Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung.indd
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<strong>Heft</strong><br />
Nachhaltige<br />
<strong>Schülerfirmen</strong><br />
<strong>Heft</strong> <strong>49</strong><br />
BNE praktisch<br />
Pädagogisches Zentrum<br />
Rheinland-Pfalz<br />
EINFACH BESSER UNTERRICHTET
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
die Aufgabe einer Bildung für <strong>nachhaltige</strong><br />
Entwicklung ist es, Umweltbildung,<br />
ökonomische Bildung<br />
und soziale Aspekte vernetzt und<br />
global zu betrachten und in einem<br />
neuen Konzept zusammenzuführen,<br />
entsprechend der drei Säulen der<br />
Nachhaltigkeit: Ökologie, Ökonomie<br />
und Soziales.<br />
Die Schülerinnen und Schüler sollen<br />
dabei lernen, in ökologischer und<br />
sozialer Verantwortung erfolgreich<br />
zu wirtschaften.<br />
Dies kann gelingen, wenn die folgenden<br />
Ansätze berücksichtigt werden:<br />
• Die Schülerinnen und Schüler<br />
werden an der Auswahl und Gestaltung<br />
von Unterrichtsthemen<br />
beteiligt, wobei ihre Eigeninitiative<br />
gefördert wird.<br />
• Sie lernen, gemeinsam mit anderen<br />
Lösungen im Sinne der <strong>nachhaltige</strong>n<br />
Entwicklung zu finden.<br />
• Es wird fachübergreifend und<br />
Fächer verbindend in den verschiedensten<br />
Disziplinen gearbeitet.<br />
• Projektarbeit ist von besonderer<br />
Bedeutung.<br />
• Die Schülerinnen und Schüler lernen<br />
selbst gesteuert und arbeiten in<br />
Teams.<br />
So gesehen drängt es sich geradezu auf,<br />
die Methode „Schülerfirma“ anzuwenden,<br />
was auch eine stetig wachsende<br />
Zahl dieser Unternehmen belegt. Nach<br />
der umwelterziehung praktisch nr. 45<br />
erscheint daher auch diese zweite PZ-<br />
Veröffentlichung zum Thema – nicht<br />
zuletzt auch, um weiteren Lehrkräften<br />
Mut zu machen und sie zu inspirieren,<br />
diese Methode zu erproben.<br />
Die aktuelle pädagogische Diskussion<br />
beschäftigt sich mit der Vermittlung<br />
von Kompetenzen, denn Wissen<br />
veraltet und somit wird der Erwerb<br />
von Kompetenzen immer wichtiger.<br />
In diesem Zusammenhang wurde als<br />
Ziel der Bildung für <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung<br />
die Vermittlung von Gestaltungskompetenz<br />
formuliert. Hierunter<br />
versteht man, dass zukunftsrelevante<br />
Probleme gelöst werden können und<br />
man über spezifische Handlungsfähigkeiten<br />
verfügt. Um den Begriff<br />
Gestaltungskompetenz besser zu<br />
verdeutlichen, wird eine Gliederung<br />
in 10 so genannte Teilkompetenzen<br />
vorgenommen (siehe rechte Spalte).<br />
Natürlich können in einem Unterrichtsprojekt<br />
nicht immer alle<br />
Teilkompetenzen angebahnt werden,<br />
aber wie die nachfolgenden Beispiele<br />
zeigen, erwerben die Mitarbeiter/innen<br />
von <strong>Schülerfirmen</strong> doch in aller<br />
Regel eine Vielzahl von ihnen.<br />
Machen Sie für sich selbst die Probe,<br />
und überprüfen Sie die Praxisbeispiele<br />
auf die Vermittlung der o. g.<br />
Teilkompetenzen!<br />
Dr. Rainer Tempel<br />
Bad Kreuznach im September 2007<br />
Die 10 Teilkompetenzen der<br />
Gestaltungskompetenz<br />
Weltoffen und neue Perspektiven<br />
integrierend Wissen<br />
aufbauen<br />
Vorausschauend denken und<br />
handeln<br />
Interdisziplinär Erkenntnisse<br />
gewinnen und handeln<br />
Gemeinsam mit anderen planen<br />
und handeln können<br />
An Entscheidungsprozessen<br />
partizipieren können<br />
Andere motivieren können,<br />
aktiv zu werden<br />
Die eigenen Leitbilder und<br />
die anderer reflektieren können<br />
Selbstständig planen und<br />
handeln können<br />
Empathie und Solidarität<br />
für Benachteiligte, Arme,<br />
Schwache und Unterdrückte<br />
zeigen können<br />
Sich motivieren können,<br />
aktiv zu werden.<br />
2
Inhalt<br />
Beiträge in diesem <strong>Heft</strong><br />
Grundsätzliches<br />
Praxisbeispiele<br />
Literatur<br />
Impressum<br />
Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong><br />
Rolf Desecke<br />
Eine-Welt-Schülerfirma<br />
Regionale Schule Rülzheim<br />
Norbert Schäfer / Rainer Tempel<br />
Unsere Chefin Christina ging in die 9v<br />
Grund- und Regionale Schule Wallhalben<br />
Peter Schmidt<br />
Der „Umweltladen“ im<br />
Bildungszentrum Worms<br />
Bernhard Susewind<br />
„Medienwerkstatt“<br />
- Wege entstehen beim Gehen<br />
Erich-Kästner-Regionalschule<br />
Ransbach-Baumbach<br />
Annelie Sinzig<br />
Das K-Team - mehr als Brötchen<br />
Otto-Hahn-Gymnasium Landau/Pfalz<br />
Hans Allmendinger / Anna Wehrheim / Cornelius Rau<br />
JUFI - die Juniorenfirma der BBS<br />
Ludwig-Ehrhard-Schule in Neuwied<br />
Dirk Wölbert / Sascha Heß / Ulrich Deilmann<br />
De Pälzer fer die Palz - Schüler<br />
machen Regiogeld<br />
Claudia Moede<br />
Die ProRegio SGmbH - die Speyerer<br />
Geldmacher<br />
Sonja Stegmeyer<br />
Produktionsklassen-Projekt<br />
Berufsbildende Schule Germersheim / Wörth<br />
Erhard Steller<br />
Seite 4<br />
Seite 6<br />
Seite 9<br />
Seite 17<br />
Seite 23<br />
Seite 27<br />
Seite 33<br />
Seite 37<br />
Seite 38<br />
Seite 41<br />
Seite 43<br />
Seite 44<br />
3
Grundsätzliches<br />
Rolf Dasecke<br />
Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong><br />
In Ihrer Schule wollen Sie Schülerinnen<br />
und Schülern vernetztes Denken<br />
vermitteln? Themenfelder sollen dabei<br />
Wirtschaft, Umwelt und Soziales<br />
sein? Das Lernarrangement soll auch<br />
genutzt werden, um den jungen Leuten<br />
praxisorientiert wirtschaftliche<br />
Grundkenntnisse zu vermitteln? Sie<br />
sollen dabei ihre Persönlichkeit und<br />
ihre Sozialkompetenz entwickeln?<br />
Das Ganze soll möglichst auch in<br />
Kooperation mit externen Partnern<br />
erfolgen? Spaß soll alles auch noch<br />
machen und motivieren?<br />
Wenn die Ausbildungschancen der<br />
Schülerinnen und Schüler Ihrer<br />
Schule verbessert werden sollen, weil<br />
sie es in der Praxis am realen Markt<br />
gelernt haben, zukunftsorientiert,<br />
wirtschaftlich erfolgreich, in sozialer<br />
und ökologischer Verantwortung zu<br />
handeln – dann ist die Gründung von<br />
<strong>nachhaltige</strong>n <strong>Schülerfirmen</strong> für sie ein<br />
wichtiges Thema in der Schule.<br />
<strong>Schülerfirmen</strong> bieten auf dem realen<br />
Markt Produkte und/oder Dienstleistungen<br />
an. Reisebüros organisieren z.<br />
B. Klassenfahrten und Ausflüge, Bistros<br />
versorgen die Schule mit einem<br />
gesunden Frühstück, Fahrradwerkstätten<br />
sorgen für sichere Mobilität,<br />
Kunstagenturen bieten lokalen Betrieben<br />
Leasing von Bildern aus dem<br />
Unterricht an. Der Ideenvielfalt sind<br />
keine Grenzen gesetzt. Um erfolgreich<br />
zu sein, ist eine angemessene<br />
Organisation der betrieblichen Abläufe<br />
notwendig. Das Ziel der Firma ist<br />
aber nicht in erster Linie, Gewinn zu<br />
machen, sondern sie soll es Schülerinnen<br />
und Schülern ermöglichen, erste<br />
wirtschaftliche Erfahrungen zu sammeln<br />
und in einem wirklichkeitsnahen<br />
Umfeld wirtschaftliches Handeln<br />
4
und Denken zu lernen. Nachhaltige<br />
<strong>Schülerfirmen</strong> sind an allen Schulformen<br />
der Sekundarstufen I und II<br />
erfolgreich erprobt.<br />
Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong> wollen<br />
nicht nur wirtschaftlich erfolgreich<br />
sein. Sie wollen dabei auch ökologische<br />
und soziale Ziele verfolgen.<br />
Produkt, Produktion und Betrieb<br />
sollen so gestaltet sein, dass die Natur<br />
möglichst wenig belastet wird, die<br />
Schülerinnen und Schüler persönlich<br />
in ihren sozialen Kompetenzen<br />
gestärkt werden, das Miteinander<br />
üben können und dabei auch gesellschaftliche<br />
Probleme wie z. B.<br />
das gemeinsame Wirtschaften in<br />
der Einen Welt erfahren. Vernetztes<br />
Denken im Nachhaltigkeitsdreieck<br />
Wirtschaft, Umwelt und Soziales soll<br />
erlernt werden.<br />
Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong> sind zuerst<br />
eine pädagogische Veranstaltung.<br />
Oberstes Ziel ist das Sammeln von Erfahrungen<br />
durch praktisches Handeln<br />
und das Erwerben von Kenntnissen.<br />
Deshalb sollten solche Firmen auch<br />
fest und dauerhaft im Schulkonzept<br />
und im Stundenplan der Schule verankert<br />
sein. Selbstständiges Handeln<br />
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
in der Firma stärkt die Persönlichkeit,<br />
sorgt für Motivation und ändert das<br />
Verhältnis zwischen Lehrkräften,<br />
Schülerinnen und Schülern. Um<br />
Kompetenz in die Schule zu holen<br />
und um den Schülerinnen und Schülern<br />
neue Erfahrungshorizonte zu<br />
erschließen, sollten die <strong>Schülerfirmen</strong><br />
so viel Kontakt wie möglich mit möglichst<br />
branchengleichen Unternehmen<br />
vor Ort pflegen. Als günstig hat sich<br />
ein festes Partnerschaftsverhältnis mit<br />
einer Firma erwiesen.<br />
Um wirtschaftlich erfolgreich sein zu<br />
können, müssen <strong>nachhaltige</strong> <strong>Schülerfirmen</strong><br />
in der Gründungsphase eine<br />
Erfolg versprechende Produktidee<br />
und Unternehmensleitlinie entwickeln,<br />
Marktchancen erkunden, die<br />
rechtlichen und organisatorischen<br />
Rahmenbedingungen abklären, einen<br />
Finanzplan erstellen und das Ganze<br />
am besten in einem Businessplan<br />
zusammenfassen.<br />
Danach muss der Firma dauerhaft<br />
eine Organisationsstruktur gegeben<br />
werden, der Personalbedarf ist zu<br />
ermitteln und zu decken, die Abläufe<br />
im Betrieb von der Beschaffung bis<br />
zum Absatz sind zu strukturieren,<br />
die Buchführung muss organisiert<br />
werden usw. All das, was in einem<br />
realen Betrieb anfällt, muss auch<br />
in einer Schülerfirma im Kleinen<br />
erledigt werden und bietet so vielfältige<br />
Möglichkeiten, wirtschaftliches<br />
Grundwissen zu vermitteln.<br />
Im Sinne der Nachhaltigkeit ökologisch<br />
zu wirtschaften, heißt für<br />
<strong>Schülerfirmen</strong>, sich bei allen Entscheidungen<br />
zu überlegen, wie man<br />
Materialien und Energie einsparen<br />
kann, wie man verstärkt auf nachwachsende<br />
Rohstoffe und erneuerbare<br />
Energien setzt, wie beim Produkt und<br />
der Produktion Schadstoffe eingespart<br />
werden können und wie Abfälle zu<br />
vermeiden oder ansonsten ordnungsgemäß<br />
zu beseitigen sind. Auch<br />
sollten die Produktionsbedingungen<br />
berücksichtigt werden, z. B.: Wurden<br />
die Vorprodukte durch Kinderarbeit<br />
produziert? Achten die Firmen auf<br />
Umwelt- und Arbeitsschutz? Wer<br />
ist Nutznießer des Wertschöpfungsprozesses<br />
(im Sinne des Eine-Welt-<br />
Gedankens)? Um dies abzusichern,<br />
bemühen sich <strong>Schülerfirmen</strong> im<br />
Rahmen eines Nachhaltigkeitsaudits<br />
um einen permanenten Verbesserungsprozess.<br />
Sozial verantwortlich zu wirtschaften,<br />
heißt für <strong>nachhaltige</strong> <strong>Schülerfirmen</strong>,<br />
dauerhaft die Perspektiven der Einen<br />
Welt, der Gleichstellung der<br />
Geschlechter und der in der Firma<br />
vertretenen Nationalitäten im Auge<br />
zu behalten sowie andere gesellschaftliche<br />
Probleme zu bearbeiten.<br />
Diese <strong>Schülerfirmen</strong> bieten den<br />
Schülerinnen und Schülern praktische<br />
Möglichkeiten, ihre persönlichen<br />
Kompetenzen wie z. B. Team- und<br />
Entscheidungsfähigkeit zu entwickeln.<br />
Sie lernen, vernünftig miteinander<br />
zu reden, Konflikte zu lösen und<br />
sich an Werten (Nachhaltigkeitsidee)<br />
zu orientieren. Nicht zuletzt lernen<br />
sie, selbstständig zu handeln.<br />
Die Leistungen der Schülerinnen und<br />
Schüler in der Schülerfirma werden<br />
beim Verlassen der Schule in einem<br />
Arbeitszeugnis in der Sprache der<br />
Wirtschaft dokumentiert und können<br />
Bewerbungen beigelegt werden. So<br />
verbessern auch Förder- und Hauptschüler<br />
ihre Einstellungschancen.<br />
Weitere Informationen:<br />
Rolf Dasecke<br />
Fachkoordinator<br />
für Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong><br />
im Programm Transfer-21<br />
des Landes Niedersachsen<br />
Tel.: 0 42 22 / 40 02 56<br />
E-Mail: dasecke@t-online.de<br />
5
Praxisbeispiel 1<br />
Norbert Schäfer / Rainer Tempel<br />
Eine-Welt-Schülerfirma<br />
Ein Projekt im Rahmen des Ganztagsangebotes der<br />
Regionalen Schule Rülzheim<br />
Anfangsphase<br />
Im Schuljahr 2005/06 hatten sich<br />
die Schülerinnen und Schüler der<br />
AG dem Begriff „Nachhaltigkeit“<br />
über das Thema „Wohnen“ genähert<br />
und eine Lehmhütte errichtet. Der<br />
gemeinsame Bau einer solchen Hütte<br />
- wie es sie in vielen Ländern der Welt<br />
gibt - gebaut mit örtlich vorhandenem<br />
Material, war ein lebendiges Projekt<br />
und authentisches Beispiel für den<br />
abstrakten und für viele schwer verständlichen<br />
Begriff.<br />
Die Firma präsentiert sich auf der Ganztagsschulmesse am 5. Juni 2007 in<br />
Bad Kreuznach<br />
Projektbegleitung<br />
Norbert Schäfer<br />
freier Landschaftsarchitekt<br />
Büro STADT+NATUR<br />
in Klingenmünster<br />
Andrea Hinterberger<br />
Pastoralreferentin<br />
der kath. Kirche in Rülzheim<br />
Vorbemerkung<br />
An der Regionalen Schule Rülzheim<br />
in Rheinland-Pfalz besteht seit dem<br />
Schuljahr 2005/06 eine Arbeitsgemeinschaft<br />
zum Themenkomplex<br />
„Eine Welt“. Sie trifft sich jeden<br />
Mittwochnachmittag und steht unter<br />
der Leitung eines Landschaftsarchitekten,<br />
welcher auch über konkrete<br />
Erfahrungen über Länder des Südens<br />
aus seiner Tätigkeit als Entwicklungshelfer<br />
verfügt sowie einer Pastoralreferentin.<br />
Natürlich sollte die Hütte auch eine<br />
Funktion haben, und die AG-Mitglieder<br />
machten verschiedene Nutzungsvorschläge.<br />
Als praktikabel<br />
erwies sich die Idee, die Hütte vom<br />
benachbarten Kindergarten als Spielhäuschen<br />
nutzen zu lassen. Aus<br />
verschiedenen Gründen nicht durchführbar<br />
war der Vorschlag, darin einen<br />
Laden unterzubringen, doch führte<br />
diese Idee zum hier dargestellten<br />
Projekt „Fairer Handel durch eine<br />
Eine-Welt-Schülerfirma“.<br />
Einstieg<br />
Die beteiligten Schülerinnen und<br />
Schüler waren zwischen 12 und<br />
14 Jahren alt. Sie hatten vor dem<br />
AG-Besuch keine Vorerfahrungen<br />
in Bezug auf das Thema „Fairer<br />
Handel“, zumal es am Schulort auch<br />
keinen Weltladen gibt. Insofern war<br />
6
Die Lehmhütte<br />
es zunächst erforderlich, ihnen die<br />
globalen Zusammenhänge und Abhängigkeiten<br />
– soweit in einfachen<br />
Worten möglich – zu erläutern, um<br />
deutlich zu machen, wo der faire<br />
Handel im Gegensatz zum gängigen<br />
Welthandel ansetzt. Nachdem ein gewisses<br />
Grundverständnis vorhanden<br />
war, wurde ein Fragebogen entwickelt.<br />
Damit sollte herausgefunden<br />
werden, wie weit bei den Bürgern von<br />
Rülzheim Informationen zum Thema<br />
Fairer Handel vorhanden sind. Die<br />
Interviews, die die Kinder anschließend<br />
auf der Straße mit Passanten<br />
und Geschäftsleuten machten, waren<br />
einerseits ernüchternd (weil sehr<br />
wenig Kenntnis vorhanden war) auf<br />
der anderen Seite auch ermutigend,<br />
da sich einige Personen vorstellen<br />
konnten, fair gehandelte Produkte von<br />
den Schülerinnen und Schülern der<br />
Regionalen Schule zu erwerben.<br />
Auf der Suche nach weiteren Informationen<br />
wandte sich die AG nun<br />
an den nächstgelegenen Weltladen<br />
in Landau. Die Inhaberin lud die<br />
Schülerinnen und Schüler für einen<br />
Nachmittag in ihren Laden ein und<br />
erläuterte anhand von konkreten<br />
Produkten, wie man mit dem Verkauf/Kauf<br />
von fair gehandelten Waren<br />
dazu beitragen kann, dass z. B.<br />
Kleinbauern in Lateinamerika einen<br />
höheren fairen Preis für ihre Produkte<br />
erhalten, somit menschengerechter<br />
leben und ihre Kinder in die Schule<br />
schicken können. Neben der Information<br />
freuten sich die Kinder über die<br />
verteilte Schokolade, und besonders<br />
faszinierend fanden sie die kleinen<br />
Blechautos aus Afrika, gebastelt aus<br />
leeren Konservendosen und Draht.<br />
• Entwicklung eines Informationsflyers<br />
Auf der Grundlage der Ergebnisse aus<br />
den Befragungen und dem Besuch<br />
des Welt-Ladens wurde ein Flyer zur<br />
zukünftigen Schülerfirma entwickelt.<br />
Dieser stellte die Akteure und die<br />
Ziele der Firma vor und wies auf die<br />
Verkaufsangebote hin.<br />
Bei der Produktpalette gab es und gibt<br />
es bis heute immer wieder Veränderungen,<br />
da manches nicht so nachgefragt<br />
wird wie erhofft, aber weil auch<br />
neue Ideen aufgegriffen werden.<br />
Als Kundschaft wurden zwei Zielgruppen<br />
ins Auge gefasst – einmal die<br />
Schule selbst und dann das Umfeld<br />
um die Schule.<br />
• Verkauf in der Schule<br />
Der Verkauf in der Schule findet<br />
während der Pausen statt. Ziel ist<br />
vorrangig die Verköstigung von<br />
Schülerinnen und Schülern. Bereits<br />
seit mehreren Jahren werden seitens<br />
der Schülerschaft in den Pausen<br />
belegte Brötchen verkauft. Das Sortiment<br />
der Eine-Welt-Schülerfirma<br />
sollte nun diesen Pausenverkauf<br />
sinnvoll ergänzen. Insofern sind die<br />
wesentlichen Produkte im Angebot<br />
Orangensaftgetränke, Müsliriegel,<br />
Gummibärchen, etc.<br />
• Verkauf im Umfeld der Schule/<br />
außerhalb der Pausenzeiten<br />
Aufgrund der Befragungen und der<br />
Erkenntnis, dass der Umsatz in den<br />
Durchführung<br />
• Besuch des Weltladens Landau<br />
Die späteren Nutzer aus dem Kindergarten schauen interessiert bei den<br />
letzten Arbeiten an der Lehmhütte zu.<br />
