Berliner Zustände - Mbr
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für die spezifische Normalität, die an Orten wie der<br />
Brückenstraße und der Lückstraße spürbar ist: Wer<br />
sich still verhält, hat nichts zu befürchten – für alle<br />
anderen ist Normalität ständige Bedrohung.<br />
»Wenn die Verbrechen sich häufen, werden sie<br />
unsichtbar«, schrieb Brecht. Der Satz verweist auf<br />
einen entscheidenden Ansatzpunkt für Politik und<br />
Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR)<br />
unterstützt und vernetzt alle <strong>Berliner</strong>/innen, die in ihrem Wohn-,<br />
Arbeits- oder sozialen Umfeld mit Rechtsextremismus, Rassismus<br />
und Antisemitismus konfrontiert sind. Die MBR berät Einzelpersonen,<br />
Jugendeinrichtungen, Schulen, zivilgesellschaftliche Initiativen<br />
und Netzwerke, Politik und Verwaltung, (Sport-)Vereine,<br />
»Das Ergebnis<br />
wird als<br />
Niederlage<br />
empfunden…«<br />
Zwar gelang der NPD in den Bezirken Marzahn-<br />
Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick der<br />
Wiedereinzug in die BVV, allerdings verlor sie überall<br />
den Fraktionsstatus und damit Teile der für die<br />
finanziell klamme Landespartei wichtigen strukturellen<br />
und finanziellen Unterstützung: Fortan werden<br />
der NPD weder Gelder für Fraktionsmitarbeiter/<br />
Zivilgesellschaft: Es gilt, die beschriebene Normali-<br />
Gewerbetreibende und Verbände.<br />
innen und -Vorsitzende noch eigene Fraktionsräu-<br />
tät als einen Angst- und Gewaltzusammenhang zu<br />
Ziel der MBR ist die Etablierung einer gelebten demokratischen<br />
me zur Verfügung stehen. Während die NPD im<br />
thematisieren. Dafür dürfen die vor Ort aktiven Po-<br />
Kultur sowie eines angstfreien und menschenrechtsorientierten<br />
September 2011 berlinweit 2,1% der Zweitstimmen<br />
litiker/innen eine solche Thematisierung nicht als<br />
Miteinanders in Berlin.<br />
für das Abgeordnetenhaus erreichen konnte (2006:<br />
Rufschädigung verstehen, sondern im Gegenteil als<br />
2,6%), erhielt »Pro Deutschland« nur einen Zuspruch<br />
Bedingung zur Verbesserung eines bereits bedroh-<br />
von 1,2%. »Die Freiheit« scheiterte sogar an der für<br />
ten sozialen Klimas.<br />
die Wahlkampfkostenerstattung notwendigen 1%-<br />
Auch bei dieser Veränderung dürfen die Engagierten<br />
VoM Projekt »Auseinandersetzung mit<br />
Hürde. Die Wahlbeteiligung stieg leicht auf 60,2%<br />
vor Ort weder von den lokalen Politiker/innen oder<br />
Rechtsextremismus in kommunalen Gremien<br />
(2006: 58,0%).<br />
der bezirklichen Verwaltung noch von der Politik<br />
Berlins – Dokumentation und Analyse«<br />
und der Zivilgesellschaft anderer Bezirke alleine ge-<br />
Stammwähler/innen alleine reichen nicht<br />
lassen werden. Der beste Schutz für die Engagierten<br />
ist es, Öffentlichkeit zu schaffen und Bündnisse zu<br />
schließen. Ein bezirksübergreifendes Zeichen der<br />
So kommentierte der damalige<br />
Landespressesprecher der NPD<br />
Die <strong>Berliner</strong> NPD war erstmals in elf von zwölf Bezirken<br />
angetreten und bestritt dank der umfangreichen<br />
Unterstützung durch aktionsorientierte Rechtsex-<br />
Solidarität, eine Initiative, die Projekte und Institutionen<br />
aus ganz Berlin in die Brennpunkte der Auseinandersetzungen<br />
holt, oder eine Landespolitik, die<br />
Stefan Lux, die deutlichen Stimmenverluste<br />
seiner Partei bei den<br />
treme aus dem Spektrum der »Freien Kräfte« bzw.<br />
»Autonomen Nationalisten« einen intensiven und<br />
aufwändigen Wahlkampf. Mediale Aufmerksamkeit<br />
lokale Auseinandersetzungen zu ihrer Sache macht:<br />
all das wären Maßnahmen, die zur Veränderung der<br />
Normalität und zum Schutz der Aktiven beitragen<br />
<strong>Berliner</strong> Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen<br />
(BVV)<br />
erhielt die Partei durch provokante Plakate mit der<br />
Aufschrift »Gas geben« und ein Kreuzworträtsel mit<br />
dem Lösungswort »Adolf«. Es gelang ihr so, weite<br />
könnten.<br />
Vereinfacht gesagt kann die Brückenstraße von der<br />
Oranienstraße lernen: je deutlicher die demokratische<br />
Positionierung im öffentlichen Raum, je präsenter<br />
Antifaschismus und Solidarität sind, desto<br />
schwerer wird es für Rechtsextreme, Räume zu besetzen<br />
und Angst zu verbreiten. Doch auch die Oranienstraße<br />
kann von der Brückenstraße lernen: Die<br />
Anschläge des letzten Jahres in Kreuzberg und Neukölln<br />
haben gezeigt, dass auch hier Gefahr droht.<br />
Rechtsextreme Brandanschläge in Kreuzberg sind<br />
und zum Abgeordnetenhaus. Den<br />
erstmals in Berlin angetretenen<br />
rechtspopulistischen Parteien »Pro<br />
Deutschland« und »Die Freiheit«<br />
gelang es nicht einmal, auch nur<br />
ein Mandat zu erringen. Dennoch<br />
verdeutlichen die Wahlergebnisse<br />
Teile ihrer Stammwähler/innenschaft vor allem im<br />
Ostteil der Stadt zu mobilisieren. In einigen Westbezirken<br />
konnte die NPD, wenn auch auf sehr niedrigem<br />
Niveau, neue Wähler/innen hinzugewinnen.<br />
Anscheinend ist die Wiederwahl rechtsextremer<br />
Mandatsträger/innen bundesweit in der Regel nicht<br />
an die Qualität ihrer kommunalpolitischen Arbeit<br />
geknüpft. So erreichte der Verordnete Fritz Liebenow<br />
mit 5,9% das zweitbeste Erststimmenergebnis<br />
der NPD, obwohl er in den vergangenen fünf Jahren<br />
in der BVV Treptow-Köpenick vor allem durch<br />
keine leere Drohung, sie sind Tatsache, und sie werden<br />
sich wahrscheinlich wiederholen. Diese neue<br />
Situation anzuerkennen, ist die Bedingung, um er-<br />
der drei Parteien, dass sie zusammengenommen<br />
in einigen Bezirken<br />
kommunalpolitische Inkompetenz aufgefallen war.<br />
Damit dürfte auch die geringe Aktivität der NPD-<br />
Verordneten in Neukölln und Marzahn-Hellersdorf<br />
folgreiche Handlungsstrategien entwickeln zu können<br />
und von einer solidarischen Defensive in eine<br />
offensive Solidarität zu gelangen.<br />
eine beachtliche Anzahl an Wähler/<br />
innen ansprechen konnten.<br />
der rechtsextremen Partei kaum geschadet haben.<br />
Zwei der Neuköllner Kandidat/innen hatten noch<br />
im Wahlkampf mehr mit ihrem gewalttätigem Auf-<br />
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