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Oldtimererlebnisse<br />
ZASTAVA 750 – Der lange Weg<br />
zur Erfüllung eines Jugendtraums<br />
Am 12.05.1954 wurde der Lizenzvertrag für die<br />
PKW-Produktion zwischen Fiat und der jugoslawischen<br />
Fabrik „Crvena Zastava“ (Zrwena Sasstawa –<br />
rote Fahne) in Kragujevac in Serbien geschlossen.<br />
Drei Monate später begann schon die Montage des<br />
Fiat 1400 BJ und des Fiat 1100 B. Ein Jahr später<br />
dann die Produktion des Wagens „Zastava“ auf Basis<br />
des Fiat 600 D, zuerst mit einem 600 ccm-Motor,<br />
später mit einem 750er-Motor, und zum Schluss<br />
wird ein 850er-Motor eingebaut. Von 1955 bis zur<br />
Einstellung der Produktion 1985 wurden in Jugoslawien<br />
923.487 Fahrzeuge gebaut. Man versuchte<br />
zuerst, diesen in Jugoslawien günstig produzierten<br />
Wagen wegen der Devisen ins Ausland zu verkaufen,<br />
vor allem nach Polen und in die DDR, aber<br />
natürlich auch auf dem heimischen Markt zu plat -<br />
zieren.<br />
Bedarf an diesem sehr populär gewordenen Kleinwagen,<br />
liebevoll „Fico“ (Fitscho) als Ableitung vom<br />
Fiat genannt, war sehr groß, aber das Fahrzeug war<br />
sehr schwer zu bekommen. Nach längeren Wartezeiten<br />
konnte man diesen Wagen nur durch gute<br />
Beziehungen (sprich: auch kleinere Bestechungen)<br />
bekommen. Zuerst wurden die Politiker, Fabrikdirektoren,<br />
Polizeibeamten, Krankenhäuser usw. beliefert.<br />
Man musste über die Partei versuchen, diese<br />
Fahrzeuge zu kaufen.<br />
Da mein Vater und ich nicht in der Partei waren,<br />
war es einfach unmöglich, an das Auto zu kommen,<br />
obwohl das Geld dafür vorhanden war. Gebrauchte<br />
ältere Fahrzeuge waren sehr selten, sehr teuer, die<br />
Reparaturkosten sehr hoch und jeder, der solch<br />
einen Wagen besaß, hat ihn als Statussymbol einfach<br />
nicht weiter verkauft. Aus diesem Grund habe ich<br />
auch keinen Führerschein in Jugoslawien gemacht,<br />
sondern ein paar Jahre später in Deutschland.<br />
Ich habe schon immer von einem Topolino geträumt,<br />
aber als Student ab 1957 hätte ich schon<br />
gerne solch ein Auto besessen. 1961 kam ich nach<br />
Deutschland, Führerschein gemacht und schon im<br />
Februar 1962 meinen ersten Wagen gekauft, einen<br />
Lloyd 400 und ein paar Monate später den Fiat 500<br />
Cabrio, genannt „Weinsberger Roadster“, den ich<br />
heute noch besitze. 1964 hat mein Freund einen Fiat<br />
600 gekauft, mit dem wir größere Touren am Wochenende<br />
unternahmen.<br />
1986 kaufte ich einen 750er „Seat“, auch ein Fiat<br />
600, eine Lizenzproduktion aus Spanien. Den<br />
Wagen habe ich geschweißt , repariert und selbst lackiert,<br />
damals noch mit Kunstharzlack. 1989 schrieb<br />
ich einen Bericht über diese Restaurierung an „Oldtimer<br />
Markt“ und als die neue „Oldtimer Praxis“<br />
1990 erschien, wurde dieser Bericht in Nummer 2 /<br />
1991 gedruckt. So kam ich als erster Jugoslawe auf<br />
die Titelseite dieser Zeitschrift. Mit dem Seat habe<br />
ich viele schöne Fahrten unternommen und erst<br />
20<strong>02</strong> für sehr kleines Geld weiter verkauft. Von<br />
1986 bis 20<strong>02</strong> kaufte ich einige Seats zum Ausschlachten.<br />
Als Oldtimerfan hat man ja immer<br />
Angst, dass die Ersatzteile irgendwann ausgehen.<br />
So kamen manchmal 600er-Freunde wegen der Ersatzteile<br />
zu mir. Aber ich hätte schon gerne einen<br />
„Zastava“-Wagen als Erinnerung an meine Jugendzeit<br />
in Jugoslawien besessen. Diese Fahrzeuge waren<br />
aber noch alle dort in Gebrauch und die Einfuhrprozedur<br />
noch ziemlich kompliziert, und sie hatten<br />
noch keinen Oldtimerstatus.<br />
2008 kam dann ein Mann mit einem „Zastava“ zu<br />
mir wegen einem Anlasser und einer Lichtmaschine.<br />
Vlado, ein Serbe, hatte diesen Wagen aus erster<br />
Hand in Lazarevac in Serbien für 1.500 Euro und<br />
mit 128.000 km von einem pensionierten Postdirektor<br />
gekauft. In einem Kraftakt hat er den Wagen in<br />
47,5 Stunden auf eigener Achse aus dem 1350 km<br />
entferntem Städtchen nach Deutschland gebracht.<br />
Wenn man gleichmäßig eine Geschwindigkeit von<br />
70 km/h fahren könnte, hätte man schon fast 20<br />
Stunden dafür gebraucht. Manchmal musste er kurz<br />
im Auto schlafen, in Deutschland vom ADAC einen<br />
gerissenen Wasserschlauch ersetzen lassen, und auf<br />
der Autobahn blieb er wegen Benzinmangels zwei<br />
Stunden stehen. Nach jeder größeren Steigung<br />
musste er warten, bis sich der Motor abgekühlt hat.<br />
Total geschafft, kam er nach so langer Zeit in<br />
Schwenningen an. Als gelernter Lackierer und Ge-<br />
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