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Oldtimererlebnisse<br />
Erinnerungen an eine benzingetränkte<br />
Jugend – Teil 5<br />
Beim Verkauf meines Topolino blutete mir zwar das<br />
Herz, aber ich war auch erleichtert, dass das angstvolle<br />
Lauschen auf verdächtige Geräusche am<br />
Wagen, die eine teure Reparatur ankündigten, ein<br />
Ende hatte. Nach fast vier Jahren der Motorisierung<br />
gab ich bald die Absicht auf, ein Fahrrad zu kaufen,<br />
mein altes war 1958 in Freiburg geklaut worden.<br />
Ich hatte eben Benzin im Blut!<br />
Anfang April 1960 lief ich durch die Wilhelmstraße<br />
in Freiburg bei Fiat-Heilmann vorbei, nur zu gut bekannt<br />
aus meinen Topolinozeiten. Da sah ich im<br />
Hof einen Messerschmitt-Kabinenroller (KR) mit<br />
einem Preisschild. Das war die Lösung!<br />
Es war ein KR 200, Baujahr 1955, nur 31.000 km<br />
gefahren, und er sollte 900 DM kosten. Nachdem<br />
ich für meinen Topolino 1200 DM bekommen hatte,<br />
konnte ich diesen Kaufpreis bar hinblättern, und am<br />
14.4.1960 war ich wieder motorisiert!<br />
Der KR war beige lackiert mit einem blauen Streifen<br />
im unteren Bereich, der über die Kotflügel lief, und<br />
er hatte ein Faltdach, das man mit wenigen Handgriffen<br />
abknöpfen konnte. Das war mir sehr wichtig;<br />
die meisten hatten eine Haube aus Plexiglas<br />
(„Schneewittchensarg“) und im Sommer innen<br />
Treibhausklima. Im Kfz-Brief meines Rollers stand<br />
„Kabriolimousine“!<br />
So ein Fahrzeug hätte ich schon vor zwei Jahren<br />
kaufen sollen anstatt des fabrikneuen und fast doppelt<br />
so teuren Motorrollers NSU Prima, der mir viel<br />
Kummer bereitet hatte. Der KR 200 kam mit einem<br />
191 ccm Zweitaktmotor aus, der 10,2 PS leistete und<br />
das 2,82 m lange und 235 kg schwere Fahrzeug auf<br />
95 km/h beschleunigte! Die Unterhaltskosten waren<br />
kaum höher als die eines 200er Motorrades; die Kfz-<br />
Steuer betrug 30,80 DM und die Haftpflichtversicherung<br />
118 DM im Jahr.<br />
Die erste Fahrt ging nach Erlangen, wo meine<br />
Freundin inzwischen studierte. 450 km waren zu bewältigen<br />
und da 1960 die Autobahn erst in Offenburg<br />
begann (oder endete) und bei Heilbronn<br />
verlassen werden musste, wenn man Richtung<br />
Nürn berg/Erlangen fuhr, war ich 8 (acht) Stunden<br />
unterwegs.<br />
Auf der ersten Fahrt lernte ich gleich einige Eigenheiten<br />
des Fahrzeuges kennen. Da es sehr leicht war<br />
und nur drei Räder hatte, war es sehr seitenwindempfindlich,<br />
und wenn man auf der Autobahn mit<br />
annähernd 90 km/h – was durchaus dauerhaft möglich<br />
war – unter einer Brücke durchfuhr, konnte es<br />
passieren, dass das Hinterrad nach rechts oder links<br />
ausbrach, wenn man unter der Brücke wieder hervorkam.<br />
Das musste mit der Lenkung schnell korrigiert<br />
werden, und das war nicht schwer, da der Lenker,<br />
der aussah wie der Steuerknüppel eines<br />
Flugzeuges, direkt ohne Lenkgetriebe auf die Vorderachse<br />
wirkte. Deshalb gab es vorn rechts und<br />
links Öffnungen für die Spurstangen zu den Rädern.<br />
Da waren zwar zum Schutz vor dem Straßendreck<br />
Gummimuffen angebracht aber wenn man<br />
eine Pfütze durchfuhr, konnte es passieren, dass ein<br />
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