Eiskeller und Eiswerke in Berlin und Brandenburg. Band 1 ...
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Norbert He<strong>in</strong>tze<br />
<strong>Eiskeller</strong> <strong>und</strong> <strong>Eiswerke</strong><br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
<strong>Band</strong> 1: Geschichtlicher Überblick
Norbert He<strong>in</strong>tze<br />
<strong>Eiskeller</strong> <strong>und</strong> <strong>Eiswerke</strong><br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
<strong>Band</strong> 1: Geschichtlicher Überblick<br />
Abb. 4: <strong>Eiskeller</strong> des ehemaligen Gries<strong>in</strong>ger-Krankenhauses, Berl<strong>in</strong>-Biesdorf.<br />
Autor <strong>und</strong> Verleger: Norbert He<strong>in</strong>tze, Berl<strong>in</strong>.<br />
2. Auflage © Februar 2013. Alle Rechte vorbehalten.<br />
Internetseite: www.<strong>Eiskeller</strong>-<strong>Brandenburg</strong>.de<br />
<strong>Band</strong> 1: Geschichtlicher Überblick<br />
<strong>Band</strong> 2: Literaturliste<br />
<strong>Band</strong> 3: Objektliste<br />
(Download: www.<strong>Eiskeller</strong>-<strong>Brandenburg</strong>.de/Ausdruck.html)<br />
Abbildungen auf dem vorderen <strong>und</strong> h<strong>in</strong>teren E<strong>in</strong>band:<br />
Abb. 1 (oben):<br />
Abb. 2 (unten l<strong>in</strong>ks):<br />
Abb. 3 (unten rechts):<br />
Abb. 114 (oben):<br />
Abb. 115 (unten l<strong>in</strong>ks):<br />
Abb. 116 (unten rechts):<br />
<strong>Eiskeller</strong> <strong>in</strong> Groß-Ziethen (Havelland).<br />
<strong>Eiskeller</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Dahlem.<br />
<strong>Eiskeller</strong> <strong>in</strong> Mark Land<strong>in</strong> (Uckermark).<br />
Keller <strong>in</strong> der Mart<strong>in</strong>straße <strong>in</strong> Schlieben (Elbe-Elster).<br />
Eishaus <strong>in</strong> Wall (Ostprignitz-Rupp<strong>in</strong>).<br />
Keller der Kanow-Mühle <strong>in</strong> Sagritz (Dahme-Spreewald).<br />
1
Abb. 5: <strong>Eiskeller</strong> im Schlosspark Biesdorf, Berl<strong>in</strong>-Biesdorf.<br />
Abb. 6: <strong>Eiskeller</strong> <strong>in</strong> Julianenhof (Märkisch-Oderland).<br />
2
Kapitel 1: <strong>Eiskeller</strong> <strong>und</strong> Eishäuser ........................................................................................... Seiten 4–13<br />
Die Lagerung von Eis zu Kühlzwecken war <strong>in</strong> Deutschland bis zum frühen 19. Jahrh<strong>und</strong>ert e<strong>in</strong> Privileg des<br />
Adels <strong>und</strong> der wohlhabenden Gr<strong>und</strong>besitzer. Später entwickelte man Zweckbauten für die Nahrungs<strong>in</strong>dustrie,<br />
die von kle<strong>in</strong>en Gewerbebetrieben wie Fleischer oder Gastronomen genutzt wurden. Es gab<br />
verschiedene Bauarten: vom unterirdischen <strong>Eiskeller</strong> bis zum hölzernen Eishaus. Nach dem Ersten<br />
Weltkrieg wurden kaum noch neue <strong>Eiskeller</strong> errichtet, da elektrische Kühlaggregate zur Verfügung<br />
standen. E<strong>in</strong>zelne <strong>Eiskeller</strong> wurden Jahrzehnte weiter genutzt.<br />
Kapitel 2: Brauereikeller .......................................................................................................... Seiten 14–23<br />
Noch heute bee<strong>in</strong>drucken die gewaltigen Gär- <strong>und</strong> Lagerkeller der Brauereien, damals die größten<br />
unterirdischen Bauwerke <strong>in</strong> der Stadt, durch ihre Ausmaße <strong>und</strong> stabile Konstruktion. Alle großen Berl<strong>in</strong>er<br />
Brauereien stellten ihre Kühlung im letzten Viertel des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts auf Kältemasch<strong>in</strong>en um. Die alten<br />
Keller wurden jahrzehntelang für die Lagerung von Bier genutzt. Inzwischen dient ke<strong>in</strong>er dieser Keller<br />
mehr der Bierproduktion. Sofern sie nicht bereits längst abgerissen wurden, stehen sie zum überwiegenden<br />
Teil leer.<br />
Kapitel 3: Natureiswerke .......................................................................................................... Seiten 24–33<br />
Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert wuchs die Berl<strong>in</strong>er Bevölkerung durch die Industrialisierung stark an. Bei der<br />
Versorgung mit Lebensmitteln ergaben sich im Sommer Probleme, weil die Entfernung zwischen den<br />
Erzeugern <strong>und</strong> den Verbrauchern zunahm. Dadurch entstand ab der Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts die Berl<strong>in</strong>er<br />
