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Werkbeschreibung - Singkreis Wohlen

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HANS-URS WILI 10 MOZART: c-moll-Messe KV 427<br />

20.01.2013 MENDELSSOHN: Violinkonzert e-moll op. 64<br />

(MozartMendelssohn2012f.docx)<br />

Kirchliche <strong>Singkreis</strong> <strong>Wohlen</strong> führte das Werk 1997 auf – oder JOHANN SEBASTIAN BACHS<br />

(1685-1750) Hoher Messe in h-moll BWV 232 wieder auf.<br />

27 Als Anhänger Kaiser JOSEFS II. im Machtkampf zwischen österreichischer<br />

Kaiserkrone und Papstkirche bekämpfte COLLOREDO aber gerade opernhaft gross<br />

angelegten italienischen und ganz besonders den zierdereichen neapolitanischen<br />

Kirchenmusikstil und machte WOLFGANG AMADEUS MOZART mit seinen Zeitbeschränkungen<br />

für geistliche Werke daher das Leben schwer (vgl. Rz. 22 mit Fn. 29 hiervor). Es ist, als<br />

sässe man im falschen Film: Der entsprechend seiner Erziehung zunächst kindlich gläubige<br />

WOLFGANG AMADEUS MOZART verwandelte jede Idee zu himmlischen Tönen. Sein kirchlicher<br />

Vorgesetzter und Brotherr – Fürstbischof COLLOREDO – war von solchem Glauben<br />

unbelastet 31 : Bei ihm hatten Gehorsam der Untertanen und Einkünfte Vorrang. Hintergrund<br />

dafür ist die Gesellschaftsordnung am Vorabend der Französischen Revolution: Der weltliche<br />

Erbadel verunmöglichte allen Personen nicht beidseitig blaublütiger Abkunft eine Karriere.<br />

28 Der kirchliche Zölibat anderseits verhinderte (vermeintlich) einen kirchlichen Erbadel.<br />

Verwaiste Bischofssitze, Kardinalshüte oder Abtposten und dergleichen bedurften stets<br />

neuer Wahl. Der Zölibat erlaubte also weltlich ausgeschlossenen Karrieristen eine geistliche<br />

Adelskarriere. Adelshäuser pflegten ihre erstgeborenen Söhne Adelstitel und Ländereien<br />

erben, mindestens einen weiteren Sohn einträglich militärisch Karriere machen zu lassen,<br />

einen weiteren Sohn für die geistliche Laufbahn zu bestimmen, damit er Bischofssitze und<br />

Abteien in Familienbesitz bringe oder darin erhalte, und Töchter mit möglichst hochgestellten<br />

Söhnen anderer Fürstenhäuser zu verheiraten. Dass die geistliche Karriere in allererster<br />

Linie der Machterhaltung diente, wurde an vorderster Stelle von den Päpsten durch<br />

Nepotismus vordemonstriert: Während Jahrhunderten pflegte beinahe jeder Papst im ersten<br />

Konsistorium seines Pontifikates mindestens einen Neffen zum Kardinal zu ernennen, dem<br />

dann zentrale Machtpositionen des Kirchenstaates anvertraut wurden. Dies diente zugleich<br />

der Festigung familiärer Macht und dem Erwerb von Sippenreichtum und verschaffte dem<br />

Nepoten zugleich eine hervorragende Ausgangslage für kommende Papstwahlen. 32<br />

31 Vgl. nur Rz. 15 hiervor!<br />

32 So waren nacheinander folgende Verwandte Päpste:<br />

Aus der Familie Papst Pontifikat Eigenschaft Papst Pontifikat Eigenschaft<br />

CONDULMARO / BARBO EUGEN IV. 1431-1447 Onkel PAUL II. 1464-1471 Neffe<br />

PICCOLOMINI PIUS II. 1458-1464 Onkel PIUS III. 1503 Neffe<br />

BORJA KALIXT III. 1455-1458 Onkel ALEXANDER VI. 1492-1503 Neffe<br />

DELLA ROVERE SIXTUS IV. 1471-1484 Onkel JULIUS II. 1503-1513 Neffe<br />

Doch dies war noch die harmlosere Variante kirchlich-hierarchischer Verwandtschaftspflege: Von 1493-1899 war<br />

durchschnittlich jeder 14. Kardinal ein direkter Papstnachkomme, nämlich 114 der total 1569 (hier nach<br />

Jahrhundertsummen aufsummiert aufgrund von MIRANDA, abrufbar unter:<br />

http://www2.fiu.edu/~mirandas/essay.htm) kreierten Kardinäle (vgl. WEBER 243: „Insgesamt konnten 114<br />

Kardinäle festgestellt werden, die von 1493 bis 1899 den roten Hut erhielten und Papstnachkommen waren.“ Hier<br />

zitiert nach UHL 51 mit Fn. 37). So war Auch Papst ALEXANDER VI. der Ururgrossvater Papst INNOZENZ X. (1644-<br />

1655). Doch zurück zum Onkel-Neffenverhältnis beim Heiligen Stuhl: 1534-1690 (von den Päpsten PAUL III. bis<br />

einschliesslich ALEXANDER VIII.) war der Kardinalnepot sogar ein offizielles Amt. Im ersten Konsistorium nach der<br />

Wahl kreierte der Papst einen Neffen zum Kardinal und betraute ihn mit der Verwaltung des Zugangs zur Macht<br />

und den einträglichsten Benefizien; eine der wichtigen Aufgaben war dabei die Versorgung der eigenen Sippe.<br />

Der Historiker TOBIAS MÖRSCHEL hat am Beispiel des Kardinalnepoten von Papst CLEMENS VIII. (1592-1605),<br />

PIETRO ALDOBRANDINI, die Funktionen des Nepotismus analysiert: Der Kardinalnepote erhielt primär einträgliche<br />

Ämter ohne grosse Arbeit; er sollte möglichst grossen Reichtum aus den päpstlichen Kassen in Sippenbesitz<br />

überführen. Als Herrscher über den Kirchenstaat konnte der Papst schliesslich Steuern erfinden und erheben …<br />

LUTHER hatte also dem finanziellen Missbrauch des Ablasswesens den Garaus gemacht, nicht aber der<br />

(be)steuernden Erfindungsgabe klerikaler Machtinhaber. 1493-1899 wurden nicht weniger als 114<br />

Papstnachkommen zu Kardinälen kreiert (WEBER, 243), zumal Papstfamilien sich alsbald zu verschwägern<br />

beliebten (UHL 51). Erst Papst INNOZENZ XII. (1691-1700) verbot mit seiner Bulle Romanum decet Pontifici vom<br />

22. Juli 1692 den Nepotismus, und zwar gleich für alle Zeiten (vgl. KÜHNER 306). Jahrzehnte später konnte<br />

MOZART den „durchschlagenden“ Erfolg dieses kategorischen Verbots selbst erfahren: Von den vier Päpsten<br />

während seines Lebens kreierten immer noch zwei (CLEMENS XIII. und PIUS VI.) einen eigenen Neffen zum<br />

Kardinal. Und es ist schwer vorstellbar, dass MOZART weder in Mailand noch in Wien noch in Paris jemals etwas<br />

davon gehört haben sollte, dass Kardinal NICCOLÒ COSCIA (1725-1758) im Kirchenstaat unter seinem Mentor

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