WagnerHelmuth.pdf - Goethe-Universität
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1.0 Einleitung<br />
1.1 Allgemeines<br />
Das Verschwinden der DDR ist vielen bis heute unerklärlich geblieben. Die angeblich<br />
zehntstärkste Industrienation der Welt erweist sich als zahlungsunfähig, der Maschinenpark<br />
ist marode.<br />
In Wirklichkeit ist weniger das Verschwinden der DDR erstaunlich, als die Tatsache, dass<br />
kaum jemand damit rechnete.<br />
Als Gründe für den Zusammenbruch der DDR im Jahre 1989 werden in der Literatur im<br />
Allgemeinen folgende Kausalreihen angegeben, die durch ihr Zusammenwirken den Kollaps<br />
bewirkt hätten:<br />
Bürgerrechtsbewegungen und Bürgerbewegungen<br />
Selbstblockade des SED-Systems infolge interner Machtkämpfe<br />
Ökonomische Probleme infolge zu geringer Produktivität und Investitionen<br />
Mangelnde Rückendeckung durch die UDSSR<br />
Das Ende der DDR lässt sich nur durch eine Gesamtschau von langfristigen Strukturkrisen,<br />
kurzfristigen Ursachen und Änderungen der politischen Großwetterlage erklären. Denn<br />
„Geschichte entsteht immer aus der Verflochtenheit aller im Leben wirkensfähig entfalteten<br />
Faktoren“. 1<br />
So wie ein Dammbruch plötzlich als wahrnehmbares Ereignis offenbar wird, obwohl noch<br />
kurze Zeit vorher der Deich recht stabil aussah, so kann man die allgemein nicht<br />
vorhergesagte Implosion des DDR-Systems analog sehen.<br />
Bei einem Damm wird das Eindringen des Sickerwassers äußerlich nicht bemerkt, der Damm<br />
wird allmählich innerlich aufgeweicht, der Kern schwimmt auf (der Damm wird leichter) und<br />
ein relativ kleiner zusätzlicher Impuls löst dann die Katastrophe aus.<br />
Einer der Aspekte, die zu einer langsamen aber tiefen Erosion des SED-Systems geführt<br />
haben, die die Staats- und Parteiautorität unterminierte, soll in dieser Arbeit untersucht<br />
werden. Die subversive Wirkung des Westgeldes in der DDR soll hier dargestellt werden, die<br />
seit dem Ende der Aufbauphase Anfang der 70 er Jahre zunehmend das Leben in der DDR<br />
beeinflusste. Im Jahre 1988 erreichte der in der DDR gehaltene D-Mark-Bestand einen Anteil<br />
1 Heinz Stoob, Die Hanse, Köln 1994, Seite 257<br />
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