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Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung.indd

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<strong>Heft</strong><br />

Nachhaltige<br />

<strong>Schülerfirmen</strong><br />

<strong>Heft</strong> <strong>49</strong><br />

BNE praktisch<br />

Pädagogisches Zentrum<br />

Rheinland-Pfalz<br />

EINFACH BESSER UNTERRICHTET


Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

die Aufgabe einer Bildung für <strong>nachhaltige</strong><br />

Entwicklung ist es, Umweltbildung,<br />

ökonomische Bildung<br />

und soziale Aspekte vernetzt und<br />

global zu betrachten und in einem<br />

neuen Konzept zusammenzuführen,<br />

entsprechend der drei Säulen der<br />

Nachhaltigkeit: Ökologie, Ökonomie<br />

und Soziales.<br />

Die Schülerinnen und Schüler sollen<br />

dabei lernen, in ökologischer und<br />

sozialer Verantwortung erfolgreich<br />

zu wirtschaften.<br />

Dies kann gelingen, wenn die folgenden<br />

Ansätze berücksichtigt werden:<br />

• Die Schülerinnen und Schüler<br />

werden an der Auswahl und Gestaltung<br />

von Unterrichtsthemen<br />

beteiligt, wobei ihre Eigeninitiative<br />

gefördert wird.<br />

• Sie lernen, gemeinsam mit anderen<br />

Lösungen im Sinne der <strong>nachhaltige</strong>n<br />

Entwicklung zu finden.<br />

• Es wird fachübergreifend und<br />

Fächer verbindend in den verschiedensten<br />

Disziplinen gearbeitet.<br />

• Projektarbeit ist von besonderer<br />

Bedeutung.<br />

• Die Schülerinnen und Schüler lernen<br />

selbst gesteuert und arbeiten in<br />

Teams.<br />

So gesehen drängt es sich geradezu auf,<br />

die Methode „Schülerfirma“ anzuwenden,<br />

was auch eine stetig wachsende<br />

Zahl dieser Unternehmen belegt. Nach<br />

der umwelterziehung praktisch nr. 45<br />

erscheint daher auch diese zweite PZ-<br />

Veröffentlichung zum Thema – nicht<br />

zuletzt auch, um weiteren Lehrkräften<br />

Mut zu machen und sie zu inspirieren,<br />

diese Methode zu erproben.<br />

Die aktuelle pädagogische Diskussion<br />

beschäftigt sich mit der Vermittlung<br />

von Kompetenzen, denn Wissen<br />

veraltet und somit wird der Erwerb<br />

von Kompetenzen immer wichtiger.<br />

In diesem Zusammenhang wurde als<br />

Ziel der Bildung für <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung<br />