Natureis<strong>in</strong>dustrie. Der Eismann, der das Eis mit Fuhrwerken auslieferte, war für etwa 100 Jahre e<strong>in</strong><br />
alltäglicher Anblick auf der Straße. Nach warmen W<strong>in</strong>tern reichte das Eis mehrfach nicht aus, um den<br />
Bedarf zu decken, <strong>und</strong> so wurde es unumgänglich, Eis aus den Alpen oder aus Norwegen zu importieren.<br />
Kapitel 4: Eisfabriken ............................................................................................................... Seiten 34–41<br />
Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurden <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> die ersten Kunsteisfabriken gegründet, die Stangeneis<br />
produzierten. Das Kunsteis war hygienisch unbedenklich <strong>und</strong> ersetzte <strong>in</strong> den Jahren bis 1920 das Natureis<br />
fast vollständig. Es wurde an kle<strong>in</strong>e Gewerbebetriebe <strong>und</strong> die Bevölkerung verkauft. Erst ab den 1960er<br />
Jahren setzte sich auf diesem Gebiet der Kühlschrank durch. Damit endete die Ära der Eis<strong>in</strong>dustrie.<br />
Kapitel 5: Lagerkeller ............................................................................................................... Seiten 42–45<br />
Neben den <strong>Eiskeller</strong>n gab es unterirdische Lagerkeller, die ke<strong>in</strong>e zusätzliche Kühlung durch Eis besaßen.<br />
Die Temperatur dieser Keller entspricht der durchschnittlichen Jahresmitteltemperatur <strong>und</strong> beträgt <strong>in</strong><br />
Deutschland 8 bis 10 °C. Sie wurden zur Lagerung von empf<strong>in</strong>dlichen Lebensmitteln genutzt, wie<br />
beispielsweise von Obst, Gemüse oder brennbaren Flüssigkeiten.<br />
Kapitel 6: Bibliografie ............................................................................................................... Seiten 46–47<br />
Die Bibliografie umfasst Literatur aus den letzten 300 Jahren. Zunächst waren es Gewerbezeitschriften <strong>und</strong><br />
Lexika, die sich mit diesem Thema befassten. Spezielle Fachbücher über <strong>Eiskeller</strong> s<strong>in</strong>d erst ab den 1830er<br />
Jahren gedruckt worden. Am Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts erschienen die ersten Kältetechnik-<br />
Fachzeitschriften. Nach dem Ersten Weltkrieg versiegte das Interesse an Fachliteratur über <strong>Eiskeller</strong> <strong>und</strong><br />
stieg erst am Ende der 1980er Jahre an, nun unter den Aspekten des Denkmalschutzes <strong>und</strong> des Tourismus.<br />
Seit der Jahrtausendwende werden viele Informationen über das Internet veröffentlicht.<br />
Kapitel 7: Bildergalerie Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong> ................................................................. Seiten 47–57<br />
Zahlreiche <strong>Eiskeller</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong> s<strong>in</strong>d noch vorhanden. Viele von ihnen s<strong>in</strong>d leider e<strong>in</strong>sturzgefährdet<br />
oder dem Vandalismus schutzlos ausgeliefert. Nur e<strong>in</strong>ige Bauwerke wurden restauriert <strong>und</strong><br />
können besichtigt werden.<br />
Kapitel 8: Abbildungsnachweis ................................................................................................ Seite 58<br />
3
Kapitel 1 <strong>Eiskeller</strong> <strong>und</strong> Eishäuser<br />
Bereits zu Beg<strong>in</strong>n des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts gab es<br />
Fachliteratur, die die baulichen Anforderungen an<br />
e<strong>in</strong>en <strong>Eiskeller</strong> beschrieb. Unter „<strong>Eiskeller</strong>“<br />
verstand man früher nicht nur e<strong>in</strong> Bauwerk, das sich<br />
vollständig <strong>in</strong> der Erde befand <strong>und</strong> damit dem<br />
heutigen Begriff „Keller“ entspricht. Auch<br />
oberirdische Eishäuser wurden häufig als <strong>Eiskeller</strong><br />
bezeichnet. Die <strong>Eiskeller</strong> lassen sich <strong>in</strong> der Theorie<br />
grob <strong>in</strong> sechs Bauarten unterteilen:<br />
− Eisgrube (auch Eiskuhle genannt),<br />
− Eismiete <strong>und</strong> Eishaufen,<br />
− <strong>Eiskeller</strong> (unterirdisch <strong>und</strong> übererdet),<br />
− Eishaus aus Holz,<br />
− Eishaus aus Ste<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
− Spezialformen, zum Beispiel für Markthallen,<br />
Molkereibetriebe oder Leichenschauhäuser.<br />
Die Begriffe wurden von den verschiedenen<br />
Autoren nicht immer e<strong>in</strong>heitlich genutzt, was bei<br />
e<strong>in</strong>er 300 Jahre umfassenden Bibliografie nicht<br />