7
Pausen nicht ausreichen würde,<br />
um einen attraktiven Gewinn zu<br />
erwirtschaften, überlegte man in<br />
der Firma, wie das außerschulische<br />
Umfeld erreichen werden könnte. Ein<br />
überraschendes Angebot von Seiten<br />
der Gemeinde, einen Stand auf dem<br />
Weihnachtsmarkt in Rülzheim aufzubauen,<br />
brachte dann den Aufbau der<br />
Firma schneller voran als geplant.<br />
Eilig wurde ein Sortiment (auch<br />
mit ein paar Weihnachtsartikeln)<br />
zusammengestellt, das dann auf dem<br />
Marktplatz unter Weihnachtsklängen<br />
feilgeboten werden konnte.<br />
• Aufbau der Verkaufstheke und<br />
Dekoration der Glasvitrinen<br />
Nach diesem ersten (z. T. recht<br />
kaltem) Erfolgserlebnis ging man<br />
nun mit Elan an den Aufbau und<br />
die Gestaltung des Verkaufsstands<br />
– einer Theke. Diese steht heute in<br />
der Eingangshalle der Schule. In ihr<br />
befinden sich die Waren, die zum<br />
Verkauf nach Bedarf auf die Theke<br />
gestellt werden.<br />
Parallel dazu wurden bereits vorhandene<br />
Glasvitrinen mit den Verkaufsartikeln<br />
dekoriert. Hierbei wurde<br />
auch der Bedarf von Erwachsenen<br />
berücksichtigt. Vorbeigehende Lehrer<br />
und Eltern entdecken hier z. B. auch<br />
Kaffee, Tee oder Kunsthandwerk.<br />
Natürlich wurde die Werbung für die<br />
Sache nicht vergessen. Neben den<br />
Flyern gestaltete man noch verschiedene<br />
Plakate, die die Kinder in die<br />
Klassenräume hängten.<br />
• Verkauf von Recycling-Büroware<br />
Fair gehandelte Produkte bilden das<br />
Kerngeschäft. Bald stellte man aber<br />
fest, dass seitens der Schülerschaft<br />
auch Interesse an einfachen Büroartikeln,<br />
wie z. B. Schreibblöcken, Stiften<br />
und Spitzern besteht. Im Sinne der<br />
Die Verkaufstheke in der<br />
Eingangshalle<br />
Nachhaltigkeit wurde beschlossen,<br />
diese Artikel in das Sortiment aufzunehmen.<br />
Da die genannten Artikel<br />
viel mit dem Themenkomplex Papier<br />
zu tun haben, lud die Firmenleitung<br />
am 21.03.07 Frau Dr. Birgitta Goldschmidt<br />
von der Papierinitiative<br />
Rheinland-Pfalz ein. Sie berichtete<br />
sowohl in der AG als auch am Elternabend<br />
über die Zielsetzung der<br />
Papierinitiative, einem Dekadeprojekt.<br />
Frau Dr. Goldschmidt machte<br />
auf lebendige Art und Weise deutlich,<br />
wie wir durch bewussten Einkauf<br />
(z. B. von Recyclingpapier) einen<br />
persönlichen Beitrag zum Erhalt von<br />
Umwelt und Natur leisten können.<br />
Als Ergebnis der Veranstaltung verpflichtete<br />
sich spontan eine Klasse der<br />
Schule im Rahmen der Initiative 2000<br />
plus, sich zukünftig für die stärkere<br />
Verwendung von Recyclingpapier<br />
einzusetzen.<br />
Aus Sicht des verantwortlichen außerschulischen<br />
Koperationspartners:<br />
Zwischenbilanz<br />
Grenzen und Probleme der Eine-<br />
Welt-Schülerfirma<br />
Noch sind wir keine Schülerfirma im<br />
eigentlichen Sinne. Wir haben einen<br />
Warenbestand, den wir innerhalb<br />
und außerhalb der Schule mit einem<br />
kleinen Gewinn verkaufen. Der Umsatz<br />
im laufenden Schuljahr beläuft<br />
sich bis heute auf ca. 2 000,- €. Mir<br />
stellt sich hierbei die Frage, wie weit<br />
Schülerinnen und Schüler im Alter<br />
von 12 - 14 Jahren bei entsprechender<br />
Einführung und Betreuung eine solche<br />
Firma eigenverantwortlich führen<br />
können. Unsere Erfahrungen in Rülzheim<br />
zeigen, dass die Kinder mit viel<br />
Freude kaufen und verkaufen, Plakate<br />
und Vitrinen gestalten oder mit großer<br />
Begeisterung auf Veranstaltungen wie<br />
z. B. den Weihnachtsmarkt gehen. Die<br />
vielen weniger spektakulären (nicht<br />
lustbetonten) Aktivitäten, wie Buchführung,<br />
Schreibarbeiten, etc. sind<br />
im Rahmen einer Nachmittags-AG<br />
– wo die Kinder schon einen langen<br />
Schultag hinter sich gebracht haben -<br />
schwer „an den Mann zu bringen“.<br />
Blick in die Zukunft<br />
Im nächsten Schuljahr werden unsere<br />
Aktivitäten dahin gehen, dass wir die<br />
erforderlichen Strukturen im Sinne einer<br />
<strong>nachhaltige</strong>n Schülerfirma schaffen.<br />
Darüber hinaus sind wir z. Zt.<br />
dabei, eine Homepage zu entwickeln,<br />
über die dann auch Waren bestellt<br />
bzw. gekauft werden können.<br />
Partnerschaft mit einer Schule in<br />
Ländern des Südens<br />
Was geschieht mit dem Gewinn,<br />
den die Schülerfirma erwirtschaftet?<br />
Nach Rückzahlung des Erstkredits<br />
für den Warenbestand an die mit uns<br />
kooperierende Bank sollen die Erlöse<br />
zum großen Teil in den Aufbau einer<br />
Partnerschaft mit einer Schule in einem<br />
Land des Südens fließen. Wir erhoffen<br />
uns langfristig, Waren von dieser Schule<br />
zu erhalten, die wir dann in unserer<br />
Schülerfirma verkaufen können.<br />
8
Praxisbeispiel 2<br />
Peter Schmidt<br />
Geschäftsideen in der Planungsphase<br />
Unsere Chefin Christina ging in die 9v<br />
Rückblick auf die „Sickinger Schülerreisen“<br />
an der Grund- und Regionalen Schule Wallhalben<br />
Weitere Informationen:<br />
Peter Schmidt<br />
Regionaler Fachberater BNE<br />
peterschmidt@berater.bildung-rp.de<br />
Idee<br />
Das Projekt „Wir gründen eine Firma“<br />
entstand in der Nachbereitung<br />
des Betriebspraktikums im Rahmen<br />
des Arbeitslehreunterrichts der achten<br />
Klasse. Viele Schülerinnen und<br />
Schüler hatten nur wenig Hoffnung<br />
auf Lehrstellen. Diese waren im<br />
Landkreis Südwestpfalz und in den<br />
Städten Pirmasens und Zweibrücken<br />
sehr dünn gesät. Schlechte Verkehrsverbindungen<br />
in die anderen Erwerbszentren<br />
Homburg und Kaiserslautern<br />
taten ihr Übriges.<br />
Ziele<br />
Unsere Schülerinnen und Schüler und<br />
deren Eltern stellten eine intensive<br />
Vorbereitung des Übergangs Schule<br />
Berufsleben (Bewerbung; Vorstellungsgespräch)<br />
in den Vordergrund.<br />
Persönliche Kontakte zu Betrieben<br />
sollten angebahnt werden.<br />
Weiterhin strebten wir an, was Dasecke<br />
(2001) neben den betriebswirtschaftlichen<br />
Grundlagen unternehmerische<br />
Schlüsselqualifikationen nennt:<br />
Flexibilität, Phantasie und Kreativität,<br />
9
Entscheidungsfreudigkeit, Erfolgsorientierung<br />
und Risikobereitschaft.<br />
Zudem sollten die Produkte präsentiert<br />
und verkauft werden. Dazu mussten<br />
Präsentationstechniken erarbeitet<br />
und geübt werden.<br />
Schulische Organisation<br />
Vorbehalte prägten die ersten Gespräche<br />
mit der Schulleitung. Die<br />
Frage nach der Geschäftsidee war<br />
völlig offen, ebenso konnte zuerst<br />
mit nur wenigen interessierten Schülern<br />
argumentiert werden, die den<br />
Lehrereinsatz rechtfertigen würden.<br />
Überforderung und Enttäuschungen<br />
galt es zu vermeiden. Eigene praktische<br />
Erfahrung fehlte.<br />
Die Ziele wurden intensiv diskutiert.<br />
Lernen musste im Mittelpunkt stehen.<br />
Der dicht gedrängte Stundenplan ließ<br />
nur einer freiwilligen Nachmittagsveranstaltung<br />
Raum.<br />
Nachdem das Vorhaben der Gesamtkonferenz<br />
vorgestellt war, konnte<br />
die Arbeitszeit mit einer Stunde aus<br />
der Anrechnungspauschale und einer<br />
klassenübergreifenden AG-Stunde<br />
genehmigt werden. Die vereinbarte<br />
flexible Gestaltung im Sinne eines<br />
Arbeitszeitkontos erwies sich als sehr<br />
vorteilhaft. Jetzt galt es eine genügende<br />
Anzahl Schüler und Schülerinnen<br />
zu gewinnen.<br />
Die Belegschaft und ihre Eltern<br />
Nachdem diese organisatorische<br />
Hürde überwunden war, wurden die<br />
Schülerinnen und Schüler informiert,<br />
die im Unterricht Geschäftsideen<br />
entwickelten. Sie sprachen Mitschüler<br />
an, denen sie entsprechendes Engagement<br />
zutrauten und von denen sie<br />
annahmen, dass sie sich auf etwas<br />
Neues einlassen würden.<br />
„Wir gründen einen Betrieb“ - ein<br />
sehr abstrakter Arbeitstitel war eine<br />
echte Herausforderung, die jedoch<br />
zügig in ganz konkrete individuelle<br />
Vorstellungen mündete.<br />
Die obligatorischen Elternabende<br />
zum Thema Berufswahl hatten bereits<br />
im Vorjahr stattgefunden, die Eltern<br />
waren sensibilisiert. Jetzt waren die<br />
Schülerinnen und Schüler gefordert,<br />
ihre Eltern von dem Projekt zu überzeugen.<br />
Nachmittags freiwillig in der Schule<br />
bleiben, war im ländlichen Raum<br />
nicht das eigentliche Problem. Das<br />
nach Hause Kommen musste gelöst<br />
werden. Linienbusse standen nicht<br />
zur Verfügung. Glücklicher Weise<br />
fanden sich Eltern, die Fahrgemeinschaften<br />
bildeten.<br />
Schließlich erklärten fünf Mädchen<br />
und sieben Jungs - acht Neuntklässer<br />
und vier Achtklässer - ihre verbindliche<br />
Mitarbeit für ein „Probehalbjahr.“<br />
Ein Anfang war gemacht und der<br />
Einstieg stand bevor.<br />
Besuch eines jungen Betriebes<br />
Wenige Jahre zuvor war am Schulstandort<br />
die Zimmerei mit Sägewerk<br />
„Utzinger und Pfeiffer“ gegründet<br />
worden. Auf das Projekt angesprochen,<br />
signalisierten beide Jungunternehmer<br />
sofort ihre Unterstützung.<br />
Herr Pfeiffer stellte die verschiedenen<br />
Abteilungen seines Betriebes vor:<br />
Wareneinkauf, Werkstatt, Buchhaltung<br />
(Kalkulation, Rechnungs- und<br />
Mahnwesen, ...), Auftragsannahme,<br />
Planungsbüro, Baustellen. Die verschiedensten<br />
Facetten der Zimmerei<br />
wurden deutlich erkennbar.<br />
Die Schülerinnen und Schüler hatten<br />
viele Fragen bezüglich Firmengründung.<br />
Hier einige wichtige Antworten<br />
des Meisters:<br />
„Am Anfang informierten wir uns bei<br />
Kollegen und Selbständigen auch in<br />
ganz anderen Branchen, z. B. Bäcker,<br />
KfZ-Mechaniker..., denn alle können<br />
ihr Handwerk, brauchen aber auch<br />
Kaufleute, Steuerfachleute, Genehmigungen,<br />
… und viel Geld.<br />
• Der Steuerberater muss zur Seite<br />
stehen, obwohl mein Kollege<br />
Kaufmann ist. Beide erstellten<br />
einen Plan in Bezug auf die Tragfähigkeit<br />
des Betriebes.<br />
• Die Investition für die Firmengründung<br />
raubt einem anfangs schon<br />
den Schlaf, eine halbe Million<br />
reichte nicht!<br />
• Würden alle pünktlich bezahlen,<br />
ginge es meinen Mitarbeitern und<br />
mir viel besser und ich bräuchte<br />
nicht mehr um die Existenz bangen.<br />
Ich hoffe in 2 bis 3 Jahren<br />
werden wir das geschafft haben,<br />
denn unsere Arbeit ist gut.<br />
• Im Sommer leisten wir viele Überstunden,<br />
da könnte ich noch einige<br />
Leute beschäftigen, im Winter<br />
habe ich aber wenig Arbeit. Mir<br />
ist es wichtig wenige, dafür dauerhafte<br />
Arbeitsplätze zu schaffen.<br />
Das ist für die Mitarbeiter verlässlicher.“<br />
Authentischer ist Selbständigkeit<br />
kaum zu vermitteln. Den Schülerinnen<br />
und Schülern (und mir) war<br />
sehr bewusst geworden, dass Hilfe<br />
von Sachkundigen und vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit mit Banken<br />
notwendig sein würden. Und ein<br />
Quäntchen Risikobereitschaft würde<br />
wohl eher das Salz in der Suppe des<br />
Selbständigen sein. Eine pfiffige Idee<br />
war nun gefragt.<br />
10
Die Geschäftsidee<br />
In einem Brainstorming wurde gesammelt:<br />
Eine Internetrecherche verdeutlichte,<br />
dass alle genannten Ideen verwirklicht<br />
werden können, bzw. an anderen<br />
Schulen in ähnlicher Form bestehen.<br />
Die Vorschläge wurden präzisiert.<br />
Umfangreiche, engagierte Präsentationen<br />
führten zu einem langen Findungsprozess.<br />
Nach Abwägung vieler<br />
Für und Wider, der Einschätzung der<br />
eigenen Fähigkeiten und Interessen,<br />
fiel die Entscheidung in einer Abstimmung<br />
für das Schülerreisebüro.<br />
An der Ökologischen Schule Wallhalben<br />
war es Tradition, dass innovative<br />
Vorhaben im Kontext des Leitbildes<br />
der NökoSch-Schulen stehen. (Anmerkung<br />
der Redaktion: Die Schule<br />
ist eingebunden in das rheinland-pfälzische<br />
„Netzwerk ökologisch orientierter<br />
Schulen“, kurz NökoSch.). Es<br />
sollte also ein Reisebüro für ökologische<br />
Schülerreisen werden.<br />
innerbetrieblich:<br />
• Wer trifft Entscheidungen?<br />
• Wie ist ein Reisebüro organisiert?<br />
• Welche Spezialisierung, welches<br />
Profil wird angestrebt?<br />
• Wer bearbeitet die Aufträge?<br />
• Wer zahlt, wenn es schief geht?<br />
• Wie viel Geld brauchen wir für<br />
Material und Geräte?<br />
• Wann kann mit der eigentlichen<br />
Arbeit begonnen werden?<br />
Eine Exkursion zur Industrie- und<br />
Handelskammer der Pfalz in Pirmasens<br />
(IHK) sollte zusätzlich für eine<br />
Recherche in Reisebüros der Stadt<br />
genutzt werden. Drei Teams erledigten<br />
folgende Aufträge:<br />
• Erstellen des Zeitplanes (in Plakatform)<br />
• Erarbeiten von Leitfragen für die<br />
Gespräche in den Reisebüros<br />
• Planen der Reise zur IHK nach<br />
Pirmasens (Termine, Kosten, Genehmigung).<br />
Arbeitsergebnisse:<br />
a) Aufbauend auf den Erfahrungen<br />
aus dem vorjährigen Schülerpraktikum<br />
wurde ein erster Geschäftsplan<br />
erstellt.<br />
b) Wir hatten uns den ersten Auftrag<br />
selbst erteilt: Terminieren des<br />
Besuchs bei der IHK und Fahrtplanung<br />
für 13 Personen“.<br />
Fremde Gesprächspartner, die<br />
man um etwas bitten muss, waren<br />
für alle Schülerinnen und Schüler<br />
eine völlig ungewohnte Situation.<br />
Obgleich viele zu den Vieltelefonierern<br />
gehörten, bedurfte es<br />
einiger Motivation, bis der Termin<br />
mit der IHK vereinbart war.<br />
Das sonst übliche Privattaxi stand<br />
diesmal nicht zur Verfügung. Ein<br />
Mietbus nach Pirmasens sollte<br />
200,- € kosten. Die RSW (Regionalbus<br />
Saar Westpfalz), Anbieter<br />
des öffentlichen Personennahverkehrs,<br />
blieb als letzte Chance. Wir<br />
Tätigkeits- und<br />
Geschäftsplanung<br />
Es galt jetzt folgende Fragen zu beantworten:<br />
außerbetrieblich:<br />
• Welche aktuellen Unterstützungssysteme<br />
gibt es für Existenzgründer?<br />
• Wer muss was genehmigen?<br />
• Welche Rolle spielt das Finanzamt?<br />
• Wird eine Bank (Kontoführung, ...)<br />
unser Unternehmen unterstützen?<br />
• Welche Konkurrenten gibt es?<br />
Aufgaben<br />
11
fuhren also Linienbus, für 26,- €<br />
hin und zurück.<br />
c) Leitfragen für den Besuch der<br />
Reisebüros mussten erarbeitet<br />
werden.<br />
Es wurde vereinbart, dass wir uns<br />
zuerst vorstellen, unser Anliegen<br />
mitteilen und um ein Gespräch bitten,<br />
in welchem wir die folgenden<br />
Fragen stellen wollten:<br />
• Kann man Klassenfahrten<br />
buchen?<br />
• Arbeiten Sie in Teams?<br />
• Welche Abteilungen gibt es im<br />
Reisebüro?<br />
• Gibt es Spezialisten für bestimmte<br />
Tätigkeiten?<br />
• Welche Aufgaben hat der<br />
Chef?<br />
• Wie ist ihre Arbeit jahreszeitlich<br />
verteilt?<br />
Ergebnis<br />
Es stellte sich heraus, dass die Beratungstätigkeit<br />
der wichtigste Aspekt<br />
ist. Die Reiseverkehrskaufleute entwickeln<br />
ein Gespür für die Wünsche<br />
der Kunden und haben den Überblick<br />
über die Reiseziele. Die Mitarbeiterinnen<br />
(bei unseren Befragungen alle<br />
weiblich) bearbeiteten am Computer<br />
ihre Aufträge alleine. Es gibt in der<br />
Reisebranche ein starkes Hoch im<br />
Sommer und ein kleineres im Winter.<br />
Entsprechend ist in den Agenturen<br />
im Frühjahr und Herbst Hochsaison.<br />
Der Chef (bei unseren Befragungen<br />
waren es nur Männer) arbeitet häufig<br />
mit. Er bearbeitet die Buchhaltung,<br />
stellt Personal ein und führt Erfolgsstatistiken.<br />
Besuch der IHK<br />
Die Beraterin für Existenzgründer<br />
Frau Weiland informierte in einem<br />
dreistündigen Seminar über die betriebswirtschaftlichen<br />
Grundlagen,<br />
die Aufgaben der Steuerberatung<br />
und der Behörden. Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse<br />
wurde dringend<br />
empfohlen. Ein abschließend erhaltener<br />
Leitfaden für Existenzgründer<br />
diente der individuellen Vertiefung.<br />
Ein Glücksfall, denn dadurch konnte<br />
viel Zeit eingespart werden und wir<br />
hatten eine umfassende Handreichung<br />
zum Nachschlagen!<br />
Marktanalyse<br />
Keines der besuchten Reisebüros hatte<br />
je eine Klassenfahrt organisiert. Da war<br />
also keine Konkurrenz zu erwarten.<br />
12
Pauschalangebote für Klassenfahrten<br />
liegen mittels Katalogen in sehr großer<br />
Zahl vor. Diese zielen jedoch besonders<br />
auf Abschlussfahrten oder Reiseziele in<br />
größeren Entfernungen. Ökologische<br />
Aspekte spielen keine erkennbare Rolle.<br />
Standard ist der Mietbus.<br />
Unser Angebot<br />
Unser Angebot konnte jetzt konkreter<br />
gefasst werden:<br />
• Planung von Reisen, jeweils mit<br />
mindestens zwei Alternativangeboten,<br />
davon eines mit ökologischen<br />
Vorteilen,<br />
• Vermittlung von Unterkünften und<br />
Programmen,<br />
• Vorbereitung der Buchung,<br />
• finanzielle Abwicklung,<br />
in den Kategorien<br />
• Wandertage in der näheren Umgebung<br />
(zu Fuß),<br />
• eintägige Ausflüge,<br />
• mehrtägige Klassenwandertage<br />
mit Übernachtung.<br />
Unser Leitbild<br />
Eine Umfrage bei Lehrkräften ergab:<br />
• 95 % der Ausflüge über 5 km<br />
Entfernung finden mit Mietbussen<br />
statt,<br />
• 5 % mit dem Fahrrad,<br />
• Wandertage zu Fuß führen überwiegend<br />
zu wenigen bewährten<br />
Zielen.<br />
Aufgrund dieser Ergebnisse legten<br />
wir fest was wir wollen.<br />
• ein Gewinn bringendes Unternehmen,<br />
• weitgehend demokratische Entscheidungen,<br />
• erreichen, dass<br />
- 40% Wandertage zu Fuß oder<br />
mit den Fahrrad stattfinden,<br />
- 25 % der verbleibenden<br />
Klassenausflüge im ÖPNV<br />
durchgeführt werden,<br />
- Ausflüge zum nächst gelegenen<br />
geeigneten Ziel führen.<br />
