GEMEINDEzeitung der Martin-Luther-Gemeinde, April/Mai 2013 Teil 1
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KULTUR<br />
Nachtgedanken<br />
von Heinrich Heine<br />
Denk ich an Deutschland in <strong>der</strong> Nacht,<br />
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,<br />
Ich kann nicht mehr die Augen schließen<br />
Und meine heißen Tränen fließen.<br />
Deutschland hat ewigen Bestand,<br />
Es ist ein kerngesundes Land,<br />
Mit seinen Eichen, seinen Linden,<br />
Werd‘ ich es immer wie<strong>der</strong>finden.<br />
Die Jahre kommen und vergehn!<br />
Seit ich die Mutter nicht gesehn,<br />
Zwölf Jahre sind schon hingegangen;<br />
Es wächst mein Sehnen und Verlangen.<br />
Nach Deutschland lechzt´ ich nicht so sehr,<br />
Wenn nicht die Mutter dorten wär;<br />
Das Vaterland wird nie ver<strong>der</strong>ben,<br />
Jedoch die alte Frau kann sterben.<br />
Mein Sehnen und Verlangen wächst.<br />
Die alte Frau hat mich behext,<br />
Ich denke immer an die alte,<br />
Die alte Frau, die Gott erhalte!<br />
Seit ich das Land verlassen hab,<br />
So viele sanken dort ins Grab,<br />
Die ich geliebt – wenn ich sie zähle,<br />
So will verbluten meine Seele.<br />
Die alte Frau hat mich so lieb,<br />
Und in den Briefen, die sie schrieb,<br />
Seh ich, wie ihre Hand gezittert,<br />
Wie tief das Mutterherz erschüttert.<br />
Und zählen muß ich – mit <strong>der</strong> Zahl<br />
Schwillt immer höher meine Qual;<br />
Mir ist, als wälzten sich die Leichen,<br />
Auf meine Brust – Gottlob! Sie weichen!<br />
Die Mutter liegt mir stets im Sinn.<br />
Zwölf lange Jahre flossen hin,<br />
Zwölf lange Jahre sind verflossen,<br />
Seit ich sie nicht ans Herz geschlossen.<br />
Gottlob! durch meine Fenster bricht<br />
Französisch heit´res Tageslicht;<br />
Es kommt mein Weib, schön wie <strong>der</strong> Morgen<br />
Und lächelt fort die deutschen Sorgen.<br />
Albrecht Dürers Bildnis seiner Mutter von 1514<br />
Quelle: Wikimedia Commons<br />
Kalen<strong>der</strong>blatt<br />
BUCHTIPP<br />
FILMTIPP<br />
26.04.2010 | Ausstellung zum Friedhofslager<br />
Neukölln eröffnet<br />
In den Jahren 1942-45 betrieben 42 Kirchengemeinden<br />
gemeinsam ein Zwangsarbeiterlager<br />
auf einem Friedhof an <strong>der</strong> Hermannstraße.<br />
Der Ausstellungspavillon auf dem<br />
Thomas-Kirchhof erinnert an dieses Lager<br />
und veranschaulicht zum <strong>Teil</strong> anhand von<br />
Lebensläufen ehemaliger Zwangsarbeiter<br />
das Schicksal <strong>der</strong> Menschen aus Osteuropa,<br />
die unter lebensbedrohlichen Bedingungen<br />
in diesem Lager leben mussten.<br />
Betreut wird die Ausstellung von ehrenamtlichen<br />
Mitarbeitern <strong>der</strong> AG Zwangsarbeiter<br />
<strong>der</strong> Landeskirche. Sie suchen für diesen<br />
Sommer dringend Unterstützung für die<br />
Aufsicht während <strong>der</strong> Öffnungszeiten.<br />
Interessenten können sich bei Beate Kratochwil<br />
von <strong>der</strong> AG Ns-Zwangsarbeit unter Tel:<br />
030/2859690, beakra@freenet.de melden.<br />
Heimatmuseum | Siegfried Lenz<br />
Im Krankenhaus liegend lernt man den Ich-<br />
Erzähler dieses Romans, den Teppichwirker<br />
Zygmunt Rogalla kennen. Er hat schwere<br />
Brandverletzungen erlitten, als er das von<br />
ihm in Schleswig-Holstein errichtete masurische<br />
Heimatmuseum in Brand gesteckt hat.<br />
Vom Krankenbett aus versucht er seinem<br />
Besucher, dem jungen Freund seiner Tochter,<br />
zu erklären, was ihn zu dieser verstörenden<br />
Tat getrieben hat.<br />
Seine Erzählung beginnt Zygmunt mit <strong>der</strong><br />
Schil<strong>der</strong>ung seiner Kindheit in Masuren, um<br />
dann über das Erleben <strong>der</strong> beiden Weltkriege,<br />
<strong>der</strong> Flucht und des Neubeginns bis hin zur<br />
Zerstörung seines Lebenswerks zu kommen,<br />
die aus seiner Sicht notwendig war, um den<br />
Missbrauch des Begriffs Heimat zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
mk<br />
dtv, Taschenbuch 14,90 €<br />
Willkommen bei den Sch’tis<br />
Weil er bei <strong>der</strong> Bewerbung um einen begehrten<br />
Posten geschummelt hat, wird <strong>der</strong><br />
französische Postbeamte Philippe Abrams<br />
in eine verrufene Gegend in Nordfrankreich<br />
strafversetzt.<br />
Unvorstellbar, dass man dort jemals heimisch<br />
werden könnte, weshalb sich auch<br />
seine Familie weigert, ihn an seinen neuen<br />
Wohnort zu begleiten.<br />
Zunächst scheinen sich alle Vorurteile zu bestätigen,<br />
aber <strong>der</strong> Film wäre keine Komödie,<br />
wenn <strong>der</strong> Verbannte nicht doch nach und<br />
nach so manches Liebenswerte an seiner<br />
neuen Heimat entdecken würde.<br />
Am Montag, den 10. Juni um 19 Uhr<br />
zeigen wir den Film im <strong>Gemeinde</strong>saal auf <strong>der</strong><br />
großen Leinwand. Der Eintritt ist frei.<br />
mk<br />
10 <strong>Gemeinde</strong>zeitung <strong>April</strong>|<strong>Mai</strong> <strong>2013</strong>