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Die vom Kloster St. Georgen abhängigen ... - Baarverein.de

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Weihe <strong>de</strong>r Kirche im Jahr 1143 mit. Der Tod Juttas von Spanheim hatte aber schon vorher die<br />

Wen<strong>de</strong> gebracht, als Hil<strong>de</strong>gard 1136 zur Meisterin <strong>de</strong>r Klause gewählt wur<strong>de</strong> und sie zwischen<br />

1141 und 1147 ihre Visionen <strong>de</strong>r Öffentlichkeit offenbarte, ja auf göttliches Geheiß offenbaren<br />

musste. Hil<strong>de</strong>gard schrieb 1147 ihren berühmten Brief an Bernhard von Clairvaux (†1153) und<br />

fand schließlich auf <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong> zu Trier (1147/48) die allgemeine kirchliche Anerkennung, auch<br />

durch Papst Eugen III. (1145-1153). Schon zuvor hatte die Seherin mit ihrer ersten Schrift Scivias<br />

(„Wisse die Wege“) begonnen, die 1151 been<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Weitere Visionsliteratur folgte: bis 1162<br />

<strong>de</strong>r Liber vitae meritorum („Das Buch <strong>de</strong>r Lebensverdienste“), bis 1173 <strong>de</strong>r Liber divinorum operum<br />

(„Welt und Mensch“). Hil<strong>de</strong>gards ganzheitliche Weltsicht offenbart sich hier ebenso wie in ihrem<br />

musikalischen Werk o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n natur- und heilkundlichen Schriften Physica und Causae et<br />

curae. Beim Schreiben wur<strong>de</strong> die prophetissa teutonica tatkräftig von ihrem Sekretär Volmar <strong>vom</strong><br />

Disibo<strong>de</strong>nberg (†1173) unterstützt.<br />

Doch Hil<strong>de</strong>gard stand auch in <strong>de</strong>r Welt, allein durch ihre immer wie<strong>de</strong>r auftreten<strong>de</strong>n schweren<br />

Erkrankungen. Eine langwierige Krankheit spielte eine Rolle, als Hil<strong>de</strong>gard 1150 <strong>de</strong>n Umzug ihrer<br />

Nonnen auf <strong>de</strong>n Rupertsberg bei Bingen erzwang. Wenn auch <strong>de</strong>r Anfang schwierig war (Besitzstreitigkeiten<br />

mit <strong>de</strong>m Abt Kuno von Disibo<strong>de</strong>nberg, Weggang <strong>de</strong>r Richardis von <strong>St</strong>a<strong>de</strong>) – es entstand<br />

im Laufe <strong>de</strong>r Zeit mit Unterstützung <strong>de</strong>s Mainzer Erzbischofs ein blühen<strong>de</strong>s <strong>Kloster</strong> unter<br />

<strong>de</strong>r Leitung Hil<strong>de</strong>gards als Äbtissin. Sogar Kaiser Friedrich I. Barbarossa sollte das <strong>Kloster</strong> 1163<br />

unter seinen Schutz stellen. Ein zweites <strong>Kloster</strong> in Eibingen, gegenüber <strong>de</strong>m Rupertsberg auf <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>ren Rheinseite, entstand ab <strong>de</strong>m Jahr 1165, so dass Hil<strong>de</strong>gard nunmehr zwei benediktinische<br />

Frauengemeinschaften zu leiten und zu betreuen hatte. Der Seelsorge entsprach es auch,<br />

dass die Äbtissin – trotz ihres fortgeschrittenen Alters und ihrer Erkrankungen – zu insgesamt vier<br />

größeren Predigtreisen aufgebrochen sein soll. (Angeblich?) öffentlich predigend u.a. über die<br />

kirchlichen Missstän<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r die Häresien, besuchte sie auf einer ersten Reise 1158 Mainz und<br />

Franken, begab sich auf einer zweiten Reise 1160 nach Trier und ins Elsass und wandte sich<br />

1161/63 rheinabwärts, u.a. nach Köln. Eine vierte Reise führte die Seherin 1170/71 zu einigen<br />

schwäbischen Klöstern. Kurz vor ihrem Tod hatte dann die Äbtissin <strong>vom</strong> Rupertsberg noch eine<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>n Mächtigen <strong>de</strong>r Kirche zu bestehen (1178/79). Es ging um die Beerdigung<br />

eines angeblich exkommunizierten Adligen auf Rupertsberger <strong>Kloster</strong>grund. Der Nonnengemeinschaft<br />

drohte das Interdikt, doch entschied <strong>de</strong>r Mainzer Erzbischof zu Gunsten Hil<strong>de</strong>gards.<br />