die Vermittlung von Gestaltungskompetenz<br />

formuliert. Hierunter<br />

versteht man, dass zukunftsrelevante<br />

Probleme gelöst werden können und<br />

man über spezifische Handlungsfähigkeiten<br />

verfügt. Um den Begriff<br />

Gestaltungskompetenz besser zu<br />

verdeutlichen, wird eine Gliederung<br />

in 10 so genannte Teilkompetenzen<br />

vorgenommen (siehe rechte Spalte).<br />

Natürlich können in einem Unterrichtsprojekt<br />

nicht immer alle<br />

Teilkompetenzen angebahnt werden,<br />

aber wie die nachfolgenden Beispiele<br />

zeigen, erwerben die Mitarbeiter/innen<br />

von <strong>Schülerfirmen</strong> doch in aller<br />

Regel eine Vielzahl von ihnen.<br />

Machen Sie für sich selbst die Probe,<br />

und überprüfen Sie die Praxisbeispiele<br />

auf die Vermittlung der o. g.<br />

Teilkompetenzen!<br />

Dr. Rainer Tempel<br />

Bad Kreuznach im September 2007<br />

Die 10 Teilkompetenzen der<br />

Gestaltungskompetenz<br />

Weltoffen und neue Perspektiven<br />

integrierend Wissen<br />

aufbauen<br />

Vorausschauend denken und<br />

handeln<br />

Interdisziplinär Erkenntnisse<br />

gewinnen und handeln<br />

Gemeinsam mit anderen planen<br />

und handeln können<br />

An Entscheidungsprozessen<br />

partizipieren können<br />

Andere motivieren können,<br />

aktiv zu werden<br />

Die eigenen Leitbilder und<br />

die anderer reflektieren können<br />

Selbstständig planen und<br />

handeln können<br />

Empathie und Solidarität<br />

für Benachteiligte, Arme,<br />

Schwache und Unterdrückte<br />

zeigen können<br />

Sich motivieren können,<br />

aktiv zu werden.<br />

2


Inhalt<br />

Beiträge in diesem <strong>Heft</strong><br />

Grundsätzliches<br />

Praxisbeispiele<br />

Literatur<br />

Impressum<br />

Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong><br />

Rolf Desecke<br />

Eine-Welt-Schülerfirma<br />

Regionale Schule Rülzheim<br />

Norbert Schäfer / Rainer Tempel<br />

Unsere Chefin Christina ging in die 9v<br />

Grund- und Regionale Schule Wallhalben<br />

Peter Schmidt<br />

Der „Umweltladen“ im<br />

Bildungszentrum Worms<br />

Bernhard Susewind<br />

„Medienwerkstatt“<br />

- Wege entstehen beim Gehen<br />

Erich-Kästner-Regionalschule<br />

Ransbach-Baumbach<br />

Annelie Sinzig<br />

Das K-Team - mehr als Brötchen<br />

Otto-Hahn-Gymnasium Landau/Pfalz<br />

Hans Allmendinger / Anna Wehrheim / Cornelius Rau<br />

JUFI - die Juniorenfirma der BBS<br />

Ludwig-Ehrhard-Schule in Neuwied<br />

Dirk Wölbert / Sascha Heß / Ulrich Deilmann<br />

De Pälzer fer die Palz - Schüler<br />

machen Regiogeld<br />

Claudia Moede<br />

Die ProRegio SGmbH - die Speyerer<br />

Geldmacher<br />

Sonja Stegmeyer<br />

Produktionsklassen-Projekt<br />

Berufsbildende Schule Germersheim / Wörth<br />

Erhard Steller<br />

Seite 4<br />

Seite 6<br />

Seite 9<br />

Seite 17<br />

Seite 23<br />

Seite 27<br />

Seite 33<br />

Seite 37<br />

Seite 38<br />

Seite 41<br />

Seite 43<br />

Seite 44<br />

3


Grundsätzliches<br />

Rolf Dasecke<br />

Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong><br />

In Ihrer Schule wollen Sie Schülerinnen<br />

und Schülern vernetztes Denken<br />

vermitteln? Themenfelder sollen dabei<br />

Wirtschaft, Umwelt und Soziales<br />

sein? Das Lernarrangement soll auch<br />

genutzt werden, um den jungen Leuten<br />

praxisorientiert wirtschaftliche<br />

Grundkenntnisse zu vermitteln? Sie<br />

sollen dabei ihre Persönlichkeit und<br />

ihre Sozialkompetenz entwickeln?<br />

Das Ganze soll möglichst auch in<br />

Kooperation mit externen Partnern<br />

erfolgen? Spaß soll alles auch noch<br />

machen und motivieren?<br />

Wenn die Ausbildungschancen der<br />

Schülerinnen und Schüler Ihrer<br />

Schule verbessert werden sollen, weil<br />

sie es in der Praxis am realen Markt<br />

gelernt haben, zukunftsorientiert,<br />

wirtschaftlich erfolgreich, in sozialer<br />

und ökologischer Verantwortung zu<br />

handeln – dann ist die Gründung von<br />

<strong>nachhaltige</strong>n <strong>Schülerfirmen</strong> für sie ein<br />

wichtiges Thema in der Schule.<br />

<strong>Schülerfirmen</strong> bieten auf dem realen<br />

Markt Produkte und/oder Dienstleistungen<br />

an. Reisebüros organisieren z.<br />

B. Klassenfahrten und Ausflüge, Bistros<br />

versorgen die Schule mit einem<br />

gesunden Frühstück, Fahrradwerkstätten<br />

sorgen für sichere Mobilität,<br />

Kunstagenturen bieten lokalen Betrieben<br />

Leasing von Bildern aus dem<br />

Unterricht an. Der Ideenvielfalt sind<br />

keine Grenzen gesetzt. Um erfolgreich<br />

zu sein, ist eine angemessene<br />

Organisation der betrieblichen Abläufe<br />

notwendig. Das Ziel der Firma ist<br />

aber nicht in erster Linie, Gewinn zu<br />

machen, sondern sie soll es Schülerinnen<br />

und Schülern ermöglichen, erste<br />

wirtschaftliche Erfahrungen zu sammeln<br />

und in einem wirklichkeitsnahen<br />

Umfeld wirtschaftliches Handeln<br />

4


und Denken zu lernen. Nachhaltige<br />

<strong>Schülerfirmen</strong> sind an allen Schulformen<br />

der Sekundarstufen I und II<br />

erfolgreich erprobt.<br />

Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong> wollen<br />

nicht nur wirtschaftlich erfolgreich<br />

sein. Sie wollen dabei auch ökologische<br />

und soziale Ziele verfolgen.<br />

Produkt, Produktion und Betrieb<br />

sollen so gestaltet sein, dass die Natur<br />

möglichst wenig belastet wird, die<br />

Schülerinnen und Schüler persönlich<br />

in ihren sozialen Kompetenzen<br />

gestärkt werden, das Miteinander<br />

üben können und dabei auch gesellschaftliche<br />

Probleme wie z. B.<br />

das gemeinsame Wirtschaften in<br />

der Einen Welt erfahren. Vernetztes<br />

Denken im Nachhaltigkeitsdreieck<br />

Wirtschaft, Umwelt und Soziales soll<br />

erlernt werden.<br />

Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong> sind zuerst<br />

eine pädagogische Veranstaltung.<br />

Oberstes Ziel ist das Sammeln von Erfahrungen<br />

durch praktisches Handeln<br />

und das Erwerben von Kenntnissen.<br />

Deshalb sollten solche Firmen auch<br />

fest und dauerhaft im Schulkonzept<br />

und im Stundenplan der Schule verankert<br />

sein. Selbstständiges Handeln<br />

der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

in der Firma stärkt die Persönlichkeit,<br />

sorgt für Motivation und ändert das<br />

Verhältnis zwischen Lehrkräften,<br />

Schülerinnen und Schülern. Um<br />

Kompetenz in die Schule zu holen<br />

und um den Schülerinnen und Schülern<br />

neue Erfahrungshorizonte zu<br />

erschließen, sollten die <strong>Schülerfirmen</strong><br />

so viel Kontakt wie möglich mit möglichst<br />

branchengleichen Unternehmen<br />

vor Ort pflegen. Als günstig hat sich<br />

ein festes Partnerschaftsverhältnis mit<br />

einer Firma erwiesen.<br />

Um wirtschaftlich erfolgreich sein zu<br />

können, müssen <strong>nachhaltige</strong> <strong>Schülerfirmen</strong><br />

in der Gründungsphase eine<br />

Erfolg versprechende Produktidee<br />

und Unternehmensleitlinie entwickeln,<br />

Marktchancen erkunden, die<br />

rechtlichen und organisatorischen<br />

Rahmenbedingungen abklären, einen<br />

Finanzplan erstellen und das Ganze<br />

am besten in einem Businessplan<br />

zusammenfassen.<br />

Danach muss der Firma dauerhaft<br />

eine Organisationsstruktur gegeben<br />

werden, der Personalbedarf ist zu<br />

ermitteln und zu decken, die Abläufe<br />

im Betrieb von der Beschaffung bis<br />

zum Absatz sind zu strukturieren,<br />

die Buchführung muss organisiert<br />

werden usw. All das, was in einem<br />

realen Betrieb anfällt, muss auch<br />

in einer Schülerfirma im Kleinen<br />

erledigt werden und bietet so vielfältige<br />

Möglichkeiten, wirtschaftliches<br />

Grundwissen zu vermitteln.<br />

Im Sinne der Nachhaltigkeit ökologisch<br />

zu wirtschaften, heißt für<br />

<strong>Schülerfirmen</strong>, sich bei allen Entscheidungen<br />

zu überlegen, wie man<br />

Materialien und Energie einsparen<br />

kann, wie man verstärkt auf nachwachsende<br />

Rohstoffe und erneuerbare<br />

Energien setzt, wie beim Produkt und<br />

der Produktion Schadstoffe eingespart<br />

werden können und wie Abfälle zu<br />

vermeiden oder ansonsten ordnungsgemäß<br />

zu beseitigen sind. Auch<br />

sollten die Produktionsbedingungen<br />

berücksichtigt werden, z. B.: Wurden<br />

die Vorprodukte durch Kinderarbeit<br />

produziert? Achten die Firmen auf<br />

Umwelt- und Arbeitsschutz? Wer<br />

ist Nutznießer des Wertschöpfungsprozesses<br />

(im Sinne des Eine-Welt-<br />

Gedankens)? Um dies abzusichern,<br />

bemühen sich <strong>Schülerfirmen</strong> im<br />

Rahmen eines Nachhaltigkeitsaudits<br />

um einen permanenten Verbesserungsprozess.<br />

Sozial verantwortlich zu wirtschaften,<br />

heißt für <strong>nachhaltige</strong> <strong>Schülerfirmen</strong>,<br />

dauerhaft die Perspektiven der Einen<br />

Welt, der Gleichstellung der<br />

Geschlechter und der in der Firma<br />

vertretenen Nationalitäten im Auge<br />

zu behalten sowie andere gesellschaftliche<br />

Probleme zu bearbeiten.<br />

Diese <strong>Schülerfirmen</strong> bieten den<br />

Schülerinnen und Schülern praktische<br />

Möglichkeiten, ihre persönlichen<br />

Kompetenzen wie z. B. Team- und<br />

Entscheidungsfähigkeit zu entwickeln.<br />

Sie lernen, vernünftig miteinander<br />

zu reden, Konflikte zu lösen und<br />

sich an Werten (Nachhaltigkeitsidee)<br />

zu orientieren. Nicht zuletzt lernen<br />

sie, selbstständig zu handeln.<br />

Die Leistungen der Schülerinnen und<br />

Schüler in der Schülerfirma werden<br />

beim Verlassen der Schule in einem<br />

Arbeitszeugnis in der Sprache der<br />

Wirtschaft dokumentiert und können<br />

Bewerbungen beigelegt werden. So<br />

verbessern auch Förder- und Hauptschüler<br />

ihre Einstellungschancen.<br />

Weitere Informationen:<br />

Rolf Dasecke<br />

Fachkoordinator<br />

für Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong><br />

im Programm Transfer-21<br />

des Landes Niedersachsen<br />

Tel.: 0 42 22 / 40 02 56<br />

E-Mail: dasecke@t-online.de<br />

5


Praxisbeispiel 1<br />

Norbert Schäfer / Rainer Tempel<br />

Eine-Welt-Schülerfirma<br />

Ein Projekt im Rahmen des Ganztagsangebotes der<br />

Regionalen Schule Rülzheim<br />

Anfangsphase<br />

Im Schuljahr 2005/06 hatten sich<br />

die Schülerinnen und Schüler der<br />

AG dem Begriff „Nachhaltigkeit“<br />

über das Thema „Wohnen“ genähert<br />

und eine Lehmhütte errichtet. Der<br />

gemeinsame Bau einer solchen Hütte<br />

- wie es sie in vielen Ländern der Welt<br />

gibt - gebaut mit örtlich vorhandenem<br />

Material, war ein lebendiges Projekt<br />

und authentisches Beispiel für den<br />

abstrakten und für viele schwer verständlichen<br />

Begriff.<br />

Die Firma präsentiert sich auf der Ganztagsschulmesse am 5. Juni 2007 in<br />

Bad Kreuznach<br />

Projektbegleitung<br />

Norbert Schäfer<br />

freier Landschaftsarchitekt<br />

Büro STADT+NATUR<br />

in Klingenmünster<br />

Andrea Hinterberger<br />

Pastoralreferentin<br />

der kath. Kirche in Rülzheim<br />

Vorbemerkung<br />

An der Regionalen Schule Rülzheim<br />

in Rheinland-Pfalz besteht seit dem<br />

Schuljahr 2005/06 eine Arbeitsgemeinschaft<br />

zum Themenkomplex<br />

„Eine Welt“. Sie trifft sich jeden<br />

Mittwochnachmittag und steht unter<br />

der Leitung eines Landschaftsarchitekten,<br />

welcher auch über konkrete<br />

Erfahrungen über Länder des Südens<br />

aus seiner Tätigkeit als Entwicklungshelfer<br />

verfügt sowie einer Pastoralreferentin.<br />

Natürlich sollte die Hütte auch eine<br />

Funktion haben, und die AG-Mitglieder<br />

machten verschiedene Nutzungsvorschläge.<br />

Als praktikabel<br />

erwies sich die Idee, die Hütte vom<br />

benachbarten Kindergarten als Spielhäuschen<br />

nutzen zu lassen. Aus<br />

verschiedenen Gründen nicht durchführbar<br />

war der Vorschlag, darin einen<br />

Laden unterzubringen, doch führte<br />

diese Idee zum hier dargestellten<br />

Projekt „Fairer Handel durch eine<br />

Eine-Welt-Schülerfirma“.<br />

Einstieg<br />

Die beteiligten Schülerinnen und<br />

Schüler waren zwischen 12 und<br />

14 Jahren alt. Sie hatten vor dem<br />

AG-Besuch keine Vorerfahrungen<br />

in Bezug auf das Thema „Fairer<br />

Handel“, zumal es am Schulort auch<br />

keinen Weltladen gibt. Insofern war<br />

6


Die Lehmhütte<br />

es zunächst erforderlich, ihnen die<br />

globalen Zusammenhänge und Abhängigkeiten<br />

– soweit in einfachen<br />

Worten möglich – zu erläutern, um<br />

deutlich zu machen, wo der faire<br />

Handel im Gegensatz zum gängigen<br />

Welthandel ansetzt. Nachdem ein gewisses<br />

Grundverständnis vorhanden<br />

war, wurde ein Fragebogen entwickelt.<br />

Damit sollte herausgefunden<br />

werden, wie weit bei den Bürgern von<br />

Rülzheim Informationen zum Thema<br />

Fairer Handel vorhanden sind. Die<br />

Interviews, die die Kinder anschließend<br />

auf der Straße mit Passanten<br />

und Geschäftsleuten machten, waren<br />

einerseits ernüchternd (weil sehr<br />

wenig Kenntnis vorhanden war) auf<br />

der anderen Seite auch ermutigend,<br />

da sich einige Personen vorstellen<br />

konnten, fair gehandelte Produkte von<br />

den Schülerinnen und Schülern der<br />

Regionalen Schule zu erwerben.<br />

Auf der Suche nach weiteren Informationen<br />

wandte sich die AG nun<br />

an den nächstgelegenen Weltladen<br />

in Landau. Die Inhaberin lud die<br />

Schülerinnen und Schüler für einen<br />

Nachmittag in ihren Laden ein und<br />

erläuterte anhand von konkreten<br />

Produkten, wie man mit dem Verkauf/Kauf<br />

von fair gehandelten Waren<br />

dazu beitragen kann, dass z. B.<br />

Kleinbauern in Lateinamerika einen<br />

höheren fairen Preis für ihre Produkte<br />

erhalten, somit menschengerechter<br />

leben und ihre Kinder in die Schule<br />

schicken können. Neben der Information<br />

freuten sich die Kinder über die<br />

verteilte Schokolade, und besonders<br />

faszinierend fanden sie die kleinen<br />

Blechautos aus Afrika, gebastelt aus<br />

leeren Konservendosen und Draht.<br />

• Entwicklung eines Informationsflyers<br />

Auf der Grundlage der Ergebnisse aus<br />

den Befragungen und dem Besuch<br />

des Welt-Ladens wurde ein Flyer zur<br />

zukünftigen Schülerfirma entwickelt.<br />

Dieser stellte die Akteure und die<br />

Ziele der Firma vor und wies auf die<br />

Verkaufsangebote hin.<br />

Bei der Produktpalette gab es und gibt<br />

es bis heute immer wieder Veränderungen,<br />

da manches nicht so nachgefragt<br />

wird wie erhofft, aber weil auch<br />

neue Ideen aufgegriffen werden.<br />

Als Kundschaft wurden zwei Zielgruppen<br />

ins Auge gefasst – einmal die<br />

Schule selbst und dann das Umfeld<br />

um die Schule.<br />

• Verkauf in der Schule<br />

Der Verkauf in der Schule findet<br />

während der Pausen statt. Ziel ist<br />

vorrangig die Verköstigung von<br />

Schülerinnen und Schülern. Bereits<br />

seit mehreren Jahren werden seitens<br />

der Schülerschaft in den Pausen<br />

belegte Brötchen verkauft. Das Sortiment<br />

der Eine-Welt-Schülerfirma<br />

sollte nun diesen Pausenverkauf<br />

sinnvoll ergänzen. Insofern sind die<br />

wesentlichen Produkte im Angebot<br />

Orangensaftgetränke, Müsliriegel,<br />

Gummibärchen, etc.<br />

• Verkauf im Umfeld der Schule/<br />

außerhalb der Pausenzeiten<br />

Aufgrund der Befragungen und der<br />

Erkenntnis, dass der Umsatz in den<br />

Durchführung<br />

• Besuch des Weltladens Landau<br />

Die späteren Nutzer aus dem Kindergarten schauen interessiert bei den<br />

letzten Arbeiten an der Lehmhütte zu.<br />

7


Pausen nicht ausreichen würde,<br />

um einen attraktiven Gewinn zu<br />

erwirtschaften, überlegte man in<br />

der Firma, wie das außerschulische<br />

Umfeld erreichen werden könnte. Ein<br />

überraschendes Angebot von Seiten<br />

der Gemeinde, einen Stand auf dem<br />

Weihnachtsmarkt in Rülzheim aufzubauen,<br />

brachte dann den Aufbau der<br />

Firma schneller voran als geplant.<br />

Eilig wurde ein Sortiment (auch<br />

mit ein paar Weihnachtsartikeln)<br />

zusammengestellt, das dann auf dem<br />

Marktplatz unter Weihnachtsklängen<br />

feilgeboten werden konnte.<br />

• Aufbau der Verkaufstheke und<br />

Dekoration der Glasvitrinen<br />

Nach diesem ersten (z. T. recht<br />

kaltem) Erfolgserlebnis ging man<br />

nun mit Elan an den Aufbau und<br />

die Gestaltung des Verkaufsstands<br />

– einer Theke. Diese steht heute in<br />

der Eingangshalle der Schule. In ihr<br />

befinden sich die Waren, die zum<br />

Verkauf nach Bedarf auf die Theke<br />

gestellt werden.<br />

Parallel dazu wurden bereits vorhandene<br />

Glasvitrinen mit den Verkaufsartikeln<br />

dekoriert. Hierbei wurde<br />

auch der Bedarf von Erwachsenen<br />

berücksichtigt. Vorbeigehende Lehrer<br />

und Eltern entdecken hier z. B. auch<br />

Kaffee, Tee oder Kunsthandwerk.<br />

Natürlich wurde die Werbung für die<br />

Sache nicht vergessen. Neben den<br />

Flyern gestaltete man noch verschiedene<br />

Plakate, die die Kinder in die<br />

Klassenräume hängten.<br />

• Verkauf von Recycling-Büroware<br />

Fair gehandelte Produkte bilden das<br />

Kerngeschäft. Bald stellte man aber<br />

fest, dass seitens der Schülerschaft<br />

auch Interesse an einfachen Büroartikeln,<br />

wie z. B. Schreibblöcken, Stiften<br />

und Spitzern besteht. Im Sinne der<br />

Die Verkaufstheke in der<br />

Eingangshalle<br />

Nachhaltigkeit wurde beschlossen,<br />

diese Artikel in das Sortiment aufzunehmen.<br />

Da die genannten Artikel<br />

viel mit dem Themenkomplex Papier<br />

zu tun haben, lud die Firmenleitung<br />

am 21.03.07 Frau Dr. Birgitta Goldschmidt<br />

von der Papierinitiative<br />

Rheinland-Pfalz ein. Sie berichtete<br />

sowohl in der AG als auch am Elternabend<br />

über die Zielsetzung der<br />

Papierinitiative, einem Dekadeprojekt.<br />

Frau Dr. Goldschmidt machte<br />

auf lebendige Art und Weise deutlich,<br />

wie wir durch bewussten Einkauf<br />

(z. B. von Recyclingpapier) einen<br />

persönlichen Beitrag zum Erhalt von<br />

Umwelt und Natur leisten können.<br />

Als Ergebnis der Veranstaltung verpflichtete<br />

sich spontan eine Klasse der<br />

Schule im Rahmen der Initiative 2000<br />

plus, sich zukünftig für die stärkere<br />

Verwendung von Recyclingpapier<br />

einzusetzen.<br />

Aus Sicht des verantwortlichen außerschulischen<br />

Koperationspartners:<br />

Zwischenbilanz<br />

Grenzen und Probleme der Eine-<br />

Welt-Schülerfirma<br />

Noch sind wir keine Schülerfirma im<br />

eigentlichen Sinne. Wir haben einen<br />

Warenbestand, den wir innerhalb<br />

und außerhalb der Schule mit einem<br />

kleinen Gewinn verkaufen. Der Umsatz<br />

im laufenden Schuljahr beläuft<br />

sich bis heute auf ca. 2 000,- €. Mir<br />

stellt sich hierbei die Frage, wie weit<br />

Schülerinnen und Schüler im Alter<br />

von 12 - 14 Jahren bei entsprechender<br />

Einführung und Betreuung eine solche<br />

Firma eigenverantwortlich führen<br />

können. Unsere Erfahrungen in Rülzheim<br />

zeigen, dass die Kinder mit viel<br />

Freude kaufen und verkaufen, Plakate<br />

und Vitrinen gestalten oder mit großer<br />

Begeisterung auf Veranstaltungen wie<br />

z. B. den Weihnachtsmarkt gehen. Die<br />

vielen weniger spektakulären (nicht<br />

lustbetonten) Aktivitäten, wie Buchführung,<br />

Schreibarbeiten, etc. sind<br />

im Rahmen einer Nachmittags-AG<br />

– wo die Kinder schon einen langen<br />

Schultag hinter sich gebracht haben -<br />

schwer „an den Mann zu bringen“.<br />

Blick in die Zukunft<br />

Im nächsten Schuljahr werden unsere<br />

Aktivitäten dahin gehen, dass wir die<br />

erforderlichen Strukturen im Sinne einer<br />

<strong>nachhaltige</strong>n Schülerfirma schaffen.<br />

Darüber hinaus sind wir z. Zt.<br />

dabei, eine Homepage zu entwickeln,<br />

über die dann auch Waren bestellt<br />

bzw. gekauft werden können.<br />

Partnerschaft mit einer Schule in<br />

Ländern des Südens<br />

Was geschieht mit dem Gewinn,<br />

den die Schülerfirma erwirtschaftet?<br />

Nach Rückzahlung des Erstkredits<br />

für den Warenbestand an die mit uns<br />

kooperierende Bank sollen die Erlöse<br />

zum großen Teil in den Aufbau einer<br />

Partnerschaft mit einer Schule in einem<br />

Land des Südens fließen. Wir erhoffen<br />

uns langfristig, Waren von dieser Schule<br />

zu erhalten, die wir dann in unserer<br />

Schülerfirma verkaufen können.<br />

8


Praxisbeispiel 2<br />

Peter Schmidt<br />

Geschäftsideen in der Planungsphase<br />

Unsere Chefin Christina ging in die 9v<br />

Rückblick auf die „Sickinger Schülerreisen“<br />

an der Grund- und Regionalen Schule Wallhalben<br />

Weitere Informationen:<br />

Peter Schmidt<br />

Regionaler Fachberater BNE<br />

peterschmidt@berater.bildung-rp.de<br />

Idee<br />

Das Projekt „Wir gründen eine Firma“<br />

entstand in der Nachbereitung<br />

des Betriebspraktikums im Rahmen<br />

des Arbeitslehreunterrichts der achten<br />

Klasse. Viele Schülerinnen und<br />

Schüler hatten nur wenig Hoffnung<br />

auf Lehrstellen. Diese waren im<br />

Landkreis Südwestpfalz und in den<br />

Städten Pirmasens und Zweibrücken<br />

sehr dünn gesät. Schlechte Verkehrsverbindungen<br />

in die anderen Erwerbszentren<br />

Homburg und Kaiserslautern<br />

taten ihr Übriges.<br />

Ziele<br />

Unsere Schülerinnen und Schüler und<br />

deren Eltern stellten eine intensive<br />

Vorbereitung des Übergangs Schule<br />

Berufsleben (Bewerbung; Vorstellungsgespräch)<br />

