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Editorial 02 / 2013

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Oldtimererlebnisse<br />

ZASTAVA 750 – Der lange Weg<br />

zur Erfüllung eines Jugendtraums<br />

Am 12.05.1954 wurde der Lizenzvertrag für die<br />

PKW-Produktion zwischen Fiat und der jugoslawischen<br />

Fabrik „Crvena Zastava“ (Zrwena Sasstawa –<br />

rote Fahne) in Kragujevac in Serbien geschlossen.<br />

Drei Monate später begann schon die Montage des<br />

Fiat 1400 BJ und des Fiat 1100 B. Ein Jahr später<br />

dann die Produktion des Wagens „Zastava“ auf Basis<br />

des Fiat 600 D, zuerst mit einem 600 ccm-Motor,<br />

später mit einem 750er-Motor, und zum Schluss<br />

wird ein 850er-Motor eingebaut. Von 1955 bis zur<br />

Einstellung der Produktion 1985 wurden in Jugoslawien<br />

923.487 Fahrzeuge gebaut. Man versuchte<br />

zuerst, diesen in Jugoslawien günstig produzierten<br />

Wagen wegen der Devisen ins Ausland zu verkaufen,<br />

vor allem nach Polen und in die DDR, aber<br />

natürlich auch auf dem heimischen Markt zu plat -<br />

zieren.<br />

Bedarf an diesem sehr populär gewordenen Kleinwagen,<br />

liebevoll „Fico“ (Fitscho) als Ableitung vom<br />

Fiat genannt, war sehr groß, aber das Fahrzeug war<br />

sehr schwer zu bekommen. Nach längeren Wartezeiten<br />

konnte man diesen Wagen nur durch gute<br />

Beziehungen (sprich: auch kleinere Bestechungen)<br />

bekommen. Zuerst wurden die Politiker, Fabrikdirektoren,<br />

Polizeibeamten, Krankenhäuser usw. beliefert.<br />

Man musste über die Partei versuchen, diese<br />

Fahrzeuge zu kaufen.<br />

Da mein Vater und ich nicht in der Partei waren,<br />

war es einfach unmöglich, an das Auto zu kommen,<br />

obwohl das Geld dafür vorhanden war. Gebrauchte<br />

ältere Fahrzeuge waren sehr selten, sehr teuer, die<br />

Reparaturkosten sehr hoch und jeder, der solch<br />

einen Wagen besaß, hat ihn als Statussymbol einfach<br />

nicht weiter verkauft. Aus diesem Grund habe ich<br />

auch keinen Führerschein in Jugoslawien gemacht,<br />

sondern ein paar Jahre später in Deutschland.<br />

Ich habe schon immer von einem Topolino geträumt,<br />

aber als Student ab 1957 hätte ich schon<br />

gerne solch ein Auto besessen. 1961 kam ich nach<br />

Deutschland, Führerschein gemacht und schon im<br />

Februar 1962 meinen ersten Wagen gekauft, einen<br />

Lloyd 400 und ein paar Monate später den Fiat 500<br />

Cabrio, genannt „Weinsberger Roadster“, den ich<br />

heute noch besitze. 1964 hat mein Freund einen Fiat<br />

600 gekauft, mit dem wir größere Touren am Wochenende<br />

unternahmen.<br />

1986 kaufte ich einen 750er „Seat“, auch ein Fiat<br />

600, eine Lizenzproduktion aus Spanien. Den<br />

Wagen habe ich geschweißt , repariert und selbst lackiert,<br />

damals noch mit Kunstharzlack. 1989 schrieb<br />

ich einen Bericht über diese Restaurierung an „Oldtimer<br />

Markt“ und als die neue „Oldtimer Praxis“<br />

1990 erschien, wurde dieser Bericht in Nummer 2 /<br />

1991 gedruckt. So kam ich als erster Jugoslawe auf<br />

die Titelseite dieser Zeitschrift. Mit dem Seat habe<br />

ich viele schöne Fahrten unternommen und erst<br />

20<strong>02</strong> für sehr kleines Geld weiter verkauft. Von<br />

1986 bis 20<strong>02</strong> kaufte ich einige Seats zum Ausschlachten.<br />

Als Oldtimerfan hat man ja immer<br />

Angst, dass die Ersatzteile irgendwann ausgehen.<br />

So kamen manchmal 600er-Freunde wegen der Ersatzteile<br />

zu mir. Aber ich hätte schon gerne einen<br />

„Zastava“-Wagen als Erinnerung an meine Jugendzeit<br />

in Jugoslawien besessen. Diese Fahrzeuge waren<br />

aber noch alle dort in Gebrauch und die Einfuhrprozedur<br />

noch ziemlich kompliziert, und sie hatten<br />

noch keinen Oldtimerstatus.<br />

2008 kam dann ein Mann mit einem „Zastava“ zu<br />

mir wegen einem Anlasser und einer Lichtmaschine.<br />

Vlado, ein Serbe, hatte diesen Wagen aus erster<br />

Hand in Lazarevac in Serbien für 1.500 Euro und<br />

mit 128.000 km von einem pensionierten Postdirektor<br />

gekauft. In einem Kraftakt hat er den Wagen in<br />

47,5 Stunden auf eigener Achse aus dem 1350 km<br />

entferntem Städtchen nach Deutschland gebracht.<br />

Wenn man gleichmäßig eine Geschwindigkeit von<br />

70 km/h fahren könnte, hätte man schon fast 20<br />

Stunden dafür gebraucht. Manchmal musste er kurz<br />

im Auto schlafen, in Deutschland vom ADAC einen<br />

gerissenen Wasserschlauch ersetzen lassen, und auf<br />

der Autobahn blieb er wegen Benzinmangels zwei<br />

Stunden stehen. Nach jeder größeren Steigung<br />

musste er warten, bis sich der Motor abgekühlt hat.<br />

Total geschafft, kam er nach so langer Zeit in<br />

Schwenningen an. Als gelernter Lackierer und Ge-<br />

CM 2-<strong>2013</strong> | www. DAVC.DE 15

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