Wenige Monate später ist Hil<strong>de</strong>gard von Bingen am 17. September 1179 gestorben.<br />

Es ist nun Äbtissin Hazzecha von Krauftal, die Hil<strong>de</strong>gard von Bingen in einem Schreiben um<br />

(nochmalige) Hilfe angeht. Hazzecha bezieht sich in ihrem Brief auf <strong>de</strong>n Besuch Hil<strong>de</strong>gards in<br />

Krauftal, <strong>de</strong>r so auch in <strong>de</strong>r Vita Hil<strong>de</strong>gardis vermerkt ist. <strong>Die</strong>se lateinische Quelle <strong>vom</strong> En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

12. Jahrhun<strong>de</strong>rts berichtet nämlich: „Außer<strong>de</strong>m ist vor allem bemerkenswert, dass Hil<strong>de</strong>gard,<br />

<strong>vom</strong> göttlichen Geist nicht nur angetrieben, son<strong>de</strong>rn genötigt, nach Köln, Trier, Metz, Würzburg<br />

und Bamberg ging und <strong>de</strong>r Geistlichkeit und <strong>de</strong>m Volke <strong>de</strong>n Willen Gottes kundtat. Auch auf <strong>de</strong>m<br />

Disibo<strong>de</strong>nberg, in Siegburg, Eberbach, Hirsau, Zwiefalten, Maulbronn, Ro<strong>de</strong>nkirchen, Kitzingen,<br />

Krauftal, Hördt, Höningen, Werda, An<strong>de</strong>rnach, Marienberg, Klause und Winkel verkün<strong>de</strong>te sie,<br />

was zum Heile <strong>de</strong>r Seelen gereichte“ (Vita sanctae Hil<strong>de</strong>gardis, S.199). Das Zusammentreffen<br />

muss <strong>de</strong>mnach im Rahmen <strong>de</strong>r zweiten, nach Trier und ins Elsass gehen<strong>de</strong>n „Predigtreise“ Hil<strong>de</strong>gards,<br />

also im Jahr 1160, stattgefun<strong>de</strong>n haben. Viel hatte sich seit <strong>de</strong>m Aufenthalt Hil<strong>de</strong>gards<br />

in Krauftal allerdings nicht zum Guten geän<strong>de</strong>rt, und so ist die Antwort <strong>de</strong>r Äbtissin <strong>vom</strong> Rupertsberg<br />

eine Ermahnung zur Selbsthilfe. Dem Konvent von Krauftal wirft Hil<strong>de</strong>gard – allegorisch verpackt<br />

– Unreinlichkeit, Faulheit und Anmaßung vor. <strong>Die</strong> Nonnen von Krauftal sollen sich <strong>de</strong>r<br />

„Grünheit (viriditas) <strong>de</strong>r ersten Pflanzung“ hingeben. <strong>St</strong>att <strong>de</strong>r „Erschlaffung <strong>de</strong>s geistlichen Lebens“<br />

sollen sie zu <strong>de</strong>n Ursprüngen <strong>de</strong>r klösterlich-benediktinischen Lebensordnung zurückkehren.<br />

Auch hier steht die Selbsthilfe im Vor<strong>de</strong>rgrund, <strong>de</strong>r Einzelne muss bei sich selbst anfangen,<br />

wobei immer wie<strong>de</strong>r die Einstellung Hil<strong>de</strong>gards zwischen „A<strong>de</strong>lsstolz und Frömmigkeit, Ratio und<br />

Mystik“ zum Tragen kommt.<br />

<br />

Edition, Übersetzung: Hil<strong>de</strong>gard von Bingen, Briefwechsel, S.207-210. Lateinische Briefe <strong>de</strong>s 12.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts.<br />

Aus <strong>de</strong>m Briefwechsel zwischen Hil<strong>de</strong>gard von Bingen und <strong>de</strong>r Krauftaler Äbtissin Hazzecha<br />

erkennen wir, dass das Nonnenkloster Krauftal spätestens in <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong>de</strong>s 12. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Laut Hil<strong>de</strong>gard von Bingen sollten die Nonnen<br />

zu <strong>de</strong>n Ursprüngen <strong>de</strong>r klösterlich-benediktinischen Lebensordnung zurückkehren. Und das<br />

<strong>Kloster</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>, das gera<strong>de</strong> in Hinblick auf <strong>Kloster</strong>ordnung und Gottesdienst die Ober-<br />

Michael Buhlmann, <strong>Die</strong> <strong>vom</strong> <strong>Kloster</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> <strong>abhängigen</strong> Gemeinschaften 12

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