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Der Zivilprozess lebt - die neueste Rechtsprechung ... - Anwaltsblatt

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MN Prozessrecht 171 BGH, Urteil vom 20.11.2009 – V ZR 94/09.<br />

gestellte Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch<br />

einreicht. Es ist nicht zu prüfen, ob das Verfahren ordnungsgemäß<br />

durchgeführt worden ist. 171 Wird der im Mahnverfahren<br />

(Schlichtungsverfahren nicht erforderlich!) nur<br />

gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer geltend gemachte Anspruch<br />

mit der Anspruchsbegründung im Klageverfahren<br />

auf den Versicherungsnehmer erweitert, ist <strong>die</strong> gegen <strong>die</strong>sen<br />

erhobene Klage als unzulässig abzuweisen, wenn vor der<br />

Parteierweiterung das Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt<br />

worden ist. 172 Ein Schlichtungsverfahren ist nicht erforderlich<br />

bei Parteiwechsel auf Klägerseite. 173<br />

b) Schiedseinrede<br />

Die Einrede des Schiedsvertrags ist nur dann rechtzeitig erhoben,<br />

wenn der Beklagte vor Beginn der mündlichen Verhandlung<br />

zur Hauptsache auch den Schiedsvertrag konkret<br />

bezeichnet. 174 Die Erhebung der Schiedsabrede kann wegen<br />

Verstoßes gegen § 242 BGB unbeachtlich sein, z. B. Vermögensverfall<br />

des Schuldners der zur Aufrechnung gestellten<br />

„schiedsvereinbarten“ Forderung. 175<br />

Hat ein Schiedsgericht eine zur Aufrechnung gestellte<br />

Gegenforderung nicht berücksichtigt, kann der Aufrechnungseinwand<br />

noch im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung<br />

vor dem ordentlichen Gericht geltend gemacht werden,<br />

außer <strong>die</strong> Aufrechnungsforderung unterliegt ihrerseits einer<br />

Schiedsabrede. 176<br />

5. Teilurteil<br />

Ein Teilurteil darf nur ergehen, wenn <strong>die</strong> Gefahr widersprechender<br />

Entscheidungen ausgeschlossen ist. 177 Auch <strong>die</strong> Anordnung<br />

des Ruhens des Verfahrens auf übereinstimmenden<br />

Antrag der Parteien hinsichtlich eines abtrennbaren<br />

Teils lässt ein Teilurteil über den übrigen Teil des Rechtsstreits<br />

wegen der bei erneuter Aufnahme des Verfahrens bestehenden<br />

Gefahr einer abweichenden Entscheidung nicht<br />

zu. 178 Die dem Erlass eines Teilurteils entgegenstehende Gefahr<br />

der Widersprüchlichkeit kann in der Berufungsinstanz<br />

dadurch beseitigt werden, dass über <strong>die</strong> Vorfragen ein Zwischenfeststellungsurteil<br />

(§ 256 Abs. 2 ZPO) ergeht. 179<br />

VI. Besondere Verfahrensarten<br />

zu entscheiden, damit der Betroffene noch Gelegenheit hat,<br />

einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu<br />

stellen. 182<br />

c) Mutwilligkeit (§ 114 Satz 1 ZPO)<br />

Ein Versicherungsnehmer, der sich im Verkehrsunfallprozess<br />

gegen den von seinem mitverklagten Haftpflichtversicherer<br />

gegen ihn erhobenen Vorwurf eines versuchten Versicherungsbetrugs<br />

verteidigen will, handelt nicht mutwillig,<br />

wenn er Prozesskostenhilfe für <strong>die</strong> Vertretung durch einen<br />

eigenen Anwalt begehrt, obwohl ihm der Haftpflichtversicherer<br />

als Streithelfer beigetreten ist und dessen Prozessbevollmächtigter<br />

auf <strong>die</strong>sem Wege auch für ihn Klageabweisung<br />

beantragt hat. 183<br />

<strong>Der</strong> Versicherer muss den Fahrer im Rahmen<br />

seiner Rechtsschutzverpflichtung von den Kosten für<br />

<strong>die</strong> Vertretung durch einen eigenen Anwalt freihalten. 184 <strong>Der</strong><br />

Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Klage<br />

auf Aufhebung der mit einem Ausländer zum Zwecke der<br />

Erlangung eines Aufenthaltstitels eingegangenen Scheinehe<br />

ist nicht rechtsmissbräuchlich. Eine Partei, <strong>die</strong> rechtsmissbräuchlich<br />

