Berliner Zustände - Mbr
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nazis sind Ordnungskraft für Parteiversammlungen<br />
und Fußtruppen für den Wahlkampf. Der »Nationale<br />
Widerstand« biedert sich weder aus Not noch aus<br />
Selbstlosigkeit der NPD an. In welchem Gewande<br />
er auch immer auftritt, ist er der Durchlauferhitzer<br />
für die aktionsgeilen Jungnazis – Richtung legalistischer<br />
Parlamentarismus (»seriöse Radikalität«) der<br />
NPD oder Feierabendterror der »Anti-Antifa«. Die<br />
formale »Parteifreiheit« des »Nationalen Widerstandes«<br />
ermöglicht radikalere inhaltliche Positionen<br />
und situationsbedingt auch rabiateres Vorgehen<br />
gegen die politischen Gegner_innen. So gefährdet<br />
die unübersehbare politische Gewalttätigkeit dieses<br />
Spektrums nicht die organisatorisch wichtigeren<br />
Strukturen der Mutterpartei. Gerade in Berlin müssen<br />
beide Formationen als zwei Teile eines gleichen<br />
Lagers, des neo-nationalsozialistischen, verstanden<br />
werden.<br />
Poltische Vorgaben sind nötig<br />
Das Verhalten der Polizeibehörde, Nazi-Demonstrationen<br />
nach eigenem Gutdünken geheim zu<br />
halten, wird zurecht von vielen als willkürlich abgelehnt.<br />
Es wäre zu begrüßen, wenn es in dieser<br />
Frage auch in Zukunft deutliche politische Vorgaben<br />
gäbe, da es an rechtlich verbindlichen Vorschriften<br />
zu fehlen scheint. Weder das Informationsfreiheitsgesetz<br />
noch das Recht der Presse auf freie Berichterstattung<br />
scheinen hier die Polizei ausreichend in die<br />
Pflicht zu nehmen. Dass die Polizei Gegenproteste<br />
ausschließlich als Störungen wahrnimmt und aus<br />
polizeitaktischen Erwägungen minimieren möchte,<br />
offenbart eine problematische Einstellung. Die<br />
erscheint letztlich untragbar vor dem Hintergrund,<br />
dass Vertreter_innen der <strong>Berliner</strong> Polizei sich auf der<br />
anderen Seite darum bemühen, als ernst zu nehmender<br />
Akteur »gegen Rechts« anerkannt zu werden.<br />
Die Polizei und andere Behörden nehmen an<br />
lokalen Bündnissen teil, sitzen an Runden Tischen<br />
oder in Beratungsnetzwerken, um gemeinsam mit<br />
zivilgesellschaftlichen Initiativen »den Rechtsextremismus«<br />
zu bekämpfen. Gleichzeitig verunmöglicht<br />
sie deren Arbeit vor allem dann, wenn es um breite<br />
gesellschaftliche Bündnisse gegen Nazis geht, denn<br />
Bündnisarbeit ist zeitaufwendig, und gemeinsame<br />
Proteste sind nicht ad hoc zu organisieren.<br />
Wenn die Polizei – durch Geheimhaltung, Fehlinformationen<br />
oder Ermittlungsweisen wie beim NW<br />
Berlin (siehe Artikel von Sven Richwin) – die Arbeit<br />
der Initiativen erschwert, droht sie bisher gemachte<br />
Erfolge im Kampf gegen Rechts zu konterkarieren.<br />
Und sie eröffnet den Nazis ohne Not Spielwiesen, die<br />
ihnen in der Vergangenheit mühsam – und erfolgreich<br />
– streitig gemacht worden waren.<br />
Das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin<br />
e.V. (apabiz) bietet Informationen, Materialien und Bildungsangebote<br />
im Themenbereich Rechtsextremismus, Antisemitismus<br />
und Rassismus an. Zu diesem Zweck betreibt der Verein ein umfangreiches<br />
öffentlich zugängliches Archiv und führt Bildungsveranstaltungen<br />
durch.<br />
16<br />
Wir sind wütend,<br />
ja. Warum hat es<br />
die Polizei so<br />
lange nicht<br />
geschafft, diesen<br />
Fall zu lösen.<br />
Jahrelang hatten<br />
wir groSSe Sorgen<br />
und muSSten<br />
uns fragen, ob<br />
sich jemand an uns<br />
Rächen will.<br />
Yunus Turgut, Bruder von Mehmet Turgut