verw<strong>und</strong>erlich ist.<br />
Die Eisgrube – früher teilweise auch Eiskuhle<br />
genannt – ist ansche<strong>in</strong>end die älteste Bauform, die<br />
bereits 1712 <strong>in</strong> dem Büchle<strong>in</strong> „Eigentliche <strong>und</strong><br />
gründliche Nachricht von denen Eiß-Gruben“<br />
beschrieben wurde. In den Boden wurde e<strong>in</strong>e Grube<br />
mit etwa vier Meter Durchmesser gegraben, die sich<br />
häufig nach unten verjüngt. Die Seitenwände der<br />
Grube bestanden aus Feldste<strong>in</strong>en, Ziegelste<strong>in</strong>en<br />
oder aus Holz. Der untere Bereich der Grube wurde<br />
mit grobem Kies aufgefüllt, damit das<br />
Schmelzwasser sich dort sammeln <strong>und</strong> ablaufen<br />
konnte. Auf den Kies wurde e<strong>in</strong>e Lage mit Brettern<br />
gelegt, auf der das Eis gestapelt wurde. Zur<br />
Isolierung gegen die Erdwärme wurde Stroh<br />
verwendet, das sich zwischen dem Eis <strong>und</strong> der<br />
Außenwand befand. Der Aufbau bestand aus e<strong>in</strong>em<br />
kle<strong>in</strong>em Strohdach oder e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>em<br />
Holzhäuschen.<br />
Die Eismiete war e<strong>in</strong>e preiswerte Form der<br />
Eislagerung, da sie nur aus e<strong>in</strong>em Holzgestell<br />
bestand, das mit Stroh oder Rohr bedeckt war. Auf<br />
e<strong>in</strong>e tiefe Grube wurde hierbei völlig verzichtet. Im<br />
Boden wurde e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Kuhle ausgehoben, die mit<br />
Kieselste<strong>in</strong>en ausgelegt war, um das Schmelzwasser<br />
abzuleiten. Hierüber befand sich e<strong>in</strong> zeltartiges<br />
Holzgestell, das mit Stroh oder Rohr abgedeckt war.<br />
Die E<strong>in</strong>gangsschleuse lag Richtung Norden <strong>und</strong><br />
besaß möglichst zwei Türen.<br />
Der Eishaufen war e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fachere Variante der<br />
Eismiete. Hier wurde das Eis nur mit Torf, Erde<br />
oder Stroh abgedeckt. Es gab weder e<strong>in</strong> Holzgestell<br />
noch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>gangstür. Die Höhe des Eishaufens<br />
sank mit der Verkle<strong>in</strong>erung des Eisvorrates.<br />
Dadurch musste die Abdeckung regelmäßig<br />
kontrolliert <strong>und</strong> ausgebessert werden. Die Eishaufen<br />
wurden auch teilweise als kostengünstige<br />
Ergänzung zu e<strong>in</strong>em vorhandenen <strong>Eiskeller</strong> genutzt.<br />
Der <strong>Eiskeller</strong> diente dann für den täglichen Bedarf,<br />
da er durch se<strong>in</strong>e Türen wesentlich e<strong>in</strong>facher<br />
zugänglich war. Wenn der Eisvorrat im <strong>Eiskeller</strong><br />
zur Neige g<strong>in</strong>g, wurde das Eis aus dem Eishaufen <strong>in</strong><br />
den <strong>Eiskeller</strong> gebracht, <strong>und</strong> der Eishaufen wurde am<br />
Ende vollständig abgeräumt.<br />
Vollständig unterirdische <strong>Eiskeller</strong> waren sehr<br />
aufwendig im Bau. Vor allem das Ausschachten der<br />
Baugrube <strong>und</strong> die stabilere Ausführung der Wände<br />
verteuerten den Bau erheblich. Für die richtige<br />
Dimensionierung der Wand- <strong>und</strong> Deckenstärken<br />
war bautechnisches Fachwissen erforderlich.<br />
Weiterh<strong>in</strong> musste das Bauwerk gut gegen<br />
aufsteigendes Gr<strong>und</strong>wasser oder versickerndes<br />
Oberflächenwasser abgedichtet se<strong>in</strong>. Der <strong>Eiskeller</strong><br />
sollte e<strong>in</strong>e kühle, geschützte <strong>und</strong> trockene Lage <strong>in</strong><br />
nicht zu weiter Entfernung von der Verbrauchsstelle<br />
erhalten. Der Eisbehälter musste gegen die<br />
Bodenwärme sowie die warme Außenluft isoliert<br />
werden. Es eigneten sich hierzu etwa e<strong>in</strong> Meter<br />
starke Ziegelmauern mit mehreren Luftschichten<br />
von acht Zentimeter Stärke. Die Luftschichten<br />
konnten auch mit Torfmull, porösen Schlacken oder<br />
Schlackenwolle ausgefüllt werden. Der Eisraum<br />
sollte möglichst <strong>in</strong> Zyl<strong>in</strong>derform oder besser <strong>in</strong><br />
Halbkugelform konstruiert werden, da hier e<strong>in</strong><br />
besseres Verhältnis von Oberfläche zum Inhalt<br />
bestand als bei e<strong>in</strong>em rechteckigen Raum.<br />
Gleichzeitig bot der r<strong>und</strong>e Gr<strong>und</strong>riss gegenüber dem<br />
seitlichen Erddruck e<strong>in</strong>en besseren Widerstand. Der<br />
E<strong>in</strong>gang sollte nach Norden liegen <strong>und</strong> möglichst<br />