Umwelttechnische Argumente sollen<br />
in die Präsentationen eingebaut<br />
werden und so die Entscheidung der<br />
Klassen und ihrer Lehrkräfte beeinflussen.<br />
Betriebliche Organisation<br />
Die Erfahrungen aus dem Praktikum,<br />
der Besuch der Fa. Utzinger und<br />
Pfeiffer, die Reisbürobesuche und die<br />
IHK-Infos legten eine Organisation in<br />
Teams nahe. Diese sollten<br />
• Aufträge annehmen und die Ziele<br />
und Inhalte abklären,<br />
• zwei Reisevorschläge erarbeiten,<br />
• das gesamte Vorhaben abwickeln.<br />
• Werbematerial (Faltblatt, Plakate<br />
und Homepage) entwerfen.<br />
Der Betriebsversammlung gehörten<br />
alle Mitarbeiter und der Lehrer beratend<br />
an. Dort sollte demokratisch<br />
entschieden werden. Die gerade Anzahl<br />
der Teilnehmer und manchmal<br />
Zeitnot erforderten einen Chef mit<br />
besonderen Aufgaben.<br />
Wer sollte welchen Job übernehmen?<br />
Besetzen der Stellen<br />
In der Arbeitswelt geschieht das so:<br />
a) Stellen ausschreiben<br />
Die Aufgaben der Mitarbeiter waren<br />
allen Beteiligten klar. An die<br />
Abteilung Werbung mussten besondere<br />
Anforderungen (Design,<br />
IT) gestellt werden.<br />
Die Chefin / der Chef sollte den<br />
Betrieb nach außen (gegenüber<br />
Schulleitung, Ämtern, Bank(en)<br />
...) vertreten und für die Buchhaltung<br />
zuständig sein. Innerbetrieblich<br />
waren die Vorgänge zu<br />
überwachen und bei Stimmengleichheit<br />
zu entscheiden.<br />
b) Bewerben<br />
Man konnte sich also auf drei<br />
Stellen bewerben: Reiseverkehrskauffrau/<br />
- mann, Betriebsleiter /<br />
-in und Werbefachkraft.<br />
Nach Ablauf der Bewerbungsfrist<br />
wurden die Bewerbungen von<br />
allen gesichtet. Die Schülerinnen<br />
und Schüler sahen ihre eigenen<br />
Bewerbungen plötzlich mit ganz<br />
anderen Augen: Wie ist der erste<br />
Eindruck? Was kann sie/er? Was<br />
sagen die Schulnoten? ...<br />
c) Vorstellen<br />
In der wirklichen Welt wird man<br />
eingeladen, kommt und ...<br />
Diese Vorbereitung war Aufgabe<br />
des Lehrers. Mit Herrn Wagner<br />
(Modehaus Wagner, Herschberg)<br />
und Herrn Pfeiffer (Zimmerei) gelang<br />
es zwei Selbstständige für einen<br />
Nachmittag zu gewinnen. Die<br />
Vorstellungsgespräche fanden im<br />
Schullandheim „Altes Forsthaus“<br />
in Herschberg statt. Drei Schüler<br />
erhielten die Chance, selbst am<br />
Rollenspiel mit zu wirken. Die<br />
anderen beobachteten.<br />
Nervosität ist normal, Höflichkeit<br />
wird erwartet, Schulnoten werden<br />
ganz unterschiedlich gesehen.<br />
Der Chef vertritt den Betrieb nach<br />
außen, er muss frei reden, sich<br />
durchsetzen können.<br />
d) Einstellen<br />
Die Betriebsversammlung besetzte<br />
noch am gleichen Tag die Stellen.<br />
Unsere Chefin Christina ging in<br />
die 9v!<br />
13
Rechtsform<br />
Grundsätzlich kann zu Übungszwecken<br />
in der Schule jede Rechtsform<br />
gewählt werden. Unserem Leitbild<br />
entsprechend empfahlen sich die<br />
Aktiengesellschaft, die Gesellschaft<br />
mit beschränkter Haftung und die Genossenschaft,<br />
da dort demokratische<br />
Strukturen in Form von Teilhaberversammlungen<br />
gesetzlich vorgegeben<br />
sind.<br />
Die Argumente gegen frei verkäufliche<br />
Aktien und der relativ hoch<br />
erscheinende Aufwand zur Gründung<br />
einer Genossenschaft lies die GmbH<br />
übrig bleiben.<br />
Aus dem Internet wurde ein GmbH<br />
– Mustervertrag heruntergeladen und<br />
an die Anforderungen der Sickinger<br />
Schülerreisen GmbH angepasst. Die<br />
ganze Belegschaft unterzeichnete den<br />
Vertrag und verpflichtete sich 10,- €<br />
Einlagekapital, (abzüglich der Reisekosten<br />
nach Pirmasens) einzuzahlen.<br />
Die ersten ROTEN Zahlen standen<br />
schon da!<br />
Bedarfsplanung<br />
Drei Computer mit Internetzugang,<br />
ein Drucker, ein Papierpaket, ein<br />
Raum, Mittel für Geschäftsreisen<br />
(IHK, Vortouren, ...) ein Telefon mit<br />
Faxgerät, ...<br />
Christina und Lars (Stellvertreter)<br />
stellten Ziele und Kalkulation des Betriebes<br />
im Umfang von 8 000;- € zuerst<br />
der Betriebsversammlung, später<br />
dem Schulleiter Herrn Schröer vor.<br />
Nach kritischer Prüfung kam er den<br />
Schülern sehr entgegen. Überzeugt<br />
stellte er den Computerraum und die<br />
Schuleinrichtungen einschließlich des<br />
Sekretariats zur Verfügung. Entstehende<br />
Kosten sollten aus den späteren<br />
Gewinnen erstattet werden.<br />
Bankverbindung<br />
Die beiden ortsansässigen Geldinstitute<br />
wurden von Schülerinnen<br />
besucht, die dort das Anliegen vortrugen.<br />
Die VR-Bank Südwestpfalz<br />
lies sich teilweise auf die Wünsche<br />
ein. Wir eröffneten unser Geschäftskonto,<br />
das nicht überzogen werden<br />
durfte. Die Firmenmitglieder durften<br />
Überweisungen tätigen und Auszüge<br />
abholen. „Sickinger Schülerreisen“<br />
wurde als Inhabername geführt.<br />
Dennoch musste letztlich eine uneingeschränkt<br />
geschäftsfähige Person<br />
Bankpartner bleiben, im vorliegenden<br />
Fall in Person des Lehrers.<br />
Werbung<br />
Betriebe müssen heute in irgend<br />
einer Form werben. Ein Reisebüro<br />
für Schulreisen? Ziel auswählen,<br />
Geld einsammeln, verwalten und<br />
Rechnungen begleichen ist eigentlich<br />
Lehrertätigkeit!<br />
Wie erreicht man die potentielle Kundschaft,<br />
die Lehrerinnen und Lehrer?<br />
Ein Werbezettel im Schulpostfach,<br />
ein Plakat im Lehrerzimmer und viel<br />
Mund-zu-Mund-Prpaganda!<br />
Drei Schüler erstellten die Werbeträger<br />
und kümmerten sich dann um die<br />
Homepage, wenn keine Aufträge zu<br />
bearbeiten waren.<br />
Die Arbeitsphase<br />
Die Aufgaben der Bearbeiterteams<br />
wurden vereinbart. Eine Vertragsvorlage<br />
mit vielen hilfreichen Tipps<br />
wurde bei „Reisewind“ einer Schülerfirma<br />
der BBS Northeim I heruntergeladen<br />
und für unsere Schülerfirma<br />
umgearbeitet.<br />
Ende November – der erste richtige<br />
Auftrag!<br />
Eine Kollegin wollte mit ihrer 4.<br />
Klasse eine Abschlussfahrt mit Umweltbildungsprogramm<br />
in die Wappenschmiede<br />
in Fischbach bei Dahn<br />
buchen.<br />
Die Internetpräsenz erleichterte die<br />
Arbeit. Frau Venske, die Leiterin,<br />
nahm die sehr jungen Stimmen am<br />
Telefon ernst. Auch die Mitarbeiterinnen<br />
der Touristinformation Dahn<br />
waren sehr kooperativ und stellten auf<br />
dem Postweg reichhaltiges Prospektmaterial<br />
zur Verfügung. So konnte in<br />
kurzer Zeit ein Programmvorschlag<br />
erarbeitet werden.<br />
Die Strecke von Wallhalben nach<br />
Fischbach bei Dahn stellte jedoch eine<br />
echte Herausforderung dar.<br />
Zwei Alternativen wurden erarbeitet:<br />
(1) Wallhalben - Dahn mit Umstieg<br />
in Pirmasens im ÖPNV, Dahn -<br />
Fischbach im Mietbus. Rückfahrt<br />
mit Umstieg in Pirmasens komplett<br />
im ÖPNV.<br />
(2) Wallhalben – Fischbach bei Dahn<br />
und zurück im Mietbus.<br />
Mit einer kleinen hellgrauen (Alternative<br />
1) und einer großen dunkelgrauen<br />
(Alternative 2) CO2- Wolke wurde<br />
auf die Luftbelastung durch die Reise<br />
hingewiesen.<br />
Der Reisepreis von Variante 1 war<br />
zudem um ca. 200,- € günstiger.<br />
Vor der Betriebsversammlung präsentierte<br />
das Team die Ausarbeitungen<br />
und ließ diese kritisieren. Dann<br />
wurde vor der Klasse, der Lehrerin<br />
und der Elternvertreterin präsentiert.<br />
Die Klasse erhielt eine ausführliche<br />
Mappe mit Kalkulation, Programm<br />
incl. Alternativen und den beiden<br />
Reisemöglichkeiten.<br />
14
Der Auftrag Variante (1) wurde<br />
erteilt.<br />
Einige wenige Eltern taten ihre Verwunderung<br />
über das ungewohnte<br />
Konto kund. Die Klassenleiterin<br />
konnte sie beruhigen. Jetzt mussten<br />
Zahlungseingänge kontrolliert,<br />
Zahlungserinnerungen freundlich<br />
formuliert und Buchungen vorbereitet<br />
werden. Das Geschäft schloss erfolgreich,<br />
mit 8,- € Gewinn ab.<br />
Dieser Auftrag war die beste Werbung.<br />
Weitere Ausflüge wurden<br />
angefragt und gebucht:<br />
• Eine Reise zum Biobauern musste<br />
mit einem Mietbus durchgeführt<br />
werden.<br />
• Besuche mittelalterlicher Burgen<br />
wurden erarbeitet: Steinenschloss<br />
(Thaleischweiler-Fröschen) mit<br />
Linienbus und Spaziergang oder<br />
Nanstein (Landstuhl) mit dem<br />
Fahrrad und anschließend Grillfest<br />
stachen sogar Trifels und Burg Eltz<br />
aus.<br />
• 3 Tage Speyer konnte mit Linienbus<br />
nach Landstuhl und Bahn<br />
angeboten werden.<br />
• Fahrten zum BIZ nach Pirmasens<br />
erfolgten in Linienverkehr.<br />
• Die meiste Arbeit wurde in die<br />
Abschlussfahrt der Klasse 10 nach<br />
Berlin investiert.<br />
Herr Füssler (Freier Mitarbeiter des<br />
„Pfälzer Merkur“) besuchte unsere<br />
Schülerzeitungsredaktion. Dort wurde<br />
er auf unsere Schülerfirma „Sickinger<br />
Schülerreisen“ aufmerksam. Er war<br />
sehr neugierig.<br />
Sein Besuch beeindruckte. Er berichtete<br />
ausführlich in seiner Tageszeitung<br />
„Selbständigkeit als Ausweg?“ Dies<br />
hatte gleich zwei sehr positive Folgen.<br />
Zwei Kolleginnen von benachbarten<br />
Grundschulen riefen am gleichen<br />
Tag an, um für ihre Abschlussfahrten<br />
im nächsten Schuljahr Aufträge zu<br />
erteilen.<br />
Von der Reisebürobelegschaft aber<br />
noch positiver aufgenommen, wurde<br />
die Vermittlung von mehreren<br />
Vorstellungsgesprächen über die<br />
Redaktion der Zeitung und Herrn<br />
Füssler. Daraus resultierte immerhin<br />
ein Ausbildungsverhältnis.<br />
Geschäftsübergabe<br />
Im Wesentlichen wurde wie bei der<br />
Erstgründung verfahren. Die Stellen<br />
wurden von den Altvorderen beschrieben<br />
und in der Schülerzeitung<br />
beworben. Die Vorstellungsgespräche<br />
fanden mit Herrn Wagner und<br />
der Chefin Christina in Herschberg<br />
statt. Die Übergabe erfolgte in der<br />
zweiten Unterrichtswoche des neuen<br />
Schuljahres.<br />
Es standen so viele Bewerber an, dass<br />
man die Gruppe teilte. Das Reisebüro<br />
erschien im neuen Kleid als „Schülertours<br />
AG“ und der Schulleiter<br />
genehmigte eine weitere AG.<br />
Der Lehrer?<br />
Um mich in die ganze Problematik<br />
einzuarbeiten, musste ich Fachwissen<br />
von Experten, Geschäftsleuten und<br />
Elternbefragungen, aus Handreichungen<br />
und dem Internet beziehen, wobei<br />
Letztes auch oft fehlerhafte Informationen<br />
bot. Ich musste den Rahmen<br />
organisieren: Räume, Computer; Arbeitsmaterial<br />
... Interessenausgleich<br />
herzustellen war in der Startphase<br />
sehr wichtig.<br />
Den Schülerinnen und Schülern fiel<br />
es schwer, Gespräche zielgerichtet zu<br />
führen. Abschweifungen und Detaildiskussionen<br />
prägten das Geschehen.<br />
Moderation und Beratung waren zentrale<br />
Aufgaben des Lehrers.<br />
Der Zeitaufwand überstieg den der<br />
„normalen Unterrichtsvorbereitung“<br />
während der gesamten Dauer. Die<br />
notwendige flexible Gestaltung bot<br />
die Möglichkeit des Ausgleichs in<br />
angemessenem Maß.<br />
„Du sollst deinen Schülern wenigstens<br />
einen Schritt voraus sein“<br />
konnte nicht mehr geleistet werden.<br />
An einigen Stellen hatten schließlich<br />
die Jugendlichen mehr Detailwissen.<br />
Das Experiment „Mit den Schülern<br />
lernen“ war ein sehr positives, empfehlenswertes<br />
Erlebnis.<br />
Das Lehrer-Schüler-Verhältnis wurde<br />
sehr positiv beeinflusst, so dass Rückwirkungen<br />
auf den „Regelunterricht“<br />
deutlich bemerkt werden konnten, besonders<br />
im Blick auf nachmittägliches<br />
Arbeiten zu Lernzwecken.<br />
Nach 3 Jahren<br />
Drei Schüler aus der ersten Gruppe<br />
fanden sich kürzlich zu einem kleinen<br />
Rückblick zusammen:<br />
Gerade die Kenntnis der Vorstel-<br />
15
lungsgespräche waren und sind bei<br />
der Lehr- bzw. Praktikumsstellensuche<br />
für sie von großem Vorteil.<br />
Institutionen, Ämter ... lernten sie<br />
als Partner kennen, da gibt es keine<br />
Berührungsängste.<br />
St. lernte Industrieelektroniker:<br />
„Selbständigkeit ist mit meinem Beruf<br />
kaum möglich. Zudem ist sie sehr<br />
riskant. Ich habe einen Bekannten, der<br />
lieh sich knapp 30000,- € für Maschinen.<br />
Im Winter hätte er richtig viel<br />
Arbeit gehabt, aber er brauchte auch<br />
mal eine Auszeit. Jetzt hat er 25000,-<br />
€ Schulden und einige Maschinen,<br />
die keiner haben will. Man braucht<br />
ein großes Maß Eigenmotivation,<br />
ich weiß nicht ob ich das dauerhaft<br />
leisten kann.“<br />
Ca: „Ich habe gerade mein Abi bestanden.<br />
Selbständigkeit ist nach wie<br />
vor eine Option, schließlich war ich<br />
mal Chefin. Jetzt muss ich sehen wie<br />
es weiter geht. Einen Ausbildungsvertrag<br />
zur Mediendesignerin könnte ich<br />
haben. Aber ich möchte mich zuerst<br />
noch in weiteren Praktika orientieren,<br />
vielleicht studieren, oder – einen frei<br />
schaffenden Beruf ergreifen.“<br />
C.: „Für mich kommt langfristig nur<br />
Selbständigkeit in Frage. Ich brauche<br />
meine Freiheit, genau das zu tun, das<br />
mich interessiert und mir Spaß macht.<br />
Ich lerne im letzten Ausbildungsjahr<br />
Zerspanungsmechaniker. Mein Ausbildungsleiter<br />
ist der Meinung, dass<br />
man während der Ausbildung nicht im<br />
Nebenerwerb einen Betrieb aufbauen<br />
kann. Die Verträge sind fertig, im<br />
Sommer läuft mein Ausbildungsvertrag<br />
ab, dann geht’s los! Mein Freund<br />
hat einen Forstbetrieb gegründet, an<br />
dem ich schon jetzt teilhabe.“<br />
Schlussbemerkung<br />
Zur Zeit empfiehlt es sich die Haftung<br />
einem Förderverein zu übertragen.<br />
Die neue Möglichkeit der gemeinnützigen<br />
gGmbH könnten weitere<br />
Chancen eröffnen. Die Trägerschaft<br />
der Schülerfirma durch Schulträger<br />
sollte an klare Verträge gebunden<br />
sein.<br />
Henze und Geier (2005) empfehlen<br />
ausführlich Moderationsmethoden<br />
zur Betriebsgründung, diese wurden<br />
teilweise angewandt und können<br />
durchaus empfohlen werden. Im<br />
nächsten Schuljahr wird eine neue<br />
Schülerfirma geplant. Mal sehen was<br />
es diesmal wird!<br />
Literatur:<br />
(1) Daseke, Rolf: Von den Erträgen<br />
leben; in: 21 Das Leben gestalten<br />
lernen, <strong>Heft</strong> 4; Berlin 2001<br />
(2) Pädagogisches Zentrum des<br />
Landes Rheinland-Pflaz (Hrsg):<br />
umwelterziehung praktisch Nr.<br />
45; Allerlei GmbH. <strong>Schülerfirmen</strong>;<br />
Bad Kreuznach 2002<br />
(3) Henze, Christa (Hrsg.): Nachhaltigkeit<br />
unternehmen – zukunftsfähiges<br />
Lernen in <strong>Schülerfirmen</strong>;<br />
Dokumentation der Fachtagung<br />
www.Na.Sch21.de - <strong>Schülerfirmen</strong><br />
im Kontext einer Bildung für<br />
Nachhaltigkeit; Osnabrück 2003<br />
(4) Henze, U., Geyer, R.: Nachhaltige<br />
<strong>Schülerfirmen</strong> – Bildung für eine<br />
<strong>nachhaltige</strong> Entwicklung; Herausgegeben<br />
von Verbraucherzentrale<br />
Bundesverband in Kooperation<br />
mit Unesco-Projekt-Schulen und<br />
BLK-Programm Transfer – 21<br />
Niedersachsen, Papenburg 2005<br />
(5) Tempel, Rainer; <strong>Schülerfirmen</strong><br />
– ökonomische Bildung mit Ernstcharakter;<br />
http://pz.bildung-rp.de/<br />
pn/pb1_03/schuelerfirmen.htm<br />
Die FachberaterInnen für Bildung<br />
für <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung<br />
(PeterSchmidt@berater.bildung-rp.de<br />
und AnnelieSinzig@berater.bildungrp.de)<br />
werden weiter an der Frage<br />
einer günstigen Rechtsform für <strong>nachhaltige</strong><br />
<strong>Schülerfirmen</strong> besonders an<br />
allgemein bildenden Schulen arbeiten<br />
und stehen zu weiteren Informationen<br />
gerne zur Verfügung.<br />
Wichtige Mailadressen zum Thema „<strong>Schülerfirmen</strong>“<br />
Grundlegende Hinweise<br />
www.nasch21.de<br />
www.dkjs.de<br />
www.schule-wirtschaft.de<br />
www.iw-junior.de<br />
Materialsammlung<br />
www.transfer-21.de/index.<br />
php?p=117<br />
Homepages <strong>nachhaltige</strong>r<br />
<strong>Schülerfirmen</strong><br />
www.axxi.de<br />
www.tee-link.de<br />
www.schuelerunternehmen.de<br />
16
Praxisbeispiel 4 Praxisbeispiel 3<br />
Bernhard Susewind<br />
Der „Umweltladen“<br />
im Bildungszentrum Worms<br />
Der „Umweltladen“ im Bildungszentrum<br />
Worms (BIZ) besteht seit nunmehr<br />
etwa 16 Jahren. Er ging hervor<br />
aus einzelnen Verkaufsaktionen von<br />
Umweltschutzpapier-<strong>Heft</strong>en der damaligen<br />
SV des Gauß-Gymnasiums<br />
und der Initiative eines Lehrers dieser<br />
Schule. Als Verkaufsraum dient ein<br />
früherer Keller-Lagerraum, der im<br />
Rahmen einer Projektwoche 1998 zu<br />
einem attraktiven Laden umgebaut<br />
wurde.<br />
Zunächst war der „Umweltladen“<br />
eine Filiale des „Weltladens Worms<br />
e.V.“, über den die gesamte Buchführung,<br />
Abrechnung, Versteuerung<br />
der Umsätze etc. abgewickelt<br />
wurden. Um unseren mitarbeitenden<br />
Schülern die Möglichkeit zu<br />
bieten, sich Kompetenzen in diesen<br />
Bereichen zu erwerben, beschlossen<br />
die im Umweltladen aktiven Lehrkräfte,<br />
Schülerinnen und Schüler,<br />
neue Strukturen zu schaffen. Seit<br />
17
Beginn des Jahres 2004 wird der Laden<br />
im Rahmen einer „Schülerfirma“<br />
betrieben. Mit unentgeltlicher Unterstützung<br />
eines Unternehmensberaters<br />
wurde der rechtliche Rahmen der<br />
Schülerfirma gemeinsam entwickelt.<br />
Es wurde ein gemeinnütziger Trägerverein<br />
ins Leben gerufen, unter dessen<br />
Dach die Schülerfirma wie eine<br />
„echte“ Firma arbeitet. Der Name des<br />
Vereins ist Programm: „Verein zur<br />
Förderung von Wirtschaftskompetenz<br />
und Nachhaltigkeit e.V.“. Er ist schulübergreifend<br />
und bindet zur Zeit drei<br />
