Der Honecker-Besuch in Bonn 1987 - Prof. Manfred Wilke

Element der europäischen Nachkriegsordnung. Daran rütteln, heißt Frieden und Stabilität
gefährden. Wir meinen, und hierin stimmen wir mit der vorherrschenden Auffassung in Ost und
West überein, dass Europa und die Welt gut damit leben können.“ 59
Sein Politbüro informierte er in diesem Sinne über die große „historische Bedeutung“ des ersten
offiziellen Besuchs des SED-Generalsekretärs in der Bundesrepublik: „Das Stattfinden des
Besuches und die durchgesetzte politische und protokollarische Behandlung des Genossen Erich
Honecker als Staatsoberhaupt eines anderen souveränen Staates dokumentierten vor aller Welt
Unabhängigkeit und Gleichberechtigung beider deutscher Staaten, unterstrichen ihre Souveränität
und den völkerrechtlichen Charakter ihrer Beziehungen.“ Dieser Glanz des Erfolgs schien den
Schatten der offenen nationalen Frage zu überstrahlen. Der Bericht fährt fort:
„Damit wurde revanchistischen und ‚innerdeutschen‘ Bestrebungen ein schwerer Schlag versetzt.
Das konnten auch Äußerungen von Kohl unter anderem über ‚Rechtspositionen‘ und zur ‚ Einheit
der Nation‘ nicht ändern. Es ist bedeutungsvoll, daß eine CDU/CSU-Regierung gezwungen war,
den Besuch und seinem Ablauf in dieser Form zuzustimmen. Sie konnten nicht umhin, den
59 Gespräch zwischen Bundeskanzler und Generalsekretär im erweiterten Kreis am 8. September 1987, in:
Erich Honecker: Moabiter Notizen, Gesprächs Protokolle vom BRD-Besuch 1987, Berlin 1994,S. 145-146,
Koalition der Vernunft, ebenda, S. 604-605.
36