kle<strong>in</strong> se<strong>in</strong>, damit beim Betreten wenig Wärme <strong>in</strong> das<br />
Bauwerk e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen konnte. Der Zugang erfolgte<br />
über e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>gangsschleuse mit zwei oder besser<br />
drei h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander liegenden dicht schließenden<br />
Türen. Die Südseite des <strong>Eiskeller</strong>s musste vor<br />
4
Abb. 7: <strong>Eiskeller</strong> der kl<strong>in</strong>ischen Universitätsanstalten zu Kiel, um 1884.<br />
Abb. 8: Eismiete, um 1903. Abb. 9: Eisgrube, um 1884.<br />
5
vor der Sonnene<strong>in</strong>strahlung geschützt werden,<br />
entweder durch den Schatten e<strong>in</strong>es benachbarten<br />
Gebäudes oder durch die Anpflanzung<br />
schattenspendender, schnell wachsender Bäume <strong>und</strong><br />
Sträucher. Fenster sollten nicht vorhanden se<strong>in</strong> oder<br />
nur <strong>in</strong> Form kle<strong>in</strong>er, nach Norden gerichteter<br />
Oberlichter, die durch mehrfache Glasscheiben<br />
gegen die Außenwärme isoliert waren. Im<br />
Gegensatz zur Eisgrube gab es häufig neben dem<br />
Eisraum auch getrennte Kühlräume, die über<br />
Lüftungsöffnungen mit dem Eisbehälter verb<strong>und</strong>en<br />
waren uns so gekühlt werden konnten. Das Betreten<br />
der Kühlräume war durch e<strong>in</strong>e separate Tür<br />
möglich, um den Eisbehälter nicht unnötig zu<br />
öffnen.<br />
Um die hohen Baukosten zu senken, wurden viele<br />
übererdete <strong>Eiskeller</strong> oberhalb des Erdbodens <strong>und</strong><br />
damit auch des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels errichtet, die<br />
mit e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en künstlichen Hügel abgedeckt<br />
wurden. Da der Hügel sich wegen des <strong>Eiskeller</strong>s an<br />
e<strong>in</strong>em kühlen <strong>und</strong> schattigen Platz befand, wurde er<br />
<strong>in</strong> Gärten auch gerne als F<strong>und</strong>ament für e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />
Terrasse oder für e<strong>in</strong>en Pavillon genutzt <strong>und</strong> so <strong>in</strong><br />
die Gartenarchitektur e<strong>in</strong>bezogen. Er diente als<br />
idyllischer Ruheplatz, Aussichtspunkt oder als<br />
Element e<strong>in</strong>er Sichtachse. Am Hügel konnte<br />
gleichzeitig e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er künstlich angelegter<br />
Wasserfall angelegt werden. Übererdete <strong>Eiskeller</strong><br />
mit e<strong>in</strong>er Terrasse kann man heute unter anderem<br />
im Schlosspark Biesdorf oder im Gutspark <strong>in</strong><br />
Großziethen (bei Kremmen) ansehen. Beispiele<br />
ohne Terrasse s<strong>in</strong>d der <strong>Eiskeller</strong> des Schlosses<br />
Wustrau (Ostprignitz-Rupp<strong>in</strong>) <strong>und</strong> der <strong>Eiskeller</strong> <strong>in</strong><br />
Markendorf, e<strong>in</strong>em Vorort von Frankfurt (Oder).<br />
Der Berl<strong>in</strong>er Architektenvere<strong>in</strong> führte seit 1827<br />
monatlich Entwurfskonkurrenzen unter se<strong>in</strong>en<br />
Mitgliedern durch. Mehrfach war das Thema der<br />
Entwurf e<strong>in</strong>es <strong>Eiskeller</strong>s. Die Aufgabe für den<br />
Oktober 1868 wurde <strong>in</strong> der Deutschen Bauzeitung<br />
veröffentlicht: „E<strong>in</strong>e Orchester-Tribüne <strong>in</strong> reicher<br />
Holzarchitektur mit darunter liegendem <strong>Eiskeller</strong><br />
<strong>und</strong> geschlossener Rückwand, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em öffentlichen<br />
Garten für e<strong>in</strong>e 40 Mann starke Kapelle. Verlangt:<br />
1 Gr<strong>und</strong>riss, 1 Ansicht, 1 Durchschnitt. Maßstab:<br />
1/40 der natürlichen Grösse.“ E<strong>in</strong>ige Entwürfe der<br />
Jahre 1830 <strong>und</strong> 1849 s<strong>in</strong>d erhalten <strong>und</strong> bef<strong>in</strong>den<br />
sich im Architekturmuseum der TU Berl<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong>ige <strong>Eiskeller</strong> wurden <strong>und</strong> den letzten Jahren zu<br />
Fledermausquartieren umgebaut. In <strong>Brandenburg</strong><br />
s<strong>in</strong>d 17 verschiedene Fledermausarten heimisch.<br />
Ihre Sommerquartiere liegen <strong>in</strong> Ställen, Dachstühlen<br />
oder Baumhöhlen. Als Jagdrevier bevorzugen sie<br />
abwechslungsreiche Landschaftsgebiete mit<br />
