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WagnerHelmuth.pdf - Goethe-Universität

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Bei Alexander Schalck-Golodkowski liest sich die Geschichte der Intershops wie folgt:<br />

„Faktisch war die D-Mark seit 1971 in der DDR zur zweiten Währung geworden und spielte<br />

eine unübersehbare Rolle in unserer Volkswirtschaft. Mit der Entscheidung für die Intershops<br />

reagierte die Partei- und Staatsführung pragmatisch auf eine gesellschaftliche Realität.<br />

Ideologisch war die Sache paradox. Denn so wurde das kapitalistische Interesse zu Lasten des<br />

gesellschaftlichen Bewusstseins forciert. Die wirtschaftliche Verbundenheit der DDR mit der<br />

Bundesrepublik wuchs.<br />

Diese rasante Entwicklung wurde im Politbüro der KPdSU registriert. Eines Tages kehrte<br />

Honecker von einem Besuch auf der Krim mit der Nachricht zurück, dass Breschnew explizit<br />

gefordert habe, den Intershophandel einzustellen. Der Generalsekretär schwankte. Mittag gab<br />

zu bedenken, dass sich dann die Verschuldung der DDR noch weiter dramatisch zuspitzen<br />

würde.“ 64<br />

Ob nun der Bildartikel der Auslöser war oder der Wunsch Breschnews - oder beides<br />

zusammen - bleibt ungeklärt. Als Beruhigungsmaßnahme wurden die Forumschecks<br />

eingeführt. Bei diesen handelt es sich um Wertgutscheine über D-Mark zum Einkaufen im<br />

Intershop-Laden. Dazu mussten die Westdevisen vor dem Einkauf bei Bankinstituten der<br />

DDR in Mark-Wertschecks (Forumschecks) eingetauscht werden. Forumschecks wurden in<br />

der Stückelung 50, 10, 5, 1 und 0,50 D-Mark ausgegeben. Wenn man mit dieser Aktion<br />

geglaubt hatte, größere Mengen D-Mark dem Markt zu entziehen und dem Staatshaushalt<br />

zuzuführen, dann war diese Aktion ein Fehlschlag. Die Bevölkerung befürchtete nämlich,<br />

dass die Forumschecks eines Tages für wertlos erklärt werden könnten. Deshalb wurden<br />

immer nur soviel D-Mark in Forum-Schecks eingetauscht, wie zum aktuellen Einkauf<br />

notwendig waren. Ob durch die Ausgabe der Forumschecks für die DDR ein zusätzlicher<br />

Liquiditätsgewinn entstand, da der Intershop-Laden erst später bei der Bank die<br />

Forumschecks wieder in D-Mark eintauschte, wie Jonathan R. Zatlin vermutet, mag bei dem<br />

oben geschilderten Verhalten der Bevölkerung dahingestellt bleiben. 65 Der Rest an D-Mark<br />

wurde gehortet. Nach der Wiedervereinigung wunderten sich einige in die neuen Länder<br />

entsandten Bankmitarbeiter, dass DDR-Bürger in den neu eröffneten Filialen der<br />

westdeutschen Banken kofferweise D-Mark einzahlten. Wie mir berichtet wurde, waren<br />

Einzahlungen von 20- bis 40.000 D-Mark keine Seltenheit. Das Geld stammte wohl aus<br />

solchen Horten.<br />

64 Alexander Schalck-Golodkowski, Deutsch-deutsche Erinnerungen, Hamburg 2001, Seite 188<br />

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