Martin Bowles Der Management-Mythos: Seine Ausprägung und ...
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Jahrh<strong>und</strong>erts hat Oswald Spengler (1923) im seinem Ansatz, den Niedergang<br />
des Westens zu beschreiben, die Entwicklung von acht Hochkulturen<br />
(Griechenland, Rom, Babylon etc.) verglichen <strong>und</strong> er stellte fest, wie in diesen<br />
Kulturen jeweils immer ein bestimmtes Stadium erreicht wurde, in dem<br />
«kritisch-intellektuelle Bereiche» über «lyrisch-instinktive Bereiche» die<br />
Vorherrschaft gewannen. Erstere können in Relation zur rational funktionalen<br />
Vernunft (linke Hirnhälfte) <strong>und</strong> letztere in Relation zu Vorstellungskraft,<br />
Intuition <strong>und</strong> poetischen Fähigkeiten (rechte Hirnhälfte) gesehen werden. Nach<br />
Spengler gibt es zu dem Zeitpunkt, an dem die kritisch-intellektuellen Bereiche<br />
die Vorherrschaft übernehmen, eine kurze Periode der Aufklärung <strong>und</strong><br />
Kreativität, die sich jedoch immer wieder erschöpft, um letztlich in Sterilität<br />
<strong>und</strong> individuelle <strong>und</strong> soziale Pathologie umzuschlagen.<br />
Um dieser Pathologie zu begegnen, bedarf es eines neuen <strong>Mythos</strong>, der<br />
dem komplexeren Ausdruck menschlicher Verhältnisse gerecht wird, eines<br />
<strong>Mythos</strong>, der insbesondere auch Eros beinhaltet <strong>und</strong> den exzessiven Auswüchsen<br />
von Konkurrenzorientierung <strong>und</strong> funktionaler Rationalität abschwächend<br />
entgegentreten kann. Ein solcher <strong>Mythos</strong> kann nicht einfach frei erf<strong>und</strong>en<br />
werden; er wird sich nur über zunehmende individuelle <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />
Bewußtwerdung im Laufe der Zeit herausbilden können. Als Ausgangspunkt<br />
könnten wir uns dessen bedienen, was Lopez-Pedraza (1990, S. 82) als «ein<br />
Bewußtsein des Versagens» bezeichnet: »..was uns möglicherweise vor<br />
erneutem Versagen bewahren kann ist das Bewußtsein um vorausgegangenes<br />
Versagen: Ein Versagen, das zur Reflexion führt«. Reflexion wird in erster<br />
Linie durch Leidensdruck ausgelöst, daher die gängige Behauptung, daß<br />
schmerzhafte Erfahrungen den schnellsten Weg zur Weisheit weisen. Es drängt<br />
sich indes die Frage auf, welches Ausmaß an Leiden es in unserer Gesellschaft<br />
noch bedarf, bis ihre Mitglieder in größerer Anzahl zu reflektieren beginnen.<br />
Selbstbesinnung wird zur dringlichsten Notwendigkeit unserer Zeit; wir können<br />
nicht schlicht abwarten, bis eine Anwort sich von selbst präsentiert, ohne daß<br />
wir jeweils auch individuelle Verantwortung für ihre Formulierung<br />
übernehmen. Nach dem ersten Weltkrieg schrieb Jung: »Individuelle<br />
Selbstbesinnung, die Rückkehr des Individuums zum Gr<strong>und</strong> der menschlichen<br />
Natur, zu seinem innersten Wesen mit seiner individuellen <strong>und</strong> sozialen<br />
Bestimmung - hierin liegt die Heilung für die Blindheit, die gegenwärtig<br />
vorherrscht«. (Jung 1966, S. 5). Wie die Geschichte des zwanzigsten<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts in tragischer Weise dokumentiert, wurde dieser Botschaft<br />
offensichtlich kein Gehör geschenkt.<br />
In der Gralslegende oblag es Parzival, durch «die Stimme seines loyalen<br />
<strong>und</strong> mitfühlenden Herzens», also primär durch Eigenschaften von Eros, die<br />
heroische Tat zu vollbringen <strong>und</strong> den König <strong>und</strong> das Land vom Unheil zu<br />
befreien. Erst nach Jahren der Prüfungen <strong>und</strong> der durch sie erlangten Weisheit<br />
war es ihm möglich, diese Herausforderung zu meistern. Die Gestalt des<br />
Parzival reflektiert das archetypische Sinnbild jenes heroischen Potentials, das<br />
einem jeden von uns innewohnt: Das Potential, diese Weisheit zu erlangen. In