Werkbeschreibung - Singkreis Wohlen
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HANS-URS WILI 4 MOZART: c-moll-Messe KV 427<br />
20.01.2013 MENDELSSOHN: Violinkonzert e-moll op. 64<br />
(MozartMendelssohn2012f.docx)<br />
4 Vater MOZARTS Ziel der überaus kostspieligen dreijährigen Reise blieb unerfüllt (vgl.<br />
Rzz. 6-10 hiernach); stattdessen war eines ihrer wichtigsten Ergebnisse, dass MOZART in<br />
London mit der italienischen Symphonie und Oper vertraut wurde. Dort hatte er nämlich<br />
JOHANN CHRISTIAN BACH (1735-1782, den „Mailänder BACH“) kennen gelernt, den er sich als<br />
ersten vielfältig zum Vorbild nahm 16 . Zudem entstand während dieser Reise in Den Haag<br />
unter anderem die erste Symphonie Es-Dur (KV 16).<br />
5 Hingegen ist diese Londoner Reise auch ein Schlüssel zu WOLFGANG AMADEUS<br />
MOZARTS späterem desaströsem Finanzgebaren. Auch wenn der gewogene Fürsterzbischof<br />
von Salzburg, SIGISMUND CHRISTOPH Graf von SCHRATTENBACH (1698-1771) die Reise<br />
genehmigt hatte und LEOPOLD MOZART während dessen Abwesenheit das volle Gehalt<br />
ausrichten liess, so war eine derartige Reise mitsamt persönlichem Diener der ganzen<br />
Familie und Quartiernahme ausschliesslich in Fürstenhäusern oder aber in den vornehmsten<br />
Hotels während geschlagener dreier Jahre für angestellte Künstler weder billig noch<br />
vorbildlicher Ansporn für die mitreisenden Kinder zur Bescheidenheit.<br />
6 Was hatte LEOPOLD MOZART zu solchem Verhalten geführt? LEOPOLD MOZART war<br />
nicht nur valabler Künstler und ein berühmter Musikpädagoge; er war auch äusserst<br />
geschäftssinnig und geschäftstüchtig. Er trachtete konsequent danach, seinen hochbegabten<br />
Kindern eine musikalische Karriere an den besten Höfen Europas zu verschaffen, für seinen<br />
Sohn Kompositionsaufträge wohlbetuchter Gesellschaftslöwen zu ergattern und nebenbei<br />
seinen eigenen Ruf als Musikpädagoge und Verfasser grundlegender Violinschulen in ganz<br />
Europa zu verbreiten und zu festigen. Und dies war in einem Zeitalter mit zumeist höchstens<br />
rudimentär alphabetisierter Bevölkerung, ohne Internet, e-Mail, Lap-Top, SMS, Fernsehen,<br />
Radio, Telefax, Telephon, Schreibmaschine oder Litfasssäule und mit höchstens lokalen<br />
Kleinzeitungen nur möglich, wenn die Familie nach ihrer Ankunft sofort dort Aufsehen<br />
erregte, wo Geld, Zeit und Interesse waren: bei den Wohlbetuchten. Der Werbetrick bestand<br />
in der gediegenen Unterkunft, die zugleich das Zusammentreffen mit der gesellschaftlichen<br />
Crème de la Crème garantierte und deren Neugier wecken musste: Welcher musicus konnte<br />
sich schon derartige Quartiernahme leisten? Das konnte doch nur musikalische<br />
Sonderklasse sein!<br />
7 Es ist spannend zu sehen, wie LEOPOLD Sohn und Tochter vermarktete: Während der<br />
ganzen dreijährigen Reise blieben die beiden in Konzertankündigungen 9 und 13 Jahre alt;<br />
AMADÉ war zunächst der kindliche Klaviervirtuose, der die Tasten blind traf, mitgebrachte<br />
schwierigste Stücke der Zuhörer direkt ab Blatt spielte oder improvisierte.<br />
8 Ab dem Aufenthalt in London wurde ein neues Image kreiert: Der Klaviervirtuose<br />
blieb; aber an erste Stelle trat nun das Kind als „Compositeur“, als Komponist. WOLFGANG<br />
AMADÉ trat vorwiegend in Fürstenhäusern, Schlössern oder Rathäusern auf.<br />
14 „Auch hier war unser 4-Tägiger Aufenthalt sehr angenehm“, befand LEOPOLD über den Aufenthalt in<br />
Schaffhausen. In der lokalen «Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags Zeitung» waren die MOZARTS durch<br />
einen Korrespondentenbericht aus Zürich euphorisch angekündigt worden: „Kommenden Samstag als den 11.<br />
diss. wird Herr Capellmeister MOZART und seine Familie in ihrer Statt eintreffen. Ihnen muss aus den öffentlichen<br />
Blättern und sonst die allgemeine Bewunderung bekannt seyn, die sie sich auf ihren Reisen erworben haben.<br />
Stellen sie sich diss Wunder so ausserordentlich vor als sie wollen, wann sie den jungen Herrn MOZART, den<br />
Virtuosen von 9. Jahren, und seine Mademoiselle Schwester von 13. Jahren hören; so werden sie, wie unsere<br />
hiesigen Kenner der Music, finden, dass es alle Vorstellung, die man sich zum voraus macht, weit übertrift.“ Über<br />
Auftritte der Geschwister MOZART in Schaffhausen ist indessen nichts bekannt. Am 16. Oktober 1766 verliess die<br />
Familie MOZART die Schweiz, am 29. November traf sie in Salzburg ein.<br />
15 Vgl. zum Schweizer Teil von MOZARTS Reise MARIO GERTEIS: Ein Wunderkind wird besichtigt. In: “Der kleine<br />
Bund“ vom 21.01.2006, 2f, sowie AMANN, passim.<br />
16 Noch 1778 schrieb MOZART aus Paris nach Hause: „... ich liebe ihn (wie sie wohl wissen) von ganzem herzen -<br />
und habe hochachtung vor ihm ...“ Über den Einfluss des „Londoner BACH“ auf MOZARTS frühe Symphonien vgl.<br />
Fn. 2 hiervor.