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Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes September 2011 • Jahrgang 63

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Fachartikel<br />

In Europa nutzen die großen<br />

Pflanzenfresser lediglich 1 bis 3 %<br />

der pflanzlichen Biomasse im Wald,<br />

weil viele dieser Tiere ihre Nahrung<br />

überwiegend nur aus der Gras- und<br />

Strauchschicht gewinnen können.<br />

Arten zu den Wirbeltieren. Und die für uns<br />

Jäger interessanten Tiere machen wiederum<br />

nur noch einen Bruchteil der Wirbeltierarten<br />

aus. Die Vielfalt von Wirbeltieren ist in<br />

einem Wald stark von der Waldgesellschaft<br />

und der vorherrschenden Waldstruktur abhängig.<br />

Dazu gibt es vor allem in Bezug auf<br />

die Artenvielfalt der Vögel eindrucksvolle<br />

Untersuchungsergebnisse. Diese bestätigten,<br />

dass mehrschichtige Waldbestände,<br />

gestuft in Boden-, Strauch-, Mittel- und<br />

Oberschicht, eine wesentlich höhere Vielfalt<br />

an Singvögeln aufweisen als einschichtige<br />

Hallenbestände derselben Waldgesellschaft.<br />

Der Grund dafür ist sicher im reichhaltigen<br />

Nischenangebot von gut strukturierten<br />

Waldbeständen zu suchen.<br />

Der Zusammenhang zwischen der<br />

Vielfalt von Pflanzenarten und der Vielfalt<br />

von Vögeln gilt natürlich keineswegs<br />

nur für den Wald, sondern für alle Landschaftstypen.<br />

Und hier ist bei uns gerade<br />

auf landwirtschaftlich genutzten Flächen<br />

eine extreme Verarmung der Pflanzenvielfalt,<br />

als Folge von Überdüngung der<br />

Grasflächen, aber auch durch die Abräumung<br />

von ökologisch wichtigen Strukturelementen<br />

wie z. B. Hecken, Sträuchern,<br />

solitär oder in Kleingruppen stockenden<br />

Bäumen sowie durch die zunehmende Beseitigung<br />

von Steinhäufen und kleinen Geländebuckeln<br />

auf Freiflächen und Wiesen<br />

festzustellen. Mit der Entfernung dieser<br />

Strukturelemente und Überdüngung der<br />

Wiesen- und Weideflächen verschwinden<br />

sukzessive bestimmte Pflanzenarten, die<br />

wiederum Nahrungsbasis für spezielle Insektenarten<br />

sind. Manche Vögel sind wiederum<br />

auf bestimmte Insektentypen spezialisiert.<br />

Fallen diese infolge Ausrottung<br />

bestimmter Pflanzenarten aus, so findet<br />

auch der Vogel keine Nahrung mehr und<br />

verschwindet ebenfalls aus der Landschaft<br />

und somit auch aus der Nahrungskette.<br />

Aus diesem Grund kann auch die häufig<br />

diskutierte Entmischung <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> infolge<br />

intensiven selektiven Schalenwildverbisses<br />

nicht nur Auswirkungen auf die Waldgesellschaft,<br />

sondern durchaus auch auf die<br />

Vielfalt der Tierwelt haben.<br />

Das Tier – ein „Luxusgeschöpf“<br />

<strong>des</strong> Wal<strong>des</strong>?<br />

Die moderne Ökosystemforschung beurteilt<br />

die Meinung, dass der Wald auch ohne<br />

die Tiere leben könnte, sehr kritisch. In<br />

Europa nutzen die großen Pflanzenfresser<br />

lediglich 1 bis 3 % der pflanzlichen Biomasse<br />

im Wald, weil viele dieser Tiere ihre<br />

Nahrung überwiegend nur aus der Grasund<br />

Strauchschicht gewinnen können. Außerdem<br />

sind viele Pflanzen auf Grund der<br />

Einlagerung von Gerb- und Bitterstoffen<br />

für die Tiere ungenießbar. Und nicht zuletzt<br />

bestimmt auch das unterschiedliche<br />

Äsungsverhalten der Wildtiere den Nutzungsgrad<br />

der Pflanzen.<br />

Viele Untersuchungen zeigen aber, dass<br />

die Tiere im Wald keineswegs verzichtbare<br />

Luxusgeschöpfe sind, sondern dass ihnen<br />

ganz wichtige Funktionen im Waldökosystem<br />

zukommen. Denken wir nur an die<br />

Bestäubung vieler Pflanzen durch Insekten.<br />

Baumarten wie Vogel- und Wildkirsche,<br />

Linde und Ahorn sowie die Beersträucher<br />

sind in ihrer Vermehrung von der Bestäubung<br />

durch Insekten abhängig. Für die Verbreitung<br />

bestimmter Pflanzen übernehmen<br />

die größeren Tiere, vor allem Vögel aber<br />

auch Säugetiere, eine wichtige Aufgabe.<br />

Denken wir nur an die Vögel, die beispielsweise<br />

die schweren Samen von Zirben, Eichen<br />

und Buchen zu Tausenden verstecken<br />

und nicht alle auffressen und somit einen<br />

unverzichtbaren Beitrag zur Vermehrung<br />

und Verbreitung dieser Baumarten leisten.<br />

So soll ein Häher rund 10.000 Samen pro<br />

Herbst verstecken, die er nie zur Gänze<br />

nutzt. Die übrig gebliebenen Samenkerne<br />

werden von anderen Tierarten gefressen,<br />

viele haben jedoch die Möglichkeit, sich zu<br />

Keimlinge weiterzuentwickeln. Und selbstverständlich<br />

verdauen auch Schalenwild<br />

und früchtefressende Dachse, Füchse und<br />

Marder nicht jeden aufgenommen Samen,<br />

sondern scheiden diesen unverdaut über<br />

die Losung aus. Dort findet der Samen im<br />

Kothaufen <strong>des</strong> Tieres ein ideales Keimbett<br />

für seine weitere Entwicklung.<br />

Bei der Ansamung von Bäumen sei auch<br />

auf die positiven Auswirkungen der Trittund<br />

Wühltätigkeit der Tiere hingewiesen.<br />

In Laubwäldern mit dichtem Blattfilz<br />

kann man <strong>des</strong> Öfteren feststellen, dass die<br />

Plätzstellen der Rehböcke oft die einzigen<br />

Keimmöglichkeiten von Weiß- und Rottannen<br />

sind. Genauso wie die Abdrücke<br />

der Schalen <strong>des</strong> Wil<strong>des</strong> im Boden beliebte<br />

Keimbette sind. Bodenverwundungen,<br />

Wühl- und Grabtätigkeiten ändern allgemein<br />

die Standortbedingungen, die für die<br />

Entwicklung der Bodenvegetation sowohl<br />

von Vor- als auch Nachteil sein können.<br />

In gleicher Weise muss die Nährstoffumlagerung<br />

durch den Pflanzenverzehr der<br />

Tiere betrachtet werden.<br />

Diese kann durchaus zur Verbesserung<br />

der Bodenqualität, aber auch zur<br />

Aushagerung oder eben zur Eutrophierung<br />

eines Standortes führen. Letzteres<br />

passiert vor allem bei räumlich sehr<br />

konzentriertem Wildaufenthalt, wie z.B.<br />

6 Foto: Schatz<br />

Jagd in Tirol 09/<strong>2011</strong>

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