Schulen ein: Das Gauß-Gymnasium,<br />
das Rudi-Stephan-Gymnasium und<br />
die Berufsbildende Schule Wirtschaft,<br />
die sich alle auf dem Gelände des BIZ<br />
in unmittelbarer Nachbarschaft befinden.<br />
Die BBS Wirtschaft hat dabei<br />
insbesondere das Rechnungswesen<br />
und die Buchführung übernommen<br />
– ebenfalls eine gute Möglichkeit,<br />
Schülerinnen und Schüler am realen<br />
Objekt ein Lernfeld zu bieten. Die<br />
tägliche Kassenabrechnung, die<br />
Notwendigkeit einer Steuererklärung<br />
sowie die jährliche Inventur führen<br />
den Schülern immer wieder die Ernsthaftigkeit<br />
des Projekts vor Augen.<br />
Es existieren verschiedene Abteilungen<br />
(Einkauf, Verkauf, Personalwesen,<br />
Marketing), deren jeweilige Leitung<br />
von Schülerinnen und Schülern<br />
übernommen wird - mit Begleitung<br />
einer Lehrerin beziehungsweise eines<br />
Lehrers. Die einzelnen Abteilungen<br />
werden in diesem Artikel weiter<br />
unten von den jeweiligen Teams<br />
vorgestellt.<br />
In den Pausen ist Betrieb im Laden<br />
Über den Verkauf von Schulmaterial<br />
und fair gehandelten Pausensnacks<br />
hinaus bietet der Umweltladen inzwischen<br />
viele zusätzliche, umweltfreundliche<br />
und gleichzeitig attraktive<br />
Serviceangebote, wie z. B. einen<br />
Tinten-Auffülldienst (Auffüllen von<br />
Tintenfässern aus großen Vorratsbehältern),<br />
Sammeldienst von leeren Toner-<br />
und Tintenstrahl-Patronen gegen<br />
Vergütung eines <strong>Heft</strong>es, kostenlose<br />
Ausgabe von Pausenbrot-Boxen am<br />
Schuljahresanfang für neue Schüler,<br />
Sammelbehälter für Altbatterien<br />
sowie die Belieferung beider Schulen<br />
mit fair gehandeltem Kaffee.<br />
Der Umweltladen ist mittlerweile<br />
aus dem schulischen Alltagsleben<br />
der beteiligten Schulen kaum noch<br />
wegzudenken. Er ist stets stark frequentiert:<br />
Gegen den allgemeinen<br />
Trend kann am Bildungszentrum<br />
beobachtet werden, dass nach wie vor<br />
ein großer Teil der Schülerinnen und<br />
Schüler <strong>Heft</strong>e und Schulmaterial aus<br />
Recyclingpapier kauft. Die ca. 30 in<br />
der Firma beschäftigten Schülerinnen<br />
und Schüler sind motiviert und identifizieren<br />
sich mit der Sache.<br />
Der Umweltladen ist gleichzeitig<br />
eine Art Kristallisationspunkt für<br />
weitere konkrete Lernanlässe, die<br />
sich aus den von ihm ausgehenden<br />
Aktivitäten ergeben. Dazu einige Beispiele:<br />
Erstellen und Vorführen einer<br />
PowerPoint-Präsentation, Einüben<br />
und Halten von freien Vorträgen für<br />
Elternabende und –führungen, Erstellen<br />
eines Computer-Programms zur<br />
Lager-Verwaltung und Abrechnung,<br />
Erstellen von Internet-Seiten für die<br />
Schul-Homepage, Durchführung von<br />
„Bananen-Projekten“ (Verkauf fair<br />
gehandelter Bananen) in Zusammenarbeit<br />
mit Erdkunde-Fachlehrern.<br />
Insgesamt kann gesagt werden, dass<br />
der Laden den Umweltgedanken ohne<br />
erhobenen Zeigefinger im Schulalltag<br />
lebendig werden lässt und viele<br />
Schüler auf selbstverständliche und<br />
zwanglos-motivierende Weise mit<br />
den Themen Umwelt, Nachhaltigkeit,<br />
globale Gerechtigkeit (fairer Handel!)<br />
und soziales Miteinander konfrontiert.<br />
Er verwirklicht daher beispielhaft die<br />
drei Säulen der Nachhaltigkeit, indem<br />
er ökonomische, ökologische und<br />
soziale Aspekte in sich vereint.<br />
Im Folgenden stellen Schülerinnen<br />
und Schüler ihre Abteilungen vor.<br />
18
Tobias Küfner, MSS 11<br />
Melanie Raimer, MSS 12<br />
Die Einkaufsabteilung<br />
Die Einkaufsabteilung ist für die<br />
Bestellungen neuer Waren zuständig.<br />
Auch andere Pflichten werden vom<br />
Einkauf übernommen.<br />
Unsere Hauptaufgabe besteht aber darin,<br />
fehlende Waren zu bestellen und<br />
unser Sortiment mit neuen Artikeln zu<br />
variieren. Dabei achten wir natürlich<br />
darauf, Umweltprodukte oder fair gehandelte<br />
Waren zu bestellen. Unsere<br />
Ideen stimmen wir meistens mit der<br />
Verkaufsabteilung ab, da diese einen<br />
genaueren Überblick hat, welche Produkte<br />
gekauft werden und wie viele<br />
davon noch im Lager vorhanden sind.<br />
Außerdem werden die Bestellungen,<br />
bevor sie telefonisch aufgegeben werden,<br />
mit den Lehrern abgesprochen,<br />
um Fehler zu vermeiden.<br />
Kommt eine Lieferung mit bestellter<br />
Ware, müssen wir diese mit<br />
dem Lieferschein vergleichen, um<br />
Mängel direkt zu erkennen. Das ist<br />
notwendig, damit der Schülerfirma<br />
durch fehlerhafte Lieferungen kein<br />
finanzieller Schaden entsteht. Der<br />
Einkauf kümmert sich auch um die<br />
Ordnung im Lager.<br />
Des weiteren hat die Einkaufsabteilung<br />
die Kalkulation der Preise übernommen.<br />
Hierbei wird in eine über<br />
ein Tabellenkalkulationsprogramm<br />
erstellte Warenbestandsliste der genaue<br />
Einkaufspreis (ohne Mehrwertsteuer)<br />
eingetragen. Zur Kalkulation<br />
werden dann die Mehrwertsteuer (7%<br />
bei Lebensmitteln und 19% bei sonstigen<br />
Artikeln) und der erwünschte<br />
Aufschlag auf den Einkaufspreis<br />
addiert. Der dadurch errechnete und<br />
auf glatte Beträge gerundete Verkaufspreis<br />
wird in die entsprechende<br />
Spalte der Tabelle eingetragen. Diese<br />
Listen müssen ständig aktualisiert<br />
werden, da sich Preise und Sortiment<br />
manchmal ändern. Dadurch, dass<br />
wir keine Personal- und auch keine<br />
Mietkosten haben, können wir mit<br />
einem geringen Preisaufschlag arbeiten<br />
und sind trotz teurerer Ökoartikel<br />
weitestgehend konkurrenzfähig. Die<br />
aktualisierte Liste wird dann der<br />
Verkaufsabteilung vorgelegt, um die<br />
neuen Preise abzustimmen.<br />
Um zu sehen, ob unsere Preise angemessen<br />
sind, machen wir Preisvergleiche<br />
mit anderen Geschäften in der<br />
Umgebung, das so genannte „Preisscouting“.<br />
In diese Recherche beziehen<br />
wir auch nicht-umweltfreundliche<br />
Artikel mit ein, da es in Worms<br />
kaum Anbieter von Recycling-Papier<br />
gibt. Der Umweltladen ist der einzige<br />
lokale Anbieter, der ein komplettes<br />
Sortiment von Recycling-Papieren<br />
und ökologischem Schulbedarf anbietet.<br />
Aufgrund der auf diese Weise<br />
gesammelten Informationen können<br />
wir die Preise dann gegebenenfalls<br />
noch einmal nachträglich anpassen.<br />
Ein weiterer Grund, der zur Änderung<br />
der Preiskalkulation führen kann ist,<br />
dass ein bestimmtes Produkt nicht<br />
verkauft wird. Diese Ladenhüter<br />
versuchen wir anhand der Warenbestandslisten<br />
zu identifizieren. Sie<br />
werden dann in mit den Abteilungen<br />
Verkauf und Marketing abgesprochenen<br />
Aktionen zu günstigeren Preisen<br />
verkauft.<br />
Schulen beziehungsweise Alterstufen<br />
schwierig ist, gemeinsame Termine<br />
zu finden, ist ein wichtiges Kommunikationsmedium<br />
der Austausch über<br />
E-Mail. Auf diesem Wege werden<br />
auch Treffen der Mitarbeiter im Laden<br />
organisiert. Bei diesen Ladentreffs<br />
werden allerdings nur kurze abteilungstechnische<br />
Fragen geklärt. Es<br />
wird aber auch besprochen, ob wir<br />
für die Schule noch etwas einkaufen<br />
wollen, wie zum Beispiel Kaffee für<br />
die Lehrer oder Kanzleibögen für<br />
Schularbeiten. Ein weiteres Beispiel<br />
dafür, dass wir auch größere Mengen<br />
verkaufen, ist, dass eine Nachbarschule<br />
bei uns angefragt hat, ob wir auch<br />
umweltfreundliches Kopierpapier anbieten.<br />
Es war dann die Aufgabe des<br />
Einkaufs ein entsprechendes Angebot<br />
auszuarbeiten.<br />
All diese Aufgaben sind neben den<br />
Schulpflichten gut zu bewältigen.<br />
Die Arbeit macht Spaß und führt oft<br />
zu erfreulichen Begegnungen mit<br />
Schülern und Lehrern.<br />
Die Kasse stimmt<br />
19
Oliver Bayer Jahrgangsstufe 10<br />
Raphael Hess, Jahrgangsstufe 8<br />
Die Verkaufsabteilung<br />
Wir sind für den Verkauf der Ware zuständig,<br />
die vom Einkauf bestellt und<br />
vom Marketing beworben wird. Dafür<br />
haben wir einen eigenen, etwa 30m²<br />
großen Verkaufsraum im Erdgeschoss<br />
des Schulgebäudes mit einem gleich<br />
großen Lager direkt darunter.<br />
Die Abteilung besteht zurzeit aus<br />
etwa 20 Schülerinnen und Schüler der<br />
beiden Gymnasien aus den Klassestufen<br />
7 bis 12, dem Verkaufsleiter und<br />
seinem Stellvertreter. Sie übernehmen<br />
ihren Verkaufsdienst nach einem gemeinsam<br />
erstellten Plan entweder in<br />
den beiden 15-minütigen Pausen oder<br />
kurz vor der ersten Stunde. Lehrer<br />
der beiden Gymnasien führen dabei<br />
Aufsicht. Hinzu kommen noch „Auszubildende“<br />
aus der Klassenstufe 6,<br />
die langsam an die Abläufe im Laden<br />
herangeführt und mit den Produkten,<br />
den Preisen und der Kasse vertraut<br />
gemacht werden. Nach Beendigung<br />
des 6. Schuljahres können sie einen<br />
Arbeitsvertrag erhalten und werden<br />
dann als vollwertige Mitarbeiter<br />
übernommen.<br />
großen Pause gemeinsam. Dadurch<br />
werden Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein<br />
gefördert. Der<br />
Abteilungsleiter oder sein Stellvertreter<br />
schulen die Auszubildenden und neu<br />
einzustellende Verkäuferinnen und<br />
Verkäufer. Darüber hinaus stehen sie<br />
jederzeit für Fragen der Mitarbeiter zur<br />
Verfügung und vertreten ihre Abteilung<br />
und deren Interessen bei Abteilungsleitertreffen.<br />
Am Ende eines Schuljahres<br />
geben sie Beurteilungen der Mitarbeiter<br />
an die Personalabteilung weiter, die<br />
diese dann für die Arbeitszeugnisse<br />
verwendet.<br />
Jeder Mitarbeiter ist gleichberechtigt,<br />
kann neue Ideen einbringen und Kritik<br />
üben. Zudem finden Abteilungstreffen<br />
statt, um sich auf kommende<br />
Ereignisse und Aktionen vorzubereiten<br />
oder angefallene Probleme zu<br />
besprechen. In der Verkaufsabteilung<br />
wird besonders die Kommunikation<br />
zwischen beiden Schulen gefördert.<br />
In der Verkaufsabteilung kommen die<br />
Nachhaltigkeitsziele der Schülerfirma<br />
besonders zum Tragen: Neben den<br />
sozialen Kompetenzen wird in dieser<br />
Abteilung die meiste wirtschaftliche<br />
Erfahrung gesammelt. Man lernt die<br />
Geschäftsabläufe kennen. Was Einkauf<br />
und Marketing vorbereitet haben,<br />
bringen wir zu Ende. Wir verkaufen<br />
die Produkte an die Schüler und Schülerinnen<br />
und haben so den direkten<br />
Kontakt mit den Kunden. Der ökologische<br />
Nachhaltigkeitsaspekt wird<br />
durch unser Warenangebot deutlich:<br />
umweltfreundliche Recycling-<strong>Heft</strong>e,<br />
College-Blöcke und Schreibwarenbedarf<br />
sowie Geschenk- und Briefpapier.<br />
Bezüglich der Qualität der<br />
umweltfreundlichen Produkte haben<br />
wir bisher noch keine Beschwerden<br />
entgegennehmen müssen. Weiterhin<br />
bieten wir Süßwaren an: Schokolade,<br />
Schoko-Riegel, Gummibärchen,<br />
Schoko-Crispies, Fruchtriegel, Nüsse<br />
und Bananenchips. Alle diese Waren<br />
sind fair gehandelt, so dass die<br />
Produzenten für ihre Arbeit einen<br />
gerechten Lohn erhalten. Neuerdings<br />
gehört zum Sortiment auch Honig,<br />
Die Mitarbeiter werden geschult,<br />
damit sie die Registrierkasse korrekt<br />
und gewissenhaft bedienen. Sie füllen<br />
neben dem Verkaufsdienst auch<br />
Regale auf und leeren die Mülleimer.<br />
Im Normalfall arbeiten immer zwei<br />
Schüler einmal pro Woche in einer<br />
Von Schreibwaren bis Müsliriegel ist alles im Angebot<br />
20
der von der Imkerei-AG des Gauß-<br />
Gymnasiums produziert wird – auch<br />
dies ein Beispiel für die Vernetzung<br />
verschiedener Schulaktivitäten unter<br />
dem Dach dieses Projekts.<br />
Tobias Ries<br />
Die Marketingabteilung<br />
Die Marketingabteilung<br />
unseres<br />
Umweltladens<br />
hat das Ziel, den<br />
Umweltladen bekannt<br />
zu machen<br />
bzw. zu halten.<br />
Dazu dienen Veranstaltungen,<br />
bei<br />
denen die Schülerfirma<br />
sich vorstellt und z. T. auch<br />
Verkaufsaktionen durchführt.<br />
Am Ende eines jeden Schuljahres haben<br />
wir zwei feste Termine: die ersten<br />
Elternabende der beiden Gymnasien<br />
für die neuen Fünftklässler, bei denen<br />
wir den Umweltladen vorstellen und<br />
auch die Eltern auf unsere Aktivitäten<br />
hinweisen. Hierzu haben wir<br />
uns eine PowerPoint-Präsentation<br />
erarbeitet. Bei diesen Auftritten können<br />
Kompetenzen erlangt werden<br />
wie zum Beispiel das Sprechen vor<br />
einem größeren Publikum und das<br />
Überzeugen der Zuhörer. In diesem<br />
Zusammenhang präsentieren wir<br />
auch unser Angebot: Mit Starterpaketen,<br />
bestehend aus karierten und<br />
linierten <strong>Heft</strong>en, einem Musikheft<br />
sowie einem College-Block, zeigen<br />
wir, dass man bei uns praktisch den<br />
gesamten Bedarf an Schreibwaren<br />
decken kann. Von diesen Verkaufsangeboten<br />
wird rege Gebrauch gemacht.<br />
Der Umsatz konnte unter anderem<br />
dadurch im Lauf der Jahre kontinuierlich<br />
gesteigert werden. Bei anderen<br />
Schulveranstaltungen wie z. B. dem<br />
Weihnachtsbasar und den Schulführungen<br />
ist der Laden stets präsent und<br />
immer wieder Anlaufstation.<br />
Die Marketingabteilung ist für die<br />
Vorstellung und Vertretung der Schülerfirma<br />
nach außen zuständig. Wir<br />
nehmen beispielsweise teil am „Tag<br />
der lokalen Agenda“, der jährlich vom<br />
Umweltamt der Stadt Worms in der<br />
Innenstadt organisiert wird und den<br />
Nachhaltigkeitsgedanken konkretisieren<br />
soll.<br />
Bei der gezielten Einführung von<br />
neuen Produkten und der Erweiterung<br />
von Öffnungszeiten sind wir<br />
mitverantwortlich und starten hierfür<br />
Werbekampagnen in den Schulen.<br />
Hier helfen die etwas jüngeren Mitarbeiter<br />
beim Gestalten von Plakaten<br />
gerne mit.<br />
Weiterhin fällt der Internetauftritt<br />
der Schülerfirma in den Bereich der<br />
Marketingabteilung. An ihm arbeiten<br />
momentan noch einige ältere Schüler.<br />
Die Homepage (www.umweltladen.<br />
biz-worms.de) soll neben einem<br />
Überblick über das Sortiment (Internetwerbung)<br />
eine einfachere Kontaktaufnahme<br />
mit der Schülerfirma<br />
durch Unterseiten für jede Abteilung<br />
ermöglichen. In einem geschützten<br />
Bereich soll eine Kommunikationsplattform<br />
für die Mitarbeiter geschaffen<br />
werden.<br />
Um alle Aufgaben zu verwirklichen,<br />
verständigen wir uns zumeist über<br />
das Internet. Jedoch treffen wir uns<br />
etwa dreimal pro Halbjahr in unserem<br />
Büro, um die größeren Aktionen zu<br />
planen sowie uns besser austauschen<br />
zu können.<br />
Die Marketingabteilung ist eine<br />
Abteilung, die noch wachsen kann.<br />
Wir setzen auf Teamarbeit, da die<br />
Aufgaben sehr vielfältig sind und<br />
eine Arbeitsteilung auch aus Zeit- und<br />
Umfangsgründen erfordern.<br />
Marcel Nöller, MSS 11<br />
Die Personalabteilung<br />
D a s i c h d i e<br />
Schülerfirma<br />
grundsätzlich<br />
an einer „echten“<br />
Firma orientieren<br />
sollte,<br />
wurde eine Personalabteilung<br />
gegründet. Hier geht es insbesondere<br />
um die Anwerbung neuer Mitarbeiter<br />
und um die „Personalverwaltung“.<br />
Treten in einzelnen Abteilungen Personalengpässe<br />
auf, werden Stellen<br />
ausgeschrieben. Erfolgreicher ist<br />
jedoch die direkte Ansprache von<br />
Mitschülern durch Klassenkameraden<br />
und / oder Lehrer.<br />
Die Interessenten bewerben sich<br />
dann, wir führen Einstellungsgespräche,<br />
in denen wir die neuen ehrenamtlichen<br />
Helfer kennen lernen und<br />
sie gleich mit uns vertraut machen<br />
und stellen einfache Arbeitsverträge<br />
aus. Am Ende einer Mitarbeit erwarten<br />
wir schließlich die schriftliche<br />
Kündigung innerhalb einer kurzen<br />
Kündigungsfrist.<br />
Zu Beginn unserer Tätigkeit wurden<br />
wir von der Ausbildungsleiterin einer<br />
Wormser Bank zu den Aufgaben<br />
von Personalabteilungen geschult<br />
und in diese für uns neue Tätigkeit<br />
eingeführt.<br />
Um diese Aufgaben zu bewältigen,<br />
haben wir uns für folgende Vorgehensweise<br />
entschieden: Jeder von<br />
uns fünf Schülerinnen und Schülern<br />
betreut eine Abteilung, das heißt, man<br />
kommt zu den jeweiligen Treffen,<br />
informiert sich über die Themen und<br />
Ergebnisse und gibt sie an die Personalabteilungsleitung<br />
weiter. So lernt<br />
jeder seine zu betreuende Abteilung<br />
21
kennen und schließt neue Kontakte.<br />
Nach einem solchen Treffen muss<br />
dann auch die Rückmeldung stattfinden,<br />
das heißt, die „Persos“, so<br />
nennen wir uns kurz und knapp, müssen<br />
darüber informiert werden, was<br />
besprochen und beschlossen wurde<br />
und wo Probleme gelöst werden müssen.<br />
Insgesamt klappt das mal mehr,<br />
mal weniger gut, aber doch relativ<br />
organisiert und verantwortungsbewusst.<br />
Aber es gibt noch Weiteres<br />
im Aufgabenbereich dieser eher im<br />
Hintergrund arbeitenden Abteilung.<br />
Trifft eine Bewerbung im Laden ein,<br />
wird von einem Personalabteilungsmitarbeiter<br />
ein Bewerbungsgespräch<br />
geführt, das bisher immer erfolgreich<br />
war – jeder Bewerber kann sich in der<br />
Schülerfirma engagieren. Wir übergeben<br />
anschließend die neuen Mitarbeiter<br />
in den Verantwortungsbereich der<br />
jeweiligen Abteilungsleiter, die sich<br />
um deren Einweisung kümmern. Zur<br />
besseren Übersicht wird eine Liste<br />
aller Mitarbeiter und eine kleine Personalakte<br />
erstellt, in der festgehalten<br />
wird, was ein Mitarbeiter Besonderes<br />
leistet, z. B. die Mithilfe im Verkauf<br />
bei außergewöhnlichen Aktionen oder<br />
Veranstaltungen. Hier immer auf dem<br />
Laufenden zu bleiben, erfordert schon<br />
etwas Einsatz.<br />
