Der Zivilprozess lebt - die neueste Rechtsprechung ... - Anwaltsblatt
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MN Prozessrecht 231 BGH, Urteil vom 12.5.2011 – IX ZR 91/08.<br />
weils anderen <strong>die</strong> Annahme gestatten, der Erklärende lasse<br />
sich auf Erörterungen über <strong>die</strong> Berechtigung des Anspruchs<br />
oder dessen Umfang ein; 231<br />
Vergleichsbereitschaft, Bereitschaft<br />
zum Entgegenkommen oder Erfolgsaussicht sind<br />
nicht erforderlich. 232<br />
Die Mitteilung eines Anwalts über <strong>die</strong><br />
Einschaltung seiner Haftpflichtversicherung ist nur dann<br />
eine <strong>die</strong> Verjährung hemmende Erörterung, wenn der Anwalt<br />
nicht zugleich erklärt, zur Haftung dem Grunde und<br />
der Höhe nach keine Erklärung abzugeben. 233<br />
Eine Hemmung<br />
der Verjährung des dem Erwerber gegen den Bauträger<br />
zustehenden Mängelanspruchs kommt in Betracht,<br />
wenn der Bauträger in Abstimmung mit ihm einen den<br />
Mangel betreffenden Rechtsstreit gegen seinen Nachunternehmer<br />
führt. 234<br />
VIII. Rechtsmittel<br />
Die Grundlinie des BGH in seiner <strong>Rechtsprechung</strong> zu<br />
Rechtsmitteln: Die Einlegung eines Rechtsmittels soll wegen<br />
der Gewährleistung weitestgehenden Rechtsschutzes nicht<br />
eingeschränkt werden. Allerdings hält der BGH in <strong>die</strong>sem<br />
Bereich an strengeren Formvorgaben fest. Vom Anwalt wird<br />
– wie es aus der Parteimaxime folgt – Sorgfalt erwartet.<br />
1. Verschlechterungsverbot (§ 528 Satz 2 ZPO)<br />
Hat das Erstgericht unter Abweisung im Übrigen einer Zahlungsklage<br />
teilweise stattgegeben und <strong>die</strong> Aufrechnungsgegenforderung<br />
des Beklagten als unbegründet angesehen,<br />
dann darf das Berufungsgericht auf <strong>die</strong> Berufung des Beklagten<br />
den in erster Instanz aberkannten Teil der Klageforderung<br />
nicht mehr als bestehend betrachten. 235<br />
2. Rechtsbeschwerde<br />
Gemäß § 574 Abs. 1 ZPO ist <strong>die</strong> gegen einen Beschluss<br />
durch einen beim BGH zugelassenen Anwalt einzulegende<br />
Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn <strong>die</strong>s entweder im Gesetz<br />
bestimmt ist oder das Beschwerdegericht <strong>die</strong> Rechtsbeschwerde<br />
zugelassen hat. 236<br />
Enthält eine Beschwerdeentscheidung<br />
keine Ausführungen über <strong>die</strong> Zulassung der<br />
Rechtsbeschwerde, ist der Rechtsweg erschöpft. 237<br />
Die ZPO<br />
sieht ausnahmslos keine Beschwerde gegen <strong>die</strong> Nichtzulassung<br />
einer Rechtsbeschwerde vor. Auch der Weg einer außerordentlichen<br />
Beschwerde ist weder eröffnet noch verfassungsrechtlich<br />
geboten. 238<br />
Beschlüsse, <strong>die</strong> der Rechtsbeschwerde unterliegen,<br />
müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden<br />
wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und <strong>die</strong><br />
Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen; andernfalls<br />
sind sie nicht mit den nach dem Gesetz erforderlichen<br />
Gründen versehen. Dies gilt auch für einen Beschluss,<br />
durch den <strong>die</strong> Berufung verworfen wird, weil <strong>die</strong> Berufungssumme<br />
(§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht erreicht wird. 239 Gegen<br />
eine Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO darf <strong>die</strong><br />
Rechtsbeschwerde nicht aus materiell-rechtlichen Gründen<br />
zugelassen werden. 240<br />
Eine Zulassungsbeschränkung auf<br />
Teile des Streitstoffes durch das Beschwerdegericht ist<br />
möglich. 241<br />
Hat das Berufungsgericht zur Hauptforderung gewordene<br />
werterhöhende Nebenforderungen nicht berücksichtigt<br />
und deswegen <strong>die</strong> Berufung wegen Unterschreitung der<br />
Wertgrenze als unzulässig verworfen, so ist <strong>die</strong> Rechtsbeschwerde<br />
zulässig. 242<br />
3. Berufung<br />
a) Beschwer<br />
Wird das abgewiesene Klagebegehren mit der Berufung auf<br />