Wäldern, Gewässern <strong>und</strong> Hecken. Viele Arten s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong> ihrem Bestand gefährdet <strong>und</strong> vom Aussterben<br />
bedroht, unter anderem durch die Zerstörung von<br />
Totholzbeständen oder durch den E<strong>in</strong>satz von<br />
Insektenschutzmitteln. Durch die Sanierung von<br />
Altbauten oder den Abriss von alten Bauwerken<br />
stehen immer weniger Standorte als W<strong>in</strong>terquartier<br />
zur Verfügung, die die Tiere von September bis<br />
März zur Überw<strong>in</strong>terung aufsuchen. Durch se<strong>in</strong>e<br />
Isolierung gegen die Außentemperaturen <strong>und</strong> den<br />
E<strong>in</strong>fluss der Erdwärme s<strong>in</strong>d <strong>Eiskeller</strong> frostsicher<br />
<strong>und</strong> damit e<strong>in</strong> geeigneter Unterschlupf zum<br />
Überw<strong>in</strong>tern. In die Türen werden kle<strong>in</strong>e Löcher als<br />
E<strong>in</strong>flugöffnung e<strong>in</strong>gebaut, an den Wänden <strong>und</strong><br />
Decken angebrachte Hohlblockste<strong>in</strong>e dienen als<br />
Schlafhöhlen. Bekannte Fledermausquartiere <strong>in</strong><br />
<strong>Brandenburg</strong> bef<strong>in</strong>den sich im Lagerkeller der<br />
ehemaligen Ostquell-Brauerei <strong>in</strong> Frankfurt (Oder),<br />
<strong>in</strong> den <strong>Eiskeller</strong>n <strong>in</strong> Güldendorf, Glambeck, Zootzen<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong> Julianenhof. Das Betreten dieser <strong>Eiskeller</strong> ist<br />
im W<strong>in</strong>ter verboten, um die Fledermäuse nicht im<br />
Schlaf zu stören, da sie durch das Aufwachen zu<br />
viel Energie verbrauchen <strong>und</strong> den W<strong>in</strong>ter nicht<br />
überleben würden.<br />
Eishäuser aus Holz waren e<strong>in</strong>e preiswerte<br />
Alternative zum massiven <strong>Eiskeller</strong>. Die ersten<br />
Berichte über hölzerne Eishäuser stammen bereits<br />
aus der Mitte des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts. Damals wurden<br />
sie auch als „Russische <strong>Eiskeller</strong>“ bezeichnet. Im<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>ert änderte sich die Bezeichnung <strong>in</strong><br />
„Amerikanische <strong>Eiskeller</strong>“, da die Eis<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong><br />
den Vere<strong>in</strong>igten Staaten hauptsächlich diesen<br />
Bautyp e<strong>in</strong>setzte. In den 1830er Jahren erschien <strong>in</strong><br />
verschiedenen Gewerbezeitungen e<strong>in</strong> Artikel<br />
„Ueber den Nutzen <strong>und</strong> Anlage von Eisgebäuden<br />
statt der bisherigen <strong>Eiskeller</strong> oder Eisgruben“ von<br />
dem „Oberamtmann Siemens, zu Pyrmont“. Er<br />
beschreibt auf acht Seiten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Tafel die<br />
Vorteile se<strong>in</strong>es Eishauses. Jedoch waren die<br />
Holzgebäude bauartbed<strong>in</strong>gt sehr anfällig für Fäulnis<br />
<strong>und</strong> Schwammbildung <strong>und</strong> sehr leicht brennbar. In<br />
mehreren Berl<strong>in</strong>er Krankenhäusern waren hölzerne<br />
6
Abb. 10: <strong>Eiskeller</strong> (Berl<strong>in</strong>-Re<strong>in</strong>ickendorf).<br />
Abb. 11: Als Fledermausquartier genutzter <strong>Eiskeller</strong> (Berl<strong>in</strong>-Schmöckwitz).<br />
7
Eishäuser vorhanden, so zum Beispiel im früheren<br />
Zentral-Militärhospital <strong>in</strong> Tempelhof (heutiges<br />
Vivantes Wenckebach-Kl<strong>in</strong>ikum) oder auch im<br />
Krankenhaus Friedrichsfelde.<br />
Gegen Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurden Eishäuser<br />
serienmäßig hergestellt <strong>und</strong> als Katalogware<br />
angeboten, wie zum Beispiel die „oberirdischen<br />
<strong>Eiskeller</strong> amerikanischen Systems aus Holz <strong>und</strong><br />
Haspelmoorer Isolimulle hergestellt von Wilhelm<br />
Lesti, Baugeschäft <strong>in</strong> Thalkirchen bei München“ aus<br />
dem Jahr 1910. Angeboten wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Katalog neun verschiedene Varianten. Gleichzeitig<br />
wird betont, dass die Gebäude <strong>in</strong> jeder gewünschten<br />
Form <strong>und</strong> Größe je nach Bedarf ausgeführt werden<br />
könnten. Von den Eishäusern aus Holz ist ke<strong>in</strong><br />
Exemplar mehr erhalten. Ihre Verbreitung ist<br />
heutzutage weitgehend unbekannt. Typische<br />
Eishäuser hatten e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>fläche von fünf Meter<br />
mal fünf Meter <strong>und</strong> das Eis wurde bis fünf Meter<br />
hoch gestapelt. Dies ergab e<strong>in</strong> Volumen von 125<br />