Irgendwann geht jedes Schuljahr<br />
einmal zu Ende. Da schon alle Halbjahreszeugnisse<br />
der Mitarbeiter mit<br />
der Bemerkung „ NN engagierte sich<br />
in der Schülerfirma „Umweltladen<br />
BIZ“ versehen sind und uns das<br />
aber zu unbefriedigend für den in<br />
der Schülerfirma geleistete Einsatz<br />
schien, händigen wir individuelle<br />
Arbeitszeugnisse aus. Das entspricht<br />
auch den Wünschen der Mitarbeiter,<br />
denn dieser Zeugniszusatz hilft sehr<br />
bei späteren echten Bewerbungen;<br />
und so erhält jeder Mitarbeiter eine<br />
angemessene Rückmeldung für seine<br />
Mühen. Was soll man in dieses<br />
Zeugnis schreiben? Wir lesen die<br />
„Personalakte“ und erkundigen uns<br />
zusätzlich bei den Abteilungsleitern<br />
nach den Beurteilungen für deren<br />
Mitarbeiter. Das Ergebnis ist ein<br />
individuelles Zeugnis mit teilweise<br />
ausführlichen Beschreibungen. Von<br />
den betreuenden Lehrern werden<br />
die Zeugnisse dann ausgedruckt. So<br />
wird jedes Jahr ein schön gestaltetes<br />
Arbeitszeugnis an das Schulzeugnis<br />
angehängt.<br />
Wie kommuniziert man mit über 30<br />
verschiedenen Mitarbeitern aus zwei<br />
Schulen und den Jahrgangsstufen<br />
6 bis 13, die auch zusätzlich noch<br />
verschiedene Kommunikationswege<br />
nutzen? So geben die einen ihre Telefonnummer<br />
nicht an, die nächsten<br />
besitzen keinen internettauglichen<br />
PC oder kein Internet, wieder andere<br />
haben keine E-Mail-Adresse. Aber<br />
irgendwie müssen wir Informationen<br />
in Umlauf bringen, und dazu eignen<br />
sich besonders E-Mails. Die Informationsweitergabe<br />
funktioniert aus<br />
den angegebenen Gründen zwar bis<br />
heute immer noch nicht perfekt, ist<br />
aber im Endeffekt doch befriedigend.<br />
Inzwischen haben wir einen zentralen<br />
Informationsknotenpunkt bei einem<br />
Mitarbeiter, der nahezu alle wichtigen<br />
E-Mails schreibt und Ansprechpartner<br />
für alle ist. Für diese Aufgabe wurde<br />
ich erkoren und später auch noch mit<br />
der Abteilungsleitung betraut.<br />
Neben diesen Pflichttätigkeiten haben<br />
wir auch angenehme Aufgaben: Ein<br />
großer Teil unseres im Laden erwirtschafteten<br />
Gewinns kommt wieder<br />
unseren Mitarbeitern zugute, jedoch<br />
nicht in Form von „Gehalt“. Als<br />
kleine Belohnung für das tatkräftige<br />
Unterstützen unseres Ladens lassen<br />
wir mal einen Abend mit einer kleinen<br />
Grillparty in der Schule ausklingen<br />
oder wir gehen zum Flammkuchenessen<br />
in die Stadt. Auch waren wir<br />
schon einmal gemeinsam Eis essen.<br />
Unser bisher größter Ausflug seit<br />
Neugründung als Firma war die Fahrt<br />
nach Münster, wo wir die Firma<br />
Venceremos, einen Hersteller von<br />
Umweltheften und –blöcken sowie<br />
Kladden aller Art, besichtigten. Im<br />
Herbst 2007 ist eine Fahrt nach Berlin<br />
mit einem Besuch des Bundestages<br />
geplant. Diese Aktionen führen dazu,<br />
dass unsere Truppe fest zusammenwächst,<br />
sich alle einem erfolgreichen<br />
Projekt zugehörig fühlen und weiterhin<br />
motiviert bleiben.<br />
Trotz gelegentlichem Stress in unserer<br />
Abteilung macht es insgesamt sehr<br />
viel Spaß, und wir lernen einiges über<br />
Personalführung und Verwaltung.<br />
Nicht immer ist alles einfach, aber mit<br />
etwas Engagement durchaus leistbar.<br />
Der Weg zum Profi ist noch weit,<br />
mit kleineren Problemen müssen<br />
wir uns immer wieder beschäftigen,<br />
aber bisher hat alles am Ende doch<br />
funktioniert.<br />
Alles in allem bringt uns diese Aufgabe<br />
im Leben weiter und ich kann<br />
jedem nur empfehlen, an solch einem<br />
Projekt mitzuarbeiten. Es lohnt sich!<br />
22
Praxisbeispiel 5<br />
Praxisbeispiel 4<br />
Annelie Sinzig<br />
„Medienwerkstatt“<br />
- Wege entstehen beim Gehen<br />
Achtung Aufnahme!<br />
Ein Erfahrungsbericht aus<br />
der Gründungsphase der<br />
Schülerfirma an der<br />
Erich- Kästner Regionalschule<br />
in Ransbach-Baumbach<br />
Weitere Informationen:<br />
Annelie Sinzig<br />
Regionale Fachberaterin BNE<br />
anneliesinzig@berater.bildung-rp.de<br />
Im Rahmen des Multiplikatorenprogramms<br />
Transfer 21 lernte ich<br />
das Konzept für <strong>nachhaltige</strong> <strong>Schülerfirmen</strong><br />
kennen. Es übte auf mich<br />
eine gewisse Faszination aus: <strong>Schülerfirmen</strong>arbeit<br />
ist für Lehrerinnen<br />
und Lehrer spannend, motivierend<br />
und interessant. Ich sehe auch darin<br />
die Möglichkeit so wichtige von<br />
der Gesellschaft und der Wirtschaft<br />
geforderte Tugenden wie Zuverlässigkeit,<br />
Selbständigkeit, Lern- und<br />
Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit<br />
und Präsentationsfähigkeit auf praxisnahe<br />
Art und Weise zu fordern und<br />
zu fördern. Schülerinnen und Schüler<br />
können bei der Arbeit in der Schülerfirma<br />
wichtige Grundkenntnisse<br />
über wirtschaftliche Zusammenhänge<br />
erwerben. Sie lernen zuverlässig<br />
und gewissenhaft zu arbeiten und<br />
müssen sich bei Außenkontakten<br />
mündlich und schriftlich klar äußern.<br />
Gleichzeitig übernehmen sie<br />
Eigenverantwortung für bestimmte<br />
Aufgaben, und erkennen, dass sich<br />
Ideen im Team besser verwirklichen<br />
lassen. Sie erwerben die Fähigkeit,<br />
sich immer wieder auf neue Situationen<br />
einzustellen und darauf kreativ<br />
zu reagieren.<br />
Wie aber lässt sich ein so komplexes<br />
Gebilde wie eine Schülerfirma in<br />
den Unterrichtsalltag einer Schule<br />
integrieren und auch langfristig etablieren?<br />
Aus meiner Arbeit im Modul<br />
„<strong>Schülerfirmen</strong>“ im Multiplikatorenprogramm<br />
Transfer 21 war mir klar,<br />
dass <strong>Schülerfirmen</strong>arbeit zunächst<br />
Mehrarbeit und eine Veränderung der<br />
Lehrerrolle bedeutete: von der traditi-<br />
23
onellen Lehrerrolle hin zum Berater,<br />
Mentor, Betreuer und Beobachter.<br />
Bei dem Unternehmen „Schülerfirma“<br />
ist es wichtig, dass die Rahmenbedingungen<br />
stimmen: Einmal<br />
muss die Schulleitung hinter der Firmenarbeit<br />
stehen, denn nur sie kann<br />
den unterrichtlichen und rechtlichen<br />
Rahmen dafür schaffen. Gleichzeitig<br />
muss eine Mehrheit des Kollegiums<br />
die Firmenarbeit unterstützen. Beide<br />
Hürden waren in meinem Fall schnell<br />
genommen. Die <strong>Schülerfirmen</strong>arbeit<br />
fand zunächst innerhalb des wöchentlichen,<br />
zweistündigen „Offenen<br />
Unterrichts“ statt. Dies ist eine Besonderheit<br />
der Erich-Kästner-Schule, bei<br />
denen Lehrkräfte den Schülerinnen<br />
und Schülern fach- und klassenübergreifende<br />
Angebote machen. Die<br />
Schüler wählen je nach Neigung und<br />
Fähigkeiten und ohne Bindung an<br />
ihre Klasse einen eigenen Schwerpunkt<br />
aus. In den einzelnen Gruppen<br />
können Schülerinnen und Schüler der<br />
Klassen 7 bis 10 zusammenarbeiten.<br />
Die Gruppengröße liegt etwa bei 20<br />
Schülerinnen und Schülern.<br />
Nach der Klärung der Rahmenbedingungen<br />
fehlte nun nur noch eine zündende<br />
Geschäftsidee. An dieser Stelle<br />
können die Schüler schon konkret in<br />
die Planung mit eingebunden werden<br />
z. B. mit einem Ideenwettbewerb.<br />
In meinem Fall entschied ich mich<br />
aber für den Weg, die Geschäftsidee<br />
vorzugeben: Schon seit ein paar<br />
Jahren organisiere und betreue ich<br />
mit wechselnden Schülergruppen<br />
bei schulischen Veranstaltungen wie<br />
Einschulung und Abschluss oder Theateraufführungen<br />
die Veranstaltungstechnik.<br />
Alle Veranstaltungen wurden<br />
immer gefilmt und oft freuten sich Zuschauer<br />
und Akteure, wenn sie diese<br />
Filme noch einmal sehen oder sie mit<br />
nach Hause nehmen konnten. <strong>Schülerfirmen</strong><br />
mit ähnlicher Geschäftsidee<br />
gibt es bereits in Deutschland. Besonders<br />
die Aktivitäten der Schülerfirma<br />
„Axxi“ vom Willms Gymnasium in<br />
Delmenhorst haben mich begeistert.<br />
Ich bot also im Offenen Unterricht<br />
ein Projekt „Veranstaltungstechnik<br />
mit dem Ziel der Gründung einer<br />
Schülerfirma“ an. Es meldeten sich<br />
20 Jungs - interessanterweise waren<br />
alle aus der 8. Klassenstufe.<br />
Von der Idee eine Schülerfirma zu<br />
gründen ging eine eigenartige Faszination<br />
aus.<br />
Ich stellte das Konzept „Schülerfirma“<br />
vor, betonte dabei aber, dass nicht<br />
Keine Angst vor Technik<br />
ich die Initiative für die Gründung<br />
ergreifen werde, sondern, dass es die<br />
Entscheidung der Gruppe ist. Erfreulicherweise<br />
hörte ich danach nicht<br />
mehr den Satz: „Sie wollen mit uns<br />
eine Schülerfirma gründen“, sondern<br />
immer: „Wir wollen eine Schülerfirma<br />
gründen“.<br />
Bei den ersten Treffen standen die Fragen<br />
im Mittelpunkt „Wo stehen wir?“,<br />
„Wo wollen wir hin?“, „Was brauchen<br />
wir, um dahin zu kommen?“. Unsere<br />
Ausgangslage sah nicht gerade rosig<br />
aus. Vorrangig hatten wir drei große<br />
Probleme zu bewältigen:<br />
1. Wir hatten zwar einen extra Raum<br />
von der Schulleitung für unsere<br />
mögliche Schülerfirma bekommen,<br />
dieser war aber sehr renovierungsbedürftig.<br />
2. Unter den 20 Jungs gab es gerade<br />
mal drei, die schon mit mir zusammen<br />
eine Veranstaltung gemanagt<br />
hatten. Meine vorher angelernten<br />
„Spezialisten Veranstaltungstechnik“<br />
hatten mit Ende der 10.<br />
Klasse die Schule verlassen. Eine<br />
ordentliche Ausbildung der Gruppe<br />
war sicherlich von Nöten.<br />
3. Da die Ausstattung der Schule mit<br />
entsprechender Veranstaltungstechnik<br />
- wie an vielen Schulen<br />
- nicht gerade dem neusten Stand<br />
entspricht, war sicherlich ein<br />
nicht gerade kleiner finanzieller<br />
Aufwand nötig.<br />
24
Zunächst war es für die Schüler<br />
wichtig, einen eigenen Raum für ihre<br />
Schülerfirma zu haben. Schnell hatte<br />
sich eine Gruppe von 6 Schülern gefunden,<br />
die sich die Aufgabe stellte,<br />
den Firmenraum zu renovieren. Bei<br />
der Farbgestaltung entschied man<br />
sich für ein Terrakotta als Raumfarbe.<br />
Um eventuell Filme an eine Wand<br />
projizieren zu können, sollte eine<br />
Wand weiß bleiben. Farbe und Malerutensilien<br />
wurden von der Schule<br />
gestellt. Die Verhandlungen mit dem<br />
Hausmeister und die Ausführungen<br />
der Arbeiten organisierten die Schüler<br />
weitgehend selbstständig.<br />
Bei der Lösung des zweiten Problems<br />
half der Zufall: Beim Besuch des<br />
Landesmedienzentrums (LMZ) in<br />
Koblenz fand ich den Flyer zu dem<br />
Projekt „Videoarbeit in der Schule“.<br />
Nach Kontaktaufnahme mit Frau<br />
Lentz, die das Projekt CU TV & Net<br />
an Ganztagschulen leitet und mit<br />
ihrem Team betreut, konzipierten wir<br />
einen Intensivkurs für Schülerinnen<br />
und Schüler mit dem Titel „Filmische<br />
Dokumentation von schulischen<br />
Veranstaltungen“. Wir veranschlagten<br />
dafür zweieinhalb Tage: einen Freitagnachmittag<br />
und je einen ganzen<br />
Freitag und Samstag á 8 Stunden.<br />
Unter Anleitung von Frau Lentz<br />
und zwei Pädagogikstudenten der<br />
Universität Koblenz-Landau übten<br />
die Schüler, ein Interview vor der<br />
Kamera zu führen. Kameraeinstellung<br />
und Perspektiven waren ein weiterer<br />
Schwerpunkt, ebenso wie die Analyse<br />
von Berichten und Interviews. Man<br />
lernte den Videoschnitt am Computer<br />
und wie man Videos und DVDs<br />
erstellt. Da der Kurs am Wochenende<br />
stattfand und mit Kosten verbunden<br />
war, nahmen nicht alle Schüler der<br />
Gruppe daran teil. Die freigewordenen<br />
Plätze waren aber schnell<br />
wieder mit interessierten Mädchen<br />
auch aus der 8. Klasse besetzt. Ziel<br />
des Kurses war die Erstellung einer<br />
Dokumentation bzw. Reportage<br />
einschließlich Postproduktion und<br />
DVD-Erstellung. Filmarbeit ist Teamarbeit.<br />
Dazu gehört es zunächst, eine<br />
arbeitsfähige Gruppe zu schaffen.<br />
Den Schülern wurde die Angst vor<br />
der Technik genommen und ein Einblick<br />
in die Videoarbeit vermittelt.<br />
Jeder Teilnehmer erhielt am Ende<br />
eine Teilnahmebescheinigung für<br />
die Bewerbungsmappe und natürlich<br />
eine Kopie der erstellten Dokumentation,<br />
den Backstage-Szenen und<br />
einer Powerpoint-Präsentation, die<br />
aus den Fotos von den Dreharbeiten<br />
erstellt wurde.<br />
Mittlerweile sind die Kursteilnehmer<br />
als Spezialisten gefragt. Einige arbeiteten<br />
bei der Produktion von weiteren<br />
<strong>Schülerfirmen</strong> erfolgreich mit. Ein<br />
besonderes Highlight war auch die<br />
Teilnahme von einigen Schülerinnen<br />
an einem Filmprojekt bei der Jugendzukunftskonferenz<br />
auf dem Umwelt-<br />
Campus Birkenfeld.<br />
Dank dem Projekt „Medienkompetenz<br />
macht Schule“ hat sich auch<br />
hier eine Lösung für die Verbesserung<br />
der Ausstattung gefunden: Seit<br />
dem 28.6.07 ist die Erich- Kästner<br />
Regionalschule „Modellschule Medienkompetenz“.<br />
Durch die damit<br />
verbundene finanzielle Zuwendung<br />
unterstützt die Schule die Arbeit der<br />
Schülerfirma mit dem Kauf einer geeigneten<br />
Kamera und die Ausstattung<br />
mit entsprechender Software.<br />
Der 02.07.2007 gilt nun endgültig<br />
als Gründungsdatum der Schülerfirma<br />
„Medienkompetenz“. Im Zuge<br />
der Ernennung zur „Modellschule<br />
Medienkompetenz“ konnte sie ihr<br />
Angebot erweitern, und es wurde<br />
folgende Satzung beschlossen:<br />
Die Schülerfirma bietet Schülern,<br />
Eltern, Lehrern Beratung und Hilfen<br />
im Umgang mit neuen Medien.<br />
Wir bieten folgende Fertigkeiten und<br />
Fähigkeiten an:<br />
• Erstellen von Powerpoint Präsentationen<br />
• Fotografieren und Bildbearbeitung<br />
mit dem Computer<br />
• Filmen, Regie und Filmbearbeitung<br />
am Computer<br />
• Beamer-Präsentationen<br />
• Ausstattung und Überwachung<br />
von Veranstaltungen mit Ton- und<br />
Bildtechnik<br />
• Organisation von Veranstaltungen<br />
• Beratung beim Umgang mit Computerprogrammen<br />
• Hilfe bei der Wartung unter Anleitung<br />
• Einführungen für Gruppen in Word<br />
und Powerpoint<br />
Die Schülerfirma „Medienwerkstatt“<br />
besteht aus 5 Abteilungen:<br />
• Verwaltung<br />
• Bilder und Werbung<br />
• Veranstaltungstechnik<br />
• Filmen<br />
• Computer<br />
Jede Abteilung hat einen Sprecher und<br />
einen Stellvertreter. Beide nehmen an<br />
den regelmäßigen Vorstandsitzungen<br />
teil und informieren ihre Abteilungsmitglieder<br />
über die Ergebnisse.<br />
In einer ersten Vorstandssitzung am<br />
gleichen Tag beschäftigte man sich<br />
mit dem Problem Finanzierungsmöglichkeiten<br />
für die Firmenausstattung.<br />
Es wurde festgelegt was man tun<br />
will, wer dafür verantwortlich ist, wie<br />
die ersten Schritte aussehen und bis<br />
wann ein Zwischenbericht abgegeben<br />
werden muss.<br />
25
Trotz scheinbar unüberwindlicher<br />
Hindernisse hat die Gruppe „Medienwerkstatt“<br />
es mit viel Energie und<br />
persönlichem Einsatz innerhalb des<br />
letzten Schuljahres geschafft, eine<br />
Schülerfirma zu gründen. Es ist offensichtlich,<br />
dass noch nicht alle Hürden<br />
überwunden sind, bis die Schülerfirma<br />
erfolgreich ist und Gewinne erzielt.<br />
Wichtige Dinge sind noch offen<br />
und müssen geklärt werden, wie etwa<br />
der Firmenstatus, die Finanzplanung<br />
oder die Frage der Versicherung im<br />
Schadensfall und die Etablierung der<br />
Firma unter dem Dach der Schule.<br />
Nicht nur bei der gemeinsamen Arbeit<br />
in der Schülerfirma sondern auch in<br />
anderen Unterrichtsfächern veränderte<br />
sich das Verhältnis der Mitglieder<br />
der Schülerfirma zur Schule. Neben<br />
einem vertrauteren Umgang, zeigten<br />
einige Schüler auch eine deutliche<br />
Motivation und Steigerung in den<br />
schulischen Leistungen.<br />
Mit dem, was in der Gründungsphase<br />
der Schülerfirma erreicht wurde, bin<br />
ich sehr zufrieden. Gleichzeitig bin<br />
ich aber auch gespannt darauf, wie es<br />
mit der Schülerfirma weitergeht.<br />
Ablaufplan<br />
26
Praxisbeispiel 6 Praxisbeispiel 5<br />
Hans Allmendinger, Anna Wehrheim, Cornelius Rau<br />
Das K-Team – mehr als Brötchen<br />
Eine Schülerfirma<br />
am Otto-Hahn-Gymnasium<br />
in Landau/Pfalz stellt sich vor<br />
(Anmerkung der Redaktion: In „umwelterziehung<br />
praktisch, <strong>Heft</strong> 45,<br />
Allerlei m.b.H., <strong>Schülerfirmen</strong>, war<br />
die Schülerfirma K-Team auf Seite<br />
23/24 kurz vorgestellt worden. <strong>Heft</strong><br />
45 ist einzusehen und herunter zu<br />
laden unter www.nachhaltigkeit.bildung-rp.de/service/unterrichtsmaterial/schuelerfirmen.htm.<br />
Mittlerweile<br />
kann die Firma auf Erfahrungen aus<br />
5 Geschäftsjahren zurückblicken. Sie<br />
wurde weiterentwickelt und bildet<br />
einen festen Bestandteil des sozioökonomischen<br />
Bildungskonzepts der<br />
Schule)<br />
Wie alles begann!<br />
Ende Mai 2001 trafen sich die Schülervertreter<br />
zusammen mit dem<br />
„Schülersprecherteam 2000/2001“<br />
und Vertretern der Lehrerschaft in<br />
Neustadt an der Weinstraße zu ihrem<br />
alljährigen Treffen. Ziel dieser Treffen<br />
ist die Bewältigung schulischer<br />
Alltagsprobleme und die Entwicklung<br />
neuer Ideen, um Schule attraktiver zu<br />
gestalten und um aktive Mitwirkung<br />
von Schülern an schulischen Prozessen<br />
zu fördern. Es bildeten sich<br />
verschiedene Arbeitsgruppen. Eine<br />
dieser Gruppen unter Leitung von<br />
Herrn Allmendinger, Fachlehrer für<br />
Sozialkunde, beschäftigte sich mit<br />
dem Thema „Wie gründe ich eine<br />
Firma?“<br />
Nach einem ausgiebigen Brainstorming<br />
wurden die unterschiedlichen<br />