<strong>die</strong> Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt erhalten<br />

hat, trifft jedoch <strong>die</strong> Pflicht, hiervon Rücklagen zu bilden,<br />

um <strong>die</strong> Kosten eines Eheaufhebungsverfahrens finanzieren<br />

zu können. 185 Eine beabsichtigte Teilungsversteigerung nach<br />

§§ 180 ff. ZVG ist mutwillig, wenn sie aller Voraussicht nach<br />

fehlschlägt, weil sich kein Bieter finden wird, der ein nach<br />

§§ 182, 44 ZVG zulässiges Gebot abgibt, so dass das Verfahren<br />

wegen Ergebnislosigkeit aufgehoben werden muss. 186<br />

d) Einkommensermittlung (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO)<br />

Bei der Einkommensermittlung ist es nicht angemessen, <strong>die</strong><br />

auf eine Geldstrafe zu zahlende Rate zu berücksichtigen,<br />

weil der Bedürftige nach § 42 StGB i. V. m. § 459 a StPO bei<br />

einer nicht mehr zumutbaren wirtschaftlichen Belastung<br />

eine Zahlungserleichterung bei der Vollstreckungsbehörde<br />

erreichen kann. 187 Eine Kapital-Lebensversicherung, ggf.<br />

durch Beleihung, ist einzusetzen. 188 Wer ein fremdes Recht<br />

im eigenen Namen geltend macht (gewillkürte Prozessstandschaft),<br />

muss für <strong>die</strong> Bewilligung von Prozesskostenhilfe darlegen,<br />

dass auch der Rechtsinhaber <strong>die</strong> Prozesskosten nicht<br />

aufbringen kann. 189<br />

Die ZPO kennt verschiedene besondere Verfahrensarten.<br />

Streitfragen klärt <strong>die</strong> aktuelle <strong>Rechtsprechung</strong> des BGH vor<br />

allem im Bereich der Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe<br />

sowie im selbständigen Beweisverfahren.<br />

1. Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe<br />

a) Antrag (§ 117 ZPO)<br />

<strong>Der</strong> Formularzwang gilt auch für Antrag auf Verfahrenskostenhilfe<br />

eines Beteiligten, der seinen Wohnsitz oder ständigen<br />

Aufenthalt in einem anderen Staat hat, auch bei Abschiebung.<br />

180<br />

b) Hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO)<br />

Hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) ist anzunehmen,<br />

wenn <strong>die</strong> Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen,<br />

bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. 181<br />

Hat der<br />

Berufungsführer vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist<br />

Prozesskostenhilfe beantragt und beabsichtigt das Gericht,<br />

Prozesskostenhilfe zu versagen, so hat es vor Verwerfung der<br />

Berufung als unzulässig über das Prozesskostenhilfegesuch<br />

172 BGH, Urteil vom 13.7.2010 – VI ZR 111/09.<br />

173 BGH, Urteil vom 18.6.2010 – V ZR 9/10.<br />

174 BGH, Urteil vom 8.2.2011 – XI ZR 168/08.<br />

175 BGH, Beschluss vom 29.7.2010 – III ZB 48/09.<br />

176 BGH, Beschluss vom 29.7.2010 – III ZB 48/09.<br />

177 BGH, Urteil vom 9.11.2011 – IV ZR 171/10.<br />

178 BGH, Urteil vom 11.5.2011 – VIII ZR 42/10.<br />

179 BGH, Urteil vom 26.4.2012 – VII ZR 25/11.<br />

180 BGH, Beschluss vom 14.10.2010 – V ZB 214/10.<br />

181 BVerfG, Beschluss vom 19.7.2010 – 1 BvR 1873/09.<br />

182 BGH, Beschluss vom 23.3.2011 – XII ZB 51/11.<br />

183 BGH, Beschluss vom 6.7.2010 – VI ZB 31/08.<br />

184 BGH, Urteil vom 15.9.2010 – IV ZR 107/09.<br />

185 BGH, Beschluss vom 30.3.2011 – XII ZB 212/09.<br />

186 BGH, Beschluss vom 15.3.2011 – V ZB 177/10.<br />

187 BGH, Beschluss vom 12.1.2011 – XII ZB 181/10.<br />

188 BGH, Beschluss vom 9.6.2010 – XII ZB 120/08.<br />

189 BGH, Beschluss vom 9.6.2010 – IV ZA 15/09.<br />

862 AnwBl 11 / 2012 <strong>Der</strong> <strong>Zivilprozess</strong> <strong>lebt</strong> – <strong>die</strong> <strong>neueste</strong> <strong>Rechtsprechung</strong> des BGH, Geisler

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