in den Vordergrund.<br />

Persönliche Kontakte zu Betrieben<br />

sollten angebahnt werden.<br />

Weiterhin strebten wir an, was Dasecke<br />

(2001) neben den betriebswirtschaftlichen<br />

Grundlagen unternehmerische<br />

Schlüsselqualifikationen nennt:<br />

Flexibilität, Phantasie und Kreativität,<br />

9


Entscheidungsfreudigkeit, Erfolgsorientierung<br />

und Risikobereitschaft.<br />

Zudem sollten die Produkte präsentiert<br />

und verkauft werden. Dazu mussten<br />

Präsentationstechniken erarbeitet<br />

und geübt werden.<br />

Schulische Organisation<br />

Vorbehalte prägten die ersten Gespräche<br />

mit der Schulleitung. Die<br />

Frage nach der Geschäftsidee war<br />

völlig offen, ebenso konnte zuerst<br />

mit nur wenigen interessierten Schülern<br />

argumentiert werden, die den<br />

Lehrereinsatz rechtfertigen würden.<br />

Überforderung und Enttäuschungen<br />

galt es zu vermeiden. Eigene praktische<br />

Erfahrung fehlte.<br />

Die Ziele wurden intensiv diskutiert.<br />

Lernen musste im Mittelpunkt stehen.<br />

Der dicht gedrängte Stundenplan ließ<br />

nur einer freiwilligen Nachmittagsveranstaltung<br />

Raum.<br />

Nachdem das Vorhaben der Gesamtkonferenz<br />

vorgestellt war, konnte<br />

die Arbeitszeit mit einer Stunde aus<br />

der Anrechnungspauschale und einer<br />

klassenübergreifenden AG-Stunde<br />

genehmigt werden. Die vereinbarte<br />

flexible Gestaltung im Sinne eines<br />

Arbeitszeitkontos erwies sich als sehr<br />

vorteilhaft. Jetzt galt es eine genügende<br />

Anzahl Schüler und Schülerinnen<br />

zu gewinnen.<br />

Die Belegschaft und ihre Eltern<br />

Nachdem diese organisatorische<br />

Hürde überwunden war, wurden die<br />

Schülerinnen und Schüler informiert,<br />

die im Unterricht Geschäftsideen<br />

entwickelten. Sie sprachen Mitschüler<br />

an, denen sie entsprechendes Engagement<br />

zutrauten und von denen sie<br />

annahmen, dass sie sich auf etwas<br />

Neues einlassen würden.<br />

„Wir gründen einen Betrieb“ - ein<br />

sehr abstrakter Arbeitstitel war eine<br />

echte Herausforderung, die jedoch<br />

zügig in ganz konkrete individuelle<br />

Vorstellungen mündete.<br />

Die obligatorischen Elternabende<br />

zum Thema Berufswahl hatten bereits<br />

im Vorjahr stattgefunden, die Eltern<br />

waren sensibilisiert. Jetzt waren die<br />

Schülerinnen und Schüler gefordert,<br />

ihre Eltern von dem Projekt zu überzeugen.<br />

Nachmittags freiwillig in der Schule<br />

bleiben, war im ländlichen Raum<br />

nicht das eigentliche Problem. Das<br />

nach Hause Kommen musste gelöst<br />

werden. Linienbusse standen nicht<br />

zur Verfügung. Glücklicher Weise<br />

fanden sich Eltern, die Fahrgemeinschaften<br />

bildeten.<br />

Schließlich erklärten fünf Mädchen<br />

und sieben Jungs - acht Neuntklässer<br />

und vier Achtklässer - ihre verbindliche<br />

Mitarbeit für ein „Probehalbjahr.“<br />

Ein Anfang war gemacht und der<br />

Einstieg stand bevor.<br />

Besuch eines jungen Betriebes<br />

Wenige Jahre zuvor war am Schulstandort<br />

die Zimmerei mit Sägewerk<br />

„Utzinger und Pfeiffer“ gegründet<br />

worden. Auf das Projekt angesprochen,<br />

signalisierten beide Jungunternehmer<br />

sofort ihre Unterstützung.<br />

Herr Pfeiffer stellte die verschiedenen<br />

Abteilungen seines Betriebes vor:<br />

Wareneinkauf, Werkstatt, Buchhaltung<br />

(Kalkulation, Rechnungs- und<br />

Mahnwesen, ...), Auftragsannahme,<br />

Planungsbüro, Baustellen. Die verschiedensten<br />

Facetten der Zimmerei<br />

wurden deutlich erkennbar.<br />

Die Schülerinnen und Schüler hatten<br />

viele Fragen bezüglich Firmengründung.<br />

Hier einige wichtige Antworten<br />

des Meisters:<br />

„Am Anfang informierten wir uns bei<br />

Kollegen und Selbständigen auch in<br />

ganz anderen Branchen, z. B. Bäcker,<br />

KfZ-Mechaniker..., denn alle können<br />

ihr Handwerk, brauchen aber auch<br />

Kaufleute, Steuerfachleute, Genehmigungen,<br />

… und viel Geld.<br />

• Der Steuerberater muss zur Seite<br />

stehen, obwohl mein Kollege<br />

Kaufmann ist. Beide erstellten<br />

einen Plan in Bezug auf die Tragfähigkeit<br />

des Betriebes.<br />

• Die Investition für die Firmengründung<br />

raubt einem anfangs schon<br />

den Schlaf, eine halbe Million<br />

reichte nicht!<br />

• Würden alle pünktlich bezahlen,<br />

ginge es meinen Mitarbeitern und<br />

mir viel besser und ich bräuchte<br />

nicht mehr um die Existenz bangen.<br />

Ich hoffe in 2 bis 3 Jahren<br />

werden wir das geschafft haben,<br />

denn unsere Arbeit ist gut.<br />

• Im Sommer leisten wir viele Überstunden,<br />

da könnte ich noch einige<br />

Leute beschäftigen, im Winter<br />

habe ich aber wenig Arbeit. Mir<br />

ist es wichtig wenige, dafür dauerhafte<br />

Arbeitsplätze zu schaffen.<br />

Das ist für die Mitarbeiter verlässlicher.“<br />

Authentischer ist Selbständigkeit<br />

kaum zu vermitteln. Den Schülerinnen<br />

und Schülern (und mir) war<br />

sehr bewusst geworden, dass Hilfe<br />

von Sachkundigen und vertrauensvolle<br />

Zusammenarbeit mit Banken<br />

notwendig sein würden. Und ein<br />

Quäntchen Risikobereitschaft würde<br />

wohl eher das Salz in der Suppe des<br />

Selbständigen sein. Eine pfiffige Idee<br />

war nun gefragt.<br />

10


Die Geschäftsidee<br />

In einem Brainstorming wurde gesammelt:<br />

Eine Internetrecherche verdeutlichte,<br />

dass alle genannten Ideen verwirklicht<br />

werden können, bzw. an anderen<br />

Schulen in ähnlicher Form bestehen.<br />

Die Vorschläge wurden präzisiert.<br />

Umfangreiche, engagierte Präsentationen<br />

führten zu einem langen Findungsprozess.<br />

Nach Abwägung vieler<br />

Für und Wider, der Einschätzung der<br />

eigenen Fähigkeiten und Interessen,<br />

fiel die Entscheidung in einer Abstimmung<br />

für das Schülerreisebüro.<br />

An der Ökologischen Schule Wallhalben<br />

war es Tradition, dass innovative<br />

Vorhaben im Kontext des Leitbildes<br />

der NökoSch-Schulen stehen. (Anmerkung<br />

der Redaktion: Die Schule<br />

ist eingebunden in das rheinland-pfälzische<br />

„Netzwerk ökologisch orientierter<br />

Schulen“, kurz NökoSch.). Es<br />

sollte also ein Reisebüro für ökologische<br />

Schülerreisen werden.<br />

innerbetrieblich:<br />

• Wer trifft Entscheidungen?<br />

• Wie ist ein Reisebüro organisiert?<br />

• Welche Spezialisierung, welches<br />

Profil wird angestrebt?<br />

• Wer bearbeitet die Aufträge?<br />

• Wer zahlt, wenn es schief geht?<br />

• Wie viel Geld brauchen wir für<br />

Material und Geräte?<br />

• Wann kann mit der eigentlichen<br />

Arbeit begonnen werden?<br />

Eine Exkursion zur Industrie- und<br />

Handelskammer der Pfalz in Pirmasens<br />

(IHK) sollte zusätzlich für eine<br />

Recherche in Reisebüros der Stadt<br />

genutzt werden. Drei Teams erledigten<br />

folgende Aufträge:<br />

• Erstellen des Zeitplanes (in Plakatform)<br />

• Erarbeiten von Leitfragen für die<br />

Gespräche in den Reisebüros<br />

• Planen der Reise zur IHK nach<br />

Pirmasens (Termine, Kosten, Genehmigung).<br />

Arbeitsergebnisse:<br />

a) Aufbauend auf den Erfahrungen<br />

aus dem vorjährigen Schülerpraktikum<br />

wurde ein erster Geschäftsplan<br />

erstellt.<br />

b) Wir hatten uns den ersten Auftrag<br />

selbst erteilt: Terminieren des<br />

Besuchs bei der IHK und Fahrtplanung<br />

für 13 Personen“.<br />

Fremde Gesprächspartner, die<br />

man um etwas bitten muss, waren<br />

für alle Schülerinnen und Schüler<br />

eine völlig ungewohnte Situation.<br />

Obgleich viele zu den Vieltelefonierern<br />

gehörten, bedurfte es<br />

einiger Motivation, bis der Termin<br />

mit der IHK vereinbart war.<br />

Das sonst übliche Privattaxi stand<br />

diesmal nicht zur Verfügung. Ein<br />

Mietbus nach Pirmasens sollte<br />

200,- € kosten. Die RSW (Regionalbus<br />

Saar Westpfalz), Anbieter<br />

des öffentlichen Personennahverkehrs,<br />

blieb als letzte Chance. Wir<br />

Tätigkeits- und<br />

Geschäftsplanung<br />

Es galt jetzt folgende Fragen zu beantworten:<br />

außerbetrieblich:<br />

• Welche aktuellen Unterstützungssysteme<br />

gibt es für Existenzgründer?<br />

• Wer muss was genehmigen?<br />

• Welche Rolle spielt das Finanzamt?<br />

• Wird eine Bank (Kontoführung, ...)<br />

unser Unternehmen unterstützen?<br />

• Welche Konkurrenten gibt es?<br />

Aufgaben<br />

11


fuhren also Linienbus, für 26,- €<br />

hin und zurück.<br />

c) Leitfragen für den Besuch der<br />

Reisebüros mussten erarbeitet<br />

werden.<br />

Es wurde vereinbart, dass wir uns<br />

zuerst vorstellen, unser Anliegen<br />

mitteilen und um ein Gespräch bitten,<br />

in welchem wir die folgenden<br />

Fragen stellen wollten:<br />

• Kann man Klassenfahrten<br />

buchen?<br />

• Arbeiten Sie in Teams?<br />

• Welche Abteilungen gibt es im<br />

Reisebüro?<br />

• Gibt es Spezialisten für bestimmte<br />

Tätigkeiten?<br />

• Welche Aufgaben hat der<br />

Chef?<br />

• Wie ist ihre Arbeit jahreszeitlich<br />

verteilt?<br />

Ergebnis<br />

Es stellte sich heraus, dass die Beratungstätigkeit<br />

der wichtigste Aspekt<br />

ist. Die Reiseverkehrskaufleute entwickeln<br />

ein Gespür für die Wünsche<br />

der Kunden und haben den Überblick<br />

über die Reiseziele. Die Mitarbeiterinnen<br />

(bei unseren Befragungen alle<br />

weiblich) bearbeiteten am Computer<br />

ihre Aufträge alleine. Es gibt in der<br />

Reisebranche ein starkes Hoch im<br />

Sommer und ein kleineres im Winter.<br />

Entsprechend ist in den Agenturen<br />

im Frühjahr und Herbst Hochsaison.<br />

Der Chef (bei unseren Befragungen<br />

waren es nur Männer) arbeitet häufig<br />

mit. Er bearbeitet die Buchhaltung,<br />

stellt Personal ein und führt Erfolgsstatistiken.<br />

Besuch der IHK<br />

Die Beraterin für Existenzgründer<br />

Frau Weiland informierte in einem<br />

dreistündigen Seminar über die betriebswirtschaftlichen<br />

Grundlagen,<br />

die Aufgaben der Steuerberatung<br />

und der Behörden. Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse<br />

wurde dringend<br />

empfohlen. Ein abschließend erhaltener<br />

Leitfaden für Existenzgründer<br />

diente der individuellen Vertiefung.<br />

Ein Glücksfall, denn dadurch konnte<br />

viel Zeit eingespart werden und wir<br />

hatten eine umfassende Handreichung<br />

zum Nachschlagen!<br />

Marktanalyse<br />

Keines der besuchten Reisebüros hatte<br />

je eine Klassenfahrt organisiert. Da war<br />

also keine Konkurrenz zu erwarten.<br />

12


Pauschalangebote für Klassenfahrten<br />

liegen mittels Katalogen in sehr großer<br />

Zahl vor. Diese zielen jedoch besonders<br />

auf Abschlussfahrten oder Reiseziele in<br />

größeren Entfernungen. Ökologische<br />

Aspekte spielen keine erkennbare Rolle.<br />

Standard ist der Mietbus.<br />

Unser Angebot<br />

Unser Angebot konnte jetzt konkreter<br />

gefasst werden:<br />

• Planung von Reisen, jeweils mit<br />

mindestens zwei Alternativangeboten,<br />

davon eines mit ökologischen<br />

Vorteilen,<br />

• Vermittlung von Unterkünften und<br />

Programmen,<br />

• Vorbereitung der Buchung,<br />

• finanzielle Abwicklung,<br />

in den Kategorien<br />

• Wandertage in der näheren Umgebung<br />

(zu Fuß),<br />

• eintägige Ausflüge,<br />

• mehrtägige Klassenwandertage<br />

mit Übernachtung.<br />

Unser Leitbild<br />

Eine Umfrage bei Lehrkräften ergab:<br />

• 95 % der Ausflüge über 5 km<br />

Entfernung finden mit Mietbussen<br />

statt,<br />

• 5 % mit dem Fahrrad,<br />

• Wandertage zu Fuß führen überwiegend<br />

zu wenigen bewährten<br />

Zielen.<br />

Aufgrund dieser Ergebnisse legten<br />

wir fest was wir wollen.<br />

• ein Gewinn bringendes Unternehmen,<br />

• weitgehend demokratische Entscheidungen,<br />

• erreichen, dass<br />

- 40% Wandertage zu Fuß oder<br />

mit den Fahrrad stattfinden,<br />

- 25 % der verbleibenden<br />

Klassenausflüge im ÖPNV<br />

durchgeführt werden,<br />

- Ausflüge zum nächst gelegenen<br />

geeigneten Ziel führen.<br />

Umwelttechnische Argumente sollen<br />

in die Präsentationen eingebaut<br />

werden und so die Entscheidung der<br />

Klassen und ihrer Lehrkräfte beeinflussen.<br />

Betriebliche Organisation<br />

Die Erfahrungen aus dem Praktikum,<br />

der Besuch der Fa. Utzinger und<br />

Pfeiffer, die Reisbürobesuche und die<br />

IHK-Infos legten eine Organisation in<br />

Teams nahe. Diese sollten<br />

• Aufträge annehmen und die Ziele<br />

und Inhalte abklären,<br />

• zwei Reisevorschläge erarbeiten,<br />

• das gesamte Vorhaben abwickeln.<br />

• Werbematerial (Faltblatt, Plakate<br />

und Homepage) entwerfen.<br />

Der Betriebsversammlung gehörten<br />

alle Mitarbeiter und der Lehrer beratend<br />

an. Dort sollte demokratisch<br />

entschieden werden. Die gerade Anzahl<br />

der Teilnehmer und manchmal<br />

Zeitnot erforderten einen Chef mit<br />

besonderen Aufgaben.<br />

Wer sollte welchen Job übernehmen?<br />

Besetzen der Stellen<br />

In der Arbeitswelt geschieht das so:<br />

a) Stellen ausschreiben<br />

Die Aufgaben der Mitarbeiter waren<br />

allen Beteiligten klar. An die<br />

Abteilung Werbung mussten besondere<br />

Anforderungen (Design,<br />

IT) gestellt werden.<br />

Die Chefin / der Chef sollte den<br />

Betrieb nach außen (gegenüber<br />

Schulleitung, Ämtern, Bank(en)<br />

...) vertreten und für die Buchhaltung<br />

zuständig sein. Innerbetrieblich<br />

waren die Vorgänge zu<br />

überwachen und bei Stimmengleichheit<br />

zu entscheiden.<br />

b) Bewerben<br />

Man konnte sich also auf drei<br />

Stellen bewerben: Reiseverkehrskauffrau/<br />

- mann, Betriebsleiter /<br />

-in und Werbefachkraft.<br />

Nach Ablauf der Bewerbungsfrist<br />

wurden die Bewerbungen von<br />

allen gesichtet. Die Schülerinnen<br />

und Schüler sahen ihre eigenen<br />

Bewerbungen plötzlich mit ganz<br />

anderen Augen: Wie ist der erste<br />

Eindruck? Was kann sie/er? Was<br />

sagen die Schulnoten? ...<br />

c) Vorstellen<br />

In der wirklichen Welt wird man<br />

eingeladen, kommt und ...<br />

Diese Vorbereitung war Aufgabe<br />

des Lehrers. Mit Herrn Wagner<br />

(Modehaus Wagner, Herschberg)<br />

und Herrn Pfeiffer (Zimmerei) gelang<br />

es zwei Selbstständige für einen<br />

Nachmittag zu gewinnen. Die<br />

Vorstellungsgespräche fanden im<br />

Schullandheim „Altes Forsthaus“<br />

in Herschberg statt. Drei Schüler<br />

erhielten die Chance, selbst am<br />

Rollenspiel mit zu wirken. Die<br />

anderen beobachteten.<br />

Nervosität ist normal, Höflichkeit<br />

wird erwartet, Schulnoten werden<br />

ganz unterschiedlich gesehen.<br />

Der Chef vertritt den Betrieb nach<br />

außen, er muss frei reden, sich<br />

durchsetzen können.<br />

d) Einstellen<br />

Die Betriebsversammlung besetzte<br />

noch am gleichen Tag die Stellen.<br />

Unsere Chefin Christina ging in<br />

die 9v!<br />

13


Rechtsform<br />

Grundsätzlich kann zu Übungszwecken<br />

in der Schule jede Rechtsform<br />

gewählt werden. Unserem Leitbild<br />

entsprechend empfahlen sich die<br />

Aktiengesellschaft, die Gesellschaft<br />

mit beschränkter Haftung und die Genossenschaft,<br />

da dort demokratische<br />

Strukturen in Form von Teilhaberversammlungen<br />

gesetzlich vorgegeben<br />

sind.<br />

Die Argumente gegen frei verkäufliche<br />

Aktien und der relativ hoch<br />

erscheinende Aufwand zur Gründung<br />

einer Genossenschaft lies die GmbH<br />

übrig bleiben.<br />

Aus dem Internet wurde ein GmbH<br />

– Mustervertrag heruntergeladen und<br />

an die Anforderungen der Sickinger<br />

Schülerreisen GmbH angepasst. Die<br />

ganze Belegschaft unterzeichnete den<br />

Vertrag und verpflichtete sich 10,- €<br />

Einlagekapital, (abzüglich der Reisekosten<br />

nach Pirmasens) einzuzahlen.<br />

Die ersten ROTEN Zahlen standen<br />

schon da!<br />

Bedarfsplanung<br />

Drei Computer mit Internetzugang,<br />

ein Drucker, ein Papierpaket, ein<br />

Raum, Mittel für Geschäftsreisen<br />

(IHK, Vortouren, ...) ein Telefon mit<br />

Faxgerät, ...<br />

Christina und Lars (Stellvertreter)<br />

stellten Ziele und Kalkulation des Betriebes<br />

im Umfang von 8 000;- € zuerst<br />

der Betriebsversammlung, später<br />

dem Schulleiter Herrn Schröer vor.<br />

Nach kritischer Prüfung kam er den<br />

Schülern sehr entgegen. Überzeugt<br />

stellte er den Computerraum und die<br />

Schuleinrichtungen einschließlich des<br />

Sekretariats zur Verfügung. Entstehende<br />

Kosten sollten aus den späteren<br />

Gewinnen erstattet werden.<br />

Bankverbindung<br />

Die beiden ortsansässigen Geldinstitute<br />

wurden von Schülerinnen<br />

besucht, die dort das Anliegen vortrugen.<br />

Die VR-Bank Südwestpfalz<br />

lies sich teilweise auf die Wünsche<br />

ein. Wir eröffneten unser Geschäftskonto,<br />

das nicht überzogen werden<br />

durfte. Die Firmenmitglieder durften<br />

Überweisungen tätigen und Auszüge<br />

abholen. „Sickinger Schülerreisen“<br />

wurde als Inhabername geführt.<br />

Dennoch musste letztlich eine uneingeschränkt<br />

geschäftsfähige Person<br />

Bankpartner bleiben, im vorliegenden<br />

Fall in Person des Lehrers.<br />

Werbung<br />

Betriebe müssen heute in irgend<br />

einer Form werben. Ein Reisebüro<br />

für Schulreisen? Ziel auswählen,<br />

Geld einsammeln, verwalten und<br />

Rechnungen begleichen ist eigentlich<br />

Lehrertätigkeit!<br />

Wie erreicht man die potentielle Kundschaft,<br />

die Lehrerinnen und Lehrer?<br />

Ein Werbezettel im Schulpostfach,<br />

ein Plakat im Lehrerzimmer und viel<br />

Mund-zu-Mund-Prpaganda!<br />

Drei Schüler erstellten die Werbeträger<br />

und kümmerten sich dann um die<br />

Homepage, wenn keine Aufträge zu<br />

bearbeiten waren.<br />

Die Arbeitsphase<br />

Die Aufgaben der Bearbeiterteams<br />

wurden vereinbart. Eine Vertragsvorlage<br />

mit vielen hilfreichen Tipps<br />

wurde bei „Reisewind“ einer Schülerfirma<br />

der BBS Northeim I heruntergeladen<br />

und für unsere Schülerfirma<br />

umgearbeitet.<br />

Ende November – der erste richtige<br />

Auftrag!<br />

Eine Kollegin wollte mit ihrer 4.<br />

Klasse eine Abschlussfahrt mit Umweltbildungsprogramm<br />

in die Wappenschmiede<br />

in Fischbach bei Dahn<br />

buchen.<br />

Die Internetpräsenz erleichterte die<br />

Arbeit. Frau Venske, die Leiterin,<br />

nahm die sehr jungen Stimmen am<br />

Telefon ernst. Auch die Mitarbeiterinnen<br />

der Touristinformation Dahn<br />

waren sehr kooperativ und stellten auf<br />

dem Postweg reichhaltiges Prospektmaterial<br />

zur Verfügung. So konnte in<br />

kurzer Zeit ein Programmvorschlag<br />

erarbeitet werden.<br />

Die Strecke von Wallhalben nach<br />

Fischbach bei Dahn stellte jedoch eine<br />

echte Herausforderung dar.<br />

Zwei Alternativen wurden erarbeitet:<br />

(1) Wallhalben - Dahn mit Umstieg<br />

in Pirmasens im ÖPNV, Dahn -<br />

Fischbach im Mietbus. Rückfahrt<br />

mit Umstieg in Pirmasens komplett<br />

im ÖPNV.<br />

(2) Wallhalben – Fischbach bei Dahn<br />

und zurück im Mietbus.<br />

Mit einer kleinen hellgrauen (Alternative<br />

1) und einer großen dunkelgrauen<br />

(Alternative 2) CO2- Wolke wurde<br />

auf die Luftbelastung durch die Reise<br />

hingewiesen.<br />

Der Reisepreis von Variante 1 war<br />

zudem um ca. 200,- € günstiger.<br />

Vor der Betriebsversammlung präsentierte<br />

das Team die Ausarbeitungen<br />

und ließ diese kritisieren. Dann<br />

wurde vor der Klasse, der Lehrerin<br />

und der Elternvertreterin präsentiert.<br />

Die Klasse erhielt eine ausführliche<br />

Mappe mit Kalkulation, Programm<br />

incl. Alternativen und den beiden<br />

Reisemöglichkeiten.<br />

14


Der Auftrag Variante (1) wurde<br />

erteilt.<br />

Einige wenige Eltern taten ihre Verwunderung<br />

über das ungewohnte<br />

Konto kund. Die Klassenleiterin<br />

konnte sie beruhigen. Jetzt mussten<br />

Zahlungseingänge kontrolliert,<br />

Zahlungserinnerungen freundlich<br />

formuliert und Buchungen vorbereitet<br />

werden. Das Geschäft schloss erfolgreich,<br />

mit 8,- € Gewinn ab.<br />

Dieser Auftrag war die beste Werbung.<br />

Weitere Ausflüge wurden<br />

angefragt und gebucht:<br />

• Eine Reise zum Biobauern musste<br />

mit einem Mietbus durchgeführt<br />

werden.<br />

• Besuche mittelalterlicher Burgen<br />

wurden erarbeitet: Steinenschloss<br />

(Thaleischweiler-Fröschen) mit<br />

Linienbus und Spaziergang oder<br />

Nanstein (Landstuhl) mit dem<br />

Fahrrad und anschließend Grillfest<br />

stachen sogar Trifels und Burg Eltz<br />

aus.<br />

• 3 Tage Speyer konnte mit Linienbus<br />

nach Landstuhl und Bahn<br />

angeboten werden.<br />

• Fahrten zum BIZ nach Pirmasens<br />

erfolgten in Linienverkehr.<br />

• Die meiste Arbeit wurde in die<br />

Abschlussfahrt der Klasse 10 nach<br />

Berlin investiert.<br />

Herr Füssler (Freier Mitarbeiter des<br />

„Pfälzer Merkur“) besuchte unsere<br />

Schülerzeitungsredaktion. Dort wurde<br />

er auf unsere Schülerfirma „Sickinger<br />

Schülerreisen“ aufmerksam. Er war<br />

sehr neugierig.<br />

Sein Besuch beeindruckte. Er berichtete<br />

ausführlich in seiner Tageszeitung<br />

„Selbständigkeit als Ausweg?“ Dies<br />

hatte gleich zwei sehr positive Folgen.<br />

Zwei Kolleginnen von benachbarten<br />

Grundschulen riefen am gleichen<br />

Tag an, um für ihre Abschlussfahrten<br />

im nächsten Schuljahr Aufträge zu<br />

erteilen.<br />

Von der Reisebürobelegschaft aber<br />

noch positiver aufgenommen, wurde<br />

die Vermittlung von mehreren<br />

Vorstellungsgesprächen über die<br />

Redaktion der Zeitung und Herrn<br />