Vorschläge zusammengefasst. Kerngerüst<br />
einer Firma bildete demnach:<br />
Finanzabteilung, Marketing- und<br />
Personalabteilung.<br />
Es entstand der spontane Wunsch<br />
aller Mitwirkenden, die erarbeiteten<br />
Ideen auch in die Praxis umzuset-<br />
27
zen. Unser seit ein paar Monaten<br />
leer stehender Kiosk bot dazu eine<br />
optimale Gelegenheit. Jetzt war nur<br />
noch „grünes Licht“ der Schulleitung<br />
notwendig. Unser damaliger<br />
Schulleiter, Herr Dr. Konrad, war<br />
von unserem Vorhaben begeistert und<br />
sicherte uns seine volle Unterstützung<br />
zu. „Bauchschmerzen“ bereitete uns<br />
das anfängliche finanzielle Risiko,<br />
welches sich durch den Einkauf der<br />
Waren und bei eventuellem Nichtverkauf<br />
der Artikel einstellen würde.<br />
Dr. Konrad, der die Einbindung der<br />
Schüler in die Prozesse der Wirtschaft<br />
sehr befürwortete und sich von unserem<br />
Unternehmergeist anstecken<br />
ließ, übernahm von schulischer Seite<br />
das volle finanzielle und rechtliche<br />
Risiko. Dennoch benötigten wir ein<br />
gewisses Startkapital. Die Idee einer<br />
Aktiengesellschaft wurde geboren.<br />
Was wir woll(t)en!<br />
In der letzten Schulwoche packten wir<br />
unser „Projekt Kiosk“ als Schülerthema<br />
in Schülerhand an. Wichtigste<br />
Zielsetzung war es, ein Schülerunternehmen<br />
zu gründen, das auf Dauerhaftigkeit<br />
angelegt war. Entgegen<br />
den Projekten, die nur eine kurze<br />
Laufzeit von meist einem Jahr hatten,<br />
wollten wir versuchen, eine Struktur<br />
aufzubauen, die über viele Jahre hin<br />
die Existenz des Betriebes gewährleistet,<br />
auch wenn in der Zwischenzeit<br />
Mitarbeiter wegen des erfolgreichen<br />
Abschlusses ihrer Schulkarriere das<br />
Unternehmen verlassen mussten.<br />
Aus den Projektteilnehmern waren<br />
19 Gründungsmitglieder geworden,<br />
die sich die Aufgaben der folgenden<br />
Tage aufteilten. An erster Stelle stand<br />
die Instandsetzung und Ausstattung<br />
unseres neuen Wirkungsfeldes, sowie<br />
die Einrichtung eines Vorbereitungsraumes<br />
für angebotenen Waren.<br />
Das Team 2006/2007<br />
In diesem Zusammenhang zeigte<br />
sich das Schulamt der Stadt Landau<br />
sehr kooperativ und finanzierte uns<br />
z. B. das Legen von Leitungen in<br />
unserem Vorbereitungsraum. Durch<br />
die freundliche Unterstützung von<br />
weiteren regionalen Sponsoren (Fa.<br />
Ufer, Fa. Hornbach) waren wir in<br />
der Lage, unseren Küchenraum zu<br />
möblieren und unseren Kiosk funktionstüchtig<br />
einzurichten. Außerdem<br />
strichen wir gemeinsam unseren<br />
Kiosk und tapezierten zusammen<br />
mit unserem projektleitenden Lehrer,<br />
Herrn Allmendinger, den zukünftigen<br />
Küchenraum.<br />
Jetzt fehlte uns nur noch ein passender<br />
Name, ein Logo, ein Aktienentwurf<br />
und eine Satzung. Der Name<br />
„K-Team“ fand sofort Gefallen und<br />
wurde von Cornelius Rau, damals Kl.<br />
9b, optisch umgesetzt. Eine Gruppe<br />
erarbeitete in dieser Projektwoche<br />
unsere Aktie und eine für eine Schule<br />
zugeschnittene Satzung.<br />
Eine weitere Voraussetzung für den<br />
Kioskbetrieb war, die strengen Auflagen<br />
in der Lebensmittelbranche<br />
zu erfüllen. Dazu besuchten alle K-<br />
Team-Mitglieder eine Unterweisung<br />
bezüglich der hygienischen Behandlung<br />
von Nahrungsmitteln im Gesundheitsamt<br />
der Stadt Landau.<br />
Was bisher geschah<br />
Das erste Jahr<br />
Nach den Sommerferien<br />
2001<br />
eröffneten wir<br />
unseren Kiosk<br />
mit einem großen Event. Die Unterstützung<br />
auch von Seiten der örtlichen<br />
politischen Prominenz wie z. B.<br />
Oberbürgermeister Wolff und Landrätin<br />
Riedmaier hat die mitarbeitenden<br />
Schüler und Schülerinnen besonders<br />
erfreut. Schüler/innen und Lehrkräfte<br />
des OHG konnten bis zu fünf unserer<br />
Aktien für 2 € pro Stück erwerben.<br />
28
Die Resonanz war überwältigend.<br />
Unser täglicher Arbeitsablauf sah zu<br />
Beginn unserer betrieblichen Existenz<br />
wie folgt aus:<br />
Durch ein rotierendes Arbeitsplansystem<br />
wurden die Schüler/innen<br />
eingeteilt.<br />
Ihre täglichen Aufgaben bestanden<br />
in<br />
a) der Vorbereitung der frisch gelieferten<br />
Ware ab 7.00 Uhr,<br />
b) dem Verkauf unseres reichhaltigen<br />
Angebots durch ein erstes Schülerteam<br />
in der ersten Pause und durch<br />
eine zweite und dritte Schicht in<br />
der zweiten Pause,<br />
c) der gründlichen Reinigung von<br />
Kiosk und Küchenraum nach der<br />
6. Stunde.<br />
Seminararbeit<br />
Die Bestellungen der Waren und<br />
Getränke wurden flexibel nach dem<br />
Kaufverhalten der Schüler/innen und<br />
Lehrer/innen ausgerichtet. Dafür gab<br />
es vor den Sommerferien eine Umfrage<br />
in der gesamten Schülerschaft.<br />
Da wir gleichzeitig auch ökologische<br />
Schule sind, galt es, einen Kompromiss<br />
zwischen Ökonomie und Ökologie<br />
zu finden. Getränke sollte es<br />
nur in Pfandflaschen geben, Brötchen<br />
sollten in allen Varianten angeboten<br />
werden, d. h. neben den besonders<br />
beliebten weißen Brötchen wurde<br />
von vorneherein auch Schrotiges und<br />
Körniges angeboten.<br />
Nach den ersten Monaten unseres Unternehmertums<br />
fand ein Seminarwochenende<br />
für die K-Team-Mitglieder<br />
statt. In diesen Tagen wurden für die<br />
Abteilungen Marketing, Finanzwesen<br />
und Personalführung je ein Mitglied<br />
bestimmt, welches im Namen der<br />
anderen K-Team-Mitglieder die betreffenden<br />
Aufgaben federführend<br />
übernehmen sollte.<br />
Mittlerweile konnten wir auf Grund<br />
unseres Erfolges gute Gewinne verzeichnen,<br />
so dass es möglich war,<br />
für jedes arbeitende Mitglied ab dem<br />
1. Januar 2002 eine Entlohnung von<br />
monatlich 40 € zu zahlen.<br />
An dieser Stelle ist zu erwähnen,<br />
dass alle unsere Mitglieder von Klassenstufe<br />
8 bis 13 gleichberechtigt in<br />
die Entscheidungsprozesse einbezogen<br />
sind. Durch die Mitgliedschaft<br />
jüngerer Schüler wird auch das Bestehen<br />
des Kiosk-Teams nach dem<br />
Ausscheiden der Oberstufenschüler<br />
und –schülerinnen nach Klasse 13<br />
garantiert. Es ist wichtig und reizvoll,<br />
die nächste K-Team-Generation auf<br />
ihre Aufgaben vorzubereiten.<br />
Ein halbes Jahr nach Gründung der<br />
Firma fand die erste Aktionärsversammlung<br />
statt, die bei den Anteilseignern<br />
großes Interesse fand. Der<br />
erste Aufsichtsrat tagte im Anschluss<br />
und wählte, wie in unserer Satzung<br />
verankert, zum ersten Mal einen<br />
Vorstand.<br />
Schon nach den ersten Wochen Erfahrung<br />
im Umgang mit wirtschaftlichen<br />
Prozessen konnten wir mit Stolz behaupten:<br />
Unser Projekt hat sich schon<br />
jetzt gelohnt.<br />
Das zweite Jahr<br />
Das zweite Jahr des K-Teams traten<br />
wir mit gemischten Gefühlen an.<br />
Können wir unsere Motivation behalten?<br />
Finden wir neue Leute, die<br />
mitarbeiten wollen? Wie klappt die<br />
erste Gewinn – und Verlustrechnung<br />
beim Finanzamt? Fragen über Fragen,<br />
die uns zu Beginn des neuen Schuljahres<br />
beschäftigten.<br />
Und es ist wirklich was dran, dass das<br />
zweite Geschäftsjahr schwieriger ist,<br />
als es das erste war. Wir standen vor<br />
neuen Problemen und waren nicht<br />
mehr ganz so erfolgreich wie im<br />
ersten Jahr.<br />
Das größte Problem, das wir bewältigen<br />
mussten, war wie erwartet das der<br />
Motivation. Morgens wieder um 6.00<br />
Uhr raus, um Brötchen schmieren<br />
zu können, Getränke bestellen, Geld<br />
wegbringen, verkaufen, ... jeden Tag<br />
dieselbe Leier. Immer wieder Treffen,<br />
um die Schwierigkeiten zu bereden<br />
und Lösungen zu finden!<br />
29
Und dann noch das hartnäckige<br />
Finanzamt! Wie eine Gewinn – und<br />
Verlustrechnung erstellen? Papiere<br />
ordnen, Zahlenkolonnen erstellen,<br />
rechnen, rechnen, rechnen!<br />
Wir müssen zugeben, dass es uns<br />
manchmal fast zuviel wurde. Aber wir<br />
dachten uns, dass so schnell aufgeben<br />
einfach nicht gilt.<br />
Essen richten<br />
Durchhaltevermögen war gefragt und<br />
das Team hatte letztendlich auch die<br />
Lust weiterzumachen und nicht die<br />
Flinte ins Korn zu werfen. Dies war<br />
der entscheidende Schritt und wir<br />
diese Talsohle durchschreiten.<br />
Am Ende des Schuljahres kamen neue<br />
Mitglieder ins Team, die frischen<br />
Wind brachten und unsere ausscheidenden<br />
13er ersetzten.<br />
Die Umsatzzahlen gestalteten sich<br />
auch wieder etwas freundlicher, und<br />
eine Aktionärsversammlung fand<br />
noch vor Weihnachten statt. Nach<br />
dem ersten hochfliegenden Jahr war<br />
eine realistischere Sicht der Dinge<br />
eingetreten, letztendlich auch ein<br />
wichtiger Entwicklungsschritt für das<br />
Bestehen des K-Teams.<br />
Mit Veränderungen im Getränkeverkauf<br />
(Umstellung auf Betreuung von<br />
Automaten) und nochmals neuen<br />
Mitarbeiter/innen wurde eine gute<br />
Basis geschaffen, das kommende,<br />
dritte Geschäftsjahr erfolgreich abzuschließen<br />
und ein Fundament für<br />
eine wirklich dauerhafte Existenz<br />
des Schülerunternehmens K-Team<br />
zu legen.<br />
Das dritte Jahr<br />
Niemand hatte uns das zugetraut!<br />
Drei Jahre hielt unsere Schülerfirma<br />
K-Team AG jetzt schon durch.<br />
Unser Augenmerk richteten wir in<br />
diesem Jahr ganz besonders auf<br />
die Verstetigung unserer Firma.<br />
Wir wollten Strukturen entwickeln,<br />
die es möglich machen, jedes Jahr<br />
problemlos neue Mitglieder für die<br />
Ausscheidenden anzuwerben und<br />
zu integrieren. Zudem wollten wir<br />
verstärkt mit schulinternem Catering<br />
aktiv werden und Schulfeste oder<br />
Feiern von Lehrern mit unseren Kreationen<br />
beglücken.<br />
Das vierte Jahr<br />
Es gab erstmals Dividende!<br />
Das wirtschaftlich schwierige dritte<br />
Jahr wurde durch kontinuierliche<br />
Arbeit wieder ausgeglichen, so dass<br />
wir uns sogar an den Kosten der<br />
Renovierung des Kiosks beteiligen<br />
konnten.<br />
Das Satzungsziel des ökonomischen<br />
Lernens wurde noch stärker in den<br />
Blickpunkt genommen. Firmenstrukturen<br />
sollten sich weiter entwickeln<br />
und das Verständnis für ökonomische<br />
Zusammenhänge in einem wenn auch<br />
kleinen Betrieb stärker verdeutlicht<br />
werden.<br />
Dazu planten wir im neuen Schuljahr<br />
erstmals einen Handelstag mit<br />
der Möglichkeit des Aktienkaufs<br />
und –verkaufs und waren selbst sehr<br />
gespannt, wie dies ablaufen würde.<br />
Zudem wollten wir damit auch die<br />
Möglichkeit für neue Schüler/innen<br />
schaffen, das K-Team und seine Arbeit<br />
besser kennen zu lernen.<br />
Die Bewertung des Unternehmens<br />
durch einen Wirtschaftsfachmann<br />
sollte die zweite wichtige Aktion in<br />
diesem Zusammenhang darstellen.<br />
Das fünfte Jahr<br />
Die letzten Gründungsmitglieder<br />
verliesen in diesem Jahr die Firma.<br />
Gemeinsam konnten wir noch die<br />
Aktionärsversammlung vorbereiten<br />
und durchführen, und zum ersten<br />
Mal führten wir dabei auch einen<br />
Aktienhandel durch, der zum Teil<br />
30
Verankerung der sozioökonomischen Bildung am Otto-Hahn-Gymnasium Landau<br />
zwar etwas chaotisch ablief, aber<br />
für alle Beteiligten eine interessante<br />
Erfahrung darstellte.<br />
Die Arbeitsatmosphäre entwickelte<br />
sich sehr gut, wozu nicht zuletzt<br />
beitrug, dass wir die Arbeitsorganisation<br />
veränderten. Teams sind jetzt<br />
für einzelne Tage verantwortlich<br />
und teilen die Arbeit selbständig ein.<br />
Seither haben wir so gut wie keine<br />
Ausfälle bei den „Schmierarbeiten“<br />
am Morgen mehr.<br />
Konsequent das Tagesgeschäft durchführen,<br />
um damit eine stabile wirtschaftliche<br />
Entwicklung der Firma<br />
zu sichern war das Hauptziel in diesem<br />
Schuljahr. Bei Betrachtung der<br />
Umsatzentwicklung wird deutlich,<br />
dass dies die richtige Entscheidung<br />
für dieses Geschäftsjahr war. Wir<br />
sind aber auch weiterhin bei der Abi-<br />
Verabschiedung dabei, unterstützen<br />
Schulfeste und richten auch in Zukunft<br />
auf Wunsch runde Geburtstage<br />
oder andere Jubiläen aus.<br />
Es ist für uns ganz klar, dass wir in<br />
unseren Projekten wertvolle Erfahrungen<br />
für unser späteres Bestehen in<br />
der Berufswelt sammeln. Ein weiterer<br />
positiver Effekt ergibt sich aus der<br />
Zusammenarbeit im Team, in dem nebenbei<br />
soziale Kompetenzen geschult<br />
werden. Trotz der üblichen kleinen<br />
Reibungsverluste im alltäglichen Geschäft<br />
meinen wir, dass das K-Team<br />
als Erfolgsmodell gesehen werden<br />
kann. In welchem Bereich ist es in<br />
der Schule denn sonst noch möglich,<br />
sich über eine so lange Dauer über<br />
sechs Klassenstufen hinweg immerzu<br />
in einem Projekt zu engagieren (von<br />
der Schülerzeitung vielleicht einmal<br />
abgesehen)?<br />
In diesem Sinne hoffen wir auf die<br />
weitere konstruktive Unterstützung<br />
durch die Schulgemeinschaft des<br />
OHG auch wenn manchmal nicht<br />
alles so klappt, wie es sich jede/r<br />
vorstellt. Aber dafür lernen wir das<br />
Ganze ja – die betreuenden Lehrer<br />
im übrigen auch!!!<br />
Was wird noch kommen!?:<br />
Fazit …<br />
Wenn man ein Fazit unserer bisherigen<br />
unternehmerischen Tätigkeit<br />
ziehen möchte, dann muss es heißen:<br />
Lernen durch Tun!<br />
31
Vieles, was wir ausprobiert haben,<br />
von der Struktur der Firma bis zur<br />
Einteilung der Arbeitsorganisation<br />
hat sich erst im gemeinsamen Handeln<br />
entwickelt. Irrwege wurden<br />
eingeschlagen und wieder verlassen.<br />
Wichtig erscheint mir als betreuendem<br />
Lehrer, dass man nicht alleine<br />
vor sich hin wurschtelt. Deshalb werde<br />
ich nach dem Ausscheiden meiner<br />
Partner im neuen Schuljahr intensiv<br />
auf Nachfolgesuche gehen.<br />
Die Akzeptanz im Kollegium und v.<br />
a. in der Schulleitung ist unabdingbar.<br />
Das Kollegium ist mit guter Brötchenqualität<br />
und gutem Catering recht<br />
leicht zu gewinnen. Die Schulleitung<br />
ist nötig, wenn nach außen hin Konflikte<br />
auftreten.<br />
Informationen über die rechtlichen<br />
Bedingungen gibt es im Internet genügend<br />
und werden hier nicht gesondert<br />
aufgeführt.<br />
... und Ausblick<br />
Nachdem sich die Schülerfirma über<br />
die Jahre sehr gut etabliert hat, soll in<br />
der folgenden Zeit ein stärkeres Augenmerk<br />
auf betriebswirtschaftliche<br />
Inhalte gelegt werden. Der Mehrwert<br />
für die Schülerinnen und Schüler soll<br />
gesteigert werden. Neben den qualitativen<br />
Zeugnissen heißt das auch eine<br />
Erweiterung des fachlichen Wissens<br />
bezüglich der Führung eines Unternehmens.<br />
Hier gibt es schon Ideen<br />
zur Einbindung von Spezialisten von<br />
außen.<br />
Sozioökonomische Bildung<br />
Die Schülerfirma K-Team ist als<br />
ergänzendes, klassenübergreifendes<br />
Projekt eingebettet in den großen<br />
Bereich Berufswahlvorbereitung<br />
innerhalb der sozioökonomischen<br />
Bildung am Otto-Hahn-Gymnasium.<br />
Neben der Schülerfirma umfasst diese<br />
vier große Bereiche, die inhaltlich<br />
miteinander verknüpft sind. Der<br />
wichtigste, weil alle Schülerinnen und<br />
Schüler betreffende Bereich, umfasst<br />
den Unterricht in den Klassenstufen<br />
6 bis 13. Hier werden den jeweiligen<br />
Altersstufen angemessen Themen<br />
aus der Wirtschaft bzw. dem Bereich<br />
Berufswahlvorbereitung verbindlich<br />
unterrichtet. Ergänzung findet<br />
dieser Teil in Trainingseinheiten<br />
in den Klassenstufen 9 bis 12, die<br />
spezifisch auf die Bewerbung hin<br />
ausgerichtet sind. Den praktischen<br />
Teil bilden das verbindliche Sozialpraktikum<br />
in der Klassenstufe 9, das<br />
verbindliche Berufspraktikum in der<br />
Klassenstufe 11 sowie die freiwilligen<br />
Veranstaltungen des Teamtrainings<br />
„Meisterwerker“ und des Schnupperstudiums<br />
in den Klassenstufen<br />
12 und 13. Ergänzende Projekte<br />
stellen die Teilnahme bei „Jugend<br />
denkt Zukunft“ und Inside View<br />
(Unternehmenstag) in der Klassenstufe<br />
10 sowie die Teilnahme an der<br />
Präsentation des Betriebspraktikums<br />
in der 11. Jahrgangsstufe dar. Neben<br />
dem K-Team findet als jahrgangsstufenübergreifende<br />
Veranstaltung die<br />
Berufsbörse für die gesamte MSS<br />
statt, die in wechselndem Rhythmus<br />
alle zwei Jahre mit Unterstützung der<br />
Eltern bzw. des Rotary-Club Landau<br />
durchgeführt wird.<br />
Für weitere Informationen steht<br />
Herr Hans Allmendinger<br />
zur Verfügung.<br />
Kontakt über das<br />
Otto-Hahn-Gymnasium Landau<br />
ohg.landau@t-online.de<br />
Pausenverkauf<br />
32
Praxisbeispiel 6<br />
Dirk Wölbert, Sascha Heß, Ulrich Deilmann<br />
JUFI – die Juniorenfirma der BBS<br />
Ludwig-Ehrhard-Schule in Neuwied<br />
Kontakt:<br />
Ludwig-Erhard-Schule<br />
Neuwied<br />
Beverwijker Ring 3<br />
56564 Neuwied<br />
Tel. +<strong>49</strong> - 2631 - 96 45 0<br />
Fax +<strong>49</strong> - 2631 - 96 45 50<br />
www.jufi-neuwied.de<br />
Die dargestellte Schülerfirma ist<br />
durch ihr langes Bestehen und ihren<br />
<strong>nachhaltige</strong>n Erfolg beispielhaft für<br />
ein von Schülern getragenes Unternehmen,<br />
das sich zunehmend an<br />
Nachhaltigkeitsaspekten orientiert.<br />
Dabei leistet die Schülerfirma in jeder<br />
Hinsicht Großartiges. Sie bewegt die<br />
Schülerinnen und Schüler, sie leistet<br />
große Investitionen aus ihren Gewinnen,<br />
z. B. beim Anbau einer neuen<br />
Aula, die gleichzeitig als Speisesaal<br />
für die benachbarte Kinzing-Schule<br />
dient. Sie bemüht sich, das Gesundheits-<br />
und Ernährungsbewusstsein<br />