Kubikmeter. Die Eishäuser hatten e<strong>in</strong>e doppelte<br />
Holzwand mit e<strong>in</strong>em m<strong>in</strong>destens 40 Zentimeter<br />
breiten Zwischenraum, der mit Holzwolle, Schlacke<br />
oder Torf gefüllt wurde. Der Dachboden war aus<br />
Gewichtsgründen häufig mit Stroh isoliert.<br />
Eishäuser aus Ste<strong>in</strong> werden <strong>in</strong> der Literatur erst ab<br />
den 1870er Jahren aufgeführt. Obwohl ihr Bau<br />
wesentlich teurer war, hatten sie gegenüber den<br />
Holzkonstruktionen neben der längeren Haltbarkeit<br />
e<strong>in</strong>en erheblichen Vorteil, weil <strong>in</strong>nerhalb<br />
geschlossener Baugebiete die Errichtung größerer<br />
Holzhäuser wegen der Feuergefahr bedenklich war.<br />
Die Isolierung erfolgte im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert durch<br />
Hohlmauern, <strong>in</strong> denen nach Möglichkeit zwei bis<br />
drei Hohlräume e<strong>in</strong>gebaut waren. Ab der<br />
Jahrh<strong>und</strong>ertwende wurden Korkste<strong>in</strong> <strong>und</strong> Kieselgur<br />
als neuartiger Isolierstoff e<strong>in</strong>gesetzt. Die Eishäuser<br />
enthielten teilweise Kühlräume für Lebensmittel.<br />
Dabei war der Eisraum vom Volumen bis zu<br />
viermal so groß wie der Kühlraum <strong>und</strong> deutlich<br />
höher. Dadurch sollte e<strong>in</strong>e gute Belüftung erzielt<br />
werden, da die kalte Luft nach unten sank <strong>und</strong> die<br />
erwärmte Luft aus dem Lagerraum durch<br />
Abluftschächte <strong>in</strong> der Decke verdrängen konnte.<br />
Größere Eishäuser stellten neue statische<br />
Anforderungen an die Bauweise der Mauern. Das<br />
Eis übt auf den Boden e<strong>in</strong>en erheblichen Druck aus.<br />
Bei e<strong>in</strong>er Eishöhe von zehn Meter lasten fast acht<br />
Tonnen Gewicht auf jeden Quadratmeter<br />
Bodenfläche! Dazu kommt auch e<strong>in</strong>e mögliche<br />
Belastung der Seitenwände, da das Eis auch hier<br />
e<strong>in</strong>e Kraft ausüben kann, wenn es sich während des<br />
Schmelzvorganges verschiebt. Das Zentralblatt der<br />
Bauverwaltung berichtete 1899 über e<strong>in</strong>e derartige<br />
Beschädigung e<strong>in</strong>es Eisspeichers der Oranienburger<br />
<strong>Eiswerke</strong> am Lehnitzsee. Dabei ist die fast zehn<br />
Meter hohe Seitenwand des Eishauses auf halber<br />
Höhe gerissen <strong>und</strong> wurde um etwa 80 Zentimeter<br />
nach außen gedrückt. Es bestand akute<br />
E<strong>in</strong>sturzgefahr. E<strong>in</strong>e Sonderform waren r<strong>und</strong>e<br />
Eishäuser. Sie hatten bessere Isoliereigenschaften,<br />
da hier e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Oberfläche vorhanden war.<br />
Nachteilig war die r<strong>und</strong>e Form allerd<strong>in</strong>gs dadurch,<br />
dass sie nicht <strong>in</strong> geschlossener Bauweise möglich<br />
war, sondern freistehend errichtet werden musste.<br />
Mehrere Berl<strong>in</strong>er Krankenhäuser, die zum Ende des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>in</strong> parkähnlichen Gr<strong>und</strong>stücken<br />
errichtet wurden, hatten hierfür ausreichend Platz.<br />
Erhalten s<strong>in</strong>d die Eishäuser <strong>in</strong> der heutigen Karl-<br />
Bonhoeffer-Nervenkl<strong>in</strong>ik, im Kl<strong>in</strong>kum Buch <strong>und</strong> im<br />
Krankenhaus König<strong>in</strong> Elisabeth Herzberge<br />
Die hygienischen Zustände <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> wurden mit<br />
der beg<strong>in</strong>nenden Industrialisierung katastrophal. Ab<br />
der zweiten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts stieg die<br />
E<strong>in</strong>wohnerzahl <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> rasant an. Der epidemieartige<br />
Ausbruch von Krankheiten wie Typhus <strong>und</strong><br />
Cholera war zu befürchten. Das größte Problem war<br />
die Versorgung mit sauberem Tr<strong>in</strong>kwasser. Bis zur<br />
Errichtung der Wasserwerke diente ungefiltertes<br />
Fluss- oder Gr<strong>und</strong>wasser als Tr<strong>in</strong>kwasser. Durch die<br />
ungewollte Versickerung der Abwässer <strong>in</strong> den<br />
Boden <strong>und</strong> das E<strong>in</strong>leiten von ungeklärtem Abwasser<br />
<strong>in</strong> die Flüsse wurde die Wasserqualität erheblich<br />
bee<strong>in</strong>trächtigt. 1853 eröffnete die private „Berl<strong>in</strong><br />
Waterworks Company“ das erste Berl<strong>in</strong>er<br />
Wasserwerk. Durch den Ausbau der Wasserversorgung<br />