Füssler. Daraus resultierte immerhin<br />

ein Ausbildungsverhältnis.<br />

Geschäftsübergabe<br />

Im Wesentlichen wurde wie bei der<br />

Erstgründung verfahren. Die Stellen<br />

wurden von den Altvorderen beschrieben<br />

und in der Schülerzeitung<br />

beworben. Die Vorstellungsgespräche<br />

fanden mit Herrn Wagner und<br />

der Chefin Christina in Herschberg<br />

statt. Die Übergabe erfolgte in der<br />

zweiten Unterrichtswoche des neuen<br />

Schuljahres.<br />

Es standen so viele Bewerber an, dass<br />

man die Gruppe teilte. Das Reisebüro<br />

erschien im neuen Kleid als „Schülertours<br />

AG“ und der Schulleiter<br />

genehmigte eine weitere AG.<br />

Der Lehrer?<br />

Um mich in die ganze Problematik<br />

einzuarbeiten, musste ich Fachwissen<br />

von Experten, Geschäftsleuten und<br />

Elternbefragungen, aus Handreichungen<br />

und dem Internet beziehen, wobei<br />

Letztes auch oft fehlerhafte Informationen<br />

bot. Ich musste den Rahmen<br />

organisieren: Räume, Computer; Arbeitsmaterial<br />

... Interessenausgleich<br />

herzustellen war in der Startphase<br />

sehr wichtig.<br />

Den Schülerinnen und Schülern fiel<br />

es schwer, Gespräche zielgerichtet zu<br />

führen. Abschweifungen und Detaildiskussionen<br />

prägten das Geschehen.<br />

Moderation und Beratung waren zentrale<br />

Aufgaben des Lehrers.<br />

Der Zeitaufwand überstieg den der<br />

„normalen Unterrichtsvorbereitung“<br />

während der gesamten Dauer. Die<br />

notwendige flexible Gestaltung bot<br />

die Möglichkeit des Ausgleichs in<br />

angemessenem Maß.<br />

„Du sollst deinen Schülern wenigstens<br />

einen Schritt voraus sein“<br />

konnte nicht mehr geleistet werden.<br />

An einigen Stellen hatten schließlich<br />

die Jugendlichen mehr Detailwissen.<br />

Das Experiment „Mit den Schülern<br />

lernen“ war ein sehr positives, empfehlenswertes<br />

Erlebnis.<br />

Das Lehrer-Schüler-Verhältnis wurde<br />

sehr positiv beeinflusst, so dass Rückwirkungen<br />

auf den „Regelunterricht“<br />

deutlich bemerkt werden konnten, besonders<br />

im Blick auf nachmittägliches<br />

Arbeiten zu Lernzwecken.<br />

Nach 3 Jahren<br />

Drei Schüler aus der ersten Gruppe<br />

fanden sich kürzlich zu einem kleinen<br />

Rückblick zusammen:<br />

Gerade die Kenntnis der Vorstel-<br />

15


lungsgespräche waren und sind bei<br />

der Lehr- bzw. Praktikumsstellensuche<br />

für sie von großem Vorteil.<br />

Institutionen, Ämter ... lernten sie<br />

als Partner kennen, da gibt es keine<br />

Berührungsängste.<br />

St. lernte Industrieelektroniker:<br />

„Selbständigkeit ist mit meinem Beruf<br />

kaum möglich. Zudem ist sie sehr<br />

riskant. Ich habe einen Bekannten, der<br />

lieh sich knapp 30000,- € für Maschinen.<br />

Im Winter hätte er richtig viel<br />

Arbeit gehabt, aber er brauchte auch<br />

mal eine Auszeit. Jetzt hat er 25000,-<br />

€ Schulden und einige Maschinen,<br />

die keiner haben will. Man braucht<br />

ein großes Maß Eigenmotivation,<br />

ich weiß nicht ob ich das dauerhaft<br />

leisten kann.“<br />

Ca: „Ich habe gerade mein Abi bestanden.<br />

Selbständigkeit ist nach wie<br />

vor eine Option, schließlich war ich<br />

mal Chefin. Jetzt muss ich sehen wie<br />

es weiter geht. Einen Ausbildungsvertrag<br />

zur Mediendesignerin könnte ich<br />

haben. Aber ich möchte mich zuerst<br />

noch in weiteren Praktika orientieren,<br />

vielleicht studieren, oder – einen frei<br />

schaffenden Beruf ergreifen.“<br />

C.: „Für mich kommt langfristig nur<br />

Selbständigkeit in Frage. Ich brauche<br />

meine Freiheit, genau das zu tun, das<br />

mich interessiert und mir Spaß macht.<br />

Ich lerne im letzten Ausbildungsjahr<br />

Zerspanungsmechaniker. Mein Ausbildungsleiter<br />

ist der Meinung, dass<br />

man während der Ausbildung nicht im<br />

Nebenerwerb einen Betrieb aufbauen<br />

kann. Die Verträge sind fertig, im<br />

Sommer läuft mein Ausbildungsvertrag<br />

ab, dann geht’s los! Mein Freund<br />

hat einen Forstbetrieb gegründet, an<br />

dem ich schon jetzt teilhabe.“<br />

Schlussbemerkung<br />

Zur Zeit empfiehlt es sich die Haftung<br />

einem Förderverein zu übertragen.<br />

Die neue Möglichkeit der gemeinnützigen<br />

gGmbH könnten weitere<br />

Chancen eröffnen. Die Trägerschaft<br />

der Schülerfirma durch Schulträger<br />

sollte an klare Verträge gebunden<br />

sein.<br />

Henze und Geier (2005) empfehlen<br />

ausführlich Moderationsmethoden<br />

zur Betriebsgründung, diese wurden<br />

teilweise angewandt und können<br />

durchaus empfohlen werden. Im<br />

nächsten Schuljahr wird eine neue<br />

Schülerfirma geplant. Mal sehen was<br />

es diesmal wird!<br />

Literatur:<br />

(1) Daseke, Rolf: Von den Erträgen<br />

leben; in: 21 Das Leben gestalten<br />

lernen, <strong>Heft</strong> 4; Berlin 2001<br />

(2) Pädagogisches Zentrum des<br />

Landes Rheinland-Pflaz (Hrsg):<br />

umwelterziehung praktisch Nr.<br />

45; Allerlei GmbH. <strong>Schülerfirmen</strong>;<br />

Bad Kreuznach 2002<br />

(3) Henze, Christa (Hrsg.): Nachhaltigkeit<br />

unternehmen – zukunftsfähiges<br />

Lernen in <strong>Schülerfirmen</strong>;<br />

Dokumentation der Fachtagung<br />

www.Na.Sch21.de - <strong>Schülerfirmen</strong><br />

im Kontext einer Bildung für<br />

Nachhaltigkeit; Osnabrück 2003<br />

(4) Henze, U., Geyer, R.: Nachhaltige<br />

<strong>Schülerfirmen</strong> – Bildung für eine<br />

<strong>nachhaltige</strong> Entwicklung; Herausgegeben<br />

von Verbraucherzentrale<br />

Bundesverband in Kooperation<br />

mit Unesco-Projekt-Schulen und<br />

BLK-Programm Transfer – 21<br />

Niedersachsen, Papenburg 2005<br />

(5) Tempel, Rainer; <strong>Schülerfirmen</strong><br />

– ökonomische Bildung mit Ernstcharakter;<br />

http://pz.bildung-rp.de/<br />

pn/pb1_03/schuelerfirmen.htm<br />

Die FachberaterInnen für Bildung<br />

für <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung<br />

(PeterSchmidt@berater.bildung-rp.de<br />

und AnnelieSinzig@berater.bildungrp.de)<br />

werden weiter an der Frage<br />

einer günstigen Rechtsform für <strong>nachhaltige</strong><br />

<strong>Schülerfirmen</strong> besonders an<br />

allgemein bildenden Schulen arbeiten<br />

und stehen zu weiteren Informationen<br />

gerne zur Verfügung.<br />

Wichtige Mailadressen zum Thema „<strong>Schülerfirmen</strong>“<br />

Grundlegende Hinweise<br />

www.nasch21.de<br />

www.dkjs.de<br />

www.schule-wirtschaft.de<br />

www.iw-junior.de<br />

Materialsammlung<br />

www.transfer-21.de/index.<br />

php?p=117<br />

Homepages <strong>nachhaltige</strong>r<br />

<strong>Schülerfirmen</strong><br />

www.axxi.de<br />

www.tee-link.de<br />

www.schuelerunternehmen.de<br />

16


Praxisbeispiel 4 Praxisbeispiel 3<br />

Bernhard Susewind<br />

Der „Umweltladen“<br />

im Bildungszentrum Worms<br />

Der „Umweltladen“ im Bildungszentrum<br />

Worms (BIZ) besteht seit nunmehr<br />

etwa 16 Jahren. Er ging hervor<br />

aus einzelnen Verkaufsaktionen von<br />

Umweltschutzpapier-<strong>Heft</strong>en der damaligen<br />

SV des Gauß-Gymnasiums<br />

und der Initiative eines Lehrers dieser<br />

Schule. Als Verkaufsraum dient ein<br />

früherer Keller-Lagerraum, der im<br />

Rahmen einer Projektwoche 1998 zu<br />

einem attraktiven Laden umgebaut<br />

wurde.<br />

Zunächst war der „Umweltladen“<br />

eine Filiale des „Weltladens Worms<br />

e.V.“, über den die gesamte Buchführung,<br />

Abrechnung, Versteuerung<br />

der Umsätze etc. abgewickelt<br />

wurden. Um unseren mitarbeitenden<br />

Schülern die Möglichkeit zu<br />

bieten, sich Kompetenzen in diesen<br />

Bereichen zu erwerben, beschlossen<br />

die im Umweltladen aktiven Lehrkräfte,<br />

Schülerinnen und Schüler,<br />

neue Strukturen zu schaffen. Seit<br />

17


Beginn des Jahres 2004 wird der Laden<br />

im Rahmen einer „Schülerfirma“<br />

betrieben. Mit unentgeltlicher Unterstützung<br />

eines Unternehmensberaters<br />

wurde der rechtliche Rahmen der<br />

Schülerfirma gemeinsam entwickelt.<br />

Es wurde ein gemeinnütziger Trägerverein<br />

ins Leben gerufen, unter dessen<br />

Dach die Schülerfirma wie eine<br />

„echte“ Firma arbeitet. Der Name des<br />

Vereins ist Programm: „Verein zur<br />

Förderung von Wirtschaftskompetenz<br />

und Nachhaltigkeit e.V.“. Er ist schulübergreifend<br />

und bindet zur Zeit drei<br />

Schulen ein: Das Gauß-Gymnasium,<br />

das Rudi-Stephan-Gymnasium und<br />

die Berufsbildende Schule Wirtschaft,<br />

die sich alle auf dem Gelände des BIZ<br />

in unmittelbarer Nachbarschaft befinden.<br />

Die BBS Wirtschaft hat dabei<br />

insbesondere das Rechnungswesen<br />

und die Buchführung übernommen<br />

– ebenfalls eine gute Möglichkeit,<br />

Schülerinnen und Schüler am realen<br />

Objekt ein Lernfeld zu bieten. Die<br />

tägliche Kassenabrechnung, die<br />

Notwendigkeit einer Steuererklärung<br />

sowie die jährliche Inventur führen<br />

den Schülern immer wieder die Ernsthaftigkeit<br />

des Projekts vor Augen.<br />

Es existieren verschiedene Abteilungen<br />

(Einkauf, Verkauf, Personalwesen,<br />

Marketing), deren jeweilige Leitung<br />

von Schülerinnen und Schülern<br />

übernommen wird - mit Begleitung<br />

einer Lehrerin beziehungsweise eines<br />

Lehrers. Die einzelnen Abteilungen<br />

werden in diesem Artikel weiter<br />

unten von den jeweiligen Teams<br />

vorgestellt.<br />

In den Pausen ist Betrieb im Laden<br />

Über den Verkauf von Schulmaterial<br />

und fair gehandelten Pausensnacks<br />

hinaus bietet der Umweltladen inzwischen<br />

viele zusätzliche, umweltfreundliche<br />

und gleichzeitig attraktive<br />

Serviceangebote, wie z. B. einen<br />

Tinten-Auffülldienst (Auffüllen von<br />

Tintenfässern aus großen Vorratsbehältern),<br />

Sammeldienst von leeren Toner-<br />

und Tintenstrahl-Patronen gegen<br />

Vergütung eines <strong>Heft</strong>es, kostenlose<br />

Ausgabe von Pausenbrot-Boxen am<br />

Schuljahresanfang für neue Schüler,<br />

Sammelbehälter für Altbatterien<br />

sowie die Belieferung beider Schulen<br />

mit fair gehandeltem Kaffee.<br />

Der Umweltladen ist mittlerweile<br />

aus dem schulischen Alltagsleben<br />

der beteiligten Schulen kaum noch<br />

wegzudenken. Er ist stets stark frequentiert:<br />

Gegen den allgemeinen<br />

Trend kann am Bildungszentrum<br />

beobachtet werden, dass nach wie vor<br />

ein großer Teil der Schülerinnen und<br />

Schüler <strong>Heft</strong>e und Schulmaterial aus<br />

Recyclingpapier kauft. Die ca. 30 in<br />

der Firma beschäftigten Schülerinnen<br />

und Schüler sind motiviert und identifizieren<br />

sich mit der Sache.<br />

Der Umweltladen ist gleichzeitig<br />

eine Art Kristallisationspunkt für<br />

weitere konkrete Lernanlässe, die<br />

sich aus den von ihm ausgehenden<br />

Aktivitäten ergeben. Dazu einige Beispiele:<br />

Erstellen und Vorführen einer<br />

PowerPoint-Präsentation, Einüben<br />

und Halten von freien Vorträgen für<br />

Elternabende und –führungen, Erstellen<br />

eines Computer-Programms zur<br />

Lager-Verwaltung und Abrechnung,<br />

Erstellen von Internet-Seiten für die<br />

Schul-Homepage, Durchführung von<br />

„Bananen-Projekten“ (Verkauf fair<br />

gehandelter Bananen) in Zusammenarbeit<br />

mit Erdkunde-Fachlehrern.<br />

Insgesamt kann gesagt werden, dass<br />

der Laden den Umweltgedanken ohne<br />

erhobenen Zeigefinger im Schulalltag<br />

lebendig werden lässt und viele<br />

Schüler auf selbstverständliche und<br />

zwanglos-motivierende Weise mit<br />

den Themen Umwelt, Nachhaltigkeit,<br />

globale Gerechtigkeit (fairer Handel!)<br />

und soziales Miteinander konfrontiert.<br />

Er verwirklicht daher beispielhaft die<br />

drei Säulen der Nachhaltigkeit, indem<br />

er ökonomische, ökologische und<br />

soziale Aspekte in sich vereint.<br />

Im Folgenden stellen Schülerinnen<br />

und Schüler ihre Abteilungen vor.<br />

18


Tobias Küfner, MSS 11<br />

Melanie Raimer, MSS 12<br />

Die Einkaufsabteilung<br />

Die Einkaufsabteilung ist für die<br />

Bestellungen neuer Waren zuständig.<br />

Auch andere Pflichten werden vom<br />

Einkauf übernommen.<br />

Unsere Hauptaufgabe besteht aber darin,<br />

fehlende Waren zu bestellen und<br />

unser Sortiment mit neuen Artikeln zu<br />

variieren. Dabei achten wir natürlich<br />

darauf, Umweltprodukte oder fair gehandelte<br />

Waren zu bestellen. Unsere<br />

Ideen stimmen wir meistens mit der<br />

Verkaufsabteilung ab, da diese einen<br />

genaueren Überblick hat, welche Produkte<br />

gekauft werden und wie viele<br />

davon noch im Lager vorhanden sind.<br />

Außerdem werden die Bestellungen,<br />

bevor sie telefonisch aufgegeben werden,<br />

mit den Lehrern abgesprochen,<br />

um Fehler zu vermeiden.<br />

Kommt eine Lieferung mit bestellter<br />

Ware, müssen wir diese mit<br />

dem Lieferschein vergleichen, um<br />

Mängel direkt zu erkennen. Das ist<br />

notwendig, damit der Schülerfirma<br />

durch fehlerhafte Lieferungen kein<br />

finanzieller Schaden entsteht. Der<br />

Einkauf kümmert sich auch um die<br />

Ordnung im Lager.<br />

Des weiteren hat die Einkaufsabteilung<br />

die Kalkulation der Preise übernommen.<br />

Hierbei wird in eine über<br />

ein Tabellenkalkulationsprogramm<br />

erstellte Warenbestandsliste der genaue<br />

Einkaufspreis (ohne Mehrwertsteuer)<br />

eingetragen. Zur Kalkulation<br />

werden dann die Mehrwertsteuer (7%<br />

bei Lebensmitteln und 19% bei sonstigen<br />

Artikeln) und der erwünschte<br />

Aufschlag auf den Einkaufspreis<br />

addiert. Der dadurch errechnete und<br />

auf glatte Beträge gerundete Verkaufspreis<br />

wird in die entsprechende<br />

Spalte der Tabelle eingetragen. Diese<br />

Listen müssen ständig aktualisiert<br />

werden, da sich Preise und Sortiment<br />

manchmal ändern. Dadurch, dass<br />

wir keine Personal- und auch keine<br />

Mietkosten haben, können wir mit<br />

einem geringen Preisaufschlag arbeiten<br />

und sind trotz teurerer Ökoartikel<br />

weitestgehend konkurrenzfähig. Die<br />

aktualisierte Liste wird dann der<br />

Verkaufsabteilung vorgelegt, um die<br />

neuen Preise abzustimmen.<br />

Um zu sehen, ob unsere Preise angemessen<br />

sind, machen wir Preisvergleiche<br />

mit anderen Geschäften in der<br />

Umgebung, das so genannte „Preisscouting“.<br />

In diese Recherche beziehen<br />

wir auch nicht-umweltfreundliche<br />

Artikel mit ein, da es in Worms<br />

kaum Anbieter von Recycling-Papier<br />

gibt. Der Umweltladen ist der einzige<br />

lokale Anbieter, der ein komplettes<br />

Sortiment von Recycling-Papieren<br />

und ökologischem Schulbedarf anbietet.<br />

Aufgrund der auf diese Weise<br />

gesammelten Informationen können<br />

wir die Preise dann gegebenenfalls<br />

noch einmal nachträglich anpassen.<br />

Ein weiterer Grund, der zur Änderung<br />

der Preiskalkulation führen kann ist,<br />

dass ein bestimmtes Produkt nicht<br />

verkauft wird. Diese Ladenhüter<br />

versuchen wir anhand der Warenbestandslisten<br />

zu identifizieren. Sie<br />

werden dann in mit den Abteilungen<br />

Verkauf und Marketing abgesprochenen<br />

Aktionen zu günstigeren Preisen<br />

verkauft.<br />

Schulen beziehungsweise Alterstufen<br />

schwierig ist, gemeinsame Termine<br />

zu finden, ist ein wichtiges Kommunikationsmedium<br />

der Austausch über<br />

E-Mail. Auf diesem Wege werden<br />

auch Treffen der Mitarbeiter im Laden<br />

organisiert. Bei diesen Ladentreffs<br />

werden allerdings nur kurze abteilungstechnische<br />

Fragen geklärt. Es<br />

wird aber auch besprochen, ob wir<br />

für die Schule noch etwas einkaufen<br />

wollen, wie zum Beispiel Kaffee für<br />

die Lehrer oder Kanzleibögen für<br />

Schularbeiten. Ein weiteres Beispiel<br />

dafür, dass wir auch größere Mengen<br />

verkaufen, ist, dass eine Nachbarschule<br />

bei uns angefragt hat, ob wir auch<br />

umweltfreundliches Kopierpapier anbieten.<br />

Es war dann die Aufgabe des<br />

Einkaufs ein entsprechendes Angebot<br />

auszuarbeiten.<br />

All diese Aufgaben sind neben den<br />

Schulpflichten gut zu bewältigen.<br />

Die Arbeit macht Spaß und führt oft<br />

zu erfreulichen Begegnungen mit<br />

Schülern und Lehrern.<br />

Die Kasse stimmt<br />

19


Oliver Bayer Jahrgangsstufe 10<br />

Raphael Hess, Jahrgangsstufe 8<br />

Die Verkaufsabteilung<br />

Wir sind für den Verkauf der Ware zuständig,<br />

die vom Einkauf bestellt und<br />

vom Marketing beworben wird. Dafür<br />

haben wir einen eigenen, etwa 30m²<br />

großen Verkaufsraum im Erdgeschoss<br />

des Schulgebäudes mit einem gleich<br />

großen Lager direkt darunter.<br />

Die Abteilung besteht zurzeit aus<br />

etwa 20 Schülerinnen und Schüler der<br />

beiden Gymnasien aus den Klassestufen<br />

7 bis 12, dem Verkaufsleiter und<br />

seinem Stellvertreter. Sie übernehmen<br />

ihren Verkaufsdienst nach einem gemeinsam<br />

erstellten Plan entweder in<br />

den beiden 15-minütigen Pausen oder<br />

kurz vor der ersten Stunde. Lehrer<br />

der beiden Gymnasien führen dabei<br />

Aufsicht. Hinzu kommen noch „Auszubildende“<br />

aus der Klassenstufe 6,<br />

die langsam an die Abläufe im Laden<br />

herangeführt und mit den Produkten,<br />

den Preisen und der Kasse vertraut<br />

gemacht werden. Nach Beendigung<br />

des 6. Schuljahres können sie einen<br />

Arbeitsvertrag erhalten und werden<br />

dann als vollwertige Mitarbeiter<br />

übernommen.<br />

großen Pause gemeinsam. Dadurch<br />

werden Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein<br />

gefördert. Der<br />

Abteilungsleiter oder sein Stellvertreter<br />

schulen die Auszubildenden und neu<br />

einzustellende Verkäuferinnen und<br />

Verkäufer. Darüber hinaus stehen sie<br />

jederzeit für Fragen der Mitarbeiter zur<br />

Verfügung und vertreten ihre Abteilung<br />

und deren Interessen bei Abteilungsleitertreffen.<br />

Am Ende eines Schuljahres<br />

geben sie Beurteilungen der Mitarbeiter<br />

an die Personalabteilung weiter, die<br />

diese dann für die Arbeitszeugnisse<br />

verwendet.<br />

Jeder Mitarbeiter ist gleichberechtigt,<br />

kann neue Ideen einbringen und Kritik<br />

üben. Zudem finden Abteilungstreffen<br />

statt, um sich auf kommende<br />

Ereignisse und Aktionen vorzubereiten<br />

oder angefallene Probleme zu<br />

besprechen. In der Verkaufsabteilung<br />

wird besonders die Kommunikation<br />

zwischen beiden Schulen gefördert.<br />

In der Verkaufsabteilung kommen die<br />

Nachhaltigkeitsziele der Schülerfirma<br />

besonders zum Tragen: Neben den<br />

sozialen Kompetenzen wird in dieser<br />

Abteilung die meiste wirtschaftliche<br />

Erfahrung gesammelt. Man lernt die<br />

Geschäftsabläufe kennen. Was Einkauf<br />

und Marketing vorbereitet haben,<br />

bringen wir zu Ende. Wir verkaufen<br />

die Produkte an die Schüler und Schülerinnen<br />

und haben so den direkten<br />

Kontakt mit den Kunden. Der ökologische<br />

Nachhaltigkeitsaspekt wird<br />

durch unser Warenangebot deutlich:<br />

umweltfreundliche Recycling-<strong>Heft</strong>e,<br />

College-Blöcke und Schreibwarenbedarf<br />

sowie Geschenk- und Briefpapier.<br />

Bezüglich der Qualität der<br />

umweltfreundlichen Produkte haben<br />

wir bisher noch keine Beschwerden<br />

entgegennehmen müssen. Weiterhin<br />

bieten wir Süßwaren an: Schokolade,<br />

Schoko-Riegel, Gummibärchen,<br />

Schoko-Crispies, Fruchtriegel, Nüsse<br />

und Bananenchips. Alle diese Waren<br />

sind fair gehandelt, so dass die<br />

Produzenten für ihre Arbeit einen<br />

gerechten Lohn erhalten. Neuerdings<br />

gehört zum Sortiment auch Honig,<br />

Die Mitarbeiter werden geschult,<br />

damit sie die Registrierkasse korrekt<br />

und gewissenhaft bedienen. Sie füllen<br />

neben dem Verkaufsdienst auch<br />

Regale auf und leeren die Mülleimer.<br />

Im Normalfall arbeiten immer zwei<br />

Schüler einmal pro Woche in einer<br />

Von Schreibwaren bis Müsliriegel ist alles im Angebot<br />

20


der von der Imkerei-AG des Gauß-<br />

Gymnasiums produziert wird – auch<br />

dies ein Beispiel für die Vernetzung<br />

verschiedener Schulaktivitäten unter<br />

dem Dach dieses Projekts.<br />

Tobias Ries<br />

Die Marketingabteilung<br />

Die Marketingabteilung<br />

unseres<br />

Umweltladens<br />

hat das Ziel, den<br />

Umweltladen bekannt<br />

zu machen<br />

bzw. zu halten.<br />

Dazu dienen Veranstaltungen,<br />

bei<br />

denen die Schülerfirma<br />

sich vorstellt und z. T. auch<br />

Verkaufsaktionen durchführt.<br />

Am Ende eines jeden Schuljahres haben<br />

wir zwei feste Termine: die ersten<br />

Elternabende der beiden Gymnasien<br />

für die neuen Fünftklässler, bei denen<br />

wir den Umweltladen vorstellen und<br />

auch die Eltern auf unsere Aktivitäten<br />

hinweisen. Hierzu haben wir<br />

uns eine PowerPoint-Präsentation<br />

erarbeitet. Bei diesen Auftritten können<br />

Kompetenzen erlangt werden<br />

wie zum Beispiel das Sprechen vor<br />

einem größeren Publikum und das<br />

Überzeugen der Zuhörer. In diesem<br />

Zusammenhang präsentieren wir<br />

auch unser Angebot: Mit Starterpaketen,<br />

bestehend aus karierten und<br />

linierten <strong>Heft</strong>en, einem Musikheft<br />

sowie einem College-Block, zeigen<br />

wir, dass man bei uns praktisch den<br />

gesamten Bedarf an Schreibwaren<br />

decken kann. Von diesen Verkaufsangeboten<br />

wird rege Gebrauch gemacht.<br />

Der Umsatz konnte unter anderem<br />

dadurch im Lauf der Jahre kontinuierlich<br />

gesteigert werden. Bei anderen<br />

Schulveranstaltungen wie z. B. dem<br />

Weihnachtsbasar und den Schulführungen<br />