zu erweitern. Sie lädt interessierte<br />
Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen<br />
von IFB-Fortbildungen ein, sich<br />
selbst ein Bild zu machen und die<br />
guten Erfahrungen in ihrem Bereich<br />
umzusetzen.<br />
Die Ludwig-Erhard-Schule Neuwied<br />
(LES Neuwied) ist eine Berufsbildende<br />
Schule mit vielfältigen kaufmännischen<br />
Bildungsgängen. Die<br />
Versorgung der täglich anwesenden<br />
ca. 1.100 Schülerinnen und Schüler<br />
mit Speisen und Getränken wurde<br />
viele Jahre vom Hausmeister eigenverantwortlich<br />
organisiert. Die<br />
Schulleitung hatte die im Frühjahr<br />
1992 anstehende Verabschiedung des<br />
Hausmeisters zum Anlass genommen,<br />
den für Schulen unschätzbaren<br />
Wert eines realen kaufmännischen<br />
Betätigungsfeldes einer Vielzahl von<br />
freiwillig engagierten Jugendlichen<br />
33
zugänglich zu machen. Nach intensiven<br />
Überlegungen, unter welchen<br />
rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
unsere Schülerinnen und Schüler<br />
wirtschaftliche Verantwortung übernehmen<br />
können, entschied sich die<br />
Schulleitung für die Gründung eines<br />
eingetragenen Vereins.<br />
Hauptziele<br />
des am 17. März 1992 ins Vereinsregister<br />
des Amtsgerichtes Neuwied<br />
eingetragenen Vereins „Juniorenfirma<br />
der Ludwig-Erhard-Schule Neuwied<br />
e. V.“ sind:<br />
• Vermittlung von kaufmännischen<br />
Qualifikationen unter realen Bedingungen<br />
• Förderung der Teamfähigkeit<br />
• Bereitstellung eines ernährungsbewussten<br />
Warenangebotes im<br />
Schulkiosk<br />
• Abfallvermeidung und Umweltschutz<br />
• Erwirtschaftung eines Überschusses<br />
zwecks Einrichtung einer<br />
Cafeteria<br />
Organisatorischer Aufbau der<br />
Firma<br />
Die Leitung der Juniorenfirma obliegt<br />
dem aus vier Personen bestehendem<br />
Vereinsvorstand, der ausschließlich<br />
mit Schülerinnen und Schülern der<br />
Ludwig-Erhard-Schule besetzt ist.<br />
Die gesamte kaufmännische Sachbearbeitung<br />
wird ebenfalls von Schülerinnen<br />
und Schülern in den folgenden<br />
Abteilungen eigenverantwortlich<br />
durchgeführt:<br />
• Allgemeine Verwaltung und EDV<br />
• Personalwesen<br />
• Rechnungswesen<br />
• Einkauf<br />
• Verkauf<br />
• Marketing<br />
Die mitarbeitenden Schülerinnen<br />
und Schüler erhalten für ihre Tätigkeit<br />
kein Entgelt. Die anfallenden<br />
Arbeiten werden in den Pausen,<br />
den Freistunden und während der<br />
zweistündigen Arbeitsgemeinschaft<br />
„angewandte Betriebswirtschaftslehre“<br />
erledigt. Die Arbeitsgemeinschaft<br />
findet außerhalb des regulären<br />
Unterrichts statt. Die Jugendlichen<br />
investieren freiwillig wöchentlich<br />
zwei Stunden ihrer teilweise knappen<br />
Freizeit in praktisches kaufmännisches<br />
Lernen.<br />
Den Warenverkauf (Öffnungszeit<br />
der Cafeteria: 8:00 bis 13:15 Uhr)<br />
übernehmen fest angestellte Mitarbeiterinnen.<br />
Zurzeit sind sechs<br />
Mitarbeiterinnen im Verkauf beschäftigt.<br />
Die Beschäftigung erfolgt<br />
auf Lohnsteuerkarte bzw. auf 400,00<br />
€-Basis. Außerdem gehört eine Reinigungskraft<br />
zum Mitarbeiterstamm<br />
der Juniorenfirma.<br />
Die fachliche Betreuung der engagierten<br />
Schülerinnen und Schüler<br />
erfolgt durch den pädagogischen<br />
Beirat, der ausschließlich mit zwei<br />
bis drei Lehrkräften der Ludwig-<br />
Erhard-Schule besetzt ist. Der pädagogische<br />
Beirat ist insoweit für<br />
die schülergerechte Vernetzung von<br />
kaufmännischer Theorie und Praxis<br />
zuständig.<br />
Aufgabenbereiche der<br />
Schülerinnen und Schüler<br />
Die Zuweisung von Aufgabenbereichen<br />
erfolgt zunächst nach Interesse<br />
der Schülerinnen und Schüler. Darüber<br />
hinaus wird darauf geachtet, dass<br />
die Jugendlichen nach einer gewissen<br />
Zeit die Abteilungen wechseln und ihnen<br />
möglichst vielfältige Erfahrungen<br />
zu ermöglichen.<br />
Im Bereich Allgemeine Verwaltung<br />
und EDV erledigen die Jugendlichen<br />
alle abteilungsübergreifenden<br />
Arbeiten. Hierzu zählen z. B.:<br />
• Projektbetreuung<br />
• Betreuung des PC-Netzwerkes und<br />
der Homepage<br />
• Verwaltung der Büromaterialien<br />
Im Personalwesen erfassen die<br />
Schülerinnen und Schüler die<br />
vom Verkaufspersonal geleisteten<br />
Arbeitszeiten. Am Monatsende werden<br />
die auf den Stundennachweisen<br />
basierenden Verdienstabrechnungen<br />
erstellt. Die Schülerinnen und<br />
Schüler haben zu diesem Zweck<br />
Excel-Formulare entwickelt, die<br />
den unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten<br />
der auf 400,00 €-Basis<br />
(Mini-Job), 401,00 € bis 800,00<br />
€- Basis (Midi-Job) bzw. auf Lohnsteuerkarte<br />
beschäftigten Mitarbeiterinnen<br />
gerecht werden. Die an das<br />
Finanzamt abzuführenden Abgaben<br />
werden mit Hilfe eines professionellen<br />
Berechnungsprogramms ermittelt.<br />
Die Auszahlung der Löhne wird<br />
selbständig veranlasst und überwacht.<br />
Die Lohnsteueranmeldungen<br />
und die sozialversicherungsrechtlichen<br />
Meldungen werden fristgerecht<br />
eingereicht und die entsprechenden<br />
Zahlungen geleistet. Die Schülerinnen<br />
und Schüler führen alle gesetzlich<br />
sowie organisatorisch erforderlichen<br />
Unterlagen in Eigenregie. Alle bisher<br />
durchgeführten Lohnsteuer- und Sozialversicherungsprüfungen<br />
führten zu<br />
keinerlei Beanstandungen.<br />
In der Abteilung Rechnungswesen<br />
werden alle Geschäftsvorfälle beleg-<br />
34
mäßig geprüft, vorkontiert und mit<br />
Hilfe eines professionellen Finanzbuchhaltungsprogramms<br />
erfasst. Es<br />
werden beispielsweise die Eingangsund<br />
Ausgangsrechnungen auf den<br />
entsprechenden Kreditoren- und<br />
Debitorenkonten gebucht, die offenen<br />
Posten geprüft und eventuelle Unstimmigkeiten<br />
mit den Sachbearbeitern<br />
der Einkaufs- und Verkaufsabteilung<br />
geklärt. Außerdem wird ein von der<br />
Finanzbuchhaltung getrenntes Excel-<br />
Kassenbuch geführt. Am Jahresende<br />
wird die anstehende Inventur geplant<br />
und am letzten Schultag vor den<br />
Weihnachtsferien durchgeführt. Die<br />
auf diese Weise gewonnenen Daten<br />
bilden unter anderem die Grundlage<br />
für den Geschäftsbericht des abgelaufenen<br />
Wirtschaftsjahres.<br />
Die Schülerinnen und Schüler der<br />
Einkaufsabteilung sind für die<br />
Warendisposition zuständig. Sie<br />
prüfen die Lagerbestände und klären<br />
mit den Verkaufsmitarbeiterrinnen<br />
den aktuellen Bedarf. Die benötigten<br />
Mengen werden auf selbst<br />
erstellten Formularen erfasst und<br />
an die Lieferanten gefaxt bzw. per<br />
E-Mail übermittelt. Die bestellte<br />
Ware wird vom Verkaufspersonal in<br />
Empfang genommen und fachgerecht<br />
eingelagert. Das Ergebnis der Warenprüfung<br />
wird auf dem Lieferschein<br />
vermerkt. Eventuelle Beanstandungen<br />
melden die zuständigen Schülerinnen<br />
und Schüler unverzüglich<br />
dem Lieferanten. Die Eingangsrechnungen<br />
werden mit den Lieferscheinen<br />
verglichen und auf ihre<br />
Übereinstimmung und rechnerische<br />
Richtigkeit geprüft. Gelegentlich<br />
vorkommende Abrechnungsfehler<br />
werden mit dem Lieferanten geklärt.<br />
Anschließend wird die Zahlung veranlasst<br />
und überwacht. Die geprüfte<br />
Rechnung wird der Buchhaltung<br />
übergeben.<br />
Die Schülerinnen und Schüler der<br />
Verkaufsabteilung sind u. a. für<br />
die Koordination der hausinternen<br />
Bewirtungen (z. B. bei Konferenzen,<br />
Veranstaltungen, Prüfungen) zuständig.<br />
Die ausgelieferten Speisen und<br />
Getränke werden auf selbst entwickelten<br />
Bewirtungsnachweisen vom<br />
Verkaufspersonal vermerkt und an die<br />
zuständigen Schülerinnen und Schüler<br />
zum Zwecke der Rechnungserstellung<br />
weitergeleitet. Die geprüfte Rechnung<br />
wird der Buchhaltung übergeben.<br />
Ein weiteres Aufgabengebiet ist die<br />
Aktualisierung der Preislisten und die<br />
Planung von Verkaufsaktionen.<br />
In der Marketingabteilung beschäftigten<br />
sich die Schüler mit der<br />
Entwicklung und Planung von Werbekampagnen.<br />
Ihre erste Handlung war das Erstellen<br />
einer Werbekampagne für das Produkt<br />
„Coca Cola Zero“. Als Folge dessen<br />
wurde dieses Produkt dauerhaft in<br />
unser Sortiment aufgenommen. Dies<br />
hatte eine Gewinnsteigerung zur Folge,<br />
da das Produkt von den Schülern<br />
positiv aufgenommen wurde.<br />
Es folgte eine weitere Aktion, in der<br />
den Schülern eine Menükombination<br />
(Kartoffeltasche/Getränk) angeboten<br />
wurde, um auf das Produkt „Kartoffeltaschen“<br />
aufmerksam zu machen.<br />
Diese verkauften sich zeitweise<br />
nicht mehr so gut. Diese Idee wurde<br />
von den meisten Schülern als gut<br />
befunden.<br />
Gegen Ende des ersten Halbjahres<br />
entwickelte die Marketingabteilung<br />
ein Schreiben, welches dem Zeugnis<br />
der HB- und GY-Schüler beigelegt<br />
wurde, um für die Nachhilfebörse<br />
zu werben.<br />
Zusätzlich bearbeiteten die Mitglieder<br />
der Marketingabteilung diverse<br />
kleinere Aufgaben (z. B. aktuelle<br />
Aushänge zu verschiedenen Anlässen)<br />
und begannen Ende des Jahres<br />
2006 mit der Vorbereitung einer<br />
Werbeanzeige in der Schülerzeitung<br />
für den fairgehandelten Schokoriegel<br />
„Fairetta“.<br />
Besondere Projekte und<br />
Aktivitäten<br />
Die Juniorenfirma unterhält eine<br />
schulinterne Nachhilfebörse. Nachhilfe<br />
suchende bzw. anbietende<br />
Schülerinnen und Schüler können<br />
ihren Bedarf bzw. ihre Angebote der<br />
Juniorenfirma melden und um eine<br />
zügige Vermittlung bitten. In der Vergangenheit<br />
wurden zudem Nachhilfeanfragen<br />
von Ausbildungsbetrieben<br />
erfolgreich bearbeitet.<br />
Die Juniorenfirma veranstaltet in<br />
Zusammenarbeit mit dem Sportkurs<br />
des Wirtschaftsgymnasiums das<br />
jährlich stattfindende Fußballturnier<br />
„Jufi-Cup“. Die drei besten<br />
Mannschaften erhalten Verzehrgutscheine<br />
für die Schulcafeteria.<br />
Die Siegermannschaft erhält einen<br />
Wanderpokal.<br />
Während der Weltausstellung „Expo“<br />
organisierte die Juniorenfirma sehr<br />
günstige Busreisen nach Hannover.<br />
Die gesamte Planung und Durchführung<br />
erfolgte in Eigenregie. Aktuell<br />
werden Angebote von verschiedenen<br />
Busunternehmen eingeholt, um eine<br />
Börse für Schulfahrten aller Klassen<br />
der Ludwig-Erhard-Schule einzurichten.<br />
Die Juniorenfirma hatte für diverse<br />
Klassen Schulbücher über Internetanbieter<br />
zu sehr guten Konditionen<br />
bezogen. Auch hier erfolgte die<br />
gesamte Planung und Durchführung<br />
in Eigenregie. Leider war die Nachfrage<br />
bisher nicht sehr groß. Die neu<br />
35
gegründete Marketingabteilung arbeitet<br />
an einer Strategie zur Belebung<br />
Schulbuchbörse.<br />
Die Juniorenfirma betreibt außerdem<br />
seit einigen Jahren eine eigene Solaranlage.<br />
Der ökologisch erzeugte<br />
Strom wird ins öffentliche Netz gespeist.<br />
Das selbst erbrachte Investitionsvolumen<br />
beträgt ca. 20.000,00 €.<br />
Seit Neuestem beschäftigt sich die<br />
Juniorenfirma auch mit dem Thema<br />
„Faire Produkte“. In Zusammenarbeit<br />
mit einigen Schülern aus dem<br />
Gymnasium werden Alternativprodukte<br />
gesucht, die unter fairen<br />
Bedingungen für Natur und Mensch<br />
hergestellt und verarbeitet wurden.<br />
Dazu zählt auch, dass Obst und<br />
Gemüse von Bauern aus der Region<br />
beschafft wird.<br />
Erwähnenswert ist ebenso die Versorgung<br />
der Schüler aus der benachbarten<br />
Kinzing-Schule, die Ganztagsschule<br />
ist, mit einem täglichen<br />
Mittagessen. Das Essen wird über<br />
die Juniorenfirma bei einer ortsansässigen<br />
Großküche bestellt und in einem<br />
von der LES zur Verfügung gestellten<br />
Raum ausgegeben.<br />
Didaktische Bedeutung der<br />
Juniorenfirma<br />
Das Projekt „Juniorenfirma“ existiert<br />
im Jahre 2006 bereits seit 14<br />
Jahren. Im Laufe dieser Zeit konnten<br />
die Schülerinnen und Schüler, das<br />
gesamte Kollegium sowie die Schulleitung<br />
in vielfältiger Weise von der<br />
Arbeit der Juniorenfirma profitieren.<br />
Eine abschließende Auflistung aller<br />
didaktischen Vorteile ist unmöglich.<br />
Aus diesem Grunde beschränken wir<br />
uns nachfolgend auf die wesentlichen<br />
Bildungsaspekte dieses Projektes.<br />
• Die Juniorenfirma fördert in hervorragender<br />
Weise die kaufmännische<br />
Fachkompetenz der<br />
mitarbeitenden Schülerinnen und<br />
Schüler. Die Jugendlichen können<br />
den im regulären Unterricht<br />
erfahrenen Lehrstoff in einem real<br />
existierenden Unternehmen in die<br />
Praxis umsetzen.<br />
• Die Juniorenfirma fördert das<br />
unternehmerische Denken und<br />
Handeln der mitarbeitenden Schülerinnen<br />
und Schüler. Die Jugendlichen<br />
müssen täglich unternehmerische<br />
Entscheidungen treffen und<br />
gegebenenfalls Interessenkonflikte<br />
mit Kunden, Lieferanten und<br />
Mitarbeitern zum Wohle ihres<br />
Unternehmens bewältigen.<br />
• Die Juniorenfirma fördert die kaufmännische<br />
Methodenkompetenz<br />
der mitarbeitenden Schülerinnen<br />
und Schüler. Die Jugendlichen<br />
müssen täglich bereits erlernte<br />
Problemlösungsstrategien anwenden<br />
oder neue Strategien - beim<br />
Auftreten bisher unbekannter Aufgabenstellungen<br />
- entwickeln.<br />
• Die Juniorenfirma fördert die<br />
Sozialkompetenz der mitarbeitenden<br />
Schülerinnen und Schüler.<br />
Jedes Teammitglied erfüllt eine<br />
unverzichtbare Aufgabe im organisatorischen<br />
Gesamtgebilde<br />
„Juniorenfirma“. Die Jugendlichen<br />
erkennen bei ihrer täglichen Arbeit,<br />
dass lediglich die auf das gemeinschaftliche<br />
Ziel fokussierten<br />
Bemühungen den gewünschten<br />
Erfolg bringen.<br />
• Die Juniorenfirma fördert die<br />
Bildung für <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung<br />
(BNE). Durch ihre<br />
umfangreichen Aktivitäten in den<br />
Bereichen Soziales, Ökologie und<br />
Ökonomie ist sie ein Impulsgeber<br />
für die Entwicklung eines Nachhaltigkeitsprofils<br />
der LES.<br />
36
Praxisbeispiel 7<br />
Claudia Moede<br />
De Pälzer fer die Palz – Schüler machen<br />
Regiogeld<br />
Unterrichtskonzept zum Thema<br />
„Alternatives Wirtschaften“<br />
Das Thema „Geld“ liefert genug<br />
Stoff, um schülernah aktuelle Bezüge<br />
herzustellen. Daran anknüpfend ist<br />
ein themenorientiertes Unterrichtskonzept<br />
zum Thema „Alternatives<br />
Wirtschaften“ entstanden, das die<br />
Gründung einer <strong>nachhaltige</strong>n Schülerfirma<br />
zur Einführung der Regionalwährung<br />
„De Pälzer“ vorsieht.<br />
Regional erarbeitetes Geld fließt in<br />
nationale und globale Wirtschaftskreisläufe<br />
ab. Um einer negativen<br />
Entwicklung, die pfälzische Infrastruktur<br />
betreffend, entgegenzusteuern,<br />
wurde die Initiative „De Pälzer<br />
fer die Palz – ein Schulprojekt“ mit<br />
dem Untertitel „Schüler machen<br />
Regiogeld“ ins Leben gerufen. Mit<br />
dieser Initiative der Bürgerstiftung<br />
Pfalz, deren Schirmherr Ministerpräsident<br />
Kurt Beck ist, soll erreicht<br />
werden, dass alternative Gutscheine,<br />
„Pälzer“ genannt, den Kauf regionaler<br />
Produkte ermöglichen und fördern.<br />
Wirtschaftskreisläufe in der Pfalz<br />
werden so gestärkt.<br />
Mittlerweile wurde die Idee von<br />
mehreren Schulen aufgegriffen und<br />
seit dem 1. Juli 2007 ist der „Pälzer“<br />
in Speyer unter der Regie einer<br />
Schülerfirma des Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasiums<br />
im Umlauf<br />
(siehe folgenden Artikel). Ein<br />
ausführliches Unterrichtskonzept<br />
zum Thema Regiogeld findet sich<br />
in der Ruprik „<strong>Schülerfirmen</strong>“ der<br />
Internetseite www.nachhaltigkeit.<br />
bildung-rp.de.<br />
37
Praxisbeispiel 8<br />
Sonja Stegmeyer<br />
Die ProRegio SGmbH - die Speyerer<br />
Geldmacher<br />
Kontakt<br />
Stichwort „Pälzer“<br />
ProRegio SGmbH<br />
Vincentiusstraße 5<br />
67346 Speyer<br />
e-mail: info@paelzer-speyer.de<br />
www.paelzer-regio.de<br />
oder per Fax 0631-41<strong>49</strong>276<br />
Der Leistungskurs Sozialkunde des<br />
Jahrgangs 11 des Friedrich-Magnus-<br />
Schwerd-Gymnasiums in Speyer<br />
hat dieses Jahr ein neues Projekt in<br />
Angriff genommen: den „Pälzer“<br />
Der Leistungskurs besteht aus<br />
sechzehn Schüler/innen, die am<br />
01.01.2007 die „ProRegio SGmbH“<br />
gegründet haben. Die Schülerfirma<br />
kümmert sich um die Vernetzung<br />
und Durchführung des Pälzers, einem<br />
regionalen Gutscheinsystem, mit dem<br />
seit dem ersten Juli 2007 (Umweltfest<br />
der Stadt Speyer) in teilnehmenden<br />
Geschäften in Speyer gezahlt werden<br />
kann.<br />
Der Pälzer – Vorstellung einer<br />
Regionalwährung für die Pfalz<br />
Einleitung<br />
Seit Juli 2007 haben Bürger aus der<br />
Pfalz eine echte Alternative zum<br />
Euro. Pälzer heißt der Taler heißen<br />
und bildet als Regionalwährung eine<br />
Art Gegenpol zum Heuschrecken-<br />
Kapitalismus der Globalisierung.<br />
Eingeführt wird das Geld von der<br />
ProRegio SGmbH, gemeinsam mit<br />
dem gemeinnützigen Verein „Pälzer<br />
Regio“. Das S vor der GmbH kennzeichnet<br />
hierbei eine Schülerfirma.<br />
Hinter dem System stehen nämlich<br />
38
nicht die zentrale Notenbank, sondern<br />
die Schüler und Schülerinnen<br />
des Sozialkunde Leistungskurses der<br />
11. Klasse des Friedrich-Magnus-<br />
Schwerd-Gymnasiums Speyer.<br />
Die Vorteile einer<br />
Regionalwährung<br />
• Durch eine Umlaufsicherungsgebühr<br />
werden die Unternehmer<br />
und Bürger angehalten, den Pälzer<br />
schnellst möglich weiterzugeben.<br />
Dadurch zirkuliert das Geld<br />
