Berliner Zustände - Mbr
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Dönermorde<br />
klingt so als<br />
würde man Döner<br />
abschlachten oder<br />
töten – es geht<br />
ja hier um<br />
Menschen und<br />
nicht um Döner.<br />
Antisemitismus,<br />
Bildung Und<br />
Migrations gesell -<br />
schaft<br />
Herausforderungen<br />
pädagogischer Arbeit<br />
in Theorie und Praxis<br />
Im Zentrum der Debatte steht neben der Frage nach<br />
neuen Entwicklungen vor allem die Frage nach neuen<br />
Vorurteilsträger/-innen – gemeint sind damit<br />
zumeist Personen, denen eine muslimische Identität<br />
zugeschrieben wird. Mittlerweile ist sich die<br />
Forschung weitgehend einig, dass es keinen neuen<br />
im Sinne eines strukturell vom modernen europäischen<br />
verschiedenen Antisemitismus unter Muslimen<br />
gibt.<br />
Klaus Holz bringt die Funktion antisemitischer<br />
Konstruktionen auf den Punkt, wenn er sagt »Antisemitismus<br />
ist identitätsstiftende Weltdeutung.«<br />
(Holz 2005: 10. Verwendete Quellen siehe »Weiterführende<br />
Literatur«) Er definiert Antisemitismus als<br />
»eine spezifische Semantik, in der ein nationales,<br />
rassisches und/oder religiöses Selbstbild mit einem<br />
abwertenden Judenbild einhergeht« (ebd.). Die Konstruktion<br />
des ›Anderen‹ ist nicht von der Konstruktion<br />
des ›Eigenen‹ zu trennen. Beides steht in einem<br />
dialektischen Verhältnis. Indem ›der Jude‹ immer<br />
als Kollektiv konstruiert wird, wird gleichzeitig auch<br />
immer ein eigenes Kollektiv, ein ›Wir‹, konstruiert.<br />
Wobei dieses ›Wir‹ ganz unterschiedlich gefüllt sein<br />
kann. Es liegt also im Wesen des Antisemitismus<br />
selbst begründet, dass er problemlos adaptiert und<br />
unterschiedlichen gesellschaftlichen oder politischen<br />
Entwicklungen angepasst werden kann.<br />
Emine Demirel, Verwandte von Enver şimşek<br />
Von Anne Goldenbogen (Kiga e.V.)<br />
Wenn es um die Thematik Antisemitismus<br />
und Migrationsgesellschaft<br />
geht, dreht sich die Diskussion oft<br />
um den sogenannten neuen Antisemitismus,<br />
also um die Frage, inwieweit<br />
es sich bei den aktuellen<br />
Erscheinungsformen des Antisemitismus<br />
um ein neues Phänomen<br />
handelt.<br />
Nicht vergessen: Die Mehrheitsgesellschaft<br />
Es verkehrt die gesellschaftliche Realität, Antisemitismus<br />
als »Migrantenproblem« zu deuten. Nach<br />
wie vor sind verschiedene Erscheinungsformen des<br />
Antisemitismus in Deutschland weit verbreitet, und<br />
zwar quer durch alle Bevölkerungsschichten.<br />
So äußerten sich 63 Prozent der Befragten in einer<br />
Umfrage des Instituts für interdisziplinäre Konfliktund<br />
Gewaltforschung der Universität Bielefeld zustimmend<br />
gegenüber der Aussage »Ich ärgere mich<br />
darüber, dass den Deutschen auch heute noch die<br />
Verbrechen an den Juden vorgeworfen werden« (Zick/<br />
Küpper 2009). Und 38,3 Prozent waren der Meinung,<br />
dass »viele Juden versuchen, aus der Vergangenheit<br />
des Dritten Reiches heute ihren Vorteil zu ziehen«<br />
(ebd.). Das Grundmotiv dieses sekundären Antise-<br />
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