage durch Kardinal Wojtyla, dies<br />
solle bedeuten, daß Christus dem Menschen kund mache, was schon<br />
mit ihm geschehen ist, daß er nämlich „Sein in Christus“ habe: „Die<br />
Offenbarung besteht darin, daß der Sohn Gottes durch seine Menschwerdung<br />
sich mit jedem Menschen vereint hat.“ 2 Die Mission der Kirche<br />
scheint demnach nur noch die Aufgabe zu haben, den Menschen<br />
ihr Erlöstsein mitzuteilen, nicht aber, ihnen die Erlösung zu bringen,<br />
da ja schon alle Menschen in Christus sind. Der einzige Unterschied<br />
zwischen einem Christen und einem Nichtchristen bestände demnach<br />
1<br />
Catholicisme, S. 295 f; zitiert nach: Siri, Gethsemani, Aschaffenburg 1982, S. 59f.<br />
2<br />
Zeichen des Widerspruchs, Freiburg i. Br. 1979, S. 121<br />
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