Neurobiologie der Psychotherapie - PMU
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Konnektivität und Netzwerke als Basis physiologischer und pathologischer Gehirnfunktion<br />
Christian Grefkes<br />
Konnektivität bezeichnet die Integration regional spezifischer Verarbeitung im Gehirn, das heißt, das<br />
Zusammenspiel verschiedener Gehirnregionen. Untersuchungen zur physiologischen Konnektivität im<br />
menschlichen Gehirn und <strong>der</strong>en Verän<strong>der</strong>ungen bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen haben sich<br />
dabei in den letzten Jahren zu einem zentralen Schwerpunkt <strong>der</strong> funktionellen Neurowissenschaften entwickelt.<br />
Dies hat zu einer Vielzahl von neuen Einblicken in die Organisation kortikaler Netzwerke geführt. Darüber hinaus<br />
konnten Netzwerkstörungen als pathophysiologisches Korrelat einer Reihe klinischer Symptome bei Demenz,<br />
Schlaganfall o<strong>der</strong> Depression zugeordnet werden. Für den Kliniker besteht hier doch häufig die Schwierigkeit, den<br />
oft komplexen mathematischen Modellen, welchen Konnektivitätsanalysen zu Grunde liegen, methodisch und<br />
inhaltlich folgen zu können.<br />
Im Rahmen des Vortrags soll ein Überblick über die aktuellen Konzepte und Anwendungen <strong>der</strong> in-vivo<br />
Untersuchung von Konnektivität im menschlichen Gehirn gegeben werden. Es wird ein anwendungsbezogener<br />
Überblick hinsichtlich <strong>der</strong> klinischen und neuropsychologischen Einsatzmöglichkeiten von Konnektivitätsanalysen<br />
einschließlich ihrer Stärken und Schwächen gegeben. Dabei wird insbeson<strong>der</strong>e auf funktionelle<br />
Konnektivitätsuntersuchungen im Ruhezustand („Resting-State Konnektivität“) sowie auf die<br />
Aktivitätsmodellierung mittels Dynamic Causal Modelling eingegangen.<br />
Konnektivität bestimmt die Dynamik und Funktion des menschlichen Gehirns<br />
Viktor Jirsa<br />
Menschliches Handeln und Denken ist bestimmt durch die funktionsspezifische Informationsverarbeitung in<br />
einzelnen Gehirnregionen und durch die Informationsintegration über Gehirnregionen hinweg. Solche integrativen<br />
Prozesse enstehen im Gehirn durch die Emergenz selbstorganisierter oszillatorischer Aktivität im Netzwerk. Wie<br />
genau <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen Gehirnfunktion und Gehirnaktivität sich darstellt, ist jedoch bisher<br />
unverstanden. Es gibt einige neue Ansatzpunkte, die sich im letzten Jahrzehnt entwickelt haben und uns von <strong>der</strong><br />
nicht-invasiven Bildgebung des Gehirns geliefert worden sind, insbeson<strong>der</strong>e durch die funktionale<br />
Kernspintomographie und die Enzephalographie (EEG, MEG). Der Ruhezustand des Gehirns beispielweise ist ein<br />
dynamischer Prozess mit transienten, doch hochkohärenten Aktivierungsmustern, die aus sieben bis zehn<br />
dominierenden Strukturen bestehen. Diese spannen ein Basissystem auf, in <strong>der</strong> sich nicht nur die Ruheaktivität<br />
des Gehirns darstellt, son<strong>der</strong>n auch funktional spezifische Aktivierungen bei kognitiver Beanspruchung ablaufen.<br />
Diese Prozesse sind überwiegend bestimmt durch die Raum-Zeit-Struktur <strong>der</strong> Konnektivität des Hirnnetzwerks,<br />
die sich aus den synaptischen Stärken und den physiologischen Laufzeitverzögerungen bestimmt. Diese Raum-<br />
Zeit-Struktur stellt den Rahmen dar, in welchem die integrativen Prozesse des Gehirns ablaufen. Ist dieser<br />
Rahmen gestört wie im Fall <strong>der</strong> Epilepsie, <strong>der</strong> Schizophrenie o<strong>der</strong> <strong>der</strong> multiplen Sklerose, dann ist auch die<br />
Dynamik des Ruhezustands beeinträchtigt und bietet sich daher als Biomarker an, <strong>der</strong> das gesunde vom kranken<br />
Gehirn zu unterscheiden vermag.<br />
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