ist der Laden stets präsent und<br />

immer wieder Anlaufstation.<br />

Die Marketingabteilung ist für die<br />

Vorstellung und Vertretung der Schülerfirma<br />

nach außen zuständig. Wir<br />

nehmen beispielsweise teil am „Tag<br />

der lokalen Agenda“, der jährlich vom<br />

Umweltamt der Stadt Worms in der<br />

Innenstadt organisiert wird und den<br />

Nachhaltigkeitsgedanken konkretisieren<br />

soll.<br />

Bei der gezielten Einführung von<br />

neuen Produkten und der Erweiterung<br />

von Öffnungszeiten sind wir<br />

mitverantwortlich und starten hierfür<br />

Werbekampagnen in den Schulen.<br />

Hier helfen die etwas jüngeren Mitarbeiter<br />

beim Gestalten von Plakaten<br />

gerne mit.<br />

Weiterhin fällt der Internetauftritt<br />

der Schülerfirma in den Bereich der<br />

Marketingabteilung. An ihm arbeiten<br />

momentan noch einige ältere Schüler.<br />

Die Homepage (www.umweltladen.<br />

biz-worms.de) soll neben einem<br />

Überblick über das Sortiment (Internetwerbung)<br />

eine einfachere Kontaktaufnahme<br />

mit der Schülerfirma<br />

durch Unterseiten für jede Abteilung<br />

ermöglichen. In einem geschützten<br />

Bereich soll eine Kommunikationsplattform<br />

für die Mitarbeiter geschaffen<br />

werden.<br />

Um alle Aufgaben zu verwirklichen,<br />

verständigen wir uns zumeist über<br />

das Internet. Jedoch treffen wir uns<br />

etwa dreimal pro Halbjahr in unserem<br />

Büro, um die größeren Aktionen zu<br />

planen sowie uns besser austauschen<br />

zu können.<br />

Die Marketingabteilung ist eine<br />

Abteilung, die noch wachsen kann.<br />

Wir setzen auf Teamarbeit, da die<br />

Aufgaben sehr vielfältig sind und<br />

eine Arbeitsteilung auch aus Zeit- und<br />

Umfangsgründen erfordern.<br />

Marcel Nöller, MSS 11<br />

Die Personalabteilung<br />

D a s i c h d i e<br />

Schülerfirma<br />

grundsätzlich<br />

an einer „echten“<br />

Firma orientieren<br />

sollte,<br />

wurde eine Personalabteilung<br />

gegründet. Hier geht es insbesondere<br />

um die Anwerbung neuer Mitarbeiter<br />

und um die „Personalverwaltung“.<br />

Treten in einzelnen Abteilungen Personalengpässe<br />

auf, werden Stellen<br />

ausgeschrieben. Erfolgreicher ist<br />

jedoch die direkte Ansprache von<br />

Mitschülern durch Klassenkameraden<br />

und / oder Lehrer.<br />

Die Interessenten bewerben sich<br />

dann, wir führen Einstellungsgespräche,<br />

in denen wir die neuen ehrenamtlichen<br />

Helfer kennen lernen und<br />

sie gleich mit uns vertraut machen<br />

und stellen einfache Arbeitsverträge<br />

aus. Am Ende einer Mitarbeit erwarten<br />

wir schließlich die schriftliche<br />

Kündigung innerhalb einer kurzen<br />

Kündigungsfrist.<br />

Zu Beginn unserer Tätigkeit wurden<br />

wir von der Ausbildungsleiterin einer<br />

Wormser Bank zu den Aufgaben<br />

von Personalabteilungen geschult<br />

und in diese für uns neue Tätigkeit<br />

eingeführt.<br />

Um diese Aufgaben zu bewältigen,<br />

haben wir uns für folgende Vorgehensweise<br />

entschieden: Jeder von<br />

uns fünf Schülerinnen und Schülern<br />

betreut eine Abteilung, das heißt, man<br />

kommt zu den jeweiligen Treffen,<br />

informiert sich über die Themen und<br />

Ergebnisse und gibt sie an die Personalabteilungsleitung<br />

weiter. So lernt<br />

jeder seine zu betreuende Abteilung<br />

21


kennen und schließt neue Kontakte.<br />

Nach einem solchen Treffen muss<br />

dann auch die Rückmeldung stattfinden,<br />

das heißt, die „Persos“, so<br />

nennen wir uns kurz und knapp, müssen<br />

darüber informiert werden, was<br />

besprochen und beschlossen wurde<br />

und wo Probleme gelöst werden müssen.<br />

Insgesamt klappt das mal mehr,<br />

mal weniger gut, aber doch relativ<br />

organisiert und verantwortungsbewusst.<br />

Aber es gibt noch Weiteres<br />

im Aufgabenbereich dieser eher im<br />

Hintergrund arbeitenden Abteilung.<br />

Trifft eine Bewerbung im Laden ein,<br />

wird von einem Personalabteilungsmitarbeiter<br />

ein Bewerbungsgespräch<br />

geführt, das bisher immer erfolgreich<br />

war – jeder Bewerber kann sich in der<br />

Schülerfirma engagieren. Wir übergeben<br />

anschließend die neuen Mitarbeiter<br />

in den Verantwortungsbereich der<br />

jeweiligen Abteilungsleiter, die sich<br />

um deren Einweisung kümmern. Zur<br />

besseren Übersicht wird eine Liste<br />

aller Mitarbeiter und eine kleine Personalakte<br />

erstellt, in der festgehalten<br />

wird, was ein Mitarbeiter Besonderes<br />

leistet, z. B. die Mithilfe im Verkauf<br />

bei außergewöhnlichen Aktionen oder<br />

Veranstaltungen. Hier immer auf dem<br />

Laufenden zu bleiben, erfordert schon<br />

etwas Einsatz.<br />

Irgendwann geht jedes Schuljahr<br />

einmal zu Ende. Da schon alle Halbjahreszeugnisse<br />

der Mitarbeiter mit<br />

der Bemerkung „ NN engagierte sich<br />

in der Schülerfirma „Umweltladen<br />

BIZ“ versehen sind und uns das<br />

aber zu unbefriedigend für den in<br />

der Schülerfirma geleistete Einsatz<br />

schien, händigen wir individuelle<br />

Arbeitszeugnisse aus. Das entspricht<br />

auch den Wünschen der Mitarbeiter,<br />

denn dieser Zeugniszusatz hilft sehr<br />

bei späteren echten Bewerbungen;<br />

und so erhält jeder Mitarbeiter eine<br />

angemessene Rückmeldung für seine<br />

Mühen. Was soll man in dieses<br />

Zeugnis schreiben? Wir lesen die<br />

„Personalakte“ und erkundigen uns<br />

zusätzlich bei den Abteilungsleitern<br />

nach den Beurteilungen für deren<br />

Mitarbeiter. Das Ergebnis ist ein<br />

individuelles Zeugnis mit teilweise<br />

ausführlichen Beschreibungen. Von<br />

den betreuenden Lehrern werden<br />

die Zeugnisse dann ausgedruckt. So<br />

wird jedes Jahr ein schön gestaltetes<br />

Arbeitszeugnis an das Schulzeugnis<br />

angehängt.<br />

Wie kommuniziert man mit über 30<br />

verschiedenen Mitarbeitern aus zwei<br />

Schulen und den Jahrgangsstufen<br />

6 bis 13, die auch zusätzlich noch<br />

verschiedene Kommunikationswege<br />

nutzen? So geben die einen ihre Telefonnummer<br />

nicht an, die nächsten<br />

besitzen keinen internettauglichen<br />

PC oder kein Internet, wieder andere<br />

haben keine E-Mail-Adresse. Aber<br />

irgendwie müssen wir Informationen<br />

in Umlauf bringen, und dazu eignen<br />

sich besonders E-Mails. Die Informationsweitergabe<br />

funktioniert aus<br />

den angegebenen Gründen zwar bis<br />

heute immer noch nicht perfekt, ist<br />

aber im Endeffekt doch befriedigend.<br />

Inzwischen haben wir einen zentralen<br />

Informationsknotenpunkt bei einem<br />

Mitarbeiter, der nahezu alle wichtigen<br />

E-Mails schreibt und Ansprechpartner<br />

für alle ist. Für diese Aufgabe wurde<br />

ich erkoren und später auch noch mit<br />

der Abteilungsleitung betraut.<br />

Neben diesen Pflichttätigkeiten haben<br />

wir auch angenehme Aufgaben: Ein<br />

großer Teil unseres im Laden erwirtschafteten<br />

Gewinns kommt wieder<br />

unseren Mitarbeitern zugute, jedoch<br />

nicht in Form von „Gehalt“. Als<br />

kleine Belohnung für das tatkräftige<br />

Unterstützen unseres Ladens lassen<br />

wir mal einen Abend mit einer kleinen<br />

Grillparty in der Schule ausklingen<br />

oder wir gehen zum Flammkuchenessen<br />

in die Stadt. Auch waren wir<br />

schon einmal gemeinsam Eis essen.<br />

Unser bisher größter Ausflug seit<br />

Neugründung als Firma war die Fahrt<br />

nach Münster, wo wir die Firma<br />

Venceremos, einen Hersteller von<br />

Umweltheften und –blöcken sowie<br />

Kladden aller Art, besichtigten. Im<br />

Herbst 2007 ist eine Fahrt nach Berlin<br />

mit einem Besuch des Bundestages<br />

geplant. Diese Aktionen führen dazu,<br />

dass unsere Truppe fest zusammenwächst,<br />

sich alle einem erfolgreichen<br />

Projekt zugehörig fühlen und weiterhin<br />

motiviert bleiben.<br />

Trotz gelegentlichem Stress in unserer<br />

Abteilung macht es insgesamt sehr<br />

viel Spaß, und wir lernen einiges über<br />

Personalführung und Verwaltung.<br />

Nicht immer ist alles einfach, aber mit<br />

etwas Engagement durchaus leistbar.<br />

Der Weg zum Profi ist noch weit,<br />

mit kleineren Problemen müssen<br />

wir uns immer wieder beschäftigen,<br />

aber bisher hat alles am Ende doch<br />

funktioniert.<br />

Alles in allem bringt uns diese Aufgabe<br />

im Leben weiter und ich kann<br />

jedem nur empfehlen, an solch einem<br />

Projekt mitzuarbeiten. Es lohnt sich!<br />

22


Praxisbeispiel 5<br />

Praxisbeispiel 4<br />

Annelie Sinzig<br />

„Medienwerkstatt“<br />

- Wege entstehen beim Gehen<br />

Achtung Aufnahme!<br />

Ein Erfahrungsbericht aus<br />

der Gründungsphase der<br />

Schülerfirma an der<br />

Erich- Kästner Regionalschule<br />

in Ransbach-Baumbach<br />

Weitere Informationen:<br />

Annelie Sinzig<br />

Regionale Fachberaterin BNE<br />

anneliesinzig@berater.bildung-rp.de<br />

Im Rahmen des Multiplikatorenprogramms<br />

Transfer 21 lernte ich<br />

das Konzept für <strong>nachhaltige</strong> <strong>Schülerfirmen</strong><br />

kennen. Es übte auf mich<br />

eine gewisse Faszination aus: <strong>Schülerfirmen</strong>arbeit<br />

ist für Lehrerinnen<br />

und Lehrer spannend, motivierend<br />

und interessant. Ich sehe auch darin<br />

die Möglichkeit so wichtige von<br />

der Gesellschaft und der Wirtschaft<br />

geforderte Tugenden wie Zuverlässigkeit,<br />

Selbständigkeit, Lern- und<br />

Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit<br />

und Präsentationsfähigkeit auf praxisnahe<br />

Art und Weise zu fordern und<br />

zu fördern. Schülerinnen und Schüler<br />

können bei der Arbeit in der Schülerfirma<br />

wichtige Grundkenntnisse<br />

über wirtschaftliche Zusammenhänge<br />

erwerben. Sie lernen zuverlässig<br />

und gewissenhaft zu arbeiten und<br />

müssen sich bei Außenkontakten<br />

mündlich und schriftlich klar äußern.<br />

Gleichzeitig übernehmen sie<br />

Eigenverantwortung für bestimmte<br />

Aufgaben, und erkennen, dass sich<br />

Ideen im Team besser verwirklichen<br />

lassen. Sie erwerben die Fähigkeit,<br />

sich immer wieder auf neue Situationen<br />

einzustellen und darauf kreativ<br />

zu reagieren.<br />

Wie aber lässt sich ein so komplexes<br />

Gebilde wie eine Schülerfirma in<br />

den Unterrichtsalltag einer Schule<br />

integrieren und auch langfristig etablieren?<br />

Aus meiner Arbeit im Modul<br />

„<strong>Schülerfirmen</strong>“ im Multiplikatorenprogramm<br />

Transfer 21 war mir klar,<br />

dass <strong>Schülerfirmen</strong>arbeit zunächst<br />

Mehrarbeit und eine Veränderung der<br />

Lehrerrolle bedeutete: von der traditi-<br />

23


onellen Lehrerrolle hin zum Berater,<br />

Mentor, Betreuer und Beobachter.<br />

Bei dem Unternehmen „Schülerfirma“<br />

ist es wichtig, dass die Rahmenbedingungen<br />

stimmen: Einmal<br />

muss die Schulleitung hinter der Firmenarbeit<br />

stehen, denn nur sie kann<br />

den unterrichtlichen und rechtlichen<br />

Rahmen dafür schaffen. Gleichzeitig<br />

muss eine Mehrheit des Kollegiums<br />

die Firmenarbeit unterstützen. Beide<br />

Hürden waren in meinem Fall schnell<br />

genommen. Die <strong>Schülerfirmen</strong>arbeit<br />

fand zunächst innerhalb des wöchentlichen,<br />

zweistündigen „Offenen<br />

Unterrichts“ statt. Dies ist eine Besonderheit<br />

der Erich-Kästner-Schule, bei<br />

denen Lehrkräfte den Schülerinnen<br />

und Schülern fach- und klassenübergreifende<br />

Angebote machen. Die<br />

Schüler wählen je nach Neigung und<br />

Fähigkeiten und ohne Bindung an<br />

ihre Klasse einen eigenen Schwerpunkt<br />

aus. In den einzelnen Gruppen<br />

können Schülerinnen und Schüler der<br />

Klassen 7 bis 10 zusammenarbeiten.<br />

Die Gruppengröße liegt etwa bei 20<br />

Schülerinnen und Schülern.<br />

Nach der Klärung der Rahmenbedingungen<br />

fehlte nun nur noch eine zündende<br />

Geschäftsidee. An dieser Stelle<br />

können die Schüler schon konkret in<br />

die Planung mit eingebunden werden<br />

z. B. mit einem Ideenwettbewerb.<br />

In meinem Fall entschied ich mich<br />

aber für den Weg, die Geschäftsidee<br />

vorzugeben: Schon seit ein paar<br />

Jahren organisiere und betreue ich<br />

mit wechselnden Schülergruppen<br />

bei schulischen Veranstaltungen wie<br />

Einschulung und Abschluss oder Theateraufführungen<br />

die Veranstaltungstechnik.<br />

Alle Veranstaltungen wurden<br />

immer gefilmt und oft freuten sich Zuschauer<br />

und Akteure, wenn sie diese<br />

Filme noch einmal sehen oder sie mit<br />

nach Hause nehmen konnten. <strong>Schülerfirmen</strong><br />

mit ähnlicher Geschäftsidee<br />

gibt es bereits in Deutschland. Besonders<br />

die Aktivitäten der Schülerfirma<br />

„Axxi“ vom Willms Gymnasium in<br />

Delmenhorst haben mich begeistert.<br />

Ich bot also im Offenen Unterricht<br />

ein Projekt „Veranstaltungstechnik<br />

mit dem Ziel der Gründung einer<br />

Schülerfirma“ an. Es meldeten sich<br />

20 Jungs - interessanterweise waren<br />

alle aus der 8. Klassenstufe.<br />

Von der Idee eine Schülerfirma zu<br />

gründen ging eine eigenartige Faszination<br />

aus.<br />

Ich stellte das Konzept „Schülerfirma“<br />

vor, betonte dabei aber, dass nicht<br />

Keine Angst vor Technik<br />

ich die Initiative für die Gründung<br />

ergreifen werde, sondern, dass es die<br />

Entscheidung der Gruppe ist. Erfreulicherweise<br />

hörte ich danach nicht<br />

mehr den Satz: „Sie wollen mit uns<br />

eine Schülerfirma gründen“, sondern<br />

immer: „Wir wollen eine Schülerfirma<br />

gründen“.<br />

Bei den ersten Treffen standen die Fragen<br />

im Mittelpunkt „Wo stehen wir?“,<br />

„Wo wollen wir hin?“, „Was brauchen<br />

wir, um dahin zu kommen?“. Unsere<br />

Ausgangslage sah nicht gerade rosig<br />

aus. Vorrangig hatten wir drei große<br />

Probleme zu bewältigen:<br />

1. Wir hatten zwar einen extra Raum<br />

von der Schulleitung für unsere<br />

mögliche Schülerfirma bekommen,<br />

dieser war aber sehr renovierungsbedürftig.<br />

2. Unter den 20 Jungs gab es gerade<br />

mal drei, die schon mit mir zusammen<br />

eine Veranstaltung gemanagt<br />

hatten. Meine vorher angelernten<br />

„Spezialisten Veranstaltungstechnik“<br />

hatten mit Ende der 10.<br />

Klasse die Schule verlassen. Eine<br />

ordentliche Ausbildung der Gruppe<br />

war sicherlich von Nöten.<br />

3. Da die Ausstattung der Schule mit<br />

entsprechender Veranstaltungstechnik<br />

- wie an vielen Schulen<br />

- nicht gerade dem neusten Stand<br />

entspricht, war sicherlich ein<br />

nicht gerade kleiner finanzieller<br />

Aufwand nötig.<br />

24


Zunächst war es für die Schüler<br />

wichtig, einen eigenen Raum für ihre<br />

Schülerfirma zu haben. Schnell hatte<br />

sich eine Gruppe von 6 Schülern gefunden,<br />

die sich die Aufgabe stellte,<br />

den Firmenraum zu renovieren. Bei<br />

der Farbgestaltung entschied man<br />

sich für ein Terrakotta als Raumfarbe.<br />

Um eventuell Filme an eine Wand<br />

projizieren zu können, sollte eine<br />

Wand weiß bleiben. Farbe und Malerutensilien<br />

wurden von der Schule<br />

gestellt. Die Verhandlungen mit dem<br />

Hausmeister und die Ausführungen<br />

der Arbeiten organisierten die Schüler<br />

weitgehend selbstständig.<br />

Bei der Lösung des zweiten Problems<br />

half der Zufall: Beim Besuch des<br />

Landesmedienzentrums (LMZ) in<br />

Koblenz fand ich den Flyer zu dem<br />

Projekt „Videoarbeit in der Schule“.<br />

Nach Kontaktaufnahme mit Frau<br />

Lentz, die das Projekt CU TV & Net<br />

an Ganztagschulen leitet und mit<br />

ihrem Team betreut, konzipierten wir<br />

einen Intensivkurs für Schülerinnen<br />

und Schüler mit dem Titel „Filmische<br />

Dokumentation von schulischen<br />

Veranstaltungen“. Wir veranschlagten<br />

dafür zweieinhalb Tage: einen Freitagnachmittag<br />

und je einen ganzen<br />

Freitag und Samstag á 8 Stunden.<br />

Unter Anleitung von Frau Lentz<br />

und zwei Pädagogikstudenten der<br />

Universität Koblenz-Landau übten<br />

die Schüler, ein Interview vor der<br />

Kamera zu führen. Kameraeinstellung<br />

und Perspektiven waren ein weiterer<br />

Schwerpunkt, ebenso wie die Analyse<br />

von Berichten und Interviews. Man<br />

lernte den Videoschnitt am Computer<br />

und wie man Videos und DVDs<br />

erstellt. Da der Kurs am Wochenende<br />

stattfand und mit Kosten verbunden<br />

war, nahmen nicht alle Schüler der<br />

Gruppe daran teil. Die freigewordenen<br />

Plätze waren aber schnell<br />

wieder mit interessierten Mädchen<br />

auch aus der 8. Klasse besetzt. Ziel<br />

des Kurses war die Erstellung einer<br />

Dokumentation bzw. Reportage<br />

einschließlich Postproduktion und<br />

DVD-Erstellung. Filmarbeit ist Teamarbeit.<br />

Dazu gehört es zunächst, eine<br />

arbeitsfähige Gruppe zu schaffen.<br />

Den Schülern wurde die Angst vor<br />

der Technik genommen und ein Einblick<br />

in die Videoarbeit vermittelt.<br />

Jeder Teilnehmer erhielt am Ende<br />

eine Teilnahmebescheinigung für<br />

die Bewerbungsmappe und natürlich<br />

eine Kopie der erstellten Dokumentation,<br />

den Backstage-Szenen und<br />

einer Powerpoint-Präsentation, die<br />

aus den Fotos von den Dreharbeiten<br />

erstellt wurde.<br />

Mittlerweile sind die Kursteilnehmer<br />

als Spezialisten gefragt. Einige arbeiteten<br />

bei der Produktion von weiteren<br />

<strong>Schülerfirmen</strong> erfolgreich mit. Ein<br />

besonderes Highlight war auch die<br />

Teilnahme von einigen Schülerinnen<br />

an einem Filmprojekt bei der Jugendzukunftskonferenz<br />

auf dem Umwelt-<br />

Campus Birkenfeld.<br />

Dank dem Projekt „Medienkompetenz<br />

macht Schule“ hat sich auch<br />

hier eine Lösung für die Verbesserung<br />

der Ausstattung gefunden: Seit<br />

dem 28.6.07 ist die Erich- Kästner<br />

Regionalschule „Modellschule Medienkompetenz“.<br />

Durch die damit<br />

verbundene finanzielle Zuwendung<br />

unterstützt die Schule die Arbeit der<br />

Schülerfirma mit dem Kauf einer geeigneten<br />

Kamera und die Ausstattung<br />

mit entsprechender Software.<br />

Der 02.07.2007 gilt nun endgültig<br />

als Gründungsdatum der Schülerfirma<br />

„Medienkompetenz“. Im Zuge<br />

der Ernennung zur „Modellschule<br />

Medienkompetenz“ konnte sie ihr<br />

Angebot erweitern, und es wurde<br />

folgende Satzung beschlossen:<br />

Die Schülerfirma bietet Schülern,<br />

Eltern, Lehrern Beratung und Hilfen<br />

im Umgang mit neuen Medien.<br />

Wir bieten folgende Fertigkeiten und<br />

Fähigkeiten an:<br />

• Erstellen von Powerpoint Präsentationen<br />

• Fotografieren und Bildbearbeitung<br />

mit dem Computer<br />

• Filmen, Regie und Filmbearbeitung<br />

am Computer<br />

• Beamer-Präsentationen<br />

• Ausstattung und Überwachung<br />

von Veranstaltungen mit Ton- und<br />

Bildtechnik<br />

• Organisation von Veranstaltungen<br />

• Beratung beim Umgang mit Computerprogrammen<br />

• Hilfe bei der Wartung unter Anleitung<br />

• Einführungen für Gruppen in Word<br />

und Powerpoint<br />

Die Schülerfirma „Medienwerkstatt“<br />

besteht aus 5 Abteilungen:<br />

• Verwaltung<br />

• Bilder und Werbung<br />

• Veranstaltungstechnik<br />

• Filmen<br />

• Computer<br />

Jede Abteilung hat einen Sprecher und<br />

einen Stellvertreter. Beide nehmen an<br />

den regelmäßigen Vorstandsitzungen<br />

teil und informieren ihre Abteilungsmitglieder<br />

über die Ergebnisse.<br />

In einer ersten Vorstandssitzung am<br />

gleichen Tag beschäftigte man sich<br />

mit dem Problem Finanzierungsmöglichkeiten<br />

für die Firmenausstattung.<br />

Es wurde festgelegt was man tun<br />

will, wer dafür verantwortlich ist, wie<br />

die ersten Schritte aussehen und bis<br />

wann ein Zwischenbericht abgegeben<br />

werden muss.<br />

25


Trotz scheinbar unüberwindlicher<br />

Hindernisse hat die Gruppe „Medienwerkstatt“<br />

es mit viel Energie und<br />

persönlichem Einsatz innerhalb des<br />

letzten Schuljahres geschafft, eine<br />

Schülerfirma zu gründen. Es ist offensichtlich,<br />

dass noch nicht alle Hürden<br />

überwunden sind, bis die Schülerfirma<br />

erfolgreich ist und Gewinne erzielt.<br />

Wichtige Dinge sind noch offen<br />

und müssen geklärt werden, wie etwa<br />

der Firmenstatus, die Finanzplanung<br />

oder die Frage der Versicherung im<br />

Schadensfall und die Etablierung der<br />

Firma unter dem Dach der Schule.<br />

Nicht nur bei der gemeinsamen Arbeit<br />

in der Schülerfirma sondern auch in<br />

anderen Unterrichtsfächern veränderte<br />

sich das Verhältnis der Mitglieder<br />

der Schülerfirma zur Schule. Neben<br />

einem vertrauteren Umgang, zeigten<br />

einige Schüler auch eine deutliche<br />

Motivation und Steigerung in den<br />

schulischen Leistungen.<br />

Mit dem, was in der Gründungsphase<br />

der Schülerfirma erreicht wurde, bin<br />

ich sehr zufrieden. Gleichzeitig bin<br />

ich aber auch gespannt darauf, wie es<br />

mit der Schülerfirma weitergeht.<br />

Ablaufplan<br />

26


Praxisbeispiel 6 Praxisbeispiel 5<br />

Hans Allmendinger, Anna Wehrheim, Cornelius Rau<br />

Das K-Team – mehr als Brötchen<br />

Eine Schülerfirma<br />

am Otto-Hahn-Gymnasium<br />

in Landau/Pfalz stellt sich vor<br />

(Anmerkung der Redaktion: In „umwelterziehung<br />

praktisch, <strong>Heft</strong> 45,<br />

Allerlei m.b.H., <strong>Schülerfirmen</strong>, war<br />

die Schülerfirma K-Team auf Seite<br />

23/24 kurz vorgestellt worden. <strong>Heft</strong><br />

45 ist einzusehen und herunter zu<br />

laden unter www.nachhaltigkeit.bildung-rp.de/service/unterrichtsmaterial/schuelerfirmen.htm.<br />