einen erstmals geltend gemachten veränderten Lebenssachverhalt<br />
gestützt, ist mangels Bekämpfung der erstinstanzlichen<br />
Beschwer eine Berufung unzulässig. 243 Bestehen Zweifel,<br />
ob der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro<br />
übersteigt, hat der Rechtsanwalt den für seinen Mandanten<br />
sichersten Weg zu beschreiten, selbst wenn <strong>die</strong>s zu der Notwendigkeit<br />
führt, zwei Rechtsbehelfe (Berufung und Anhörungsrüge)<br />
parallel anhängig zu machen. 244 Wurde im Urteil<br />
über einen erstinstanzlichen Antrag nicht ausdrücklich entschieden,<br />
hat das Berufungsgericht durch Auslegung festzustellen,<br />
ob von einer Entscheidung hierüber auszugehen<br />
ist. 245<br />
Soweit das Erstgericht <strong>die</strong> Klage wegen eines Anspruchs<br />
abgewiesen hat, bleibt der Wert <strong>die</strong>ser Forderung<br />
bei der Berechnung der Berufung des Beklagten unberücksichtigt.<br />
246<br />
Die Beschwer einer Zug-um-Zug-Verurteilung richtet sich<br />
nach dem Zeit- und Kostenaufwand, der bei der Erfüllung<br />
des Gegenanspruchs entsteht. <strong>Der</strong> Antrag auf Feststellung<br />
des Annahmeverzugs neben dem Antrag auf eine Zug-um-<br />
Zug-Verurteilung hat keine eigenständige wirtschaftliche<br />
Bedeutung. 247 Eine mit der Berufung weiterverfolgte Nebenforderung<br />
im Sinne des § 4 Abs. 1 ZPO ist bei der Rechtsmittelbeschwer<br />
zu berücksichtigen, soweit sie Hauptforderung<br />
geworden ist. 248 <strong>Der</strong> Wert einer Vollstreckungsabwehrklage für<br />
den erstinstanzlich unterlegenen Beklagten richtet sich danach,<br />
inwieweit <strong>die</strong> Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt<br />
worden ist. 249 Ist eine Partei zusammen mit einer anderen<br />
Partei als Gesamtschuldner verurteilt worden, entfällt<br />
ihre Beschwer nicht schon dadurch, dass <strong>die</strong> andere Partei<br />
den Urteilsbetrag zahlt. 250 Wurde eine Partei zur Erteilung einer<br />
Auskunft oder Rechnungslegung verurteilt, bemisst sich<br />
der Beschwerdewert für das Rechtsmittel nach dem Interesse,<br />
<strong>die</strong> Auskunft nicht erteilen zu müssen, wie Aufwand<br />
an Zeit und Kosten zur Erteilung der Auskunft 251<br />
oder ein<br />
schützenswertes Interesse des Beklagten daran, bestimmte<br />
Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten. 252 Anwaltskosten<br />
erhöhen den Wert nicht, 253 jedoch kann der eigene Zeitaufwand<br />
entsprechend § 22 JVEG mit maximal 17 Euro pro<br />
Stunde bewertet werden. 254<br />
232 BGH, Urteil vom 8.12.2011 – V ZR 110/11.<br />
233 BGH, Urteil vom 3.2.2011 – IX ZR 105/10.<br />
234 BGH, Beschluss vom 28.10.2010 – VII ZR 82/09.<br />
235 BGH, Urteil vom 6.10.2010 – VIII ZR 209/07.<br />
236 BGH, Beschluss vom 23.8.2010 – IX ZB 154/10.<br />
237 BGH, Beschluss vom 10.5.2012 – IX ZB 295/11.<br />
238 BGH, Beschluss vom 13.7.2011 – IX ZA 77/11.<br />
239 BGH, Beschluss vom 14.6.2010 – II ZB 20/09.<br />
240 BGH, Beschluss vom 8.3.2011 – VIII ZB 65/10.<br />
241 BGH, Beschluss vom 11.1.2011 – VIII ZB 92/09.<br />
242 BGH, Beschluss vom 11.1.2011 – VIII ZB 62/10.<br />
243 BGH, Beschluss vom 29.9.2011 – IX ZB 106/11.<br />
244 BGH, Beschluss vom 8.5.2012 – VI ZB 1/11, VI ZB 2/11.<br />
245 BGH, Beschluss vom 12.4.2011 – VI ZB 58/10.<br />
246 BGH, Beschluss vom 5.4.2011 – VI ZB 61/10.<br />
247 BGH, Beschluss vom 6.7.2010 – XI ZB 40/09.<br />
248 BGH, Beschluss vom 11.1.2011 – VIII ZB 62/10.<br />
249 BGH, Beschluss vom 27.1.2011 – VII ZB 21/09.<br />
250 BGH, Beschluss vom 7.12.2010 – VI ZB 87/09.<br />
251 BGH, Beschluss vom 9.2.2012 – III ZB 55/11.<br />
252 BGH, Beschluss vom 28.10.2010 – III ZB 28/10.<br />
253 BGH, Beschluss vom 29.9.2010 – XII ZB 49/09.<br />
254 BGH, Beschluss vom 28.9.2011 – IV ZR 250/10.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Zivilprozess</strong> <strong>lebt</strong> – <strong>die</strong> <strong>neueste</strong> <strong>Rechtsprechung</strong> des BGH, Geisler AnwBl 11 / 2012 865