05.11.2013 Aufrufe

Editorial 02 / 2013

Editorial 02 / 2013

Editorial 02 / 2013

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Oldtimererlebnisse<br />

Erinnerungen an eine benzingetränkte<br />

Jugend – Teil 5<br />

Wasserstrahl ins Hosenbein fuhr – kein schönes Gefühl<br />

in kalter Jahreszeit! Auch konnte man das<br />

Fürchten lernen, wenn man auf der Autobahn von<br />

einem Lastzug überholt wurde; ich saß in meinem<br />

KR sehr tief, sah nur die riesigen Räder und hatte<br />

ständig Angst, dass der Brummifahrer zu früh wieder<br />

nach rechts kam, weil er mich im Rückspiegel<br />

vielleicht nicht sah und vergessen hatte.<br />

Andererseits hatte meine „Kabriolimousine“ eine<br />

Heizung! Der Motor von Fichtel und Sachs wurde<br />

von einem Ventilator gekühlt und die erwärmte<br />

Luft gelangte nach Öffnung einer Klappe nach<br />

vorn, wo ich sie an die Füße leiten konnte oder oben<br />

an die Windschutzscheibe, damit sie nicht beschlägt.<br />

Und dann war da noch eine Besonderheit: Der<br />

Wagen hatte 4 Rückwärtsgänge! Das heißt, er hatte<br />

eigentlich gar keinen; wenn ich rückwärts fahren<br />

wollte, musste ich den Motor ausschalten, dann den<br />

Zündschlüssel tiefer stecken und wieder starten.<br />

Nach dieser Zündumschaltung hätte ich mit allen 4<br />

Gängen rückwärts fahren können.<br />

Mein Freund war inzwischen auf eine BMW Isetta<br />

umgestiegen. Sie hatte den 12 PS-250 ccm-Viertaktmotor<br />

aus dem R 25-Motorrad und war mit 360 kg<br />

viel schwerer als mein KR, er brachte es mit Müh’<br />

und Not auf 85 km/h und brauchte dafür wesentlich<br />

mehr Zeit als mein KR. Ich bin mal mit ihm auf<br />

schlechter Straße nach Lörrach gefahren und habe<br />

festgestellt, dass auch die Straßenlage meines KR<br />

wegen des längeren Radstandes deutlich besser war,<br />

ja geradezu komfortabel im Vergleich zur Isetta.<br />

Dabei bestand die Federung meines Rollers nur aus<br />

Gummibändern. Trotzdem war die Isetta wohl<br />

der erfolgreichste Kleinstwagen; allein von der mit<br />

250 ccm -Motor wurden bis 1962 über 74.000 Stück<br />

verkauft (von der mit 300 ccm bis 1962 über<br />

87.000!) zum Neupreis von 2580 DM. Mein KR 200<br />

kostete neu 2395 DM und brachte es von 1955 bis<br />

1964 auf eine Stückzahl von etwas über 41.000. Dass<br />

die Isetta wesentlich erfolgreicher war, lag sicher<br />

auch daran, dass mein Freund seine Freundin<br />

neben sich zu sitzen hatte, meine saß hinter mir;<br />

nicht nur die Kommunikation war dadurch erschwert!<br />

Schon 1957 hat Messerschmitt die Fabrikationsanlagen<br />

in Regensburg an die Fahrzeug- und<br />

Maschinenbau GmbH, kurz FMR genannt, verkauft.<br />

Der Kabinenroller durfte aber weiterhin den<br />

Namen „Messerschmitt“ führen, nur das Wahrzeichen,<br />

der „Messerschmitt-Vogel“, der von fern wie<br />

ein Mercedes-Stern aussah, wich den drei Buchstaben<br />

„FMR“.<br />

Ein anderer guter Bekannter hatte sich einen gebrauchten<br />

„Spatz“ zugelegt. Der hatte eine rote<br />

Kunststoffkarosserie, sah unglaublich schick und<br />

schnell aus, hatte aber den gleichen Motor wie mein<br />

KR und war damit bei einem Gewicht von fast<br />

300 kg deutlich untermotorisiert, vor allem, wenn<br />

man zu dritt unterwegs war, was bei einer Breite von<br />

1,40 m bequem möglich war. Man musste viel Geduld<br />

haben, ehe die Spitze von 75 km/h erreicht war.<br />

Er hatte keine Türen und bei geschlossenem Verdeck<br />

bedurfte es starker Verrenkungen, besonders<br />

beim Ausstieg. Der Spatz kostete neu 2975 DM und<br />

brachte es zwischen 1955 bis 1957 nur auf 859<br />

Stück. Ab 1957 wurde er unter dem Namen „Victoria“<br />

mit einem 250 ccm-Victoria-Zweitaktmotor weitergebaut<br />

und erhielt zwei Türen. Der Verkauf blieb<br />

aber schleppend und wurde 1958 eingestellt, nachdem<br />

sich rumgesprochen hatte, dass die Kunststoffkarosserie<br />

feuergefährlich ist.<br />

Ich hätte meinen KR 200 weder für die Isetta noch<br />

den Spatz eingetauscht. Acht Stunden, wie damals<br />

nach Erlangen, würde ich heute im KR wohl nicht<br />

mehr durchhalten, aber wenn man jung ist (und das<br />

12<br />

CM 2-<strong>2013</strong> | www. DAVC.DE

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!