Mittlerweile<br />

kann die Firma auf Erfahrungen aus<br />

5 Geschäftsjahren zurückblicken. Sie<br />

wurde weiterentwickelt und bildet<br />

einen festen Bestandteil des sozioökonomischen<br />

Bildungskonzepts der<br />

Schule)<br />

Wie alles begann!<br />

Ende Mai 2001 trafen sich die Schülervertreter<br />

zusammen mit dem<br />

„Schülersprecherteam 2000/2001“<br />

und Vertretern der Lehrerschaft in<br />

Neustadt an der Weinstraße zu ihrem<br />

alljährigen Treffen. Ziel dieser Treffen<br />

ist die Bewältigung schulischer<br />

Alltagsprobleme und die Entwicklung<br />

neuer Ideen, um Schule attraktiver zu<br />

gestalten und um aktive Mitwirkung<br />

von Schülern an schulischen Prozessen<br />

zu fördern. Es bildeten sich<br />

verschiedene Arbeitsgruppen. Eine<br />

dieser Gruppen unter Leitung von<br />

Herrn Allmendinger, Fachlehrer für<br />

Sozialkunde, beschäftigte sich mit<br />

dem Thema „Wie gründe ich eine<br />

Firma?“<br />

Nach einem ausgiebigen Brainstorming<br />

wurden die unterschiedlichen<br />

Vorschläge zusammengefasst. Kerngerüst<br />

einer Firma bildete demnach:<br />

Finanzabteilung, Marketing- und<br />

Personalabteilung.<br />

Es entstand der spontane Wunsch<br />

aller Mitwirkenden, die erarbeiteten<br />

Ideen auch in die Praxis umzuset-<br />

27


zen. Unser seit ein paar Monaten<br />

leer stehender Kiosk bot dazu eine<br />

optimale Gelegenheit. Jetzt war nur<br />

noch „grünes Licht“ der Schulleitung<br />

notwendig. Unser damaliger<br />

Schulleiter, Herr Dr. Konrad, war<br />

von unserem Vorhaben begeistert und<br />

sicherte uns seine volle Unterstützung<br />

zu. „Bauchschmerzen“ bereitete uns<br />

das anfängliche finanzielle Risiko,<br />

welches sich durch den Einkauf der<br />

Waren und bei eventuellem Nichtverkauf<br />

der Artikel einstellen würde.<br />

Dr. Konrad, der die Einbindung der<br />

Schüler in die Prozesse der Wirtschaft<br />

sehr befürwortete und sich von unserem<br />

Unternehmergeist anstecken<br />

ließ, übernahm von schulischer Seite<br />

das volle finanzielle und rechtliche<br />

Risiko. Dennoch benötigten wir ein<br />

gewisses Startkapital. Die Idee einer<br />

Aktiengesellschaft wurde geboren.<br />

Was wir woll(t)en!<br />

In der letzten Schulwoche packten wir<br />

unser „Projekt Kiosk“ als Schülerthema<br />

in Schülerhand an. Wichtigste<br />

Zielsetzung war es, ein Schülerunternehmen<br />

zu gründen, das auf Dauerhaftigkeit<br />

angelegt war. Entgegen<br />

den Projekten, die nur eine kurze<br />

Laufzeit von meist einem Jahr hatten,<br />

wollten wir versuchen, eine Struktur<br />

aufzubauen, die über viele Jahre hin<br />

die Existenz des Betriebes gewährleistet,<br />

auch wenn in der Zwischenzeit<br />

Mitarbeiter wegen des erfolgreichen<br />

Abschlusses ihrer Schulkarriere das<br />

Unternehmen verlassen mussten.<br />

Aus den Projektteilnehmern waren<br />

19 Gründungsmitglieder geworden,<br />

die sich die Aufgaben der folgenden<br />

Tage aufteilten. An erster Stelle stand<br />

die Instandsetzung und Ausstattung<br />

unseres neuen Wirkungsfeldes, sowie<br />

die Einrichtung eines Vorbereitungsraumes<br />

für angebotenen Waren.<br />

Das Team 2006/2007<br />

In diesem Zusammenhang zeigte<br />

sich das Schulamt der Stadt Landau<br />

sehr kooperativ und finanzierte uns<br />

z. B. das Legen von Leitungen in<br />

unserem Vorbereitungsraum. Durch<br />

die freundliche Unterstützung von<br />

weiteren regionalen Sponsoren (Fa.<br />

Ufer, Fa. Hornbach) waren wir in<br />

der Lage, unseren Küchenraum zu<br />

möblieren und unseren Kiosk funktionstüchtig<br />

einzurichten. Außerdem<br />

strichen wir gemeinsam unseren<br />

Kiosk und tapezierten zusammen<br />

mit unserem projektleitenden Lehrer,<br />

Herrn Allmendinger, den zukünftigen<br />

Küchenraum.<br />

Jetzt fehlte uns nur noch ein passender<br />

Name, ein Logo, ein Aktienentwurf<br />

und eine Satzung. Der Name<br />

„K-Team“ fand sofort Gefallen und<br />

wurde von Cornelius Rau, damals Kl.<br />

9b, optisch umgesetzt. Eine Gruppe<br />

erarbeitete in dieser Projektwoche<br />

unsere Aktie und eine für eine Schule<br />

zugeschnittene Satzung.<br />

Eine weitere Voraussetzung für den<br />

Kioskbetrieb war, die strengen Auflagen<br />

in der Lebensmittelbranche<br />

zu erfüllen. Dazu besuchten alle K-<br />

Team-Mitglieder eine Unterweisung<br />

bezüglich der hygienischen Behandlung<br />

von Nahrungsmitteln im Gesundheitsamt<br />

der Stadt Landau.<br />

Was bisher geschah<br />

Das erste Jahr<br />

Nach den Sommerferien<br />

2001<br />

eröffneten wir<br />

unseren Kiosk<br />

mit einem großen Event. Die Unterstützung<br />

auch von Seiten der örtlichen<br />

politischen Prominenz wie z. B.<br />

Oberbürgermeister Wolff und Landrätin<br />

Riedmaier hat die mitarbeitenden<br />

Schüler und Schülerinnen besonders<br />

erfreut. Schüler/innen und Lehrkräfte<br />

des OHG konnten bis zu fünf unserer<br />

Aktien für 2 € pro Stück erwerben.<br />

28


Die Resonanz war überwältigend.<br />

Unser täglicher Arbeitsablauf sah zu<br />

Beginn unserer betrieblichen Existenz<br />

wie folgt aus:<br />

Durch ein rotierendes Arbeitsplansystem<br />

wurden die Schüler/innen<br />

eingeteilt.<br />

Ihre täglichen Aufgaben bestanden<br />

in<br />

a) der Vorbereitung der frisch gelieferten<br />

Ware ab 7.00 Uhr,<br />

b) dem Verkauf unseres reichhaltigen<br />

Angebots durch ein erstes Schülerteam<br />

in der ersten Pause und durch<br />

eine zweite und dritte Schicht in<br />

der zweiten Pause,<br />

c) der gründlichen Reinigung von<br />

Kiosk und Küchenraum nach der<br />

6. Stunde.<br />

Seminararbeit<br />

Die Bestellungen der Waren und<br />

Getränke wurden flexibel nach dem<br />

Kaufverhalten der Schüler/innen und<br />

Lehrer/innen ausgerichtet. Dafür gab<br />

es vor den Sommerferien eine Umfrage<br />

in der gesamten Schülerschaft.<br />

Da wir gleichzeitig auch ökologische<br />

Schule sind, galt es, einen Kompromiss<br />

zwischen Ökonomie und Ökologie<br />

zu finden. Getränke sollte es<br />

nur in Pfandflaschen geben, Brötchen<br />

sollten in allen Varianten angeboten<br />

werden, d. h. neben den besonders<br />

beliebten weißen Brötchen wurde<br />

von vorneherein auch Schrotiges und<br />

Körniges angeboten.<br />

Nach den ersten Monaten unseres Unternehmertums<br />

fand ein Seminarwochenende<br />

für die K-Team-Mitglieder<br />

statt. In diesen Tagen wurden für die<br />

Abteilungen Marketing, Finanzwesen<br />

und Personalführung je ein Mitglied<br />

bestimmt, welches im Namen der<br />

anderen K-Team-Mitglieder die betreffenden<br />

Aufgaben federführend<br />

übernehmen sollte.<br />

Mittlerweile konnten wir auf Grund<br />

unseres Erfolges gute Gewinne verzeichnen,<br />

so dass es möglich war,<br />

für jedes arbeitende Mitglied ab dem<br />

1. Januar 2002 eine Entlohnung von<br />

monatlich 40 € zu zahlen.<br />

An dieser Stelle ist zu erwähnen,<br />

dass alle unsere Mitglieder von Klassenstufe<br />

8 bis 13 gleichberechtigt in<br />

die Entscheidungsprozesse einbezogen<br />

sind. Durch die Mitgliedschaft<br />

jüngerer Schüler wird auch das Bestehen<br />

des Kiosk-Teams nach dem<br />

Ausscheiden der Oberstufenschüler<br />

und –schülerinnen nach Klasse 13<br />

garantiert. Es ist wichtig und reizvoll,<br />

die nächste K-Team-Generation auf<br />

ihre Aufgaben vorzubereiten.<br />

Ein halbes Jahr nach Gründung der<br />

Firma fand die erste Aktionärsversammlung<br />

statt, die bei den Anteilseignern<br />

großes Interesse fand. Der<br />

erste Aufsichtsrat tagte im Anschluss<br />

und wählte, wie in unserer Satzung<br />

verankert, zum ersten Mal einen<br />

Vorstand.<br />

Schon nach den ersten Wochen Erfahrung<br />

im Umgang mit wirtschaftlichen<br />

Prozessen konnten wir mit Stolz behaupten:<br />

Unser Projekt hat sich schon<br />

jetzt gelohnt.<br />

Das zweite Jahr<br />

Das zweite Jahr des K-Teams traten<br />

wir mit gemischten Gefühlen an.<br />

Können wir unsere Motivation behalten?<br />

Finden wir neue Leute, die<br />

mitarbeiten wollen? Wie klappt die<br />

erste Gewinn – und Verlustrechnung<br />

beim Finanzamt? Fragen über Fragen,<br />

die uns zu Beginn des neuen Schuljahres<br />

beschäftigten.<br />

Und es ist wirklich was dran, dass das<br />

zweite Geschäftsjahr schwieriger ist,<br />

als es das erste war. Wir standen vor<br />

neuen Problemen und waren nicht<br />

mehr ganz so erfolgreich wie im<br />

ersten Jahr.<br />

Das größte Problem, das wir bewältigen<br />

mussten, war wie erwartet das der<br />

Motivation. Morgens wieder um 6.00<br />

Uhr raus, um Brötchen schmieren<br />

zu können, Getränke bestellen, Geld<br />

wegbringen, verkaufen, ... jeden Tag<br />

dieselbe Leier. Immer wieder Treffen,<br />

um die Schwierigkeiten zu bereden<br />

und Lösungen zu finden!<br />

29


Und dann noch das hartnäckige<br />

Finanzamt! Wie eine Gewinn – und<br />

Verlustrechnung erstellen? Papiere<br />

ordnen, Zahlenkolonnen erstellen,<br />

rechnen, rechnen, rechnen!<br />

Wir müssen zugeben, dass es uns<br />

manchmal fast zuviel wurde. Aber wir<br />

dachten uns, dass so schnell aufgeben<br />

einfach nicht gilt.<br />

Essen richten<br />

Durchhaltevermögen war gefragt und<br />

das Team hatte letztendlich auch die<br />

Lust weiterzumachen und nicht die<br />

Flinte ins Korn zu werfen. Dies war<br />

der entscheidende Schritt und wir<br />

diese Talsohle durchschreiten.<br />

Am Ende des Schuljahres kamen neue<br />

Mitglieder ins Team, die frischen<br />

Wind brachten und unsere ausscheidenden<br />

13er ersetzten.<br />

Die Umsatzzahlen gestalteten sich<br />

auch wieder etwas freundlicher, und<br />

eine Aktionärsversammlung fand<br />

noch vor Weihnachten statt. Nach<br />

dem ersten hochfliegenden Jahr war<br />

eine realistischere Sicht der Dinge<br />

eingetreten, letztendlich auch ein<br />

wichtiger Entwicklungsschritt für das<br />

Bestehen des K-Teams.<br />

Mit Veränderungen im Getränkeverkauf<br />

(Umstellung auf Betreuung von<br />

Automaten) und nochmals neuen<br />

Mitarbeiter/innen wurde eine gute<br />

Basis geschaffen, das kommende,<br />

dritte Geschäftsjahr erfolgreich abzuschließen<br />

und ein Fundament für<br />

eine wirklich dauerhafte Existenz<br />

des Schülerunternehmens K-Team<br />

zu legen.<br />

Das dritte Jahr<br />

Niemand hatte uns das zugetraut!<br />

Drei Jahre hielt unsere Schülerfirma<br />

K-Team AG jetzt schon durch.<br />

Unser Augenmerk richteten wir in<br />

diesem Jahr ganz besonders auf<br />

die Verstetigung unserer Firma.<br />

Wir wollten Strukturen entwickeln,<br />

die es möglich machen, jedes Jahr<br />

problemlos neue Mitglieder für die<br />

Ausscheidenden anzuwerben und<br />

zu integrieren. Zudem wollten wir<br />

verstärkt mit schulinternem Catering<br />

aktiv werden und Schulfeste oder<br />

Feiern von Lehrern mit unseren Kreationen<br />

beglücken.<br />

Das vierte Jahr<br />

Es gab erstmals Dividende!<br />

Das wirtschaftlich schwierige dritte<br />

Jahr wurde durch kontinuierliche<br />

Arbeit wieder ausgeglichen, so dass<br />

wir uns sogar an den Kosten der<br />

Renovierung des Kiosks beteiligen<br />

konnten.<br />

Das Satzungsziel des ökonomischen<br />

Lernens wurde noch stärker in den<br />

Blickpunkt genommen. Firmenstrukturen<br />

sollten sich weiter entwickeln<br />

und das Verständnis für ökonomische<br />

Zusammenhänge in einem wenn auch<br />

kleinen Betrieb stärker verdeutlicht<br />

werden.<br />

Dazu planten wir im neuen Schuljahr<br />

erstmals einen Handelstag mit<br />

der Möglichkeit des Aktienkaufs<br />

und –verkaufs und waren selbst sehr<br />

gespannt, wie dies ablaufen würde.<br />

Zudem wollten wir damit auch die<br />

Möglichkeit für neue Schüler/innen<br />

schaffen, das K-Team und seine Arbeit<br />

besser kennen zu lernen.<br />

Die Bewertung des Unternehmens<br />

durch einen Wirtschaftsfachmann<br />

sollte die zweite wichtige Aktion in<br />

diesem Zusammenhang darstellen.<br />

Das fünfte Jahr<br />

Die letzten Gründungsmitglieder<br />

verliesen in diesem Jahr die Firma.<br />

Gemeinsam konnten wir noch die<br />

Aktionärsversammlung vorbereiten<br />

und durchführen, und zum ersten<br />

Mal führten wir dabei auch einen<br />

Aktienhandel durch, der zum Teil<br />

30


Verankerung der sozioökonomischen Bildung am Otto-Hahn-Gymnasium Landau<br />

zwar etwas chaotisch ablief, aber<br />

für alle Beteiligten eine interessante<br />

Erfahrung darstellte.<br />

Die Arbeitsatmosphäre entwickelte<br />

sich sehr gut, wozu nicht zuletzt<br />

beitrug, dass wir die Arbeitsorganisation<br />

veränderten. Teams sind jetzt<br />

für einzelne Tage verantwortlich<br />

und teilen die Arbeit selbständig ein.<br />

Seither haben wir so gut wie keine<br />

Ausfälle bei den „Schmierarbeiten“<br />

am Morgen mehr.<br />

Konsequent das Tagesgeschäft durchführen,<br />

um damit eine stabile wirtschaftliche<br />

Entwicklung der Firma<br />

zu sichern war das Hauptziel in diesem<br />

Schuljahr. Bei Betrachtung der<br />

Umsatzentwicklung wird deutlich,<br />

dass dies die richtige Entscheidung<br />

für dieses Geschäftsjahr war. Wir<br />

sind aber auch weiterhin bei der Abi-<br />

Verabschiedung dabei, unterstützen<br />

Schulfeste und richten auch in Zukunft<br />

auf Wunsch runde Geburtstage<br />

oder andere Jubiläen aus.<br />

Es ist für uns ganz klar, dass wir in<br />

unseren Projekten wertvolle Erfahrungen<br />

für unser späteres Bestehen in<br />

der Berufswelt sammeln. Ein weiterer<br />

positiver Effekt ergibt sich aus der<br />

Zusammenarbeit im Team, in dem nebenbei<br />

soziale Kompetenzen geschult<br />

werden. Trotz der üblichen kleinen<br />

Reibungsverluste im alltäglichen Geschäft<br />

meinen wir, dass das K-Team<br />

als Erfolgsmodell gesehen werden<br />

kann. In welchem Bereich ist es in<br />

der Schule denn sonst noch möglich,<br />

sich über eine so lange Dauer über<br />

sechs Klassenstufen hinweg immerzu<br />

in einem Projekt zu engagieren (von<br />

der Schülerzeitung vielleicht einmal<br />

abgesehen)?<br />

In diesem Sinne hoffen wir auf die<br />

weitere konstruktive Unterstützung<br />

durch die Schulgemeinschaft des<br />

OHG auch wenn manchmal nicht<br />

alles so klappt, wie es sich jede/r<br />

vorstellt. Aber dafür lernen wir das<br />

Ganze ja – die betreuenden Lehrer<br />

im übrigen auch!!!<br />

Was wird noch kommen!?:<br />

Fazit …<br />

Wenn man ein Fazit unserer bisherigen<br />

unternehmerischen Tätigkeit<br />

ziehen möchte, dann muss es heißen:<br />

Lernen durch Tun!<br />

31


Vieles, was wir ausprobiert haben,<br />

von der Struktur der Firma bis zur<br />

Einteilung der Arbeitsorganisation<br />

hat sich erst im gemeinsamen Handeln<br />

entwickelt. Irrwege wurden<br />

eingeschlagen und wieder verlassen.<br />

Wichtig erscheint mir als betreuendem<br />

Lehrer, dass man nicht alleine<br />

vor sich hin wurschtelt. Deshalb werde<br />

ich nach dem Ausscheiden meiner<br />

Partner im neuen Schuljahr intensiv<br />

auf Nachfolgesuche gehen.<br />

Die Akzeptanz im Kollegium und v.<br />

a. in der Schulleitung ist unabdingbar.<br />

Das Kollegium ist mit guter Brötchenqualität<br />

und gutem Catering recht<br />

leicht zu gewinnen. Die Schulleitung<br />

ist nötig, wenn nach außen hin Konflikte<br />

auftreten.<br />

Informationen über die rechtlichen<br />

Bedingungen gibt es im Internet genügend<br />

und werden hier nicht gesondert<br />

aufgeführt.<br />

... und Ausblick<br />

Nachdem sich die Schülerfirma über<br />

die Jahre sehr gut etabliert hat, soll in<br />

der folgenden Zeit ein stärkeres Augenmerk<br />

auf betriebswirtschaftliche<br />

Inhalte gelegt werden. Der Mehrwert<br />

für die Schülerinnen und Schüler soll<br />

gesteigert werden. Neben den qualitativen<br />

Zeugnissen heißt das auch eine<br />

Erweiterung des fachlichen Wissens<br />

bezüglich der Führung eines Unternehmens.<br />

Hier gibt es schon Ideen<br />

zur Einbindung von Spezialisten von<br />

außen.<br />

Sozioökonomische Bildung<br />

Die Schülerfirma K-Team ist als<br />

ergänzendes, klassenübergreifendes<br />

Projekt eingebettet in den großen<br />

Bereich Berufswahlvorbereitung<br />

innerhalb der sozioökonomischen<br />

Bildung am Otto-Hahn-Gymnasium.<br />

Neben der Schülerfirma umfasst diese<br />

vier große Bereiche, die inhaltlich<br />

miteinander verknüpft sind. Der<br />

wichtigste, weil alle Schülerinnen und<br />

Schüler betreffende Bereich, umfasst<br />

den Unterricht in den Klassenstufen<br />

6 bis 13. Hier werden den jeweiligen<br />

Altersstufen angemessen Themen<br />

aus der Wirtschaft bzw. dem Bereich<br />

Berufswahlvorbereitung verbindlich<br />

unterrichtet. Ergänzung findet<br />

dieser Teil in Trainingseinheiten<br />

in den Klassenstufen 9 bis 12, die<br />

spezifisch auf die Bewerbung hin<br />

ausgerichtet sind. Den praktischen<br />

Teil bilden das verbindliche Sozialpraktikum<br />

in der Klassenstufe 9, das<br />

verbindliche Berufspraktikum in der<br />

Klassenstufe 11 sowie die freiwilligen<br />

Veranstaltungen des Teamtrainings<br />

„Meisterwerker“ und des Schnupperstudiums<br />

in den Klassenstufen<br />

12 und 13. Ergänzende Projekte<br />

stellen die Teilnahme bei „Jugend<br />

denkt Zukunft“ und Inside View<br />

(Unternehmenstag) in der Klassenstufe<br />

10 sowie die Teilnahme an der<br />