nahm selbstverständlich auch die<br />
Mengen des Abwassers erheblich zu. Dies stellte e<strong>in</strong><br />
weiteres großes Problem dar: Die Fäkalien der<br />
Berl<strong>in</strong>er Bevölkerung wurden <strong>in</strong> Gruben gesammelt<br />
oder flossen über offene R<strong>in</strong>nste<strong>in</strong>e zum<br />
nächstliegenden Gewässer ungeklärt ab. Auf dem<br />
selben Weg „entsorgten“ Gewerbebetriebe andere<br />
flüssige Abfälle, wie das Blut aus unzähligen<br />
kle<strong>in</strong>en Hausschlachtungen.<br />
8
Abb. 12: Eishaus Krankenhaus Friedrichsha<strong>in</strong>, um 1876.<br />
Abb. 13: Eishaus Krankenhaus König<strong>in</strong> Elisabeth Herzberge, Berl<strong>in</strong>-Lichtenberg.<br />
9
Erst 1873 wurde der erste Teil der Berl<strong>in</strong>er<br />
Kanalisation <strong>in</strong> Betrieb genommen. Ihr Ausbau im<br />
damaligen Stadtgebiet dauerte mehr als zwanzig<br />
Jahre.<br />
Ges<strong>und</strong>heitlich bedenkliche Zustände herrschten<br />
auch im Schlachtgewerbe. Es gab h<strong>und</strong>erte von<br />
privaten Schlachtern. Meyers Großes Konversations-Lexikon<br />
von 1906 bemerkt dazu: „Solche<br />
Privatschlachthäuser entsprechen <strong>in</strong> den meisten<br />
Fällen berechtigten sanitären Anforderungen<br />
höchst ungenügend <strong>und</strong> tragen zur Verunre<strong>in</strong>igung<br />
der Luft <strong>und</strong> Belästigung der Umgebung, auch zur<br />
Imprägnierung des Untergr<strong>und</strong>es mit faulenden<br />
tierischen Stoffen <strong>und</strong> zur Verunre<strong>in</strong>igung der<br />
Brunnen etc. bei.“ 1867 wurde der „Berl<strong>in</strong>er<br />
Viehmarkt“ errichtet. Es handelte sich um e<strong>in</strong>en<br />
Viehhof auf e<strong>in</strong>em 30 Hektar großen Areal<br />
zwischen der Brunnen- <strong>und</strong> Ackerstraße <strong>in</strong><br />
Ges<strong>und</strong>brunnen. Neben den notwendigen<br />
Verkaufshallen <strong>und</strong> Schlachthäusern gab es e<strong>in</strong><br />
großes Eishaus an der Brunnenstraße. 1868 erließ<br />
die preußische Regierung aufgr<strong>und</strong> der Missstände<br />
das Gesetz zum Schlachtzwang, das den Bau von<br />
kommunalen Schlachthäusern <strong>und</strong> die Schließung<br />
privater Schlachtereien vorsah. Der neue<br />
Zentralvieh- <strong>und</strong> Schlachthof <strong>in</strong> Lichtenberg wurde<br />
<strong>in</strong> den Jahren 1881 bis 1883 eröffnet <strong>und</strong> erhielt<br />
e<strong>in</strong>e zentrale Kühlanlage <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en<br />
Eisgenerator. Der Betrieb wurde 1991 nach 110<br />
Jahren e<strong>in</strong>gestellt.<br />
Ohne feste Markthallen waren <strong>in</strong> der zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts die hygienischen<br />
Zustände auf den Berl<strong>in</strong>er Wochenmärkten mit<br />
ihren offenen Ständen unerträglich. Die Händler<br />
hatten beim Transport <strong>und</strong> Verkauf ke<strong>in</strong>e<br />
ausreichende Kühlung. Am Ende des Markttages<br />
war der Boden mit Abfällen übersät, die wiederum<br />
Ungeziefer wie Ratten oder Vögel angelockten.<br />
Bereits 1867 eröffnete die Berl<strong>in</strong>er Immobilien-<br />
Aktiengesellschaft die „Erste Berl<strong>in</strong>er Markthalle“.<br />
Sie lag <strong>in</strong> der Nähe der Friedrichstraße an der<br />
heutigen Straße „Am Zirkus“. Die Halle war<br />
allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Misserfolg <strong>und</strong> musste bereits wenige<br />
Jahre später wieder schließen. In den folgenden<br />
Jahrzehnten wurde sie als Zirkus <strong>und</strong> Theater<br />
genutzt. Nach dem zweiten Weltkrieg befand sich<br />
hier bis zum Abriss 1988 der Friedrichstadtpalast.<br />
Zur Abschaffung der offenen Wochenmärkte<br />
wurden ab 1883 Markthallen errichtet. Meyers<br />
Konversationslexikon berichtet 1890: „Berl<strong>in</strong><br />
bekommt zunächst 14 M[arkthallen]. Vier davon,<br />
die Zentralhalle am Alexanderplatz <strong>und</strong> die M. II–<br />
IV <strong>in</strong> der Friedrich-, Zimmer- <strong>und</strong> Dorotheenstraße,<br />
s<strong>in</strong>d 1883 begonnen, 1885 eröffnet worden. 1888<br />
wurden dem Verkehr übergeben die M. V–VIII auf<br />
dem Magdeburger Platze, <strong>in</strong> der Invaliden-,<br />
Dresdener <strong>und</strong> Andreasstraße, <strong>und</strong> im Plane s<strong>in</strong>d<br />
M. für die äußern Stadtteile Moabit, Wedd<strong>in</strong>g,<br />
Ges<strong>und</strong>brunnen, Schönhäuser Vorstadt, äußere<br />