schneller, der Umsatz regionaler<br />
Unternehmen steigt.<br />
• Da es für Discounterketten unmöglich<br />
ist mit der Regionalwährung<br />
zu handeln, wird der Bürger<br />
stärker auf Güter aus der Region<br />
zurückgreifen. Somit wird der<br />
Einzelhandel gestärkt.<br />
• Wohltätige Vereine werden dauerhaft<br />
unterstützt.<br />
• Produktionsbedingungen in Bezug<br />
auf Umweltverträglichkeit und<br />
sozialer Standards können kontrolliert<br />
werden.<br />
• Ein geringeres Transportaufkommen<br />
entlastet die Umwelt.<br />
Bei dieser Regionalisierung wird ein<br />
hohes Merkmal auf Soziales gelegt.<br />
Allein, das gemeinsame Geld stärkt<br />
das Gemeinschaftsgefühl einer ganzen<br />
Region. Die sozialen Beziehungen<br />
der miteinander wirtschaftenden<br />
Menschen werden gestärkt. Auf der<br />
Basis persönlicher Beziehungen wird<br />
es schließlich leichter, soziale und<br />
gemeinwohlorientierte Aspekte in das<br />
Wirtschaftsverhalten zu integrieren.<br />
Wie funktioniert das?<br />
Die Kaufkraft des Pälzers sinkt zum<br />
Quartalsende jeweils um zwei Prozent<br />
des Anfangswertes. Wer die Gutscheine<br />
dann noch im Geldbeutel hortet,<br />
muss sie in einer der Ausgabestellen<br />
«aufwerten», bevor er sie wieder<br />
ausgeben kann - kleine Klebemarken<br />
auf der Rückseite dienen als Nachweis<br />
(Umlaufsicherungsgebühr).<br />
Und wer die Pälzer wieder in Euro<br />
eintauschen will, bekommt nur noch<br />
95 Prozent des aktuellen Wertes in<br />
Euro zurück.<br />
Der Wertverlust zum Quartalsende<br />
kommt dabei vollständig wohltätigen<br />
Vereinen zu Gute. Von den 5 Prozent<br />
Abgabe beim Rücktausch behält die<br />
Schülerfirma 2 Prozent ein, um ihre<br />
laufenden Kosten zu decken. Die<br />
anderen 3 Prozent werden direkt an<br />
einen vom umtauschenden Kunden<br />
gewählten, gemeinnützigen Verein<br />
weitergeleitet.<br />
Die Umlaufsicherungsgebühr von 2<br />
Prozent bringt dabei mehrere Vorteile<br />
mit sich. Zum einen werden<br />
wohltätige Vereine unterstützt und<br />
zum anderen entsteht dadurch ein<br />
Umlauf-Impuls. Das heißt, der Kunde<br />
bringt das Geld möglichst schnell<br />
wieder in Umlauf. Das führt dazu,<br />
dass regionale Wirtschaftkreisläufe<br />
beschleunigt werden und der Umsatz<br />
respektive der Gewinn von regionalen<br />
Unternehmen steigt. Erhebungen von<br />
anderen Regionalgeldern weisen eine<br />
Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit<br />
um den Faktor 3 auf.<br />
Zudem werden durch eine Umlaufsicherungsgebühr<br />
gemeinnützige<br />
Vereine unterstützt, welche – neben<br />
der Familie - oftmals einen riesigen,<br />
sozialen Treffpunkt darstellen.<br />
Die Belegschaft, hinten von links: Patrick Schöfer, Friedemann Fischer,<br />
Christoph Kuhn, Christopher Bücklein, Fabian Müsel; in der Mitte von<br />
links: Thomas Daum, Moritz Böhringer, Kristin Leck, Vanessa Hofmann,<br />
Patrick Hohmann,Thomas Scheffner; kniend von links: Nicklas Dorsch,<br />
Jasmin Farouq, Sophia Güdemann, Jennifer Ibsch, Andreas Musial<br />
Es fehlt: Sonja Stegmeyer<br />
39
Wer steht dahinter?<br />
Das Geld wird von der ProRegio<br />
SGmbH in Speyer in Kooperation<br />
mit der Bürgerstiftung Pfalz und<br />
dem gemeinnützigen Verein „Pälzer<br />
Regio“ eingeführt. Die ProRegio<br />
SGmbH besteht aus den 16 Schülern<br />
des Sozialkunde Leistungskurses der<br />
11. Klasse des Friedrich-Magnus-<br />
Schwerd-Gymnasiums. In anderen<br />
Teilen der Pfalz übernehmen die Betreuung<br />
andere <strong>Schülerfirmen</strong>.<br />
Die Aufgaben der 16 Schüler in der<br />
„kleinen Firma“ sind dabei wie in<br />
einer richtigen Firma breit gefächert<br />
und reichen von Finanzen über Marketing,<br />
Betreuung der Unternehmen<br />
und Kunden bis hin zur Presseabteilung.<br />
Dabei gehen die Schüler äußerst<br />
engagiert zur Sache und opfern auch<br />
Zeit an Nachmittagen und außerhalb<br />
des Schulunterrichtes.<br />
Die Brüder des Pälzers<br />
Der Gedanke des Regionalgeldes<br />
wurde in der Vergangenheit schon<br />
oft angedacht. Im Chiemgau entwickelten<br />
Schüler 2003 den „Chiemgauer“<br />
(www.chiemgau-regional.de)<br />
als eines der ersten Regionalgelder<br />
Deutschlands. Es folgten seit dem<br />
viele weitere: der „Sterntaler“, der<br />
„Urstromtaler“, die „Kirschblüte“<br />
usw. Andere Regionalgelder in vielen<br />
Teilen Deutschlands sind in der<br />
Planung.<br />
Da das Projekt einer regionalen Währung<br />
nichts Neues ist, liegen uns aus<br />
bereits laufenden Projekten wertvolle<br />
positive Erkenntnisse vor. So konnte<br />
z. B. der „Chiemgauer“ nach seiner<br />
erfolgreichen Einführung im Jahr<br />
2003 zur Steigerung des regionalen<br />
Bruttosozialproduktes beitragen und<br />
eine Spendensumme von gut 43.000<br />
Euro für wohltätige Vereine erwirtschaften.<br />
Auch die anderen regionalen<br />
Währungen wurden von der Bevölkerung<br />
positiv angenommen und führten<br />
zu einer Steigerung des Umsatzes bei<br />
Einzelhandel und Handwerk.<br />
Der Pälzer im Internet<br />
Unter www.paelzer-regio.de haben<br />
wir eine Internetseite über unser<br />
Projekt eingerichtet.<br />
40
Praxisbeispiel 9<br />
Erhard Steller<br />
Produktionsklassen-Projekt<br />
Berufsbildende Schule<br />
Germersheim<br />
Außenstelle Wörth<br />
Hanns-Martin-Schleyer-Straße 10<br />
76744 Wörth<br />
Tel.: 07271-9232-0<br />
E-Mail: info@bbs-woerth<br />
Im Sommer des Jahres 2005 wurde an<br />
der Außenstelle Wörth der BBS Germersheim<br />
im Rahmen des EQUAL-<br />
Programms der Europäischen Union<br />
eine neue Form der praxisnahen<br />
Berufsorientierung initiiert.<br />
Ziel des EQUAL-Programms ist<br />
Chancengleichheit am Arbeitsmarkt.<br />
Die Zielgruppe des Programms sind<br />
daher Personen mit besonderem Förderbedarf.<br />
Daher wurde das Modellprojekt<br />
ins Berufsvorbereitungsjahr<br />
implementiert.<br />
Den Schülern sollte im BVJ eine neue<br />
schulische Erfolgschance geboten<br />
werden durch einen starken Pra-<br />
xisschwerpunkt unter betrieblichen<br />
Bedingungen und die Einbindung des<br />
theoretischen Schulunterrichts in den<br />
betrieblichen Zusammenhang.<br />
Als Einsatzfeld wurde aufgrund der<br />
örtlichen Gegebenheiten die nur mit<br />
Mädchen besetzte BVJ-Klasse Hauswirtschaft<br />
gewählt, in der die Zubereitung<br />
von Speisen seit jeher einen<br />
Schwerpunkt bildet. Dies führte zur<br />
Einrichtung des Wörther BBS BIST-<br />
ROS, das mit Hilfe von engagierten<br />
Lehrern, zwei Projektmitarbeitern<br />
und natürlich den Schülerinnen eine<br />
erfolgreiche Etablierung vor Ort verzeichnen<br />
konnte.<br />
41
Vorbild Dänemark<br />
Die Produktionsklasse ist eine Auskoppelung<br />
aus der Idee der Produktionsschule.<br />
Diese wurde in<br />
Deutschland von den Pädagogen Paul<br />
Oestreich und Georg Kerschensteiner<br />
geprägt, die beide, wenn auch aus verschiedenen<br />
Blickwinkeln, die Absicht<br />
verfolgten, schwer erziehbaren bzw.<br />
schwer beschulbaren Jugendlichen<br />
die Chance zur einer erfolgreichen<br />
Entwicklung durch Arbeit zu bieten.<br />
Durch den nicht ganz unbegründeten<br />
Vorwurf (damals) „Menschen formen“<br />
zu wollen, geriet der Produktionsschulansatz<br />
in Deutschland lange<br />
Zeit in Vergessenheit.<br />
Als Wiege der modernen Produktionsschule<br />
gilt Dänemark, wo Anfang<br />
der 1980er Jahre die ersten Einrichtungen<br />
gegründet wurden, um die<br />
Sozialisation von Jugendlichen zu<br />
fördern, bei denen diese innerhalb der<br />
Schule nicht gelungen ist.<br />
Der Ansatz und gesellschaftliche Nutzen<br />
besteht darin, dass die Einbindung<br />
in einen realen Arbeitsprozess eine<br />
neue Kategorie von Herausforderung<br />
und Erfolgschancen bringt, und<br />
somit eine neue Perspektive in die<br />
Lernkrise, die sich bei der Zielgruppe<br />
verfestigt hat, und die aus einem<br />
Teufelskreis aus Misserfolg, Unvermögen,<br />
unkoordiniertem Handeln und<br />
daher wieder Misserfolg besteht.<br />
Um diesem Muster entgegen zu<br />
wirken, wurde an der BBS in Wörth<br />
modellhaft das BVJ Hauswirtschaft<br />
auf die Schulform Produktionsschule<br />
(bzw. -klasse) umgestellt. Nach<br />
überraschend aufwendigen Umbauarbeiten<br />
im Küchenbereich bis zum<br />
Frühjahr 2006 konnte die BVJ-Klasse<br />
2006/07 schließlich, unterstützt von<br />
einem Projektkoordinator und einer<br />
zusätzlichen Anleiterin für die Fachpraxis,<br />
von Anfang an als Produktionsklasse<br />
arbeiten.<br />
Der Wörther Modellversuch bestand<br />
darin, dass die Schulform Produktionsschule<br />
in den Schulbetrieb einer<br />
staatlichen berufsbildenden Schule<br />
(BBS) integriert wurde und somit<br />
die BBS mit einem erweiterten Lehrgangsspektrum<br />
auch als Produktionsschule<br />
fungiert. Die betriebliche<br />
Arbeit ist in den Schulunterricht<br />
integriert (dies gilt für die Fachpraxis),<br />
bzw. der Schulunterricht ist,<br />
soweit es die Themen ermöglichen,<br />
mit betrieblicher Arbeit bestückt (dies<br />
gilt für die theoretischen Fächer).<br />
Die Mitwirkung ist unmittelbar mit<br />
der Schulpflicht verbunden und<br />
kann nach Ablauf einer anfänglichen<br />
Probezeit weder durch Schüler noch<br />
durch die Schule ohne zwingenden<br />
Grund abgebrochen werden. In betrieblicher<br />
Arbeit erworbenes Wissen<br />
wird benotet, ist prüfungsrelevant und<br />
trägt entscheidend zum Erreichen des<br />
Hauptschulabschlusses bei.<br />
Durch das Engagement der unmittelbar<br />
am Projekt beteiligten Lehrer,<br />
sowie die personelle Unterstützung<br />
und eine konsequente Sozial- und<br />
Personalarbeit konnte schnell eine<br />
positive, dynamische Stimmung<br />
in der Klasse etabliert werden, die<br />
nach einigen Wochen Vorlaufzeit das<br />
BBS BISTRO eröffnete und fortan<br />
jeden Dienstag ein vollständig selbst<br />
zubereitetes, preisgünstiges Mittagsmenü<br />
öffentlich anbot. Diese Arbeit<br />
wurde montags vor- und mittwochs<br />
hauswirtschaftlich nachbereitet, und<br />
im berufsbezogenen Unterricht und<br />
Sozialkunde mit Kassenabrechnung,<br />
Bankgeschäften, Teamentwicklung<br />
und Warenkunde vervollständigt.<br />
Als pädagogisch besonders wertvoll<br />
erwies sich die zahlende Kundschaft,<br />
die dank der guten Qualität des Essens<br />
sowie der konsequenten Öffentlichkeitsarbeit<br />
durch die Projektkoordination<br />
stets in ausreichender Anzahl<br />
erschienen ist. Durch die Kundschaft<br />
empfanden die Schülerinnen die Arbeitsanforderungen,<br />
die wesentlich<br />
höher waren als sonst im BVJ, nicht<br />
(wie sonst so häufig) als „Schikane“,<br />
sondern als motivierende Herausforderung.<br />
Die beteiligten Lehrer, die allesamt<br />
auf langjährige Berufserfahrung im<br />
BVJ zurückblicken können, stellten<br />
zudem auch eine höhere Leistungsbereitschaft<br />
in den allgemeinbildenden<br />
Fächern fest.<br />
Insgesamt war das Modellprojekt<br />
ein voller Erfolg: ein gelungener<br />
Arbeitsalltag ermöglichte den Schülerinnen<br />
neue, positive Orientierung. Es<br />
entstand eine neue Handlungskompetenz<br />
mit mehr Sicherheit bezüglich eigener<br />
Stärken, und somit mehr Bereitschaft<br />
und Entschlossenheit, eigene<br />
Schwächen zu erkennen und an ihnen<br />
zu arbeiten. Es entsteht insgesamt<br />
eine höhere Leistungsbereitschaft,<br />
und das Handeln wird koordinierter<br />
und erfolgsorientierter.<br />
Aber auch vor dem direkten Erfolg<br />
fand einiges statt. Im Produktionszusammenhang<br />
treten Schüler anders<br />
auf als im Schulunterricht. Dies ist<br />
zum einen durch den Kundenkontakt<br />
begründet, zum anderen durch<br />
die Arbeitsaktivität selbst. So lehrt<br />
uns die Neuropsychologie, dass die<br />
Aktivierung von Feinmotorik und<br />
Hand-Augen-Koordination Aufmerksamkeit<br />
und Auffassungsgabe<br />
stimuliert (einer der Grundpfeiler der<br />
Erlebnispädagogik). Für die Schüler<br />
bedeutet dies, dass nicht nur neues<br />
Wissen erarbeitet, sondern allgemein<br />
eine neue Offenheit für das „Lernen<br />
an sich“ erschlossen wird. Das Arbeiten<br />
im Produktionszusammenhang<br />
42
Literatur<br />
hat somit auch eine intellektuelle<br />
Qualität. Es ist für jede Schülerin und<br />
jeden Schüler in jeder Hinsicht eine<br />
neue Pädagogik.<br />
Zum Wörther Produktionsklassenprojekt<br />
ist eine Handreichung abgefasst<br />
worden, die die dort gemachten Erfahrungen<br />
anschaulich zusammenfasst<br />
und anderen BBS, die ähnliches vorhaben<br />
nützliche Hinweise bietet. Außerdem<br />
gibt es eine DVD mit einem<br />
15-minütigen Dokumentarfilm über<br />
den Verlauf einer Arbeitswoche.<br />
Beides kann bezogen werden über die<br />
Berufsbildende Schule Germersheim<br />
(Kontaktdaten siehe Seite 41).<br />
PZ-Information 16/2004<br />
Schwerpunkt Schülerfirma<br />
Drei Bausteine für die Aktivitätsbereiche „Arbeit und Beruf“ sowie „Haushalt“<br />
Neue Ansätze der<br />
Werkstufenarbeit in der Schule<br />
mit dem Förderschwerpunkt<br />
ganzheitliche Entwicklung<br />
Schwerpunkt Schülerfirma<br />
Drei Bausteine für die Aktivitätsbereiche<br />
„Arbeit und Beruf“ sowie<br />
„Haushalt“<br />
Baustein 1 zeigt auf, dass das Lernarrangement<br />
„Schülerfirma“ ein<br />
sinnvolles Angebot zur Weiterentwicklung<br />
der Werkstufenarbeit sein<br />
kann. Man erfährt, dass sich die<br />
Schülerinnen und Schüler bei der<br />
Gründung ihres Unternehmens und<br />
bei der Arbeit sowohl praktischen als<br />
auch reflexiven Anforderungen stellen<br />
müssen, die für die Bewältigung<br />
ihrer Berufs- und Lebenswegplanung<br />
von Bedeutung sind.<br />
Baustein 2 stellt das Projekt einer<br />
dienstleistungsorientierten Schülerfirma<br />
vor. Hier wird der Ansatz verfolgt,<br />
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
sowohl auf ein Beschäftigungsverhältnis<br />
in der Werkstatt für behinderte<br />
Menschen, als auch auf den allgemeinen<br />
Arbeitsmarkt vorzubereiten. Das<br />
Autorenteam zeigt dabei den Weg von<br />
der Gründung der Firma bis zur Einführung<br />
eines „dualen Systems“ – der<br />
Donnerstag als Arbeitstag – auf.<br />
Baustein 3 will mit der Arbeit in einer<br />
eher produktorientierten Schülerfirma<br />
neben notwendigen fachlichen<br />
Kompetenzen vor allem auch soziale<br />
und personale Kompetenzen aufbauen.<br />
Eine Vielzahl außerschulischer<br />
Kontakte soll der Öffentlichkeit und<br />
kleineren Unternehmern zeigen,<br />
dass auch so genannte geistig behinderte<br />
Menschen etwas leisten und<br />
durchaus Anforderungen, wie sie<br />
der allgemeine Arbeitsmarkt fordert<br />
- bei entsprechender Unterstützung<br />
– gerecht werden können.<br />
Zu beziehen über das Pädagogische<br />
Zentrum (s. Impressum) gegen 3,- €<br />
Schutzgebühr zzgl. Versandkosten<br />
43
Deutsche Kinder- und Jugendstiftung<br />
(Hrsg.)<br />
Firmensitz: 9b<br />
In 10 Schritten zum<br />
Schülerunternehmen<br />
Fakten, Anregungen und Tipps für<br />
Schülerinnen und Schüler. Berlin<br />
2005<br />
Diese Publikation ist zu bestellen und<br />
herunter zuladen unter www.dkjs.de<br />
Verlag Westermann Schroedel<br />
(Hrsg.)<br />
Praxis Geographie<br />
Bildung für eine <strong>nachhaltige</strong><br />
Entwicklung<br />
<strong>Heft</strong> 9, September 2007<br />
Geographieunterricht bietet ideale<br />
Voraussetzungen, um das Zusammenspiel<br />
von ökologischen, ökonomischen<br />
und sozialen Aspekten sowie<br />
der daraus resultierenden räumlichen<br />
Auswirkungen zu verdeutlichen. In<br />
den verschiedenen Beiträgen dieses<br />
<strong>Heft</strong>es wird die Thematik „<strong>nachhaltige</strong><br />
Entwicklung“ aus vielfältigen<br />
Betrachtungswinkeln aufgegriffen.<br />
Grundlegende Aussagen zu BNE finden<br />
sich in einem Artikel von Gerhard<br />
de Haan „Bildung für <strong>nachhaltige</strong><br />
Entwicklung als Handlungsfeld“. Auf<br />
die Potenziale für den Geographieunterricht,<br />
die in einer <strong>nachhaltige</strong>n<br />
Schülerfirma stecken können, gehen<br />
Günter Bernert und Christa Henze<br />
in ihrem Beitrag „Nachhaltige <strong>Schülerfirmen</strong>.<br />
Ein Lernarrangement für<br />
zukunftsfähiges Lernen“ ein.<br />
Herausgeber und Verlag: Bildungshaus<br />
Schulbuchverlage Westermann<br />
Schroedel Diesterweg Schöningh<br />
Winklers GmbH, Braunschweig<br />
www.westermann.de<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Pädagogisches Zentrum Rheinland-Pfalz, Europaplatz 7-9, 55543 Bad Kreuznach; Redaktion: Dr.<br />
Rainer Tempel (verantwortlich), Gabriele Schmidt; Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an dieser Ausgabe: Hans<br />
Allmendinger, Oliver Bayer, Ulrich Deilmann, Rafael Hess, Sascha Heß, Tobias Küfner, Claudia Moede, Marcel<br />
Nöller, Melanie Raimer, Tobias Ries, Norbert Schäfer, Peter Schmidt, Annelie Sinzig, Sonja Stegmeyer, Erhard Steller,<br />
Dr. Rainer Tempel, Dirk Wölbert; Fotos: Allmendinger, (S. 28, Füßler (S. 15), Schäfer (S. 4, 6, 7, 8, Titelbild),<br />
Schmidt (S. 9, 11), Sinzig (S. 23, 24), Stegmeyer (S. 38, 39), Steller (S. 41), Tempel (S. 17, 18, 19 unten, 20 unten);<br />
DTP-Layout: Gabriele Schmidt; Druck: WARDA-Druck Münchweiler/Rodalb; Erscheinungsweise: unregelmäßig;<br />
Auflagenhöhe: 4500 Exemplare: Bezugsbedingungen: Lieferung von Einzelheften gegen eine Schutzgebühr von 1,50<br />
Euro zzgl. Versandkosten; ISSN 1865-147X; Anschrift der Redaktion: Pädagogisches Zentrum, Redaktion „BNE<br />
praktisch“, Europaplatz 7-9, 55543 Bad Kreuznach, Tel.: 0671/84088-0, Fax: 0671/84088-10, E-Mail: tempel@pz.<br />
bildung-rp.de.<br />
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