Präsentation des Betriebspraktikums<br />

in der 11. Jahrgangsstufe dar. Neben<br />

dem K-Team findet als jahrgangsstufenübergreifende<br />

Veranstaltung die<br />

Berufsbörse für die gesamte MSS<br />

statt, die in wechselndem Rhythmus<br />

alle zwei Jahre mit Unterstützung der<br />

Eltern bzw. des Rotary-Club Landau<br />

durchgeführt wird.<br />

Für weitere Informationen steht<br />

Herr Hans Allmendinger<br />

zur Verfügung.<br />

Kontakt über das<br />

Otto-Hahn-Gymnasium Landau<br />

ohg.landau@t-online.de<br />

Pausenverkauf<br />

32


Praxisbeispiel 6<br />

Dirk Wölbert, Sascha Heß, Ulrich Deilmann<br />

JUFI – die Juniorenfirma der BBS<br />

Ludwig-Ehrhard-Schule in Neuwied<br />

Kontakt:<br />

Ludwig-Erhard-Schule<br />

Neuwied<br />

Beverwijker Ring 3<br />

56564 Neuwied<br />

Tel. +<strong>49</strong> - 2631 - 96 45 0<br />

Fax +<strong>49</strong> - 2631 - 96 45 50<br />

www.jufi-neuwied.de<br />

Die dargestellte Schülerfirma ist<br />

durch ihr langes Bestehen und ihren<br />

<strong>nachhaltige</strong>n Erfolg beispielhaft für<br />

ein von Schülern getragenes Unternehmen,<br />

das sich zunehmend an<br />

Nachhaltigkeitsaspekten orientiert.<br />

Dabei leistet die Schülerfirma in jeder<br />

Hinsicht Großartiges. Sie bewegt die<br />

Schülerinnen und Schüler, sie leistet<br />

große Investitionen aus ihren Gewinnen,<br />

z. B. beim Anbau einer neuen<br />

Aula, die gleichzeitig als Speisesaal<br />

für die benachbarte Kinzing-Schule<br />

dient. Sie bemüht sich, das Gesundheits-<br />

und Ernährungsbewusstsein<br />

zu erweitern. Sie lädt interessierte<br />

Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen<br />

von IFB-Fortbildungen ein, sich<br />

selbst ein Bild zu machen und die<br />

guten Erfahrungen in ihrem Bereich<br />

umzusetzen.<br />

Die Ludwig-Erhard-Schule Neuwied<br />

(LES Neuwied) ist eine Berufsbildende<br />

Schule mit vielfältigen kaufmännischen<br />

Bildungsgängen. Die<br />

Versorgung der täglich anwesenden<br />

ca. 1.100 Schülerinnen und Schüler<br />

mit Speisen und Getränken wurde<br />

viele Jahre vom Hausmeister eigenverantwortlich<br />

organisiert. Die<br />

Schulleitung hatte die im Frühjahr<br />

1992 anstehende Verabschiedung des<br />

Hausmeisters zum Anlass genommen,<br />

den für Schulen unschätzbaren<br />

Wert eines realen kaufmännischen<br />

Betätigungsfeldes einer Vielzahl von<br />

freiwillig engagierten Jugendlichen<br />

33


zugänglich zu machen. Nach intensiven<br />

Überlegungen, unter welchen<br />

rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

unsere Schülerinnen und Schüler<br />

wirtschaftliche Verantwortung übernehmen<br />

können, entschied sich die<br />

Schulleitung für die Gründung eines<br />

eingetragenen Vereins.<br />

Hauptziele<br />

des am 17. März 1992 ins Vereinsregister<br />

des Amtsgerichtes Neuwied<br />

eingetragenen Vereins „Juniorenfirma<br />

der Ludwig-Erhard-Schule Neuwied<br />

e. V.“ sind:<br />

• Vermittlung von kaufmännischen<br />

Qualifikationen unter realen Bedingungen<br />

• Förderung der Teamfähigkeit<br />

• Bereitstellung eines ernährungsbewussten<br />

Warenangebotes im<br />

Schulkiosk<br />

• Abfallvermeidung und Umweltschutz<br />

• Erwirtschaftung eines Überschusses<br />

zwecks Einrichtung einer<br />

Cafeteria<br />

Organisatorischer Aufbau der<br />

Firma<br />

Die Leitung der Juniorenfirma obliegt<br />

dem aus vier Personen bestehendem<br />

Vereinsvorstand, der ausschließlich<br />

mit Schülerinnen und Schülern der<br />

Ludwig-Erhard-Schule besetzt ist.<br />

Die gesamte kaufmännische Sachbearbeitung<br />

wird ebenfalls von Schülerinnen<br />

und Schülern in den folgenden<br />

Abteilungen eigenverantwortlich<br />

durchgeführt:<br />

• Allgemeine Verwaltung und EDV<br />

• Personalwesen<br />

• Rechnungswesen<br />

• Einkauf<br />

• Verkauf<br />

• Marketing<br />

Die mitarbeitenden Schülerinnen<br />

und Schüler erhalten für ihre Tätigkeit<br />

kein Entgelt. Die anfallenden<br />

Arbeiten werden in den Pausen,<br />

den Freistunden und während der<br />

zweistündigen Arbeitsgemeinschaft<br />

„angewandte Betriebswirtschaftslehre“<br />

erledigt. Die Arbeitsgemeinschaft<br />

findet außerhalb des regulären<br />

Unterrichts statt. Die Jugendlichen<br />

investieren freiwillig wöchentlich<br />

zwei Stunden ihrer teilweise knappen<br />

Freizeit in praktisches kaufmännisches<br />

Lernen.<br />

Den Warenverkauf (Öffnungszeit<br />

der Cafeteria: 8:00 bis 13:15 Uhr)<br />

übernehmen fest angestellte Mitarbeiterinnen.<br />

Zurzeit sind sechs<br />

Mitarbeiterinnen im Verkauf beschäftigt.<br />

Die Beschäftigung erfolgt<br />

auf Lohnsteuerkarte bzw. auf 400,00<br />

€-Basis. Außerdem gehört eine Reinigungskraft<br />

zum Mitarbeiterstamm<br />

der Juniorenfirma.<br />

Die fachliche Betreuung der engagierten<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

erfolgt durch den pädagogischen<br />

Beirat, der ausschließlich mit zwei<br />

bis drei Lehrkräften der Ludwig-<br />

Erhard-Schule besetzt ist. Der pädagogische<br />

Beirat ist insoweit für<br />

die schülergerechte Vernetzung von<br />

kaufmännischer Theorie und Praxis<br />

zuständig.<br />

Aufgabenbereiche der<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

Die Zuweisung von Aufgabenbereichen<br />

erfolgt zunächst nach Interesse<br />

der Schülerinnen und Schüler. Darüber<br />

hinaus wird darauf geachtet, dass<br />

die Jugendlichen nach einer gewissen<br />

Zeit die Abteilungen wechseln und ihnen<br />

möglichst vielfältige Erfahrungen<br />

zu ermöglichen.<br />

Im Bereich Allgemeine Verwaltung<br />

und EDV erledigen die Jugendlichen<br />

alle abteilungsübergreifenden<br />

Arbeiten. Hierzu zählen z. B.:<br />

• Projektbetreuung<br />

• Betreuung des PC-Netzwerkes und<br />

der Homepage<br />

• Verwaltung der Büromaterialien<br />

Im Personalwesen erfassen die<br />

Schülerinnen und Schüler die<br />

vom Verkaufspersonal geleisteten<br />

Arbeitszeiten. Am Monatsende werden<br />

die auf den Stundennachweisen<br />

basierenden Verdienstabrechnungen<br />

erstellt. Die Schülerinnen und<br />

Schüler haben zu diesem Zweck<br />

Excel-Formulare entwickelt, die<br />

den unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten<br />

der auf 400,00 €-Basis<br />

(Mini-Job), 401,00 € bis 800,00<br />

€- Basis (Midi-Job) bzw. auf Lohnsteuerkarte<br />

beschäftigten Mitarbeiterinnen<br />

gerecht werden. Die an das<br />

Finanzamt abzuführenden Abgaben<br />

werden mit Hilfe eines professionellen<br />

Berechnungsprogramms ermittelt.<br />

Die Auszahlung der Löhne wird<br />

selbständig veranlasst und überwacht.<br />

Die Lohnsteueranmeldungen<br />

und die sozialversicherungsrechtlichen<br />

Meldungen werden fristgerecht<br />

eingereicht und die entsprechenden<br />

Zahlungen geleistet. Die Schülerinnen<br />

und Schüler führen alle gesetzlich<br />

sowie organisatorisch erforderlichen<br />

Unterlagen in Eigenregie. Alle bisher<br />

durchgeführten Lohnsteuer- und Sozialversicherungsprüfungen<br />

führten zu<br />

keinerlei Beanstandungen.<br />

In der Abteilung Rechnungswesen<br />

werden alle Geschäftsvorfälle beleg-<br />

34


mäßig geprüft, vorkontiert und mit<br />

Hilfe eines professionellen Finanzbuchhaltungsprogramms<br />

erfasst. Es<br />

werden beispielsweise die Eingangsund<br />

Ausgangsrechnungen auf den<br />

entsprechenden Kreditoren- und<br />

Debitorenkonten gebucht, die offenen<br />

Posten geprüft und eventuelle Unstimmigkeiten<br />

mit den Sachbearbeitern<br />

der Einkaufs- und Verkaufsabteilung<br />

geklärt. Außerdem wird ein von der<br />

Finanzbuchhaltung getrenntes Excel-<br />

Kassenbuch geführt. Am Jahresende<br />

wird die anstehende Inventur geplant<br />

und am letzten Schultag vor den<br />

Weihnachtsferien durchgeführt. Die<br />

auf diese Weise gewonnenen Daten<br />

bilden unter anderem die Grundlage<br />

für den Geschäftsbericht des abgelaufenen<br />

Wirtschaftsjahres.<br />

Die Schülerinnen und Schüler der<br />

Einkaufsabteilung sind für die<br />

Warendisposition zuständig. Sie<br />

prüfen die Lagerbestände und klären<br />

mit den Verkaufsmitarbeiterrinnen<br />

den aktuellen Bedarf. Die benötigten<br />

Mengen werden auf selbst<br />

erstellten Formularen erfasst und<br />

an die Lieferanten gefaxt bzw. per<br />

E-Mail übermittelt. Die bestellte<br />

Ware wird vom Verkaufspersonal in<br />

Empfang genommen und fachgerecht<br />

eingelagert. Das Ergebnis der Warenprüfung<br />

wird auf dem Lieferschein<br />

vermerkt. Eventuelle Beanstandungen<br />

melden die zuständigen Schülerinnen<br />

und Schüler unverzüglich<br />

dem Lieferanten. Die Eingangsrechnungen<br />

werden mit den Lieferscheinen<br />

verglichen und auf ihre<br />

Übereinstimmung und rechnerische<br />

Richtigkeit geprüft. Gelegentlich<br />

vorkommende Abrechnungsfehler<br />

werden mit dem Lieferanten geklärt.<br />

Anschließend wird die Zahlung veranlasst<br />

und überwacht. Die geprüfte<br />

Rechnung wird der Buchhaltung<br />

übergeben.<br />

Die Schülerinnen und Schüler der<br />

Verkaufsabteilung sind u. a. für<br />

die Koordination der hausinternen<br />

Bewirtungen (z. B. bei Konferenzen,<br />

Veranstaltungen, Prüfungen) zuständig.<br />

Die ausgelieferten Speisen und<br />

Getränke werden auf selbst entwickelten<br />

Bewirtungsnachweisen vom<br />

Verkaufspersonal vermerkt und an die<br />

zuständigen Schülerinnen und Schüler<br />

zum Zwecke der Rechnungserstellung<br />

weitergeleitet. Die geprüfte Rechnung<br />

wird der Buchhaltung übergeben.<br />

Ein weiteres Aufgabengebiet ist die<br />

Aktualisierung der Preislisten und die<br />

Planung von Verkaufsaktionen.<br />

In der Marketingabteilung beschäftigten<br />

sich die Schüler mit der<br />

Entwicklung und Planung von Werbekampagnen.<br />

Ihre erste Handlung war das Erstellen<br />

einer Werbekampagne für das Produkt<br />

„Coca Cola Zero“. Als Folge dessen<br />

wurde dieses Produkt dauerhaft in<br />

unser Sortiment aufgenommen. Dies<br />

hatte eine Gewinnsteigerung zur Folge,<br />

da das Produkt von den Schülern<br />

positiv aufgenommen wurde.<br />

Es folgte eine weitere Aktion, in der<br />

den Schülern eine Menükombination<br />

(Kartoffeltasche/Getränk) angeboten<br />

wurde, um auf das Produkt „Kartoffeltaschen“<br />

aufmerksam zu machen.<br />

Diese verkauften sich zeitweise<br />

nicht mehr so gut. Diese Idee wurde<br />

von den meisten Schülern als gut<br />

befunden.<br />

Gegen Ende des ersten Halbjahres<br />

entwickelte die Marketingabteilung<br />

ein Schreiben, welches dem Zeugnis<br />

der HB- und GY-Schüler beigelegt<br />

wurde, um für die Nachhilfebörse<br />

zu werben.<br />

Zusätzlich bearbeiteten die Mitglieder<br />

der Marketingabteilung diverse<br />

kleinere Aufgaben (z. B. aktuelle<br />

Aushänge zu verschiedenen Anlässen)<br />

und begannen Ende des Jahres<br />

2006 mit der Vorbereitung einer<br />

Werbeanzeige in der Schülerzeitung<br />

für den fairgehandelten Schokoriegel<br />

„Fairetta“.<br />

Besondere Projekte und<br />

Aktivitäten<br />

Die Juniorenfirma unterhält eine<br />

schulinterne Nachhilfebörse. Nachhilfe<br />

suchende bzw. anbietende<br />

Schülerinnen und Schüler können<br />

ihren Bedarf bzw. ihre Angebote der<br />

Juniorenfirma melden und um eine<br />

zügige Vermittlung bitten. In der Vergangenheit<br />

wurden zudem Nachhilfeanfragen<br />

von Ausbildungsbetrieben<br />

erfolgreich bearbeitet.<br />

Die Juniorenfirma veranstaltet in<br />

Zusammenarbeit mit dem Sportkurs<br />

des Wirtschaftsgymnasiums das<br />

jährlich stattfindende Fußballturnier<br />

„Jufi-Cup“. Die drei besten<br />

Mannschaften erhalten Verzehrgutscheine<br />

für die Schulcafeteria.<br />

Die Siegermannschaft erhält einen<br />

Wanderpokal.<br />

Während der Weltausstellung „Expo“<br />

organisierte die Juniorenfirma sehr<br />

günstige Busreisen nach Hannover.<br />

Die gesamte Planung und Durchführung<br />

erfolgte in Eigenregie. Aktuell<br />

werden Angebote von verschiedenen<br />

Busunternehmen eingeholt, um eine<br />

Börse für Schulfahrten aller Klassen<br />

der Ludwig-Erhard-Schule einzurichten.<br />

Die Juniorenfirma hatte für diverse<br />

Klassen Schulbücher über Internetanbieter<br />

zu sehr guten Konditionen<br />

bezogen. Auch hier erfolgte die<br />

gesamte Planung und Durchführung<br />

in Eigenregie. Leider war die Nachfrage<br />

bisher nicht sehr groß. Die neu<br />

35


gegründete Marketingabteilung arbeitet<br />

an einer Strategie zur Belebung<br />

Schulbuchbörse.<br />

Die Juniorenfirma betreibt außerdem<br />

seit einigen Jahren eine eigene Solaranlage.<br />

Der ökologisch erzeugte<br />

Strom wird ins öffentliche Netz gespeist.<br />

Das selbst erbrachte Investitionsvolumen<br />

beträgt ca. 20.000,00 €.<br />

Seit Neuestem beschäftigt sich die<br />

Juniorenfirma auch mit dem Thema<br />

„Faire Produkte“. In Zusammenarbeit<br />

mit einigen Schülern aus dem<br />

Gymnasium werden Alternativprodukte<br />

gesucht, die unter fairen<br />

Bedingungen für Natur und Mensch<br />

hergestellt und verarbeitet wurden.<br />

Dazu zählt auch, dass Obst und<br />

Gemüse von Bauern aus der Region<br />

beschafft wird.<br />

Erwähnenswert ist ebenso die Versorgung<br />

der Schüler aus der benachbarten<br />

Kinzing-Schule, die Ganztagsschule<br />

ist, mit einem täglichen<br />

Mittagessen. Das Essen wird über<br />

die Juniorenfirma bei einer ortsansässigen<br />

Großküche bestellt und in einem<br />

von der LES zur Verfügung gestellten<br />

Raum ausgegeben.<br />

Didaktische Bedeutung der<br />

Juniorenfirma<br />

Das Projekt „Juniorenfirma“ existiert<br />

im Jahre 2006 bereits seit 14<br />

Jahren. Im Laufe dieser Zeit konnten<br />

die Schülerinnen und Schüler, das<br />

gesamte Kollegium sowie die Schulleitung<br />

in vielfältiger Weise von der<br />

Arbeit der Juniorenfirma profitieren.<br />

Eine abschließende Auflistung aller<br />

didaktischen Vorteile ist unmöglich.<br />

Aus diesem Grunde beschränken wir<br />

uns nachfolgend auf die wesentlichen<br />

Bildungsaspekte dieses Projektes.<br />

• Die Juniorenfirma fördert in hervorragender<br />

Weise die kaufmännische<br />

Fachkompetenz der<br />

mitarbeitenden Schülerinnen und<br />

Schüler. Die Jugendlichen können<br />

den im regulären Unterricht<br />

erfahrenen Lehrstoff in einem real<br />

existierenden Unternehmen in die<br />

Praxis umsetzen.<br />

• Die Juniorenfirma fördert das<br />

unternehmerische Denken und<br />

Handeln der mitarbeitenden Schülerinnen<br />

und Schüler. Die Jugendlichen<br />

müssen täglich unternehmerische<br />

Entscheidungen treffen und<br />

gegebenenfalls Interessenkonflikte<br />

mit Kunden, Lieferanten und<br />

Mitarbeitern zum Wohle ihres<br />

Unternehmens bewältigen.<br />

• Die Juniorenfirma fördert die kaufmännische<br />

Methodenkompetenz<br />

der mitarbeitenden Schülerinnen<br />

und Schüler. Die Jugendlichen<br />

müssen täglich bereits erlernte<br />

Problemlösungsstrategien anwenden<br />

oder neue Strategien - beim<br />

Auftreten bisher unbekannter Aufgabenstellungen<br />

- entwickeln.<br />

• Die Juniorenfirma fördert die<br />

Sozialkompetenz der mitarbeitenden<br />

Schülerinnen und Schüler.<br />

Jedes Teammitglied erfüllt eine<br />

unverzichtbare Aufgabe im organisatorischen<br />

Gesamtgebilde<br />

„Juniorenfirma“. Die Jugendlichen<br />

erkennen bei ihrer täglichen Arbeit,<br />

dass lediglich die auf das gemeinschaftliche<br />

Ziel fokussierten<br />

Bemühungen den gewünschten<br />

Erfolg bringen.<br />

• Die Juniorenfirma fördert die<br />

Bildung für <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung<br />

(BNE). Durch ihre<br />

umfangreichen Aktivitäten in den<br />

Bereichen Soziales, Ökologie und<br />

Ökonomie ist sie ein Impulsgeber<br />

für die Entwicklung eines Nachhaltigkeitsprofils<br />

der LES.<br />

36


Praxisbeispiel 7<br />

Claudia Moede<br />

De Pälzer fer die Palz – Schüler machen<br />

Regiogeld<br />

Unterrichtskonzept zum Thema<br />

„Alternatives Wirtschaften“<br />

Das Thema „Geld“ liefert genug<br />

Stoff, um schülernah aktuelle Bezüge<br />

herzustellen. Daran anknüpfend ist<br />

ein themenorientiertes Unterrichtskonzept<br />

zum Thema „Alternatives<br />

Wirtschaften“ entstanden, das die<br />

Gründung einer <strong>nachhaltige</strong>n Schülerfirma<br />

zur Einführung der Regionalwährung<br />

„De Pälzer“ vorsieht.<br />

Regional erarbeitetes Geld fließt in<br />

nationale und globale Wirtschaftskreisläufe<br />

ab. Um einer negativen<br />

Entwicklung, die pfälzische Infrastruktur<br />

betreffend, entgegenzusteuern,<br />

wurde die Initiative „De Pälzer<br />

fer die Palz – ein Schulprojekt“ mit<br />

dem Untertitel „Schüler machen<br />

Regiogeld“ ins Leben gerufen. Mit<br />

dieser Initiative der Bürgerstiftung<br />

Pfalz, deren Schirmherr Ministerpräsident<br />

Kurt Beck ist, soll erreicht<br />

werden, dass alternative Gutscheine,<br />

„Pälzer“ genannt, den Kauf regionaler<br />

Produkte ermöglichen und fördern.<br />

Wirtschaftskreisläufe in der Pfalz<br />

werden so gestärkt.<br />

Mittlerweile wurde die Idee von<br />

mehreren Schulen aufgegriffen und<br />

seit dem 1. Juli 2007 ist der „Pälzer“<br />

in Speyer unter der Regie einer<br />

Schülerfirma des Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasiums<br />

im Umlauf<br />

(siehe folgenden Artikel). Ein<br />

ausführliches Unterrichtskonzept<br />

zum Thema Regiogeld findet sich<br />

in der Ruprik „<strong>Schülerfirmen</strong>“ der<br />

Internetseite www.nachhaltigkeit.<br />

bildung-rp.de.<br />

37


Praxisbeispiel 8<br />

Sonja Stegmeyer<br />

Die ProRegio SGmbH - die Speyerer<br />

Geldmacher<br />

Kontakt<br />

Stichwort „Pälzer“<br />

ProRegio SGmbH<br />

Vincentiusstraße 5<br />

67346 Speyer<br />

e-mail: info@paelzer-speyer.de<br />

www.paelzer-regio.de<br />

oder per Fax 0631-41<strong>49</strong>276<br />

Der Leistungskurs Sozialkunde des<br />

Jahrgangs 11 des Friedrich-Magnus-<br />

Schwerd-Gymnasiums in Speyer<br />

hat dieses Jahr ein neues Projekt in<br />

Angriff genommen: den „Pälzer“<br />

Der Leistungskurs besteht aus<br />

sechzehn Schüler/innen, die am<br />

01.01.2007 die „ProRegio SGmbH“<br />

gegründet haben. Die Schülerfirma<br />

kümmert sich um die Vernetzung<br />

und Durchführung des Pälzers, einem<br />

regionalen Gutscheinsystem, mit dem<br />

seit dem ersten Juli 2007 (Umweltfest<br />

der Stadt Speyer) in teilnehmenden<br />

Geschäften in Speyer gezahlt werden<br />

kann.<br />

Der Pälzer – Vorstellung einer<br />

Regionalwährung für die Pfalz<br />

Einleitung<br />

Seit Juli 2007 haben Bürger aus der<br />

Pfalz eine echte Alternative zum<br />

Euro. Pälzer heißt der Taler heißen<br />

und bildet als Regionalwährung eine<br />

Art Gegenpol zum Heuschrecken-<br />

Kapitalismus der Globalisierung.<br />

Eingeführt wird das Geld von der<br />

ProRegio SGmbH, gemeinsam mit<br />

dem gemeinnützigen Verein „Pälzer<br />

Regio“. Das S vor der GmbH kennzeichnet<br />

hierbei eine Schülerfirma.<br />

Hinter dem System stehen nämlich<br />

38


nicht die zentrale Notenbank, sondern<br />

die Schüler und Schülerinnen<br />

des Sozialkunde Leistungskurses der<br />

11. Klasse des Friedrich-Magnus-<br />

Schwerd-Gymnasiums Speyer.<br />

Die Vorteile einer<br />

Regionalwährung<br />

• Durch eine Umlaufsicherungsgebühr<br />

werden die Unternehmer<br />

und Bürger angehalten, den Pälzer<br />

schnellst möglich weiterzugeben.<br />

Dadurch zirkuliert das Geld<br />

schneller, der Umsatz regionaler<br />

Unternehmen steigt.<br />

• Da es für Discounterketten unmöglich<br />

ist mit der Regionalwährung<br />

zu handeln, wird der Bürger<br />

stärker auf Güter aus der Region<br />

zurückgreifen. Somit wird der<br />

Einzelhandel gestärkt.<br />

• Wohltätige Vereine werden dauerhaft<br />

unterstützt.<br />

• Produktionsbedingungen in Bezug<br />

auf Umweltverträglichkeit und<br />

sozialer Standards können kontrolliert<br />

werden.<br />

• Ein geringeres Transportaufkommen<br />

entlastet die Umwelt.<br />

Bei dieser Regionalisierung wird ein<br />

hohes Merkmal auf Soziales gelegt.<br />

Allein, das gemeinsame Geld stärkt<br />

das Gemeinschaftsgefühl einer ganzen<br />

Region. Die sozialen Beziehungen<br />

der miteinander wirtschaftenden<br />

Menschen werden gestärkt. Auf der<br />

Basis persönlicher Beziehungen wird<br />

es schließlich leichter, soziale und<br />

gemeinwohlorientierte Aspekte in das<br />

Wirtschaftsverhalten zu integrieren.<br />

Wie funktioniert das?<br />

Die Kaufkraft des Pälzers sinkt zum<br />

Quartalsende jeweils um zwei Prozent<br />

des Anfangswertes. Wer die Gutscheine<br />

dann noch im Geldbeutel hortet,<br />

muss sie in einer der Ausgabestellen<br />

«aufwerten», bevor er sie wieder<br />

ausgeben kann - kleine Klebemarken<br />

auf der Rückseite dienen als Nachweis<br />

(Umlaufsicherungsgebühr).<br />

Und wer die Pälzer wieder in Euro<br />

eintauschen will, bekommt nur noch<br />

95 Prozent des aktuellen Wertes in<br />

Euro zurück.<br />

Der Wertverlust zum Quartalsende<br />

kommt dabei vollständig wohltätigen<br />

Vereinen zu Gute. Von den 5 Prozent<br />

Abgabe beim Rücktausch behält die<br />

Schülerfirma 2 Prozent ein, um ihre<br />

laufenden Kosten zu decken. Die<br />

anderen 3 Prozent werden direkt an<br />

einen vom umtauschenden Kunden<br />

gewählten, gemeinnützigen Verein<br />

weitergeleitet.<br />

Die Umlaufsicherungsgebühr von 2<br />

Prozent bringt dabei mehrere Vorteile<br />

mit sich. Zum einen werden<br />

wohltätige Vereine unterstützt und<br />

zum anderen entsteht dadurch ein<br />

Umlauf-Impuls. Das heißt, der Kunde<br />

bringt das Geld möglichst schnell<br />

wieder in Umlauf. Das führt dazu,<br />

dass regionale Wirtschaftkreisläufe<br />

beschleunigt werden und der Umsatz<br />

respektive der Gewinn von regionalen<br />

Unternehmen steigt. Erhebungen von<br />

anderen Regionalgeldern weisen eine<br />

Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit<br />

um den Faktor 3 auf.<br />

Zudem werden durch eine Umlaufsicherungsgebühr<br />

gemeinnützige<br />

Vereine unterstützt, welche – neben<br />

der Familie - oftmals einen riesigen,<br />

sozialen Treffpunkt darstellen.<br />

Die Belegschaft, hinten von links: Patrick Schöfer, Friedemann Fischer,<br />

Christoph Kuhn, Christopher Bücklein, Fabian Müsel; in der Mitte von<br />

links: Thomas Daum, Moritz Böhringer, Kristin Leck, Vanessa Hofmann,<br />

Patrick Hohmann,Thomas Scheffner; kniend von links: Nicklas Dorsch,<br />

Jasmin Farouq, Sophia Güdemann, Jennifer Ibsch, Andreas Musial<br />

Es fehlt: Sonja Stegmeyer<br />

39


Wer steht dahinter?<br />

Das Geld wird von der ProRegio<br />

SGmbH in Speyer in Kooperation<br />

mit der Bürgerstiftung Pfalz und<br />

dem gemeinnützigen Verein „Pälzer<br />

Regio“ eingeführt. Die ProRegio<br />

SGmbH besteht aus den 16 Schülern<br />

des Sozialkunde Leistungskurses der<br />

11. Klasse des Friedrich-Magnus-<br />

Schwerd-Gymnasiums. In anderen<br />

Teilen der Pfalz übernehmen die Betreuung<br />

andere <strong>Schülerfirmen</strong>.<br />

Die Aufgaben der 16 Schüler in der<br />

„kleinen Firma“ sind dabei wie in<br />

einer richtigen Firma breit gefächert<br />

und reichen von Finanzen über Marketing,<br />

Betreuung der Unternehmen<br />

und Kunden bis hin zur Presseabteilung.<br />

Dabei gehen die Schüler äußerst<br />

engagiert zur Sache und opfern auch<br />

Zeit an Nachmittagen und außerhalb<br />

des Schulunterrichtes.<br />

Die Brüder des Pälzers<br />

Der Gedanke des Regionalgeldes<br />

wurde in der Vergangenheit schon<br />

oft angedacht. Im Chiemgau entwickelten<br />

Schüler 2003 den „Chiemgauer“<br />

(www.chiemgau-regional.de)<br />

als eines der ersten Regionalgelder<br />

Deutschlands. Es folgten seit dem<br />

viele weitere: der „Sterntaler“, der<br />

„Urstromtaler“, die „Kirschblüte“<br />

usw. Andere Regionalgelder in vielen<br />

Teilen Deutschlands sind in der<br />

Planung.<br />

Da das Projekt einer regionalen Währung<br />

nichts Neues ist, liegen uns aus<br />

bereits laufenden Projekten wertvolle<br />

positive Erkenntnisse vor. So konnte<br />

z. B. der „Chiemgauer“ nach seiner<br />

erfolgreichen Einführung im Jahr<br />

2003 zur Steigerung des regionalen<br />

Bruttosozialproduktes beitragen und<br />

eine Spendensumme von gut 43.000<br />

Euro für wohltätige Vereine erwirtschaften.<br />

Auch die anderen regionalen<br />

Währungen wurden von der Bevölkerung<br />

positiv angenommen und führten<br />

zu einer Steigerung des Umsatzes bei<br />

Einzelhandel und Handwerk.<br />

Der Pälzer im Internet<br />

Unter www.paelzer-regio.de haben<br />

wir eine Internetseite über unser<br />

Projekt eingerichtet.<br />

40


Praxisbeispiel 9<br />

Erhard Steller<br />

Produktionsklassen-Projekt<br />

Berufsbildende Schule<br />

Germersheim<br />

Außenstelle Wörth<br />

Hanns-Martin-Schleyer-Straße 10<br />

76744 Wörth<br />

Tel.: 07271-9232-0<br />

E-Mail: info@bbs-woerth<br />

Im Sommer des Jahres 2005 wurde an<br />

der Außenstelle Wörth der BBS Germersheim<br />

im Rahmen des EQUAL-<br />

Programms der Europäischen Union<br />

eine neue Form der praxisnahen<br />

Berufsorientierung initiiert.<br />

Ziel des EQUAL-Programms ist<br />

Chancengleichheit am Arbeitsmarkt.<br />

Die Zielgruppe des Programms sind<br />

daher Personen mit besonderem Förderbedarf.<br />

Daher wurde das Modellprojekt<br />

ins Berufsvorbereitungsjahr<br />

implementiert.<br />

Den Schülern sollte im BVJ eine neue<br />

schulische Erfolgschance geboten<br />

werden durch einen starken Pra-<br />

xisschwerpunkt unter betrieblichen<br />

Bedingungen und die Einbindung des<br />

theoretischen Schulunterrichts in den<br />

betrieblichen Zusammenhang.<br />

Als Einsatzfeld wurde aufgrund der<br />

örtlichen Gegebenheiten die nur mit<br />

Mädchen besetzte BVJ-Klasse Hauswirtschaft<br />

gewählt, in der die Zubereitung<br />

von Speisen seit jeher einen<br />

Schwerpunkt bildet. Dies führte zur<br />

Einrichtung des Wörther BBS BIST-<br />

ROS, das mit Hilfe von engagierten<br />

Lehrern, zwei Projektmitarbeitern<br />

und natürlich den Schülerinnen eine<br />

erfolgreiche Etablierung vor Ort verzeichnen<br />

konnte.<br />

41


Vorbild Dänemark<br />

Die Produktionsklasse ist eine Auskoppelung<br />

aus der Idee der Produktionsschule.<br />

Diese wurde in<br />

Deutschland von den Pädagogen Paul<br />

Oestreich und Georg Kerschensteiner<br />

geprägt, die beide, wenn auch aus verschiedenen<br />

Blickwinkeln, die Absicht<br />

verfolgten, schwer erziehbaren bzw.<br />

schwer beschulbaren Jugendlichen<br />

die Chance zur einer erfolgreichen<br />

Entwicklung durch Arbeit zu bieten.<br />

Durch den nicht ganz unbegründeten<br />

Vorwurf (damals) „Menschen formen“<br />

zu wollen, geriet der Produktionsschulansatz<br />

in Deutschland lange<br />

Zeit in Vergessenheit.<br />

Als Wiege der modernen Produktionsschule<br />

gilt Dänemark, wo Anfang<br />

der 1980er Jahre die ersten Einrichtungen<br />

gegründet wurden, um die<br />

Sozialisation von Jugendlichen zu<br />

fördern, bei denen diese innerhalb der<br />

Schule nicht gelungen ist.<br />

Der Ansatz und gesellschaftliche Nutzen<br />

besteht darin, dass die Einbindung<br />

in einen realen Arbeitsprozess eine<br />

neue Kategorie von Herausforderung<br />

und Erfolgschancen bringt, und<br />

somit eine neue Perspektive in die<br />

Lernkrise, die sich bei der Zielgruppe<br />

verfestigt hat, und die aus einem<br />

Teufelskreis aus Misserfolg, Unvermögen,<br />

unkoordiniertem Handeln und<br />

daher wieder Misserfolg besteht.<br />

Um diesem Muster entgegen zu<br />

wirken, wurde an der BBS in Wörth<br />

modellhaft das BVJ Hauswirtschaft<br />

auf die Schulform Produktionsschule<br />

(bzw. -klasse) umgestellt. Nach<br />

überraschend aufwendigen Umbauarbeiten<br />

im Küchenbereich bis zum<br />

Frühjahr 2006 konnte die BVJ-Klasse<br />

2006/07 schließlich, unterstützt von<br />

einem Projektkoordinator und einer<br />

zusätzlichen Anleiterin für die Fachpraxis,<br />

von Anfang an als Produktionsklasse<br />

arbeiten.<br />

Der Wörther Modellversuch bestand<br />

darin, dass die Schulform Produktionsschule<br />

in den Schulbetrieb einer<br />

staatlichen berufsbildenden Schule<br />

(BBS) integriert wurde und somit<br />

die BBS mit einem erweiterten Lehrgangsspektrum<br />

auch als Produktionsschule<br />

fungiert. Die betriebliche<br />

Arbeit ist in den Schulunterricht<br />

integriert (dies gilt für die Fachpraxis),<br />

bzw. der Schulunterricht ist,<br />

soweit es die Themen ermöglichen,<br />

mit betrieblicher Arbeit bestückt (dies<br />

gilt für die theoretischen Fächer).<br />

Die Mitwirkung ist unmittelbar mit<br />

der Schulpflicht verbunden und<br />

kann nach Ablauf einer anfänglichen<br />

Probezeit weder durch Schüler noch<br />

durch die Schule ohne zwingenden<br />

Grund abgebrochen werden. In betrieblicher<br />

Arbeit erworbenes Wissen<br />

wird benotet, ist prüfungsrelevant und<br />

trägt entscheidend zum Erreichen des<br />

Hauptschulabschlusses bei.<br />

Durch das Engagement der unmittelbar<br />

am Projekt beteiligten Lehrer,<br />

sowie die personelle Unterstützung<br />

und eine konsequente Sozial- und<br />

Personalarbeit konnte schnell eine<br />

positive, dynamische Stimmung<br />

in der Klasse etabliert werden, die<br />

nach einigen Wochen Vorlaufzeit das<br />

BBS BISTRO eröffnete und fortan<br />

jeden Dienstag ein vollständig selbst<br />

zubereitetes, preisgünstiges Mittagsmenü<br />

öffentlich anbot. Diese Arbeit<br />

wurde montags vor- und mittwochs<br />

hauswirtschaftlich nachbereitet, und<br />

im berufsbezogenen Unterricht und<br />

Sozialkunde mit Kassenabrechnung,<br />

Bankgeschäften, Teamentwicklung<br />

und Warenkunde vervollständigt.<br />

Als pädagogisch besonders wertvoll<br />

erwies sich die zahlende Kundschaft,<br />

die dank der guten Qualität des Essens<br />

sowie der konsequenten Öffentlichkeitsarbeit<br />

durch die Projektkoordination<br />

stets in ausreichender Anzahl<br />

erschienen ist. Durch die Kundschaft<br />

empfanden die Schülerinnen die Arbeitsanforderungen,<br />

die wesentlich<br />

höher waren als sonst im BVJ, nicht<br />

(wie sonst so häufig) als „Schikane“,<br />

sondern als motivierende Herausforderung.<br />

Die beteiligten Lehrer, die allesamt<br />

auf langjährige Berufserfahrung im<br />

BVJ zurückblicken können, stellten<br />

zudem auch eine höhere Leistungsbereitschaft<br />

in den allgemeinbildenden<br />

Fächern fest.<br />

Insgesamt war das Modellprojekt<br />

ein voller Erfolg: ein gelungener<br />

Arbeitsalltag ermöglichte den Schülerinnen<br />

neue, positive Orientierung. Es<br />

entstand eine neue Handlungskompetenz<br />

mit mehr Sicherheit bezüglich eigener<br />

Stärken, und somit mehr Bereitschaft<br />

und Entschlossenheit, eigene<br />

Schwächen zu erkennen und an ihnen<br />

zu arbeiten. Es entsteht insgesamt<br />

eine höhere Leistungsbereitschaft,<br />

und das Handeln wird koordinierter<br />

und erfolgsorientierter.<br />

Aber auch vor dem direkten Erfolg<br />

fand einiges statt. Im Produktionszusammenhang<br />

treten Schüler anders<br />

auf als im Schulunterricht. Dies ist<br />

zum einen durch den Kundenkontakt<br />

begründet, zum anderen durch<br />

die Arbeitsaktivität selbst. So lehrt<br />

uns die Neuropsychologie, dass die<br />

Aktivierung von Feinmotorik und<br />

Hand-Augen-Koordination Aufmerksamkeit<br />

und Auffassungsgabe<br />

stimuliert (einer der Grundpfeiler der<br />

Erlebnispädagogik). Für die Schüler<br />

bedeutet dies, dass nicht nur neues<br />

Wissen erarbeitet, sondern allgemein<br />

eine neue Offenheit für das „Lernen<br />

an sich“ erschlossen wird. Das Arbeiten<br />

im Produktionszusammenhang<br />

42


Literatur<br />

hat somit auch eine intellektuelle<br />

Qualität. Es ist für jede Schülerin und<br />

jeden Schüler in jeder Hinsicht eine<br />

neue Pädagogik.<br />

Zum Wörther Produktionsklassenprojekt<br />

ist eine Handreichung abgefasst<br />

worden, die die dort gemachten Erfahrungen<br />

anschaulich zusammenfasst<br />

und anderen BBS, die ähnliches vorhaben<br />

nützliche Hinweise bietet. Außerdem<br />

gibt es eine DVD mit einem<br />

15-minütigen Dokumentarfilm über<br />

den Verlauf einer Arbeitswoche.<br />

Beides kann bezogen werden über die<br />

Berufsbildende Schule Germersheim<br />

(Kontaktdaten siehe Seite 41).<br />

PZ-Information 16/2004<br />

Schwerpunkt Schülerfirma<br />

Drei Bausteine für die Aktivitätsbereiche „Arbeit und Beruf“ sowie „Haushalt“<br />

Neue Ansätze der<br />

Werkstufenarbeit in der Schule<br />

mit dem Förderschwerpunkt<br />

ganzheitliche Entwicklung<br />

Schwerpunkt Schülerfirma<br />

Drei Bausteine für die Aktivitätsbereiche<br />

„Arbeit und Beruf“ sowie<br />

„Haushalt“<br />

Baustein 1 zeigt auf, dass das Lernarrangement<br />

„Schülerfirma“ ein<br />

sinnvolles Angebot zur Weiterentwicklung<br />

der Werkstufenarbeit sein<br />

kann. Man erfährt, dass sich die<br />

Schülerinnen und Schüler bei der<br />

Gründung ihres Unternehmens und<br />

bei der Arbeit sowohl praktischen als<br />

auch reflexiven Anforderungen stellen<br />

müssen, die für die Bewältigung<br />

ihrer Berufs- und Lebenswegplanung<br />

von Bedeutung sind.<br />

Baustein 2 stellt das Projekt einer<br />

dienstleistungsorientierten Schülerfirma<br />

vor. Hier wird der Ansatz verfolgt,<br />

die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

sowohl auf ein Beschäftigungsverhältnis<br />

in der Werkstatt für behinderte<br />

Menschen, als auch auf den allgemeinen<br />

Arbeitsmarkt vorzubereiten. Das<br />

Autorenteam zeigt dabei den Weg von<br />

der Gründung der Firma bis zur Einführung<br />

eines „dualen Systems“ – der<br />

Donnerstag als Arbeitstag – auf.<br />

Baustein 3 will mit der Arbeit in einer<br />

eher produktorientierten Schülerfirma<br />

neben notwendigen fachlichen<br />

Kompetenzen vor allem auch soziale<br />

und personale Kompetenzen aufbauen.<br />

Eine Vielzahl außerschulischer<br />

Kontakte soll der Öffentlichkeit und<br />

kleineren Unternehmern zeigen,<br />

dass auch so genannte geistig behinderte<br />

Menschen etwas leisten und<br />

durchaus Anforderungen, wie sie<br />

der allgemeine Arbeitsmarkt fordert<br />

- bei entsprechender Unterstützung<br />

– gerecht werden können.<br />

Zu beziehen über das Pädagogische<br />

Zentrum (s. Impressum) gegen 3,- €<br />

Schutzgebühr zzgl. Versandkosten<br />

43


Deutsche Kinder- und Jugendstiftung<br />

(Hrsg.)<br />

Firmensitz: 9b<br />

In 10 Schritten zum<br />

Schülerunternehmen<br />

Fakten, Anregungen und Tipps für<br />

Schülerinnen und Schüler. Berlin<br />

2005<br />

Diese Publikation ist zu bestellen und<br />

herunter zuladen unter www.dkjs.de<br />

Verlag Westermann Schroedel<br />

(Hrsg.)<br />

Praxis Geographie<br />

Bildung für eine <strong>nachhaltige</strong><br />

Entwicklung<br />

<strong>Heft</strong> 9, September 2007<br />

Geographieunterricht bietet ideale<br />

Voraussetzungen, um das Zusammenspiel<br />

von ökologischen, ökonomischen<br />

und sozialen Aspekten sowie<br />

der daraus resultierenden räumlichen<br />

Auswirkungen zu verdeutlichen. In<br />

den verschiedenen Beiträgen dieses<br />

<strong>Heft</strong>es wird die Thematik „<strong>nachhaltige</strong><br />

Entwicklung“ aus vielfältigen<br />

Betrachtungswinkeln aufgegriffen.<br />

Grundlegende Aussagen zu BNE finden<br />

sich in einem Artikel von Gerhard<br />

de Haan „Bildung für <strong>nachhaltige</strong><br />

Entwicklung als Handlungsfeld“. Auf<br />

die Potenziale für den Geographieunterricht,<br />

die in einer <strong>nachhaltige</strong>n<br />

Schülerfirma stecken können, gehen<br />

Günter Bernert und Christa Henze<br />

in ihrem Beitrag „Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong>.<br />

Ein Lernarrangement für<br />

zukunftsfähiges Lernen“ ein.<br />

Herausgeber und Verlag: Bildungshaus<br />

Schulbuchverlage Westermann<br />

Schroedel Diesterweg Schöningh<br />

Winklers GmbH, Braunschweig<br />

www.westermann.de<br />

Impressum<br />

Herausgeber: Pädagogisches Zentrum Rheinland-Pfalz, Europaplatz 7-9, 55543 Bad Kreuznach; Redaktion: Dr.<br />

Rainer Tempel (verantwortlich), Gabriele Schmidt; Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an dieser Ausgabe: Hans<br />

Allmendinger, Oliver Bayer, Ulrich Deilmann, Rafael Hess, Sascha Heß, Tobias Küfner, Claudia Moede, Marcel<br />

Nöller, Melanie Raimer, Tobias Ries, Norbert Schäfer, Peter Schmidt, Annelie Sinzig, Sonja Stegmeyer, Erhard Steller,<br />

Dr. Rainer Tempel, Dirk Wölbert; Fotos: Allmendinger, (S. 28, Füßler (S. 15), Schäfer (S. 4, 6, 7, 8, Titelbild),<br />

Schmidt (S. 9, 11), Sinzig (S. 23, 24), Stegmeyer (S. 38, 39), Steller (S. 41), Tempel (S. 17, 18, 19 unten, 20 unten);<br />

DTP-Layout: Gabriele Schmidt; Druck: WARDA-Druck Münchweiler/Rodalb; Erscheinungsweise: unregelmäßig;<br />

Auflagenhöhe: 4500 Exemplare: Bezugsbedingungen: Lieferung von Einzelheften gegen eine Schutzgebühr von 1,50<br />

Euro zzgl. Versandkosten; ISSN 1865-147X; Anschrift der Redaktion: Pädagogisches Zentrum, Redaktion „BNE<br />

praktisch“, Europaplatz 7-9, 55543 Bad Kreuznach, Tel.: 0671/84088-0, Fax: 0671/84088-10, E-Mail: tempel@pz.<br />

bildung-rp.de.<br />

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