Luisenstadt <strong>und</strong> Tempelhofer Vorstadt.“<br />
1899 erschien das Buch Die Markthallen Berl<strong>in</strong>s.<br />
Die neuen Marktallen verfügten selbstverständlich<br />
über Wasser- <strong>und</strong> Abwasseranschluss, Aufzüge <strong>und</strong><br />
geeignete Lagerräume im Keller. Für empf<strong>in</strong>dliche<br />
Lebensmittel standen Kühlräume bereit. Im Keller<br />
der Zentralmarkthalle I gab es zunächst vier<br />
<strong>Eiskeller</strong> mit Öffnungen <strong>in</strong> Ihrer Decke zum<br />
E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen des Eises. Nachdem <strong>in</strong> der benachbarten<br />
Zentralmarkthalle Ia neue Kühlräume mit e<strong>in</strong>er<br />
Kühlmasch<strong>in</strong>e angelegt wurden, nutzte man die<br />
alten <strong>Eiskeller</strong> als normale Lagerräume. Zusammen<br />
mit der Kühlmasch<strong>in</strong>e wurde e<strong>in</strong> Eiserzeuger mit<br />
e<strong>in</strong>er Leistung von 430 Kilogramm je St<strong>und</strong>e<br />
aufgestellt. Die anderen Markthallen erhielten<br />
ebenfalls <strong>Eiskeller</strong>, wie die Markthalle II: „Das<br />
Kellergeschoß enthält fünf durch e<strong>in</strong>en Vorraum<br />
zugängliche <strong>Eiskeller</strong> von 5,2 Meter Breite <strong>und</strong> 6,69<br />
Meter Länge mit doppelten Wänden <strong>und</strong> Gewölben,<br />
deren 13 Zentimeter weite Zwischenräume mit<br />
Koksasche ausgefüllt s<strong>in</strong>d. Die <strong>in</strong>neren Thüren<br />
haben doppelte Wände mit dazwischen<br />
e<strong>in</strong>gebrachter Füllung von Torfmull.“ Bei der<br />
Markthalle IV s<strong>in</strong>d es zwei <strong>Eiskeller</strong>, bei den<br />
Markthallen V <strong>und</strong> VII je e<strong>in</strong> <strong>Eiskeller</strong>. In dem<br />
Erdgeschoßplan der Markthalle XII ist e<strong>in</strong>e Luke<br />
für den Eise<strong>in</strong>wurf e<strong>in</strong>getragen. Inwieweit die<br />
anderen Markthallen ebenfalls <strong>Eiskeller</strong> besaßen, ist<br />
nicht bekannt.<br />
Im Zweiten Weltkrieg wurden die meisten<br />
Markthallen mehr oder weniger stark zerstört.<br />
Infolge der seit den 1950er Jahren auftretenden<br />
Konkurrenz von Selbstbedienungs-Supermärkten<br />
verzichtete man bis auf vier Ausnahmen auf ihren<br />
Wiederaufbau.<br />
10
Abb. 14: <strong>Eiskeller</strong> im Keller der Markthalle IV, um 1899.<br />
Abb. 15: Molkerei für 2.500 Liter Milch, um 1891.<br />
11
In Molkereien spielte die Kühlung mit Eis bis zur<br />
Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts e<strong>in</strong>e untergeordnete<br />
Rolle. Das Handbuch des gesammten landwirthschaftlichen<br />
Bauwesens berichtet 1853: „Das<br />
Molkenhaus muß e<strong>in</strong>e Milchkammer oder e<strong>in</strong>en<br />
Milchkeller, ferner Butterkeller, Käsestube <strong>und</strong><br />
Molkenküche enthalten. Die gewonnene Milch,<br />
welche sofort nach dem Melken aus dem Stalle<br />
entfernt wird, damit sie nicht den Geruch desselben<br />
annehme, wird zum Ausrahmen nach e<strong>in</strong>em<br />
besonderen, im Sommer kühlen, im W<strong>in</strong>ter warmen<br />
Lokale, der Milchkammer oder dem Milchkeller<br />
getragen. Im Sommer erkaltet die Milch sehr<br />
langsam, man kühlt daher, um die Temperatur der<br />
Milchkammer, welche erfahrungsgemäß 10 ºR bis<br />
12 ºR. [12,5 bis 15 ºC] nicht übersteigen darf, nicht<br />
ungebührlich zu erhöhen, die Milch durch<br />
E<strong>in</strong>stellen der verz<strong>in</strong>nten, kupfernen oder<br />
mess<strong>in</strong>genen Milchgefäße <strong>in</strong> kaltes Wasser ab.“<br />
Zum Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>ert stieg der Bedarf an<br />
Kühlleistung, spätestens mit der E<strong>in</strong>führung der<br />
Pasteurisierung nach 1900, da die Milch zunächst<br />
für wenige Sek<strong>und</strong>en auf über 70 ºC erhitzt <strong>und</strong><br />
anschließend möglichst schnell wieder gekühlt<br />
werden muss. Größere Molkereien konnten<br />
Kühlmasch<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>setzen, bei kle<strong>in</strong>eren Molkereien<br />
genügte anfangs noch Eiskühlung (Abb. 15 <strong>und</strong><br />
Abb. 112). Entscheidenden E<strong>in</strong>fluss auf die<br />
Entwicklung der Berl<strong>in</strong>er Molkereien hatte Carl<br />
Bolle. Er war e<strong>in</strong> vielseitiger Unternehmer <strong>und</strong><br />
zunächst im Adressbuch als Maurermeister<br />
aufgeführt. In den 1860er Jahren gründete er die<br />
Norddeutschen <strong>Eiswerke</strong>, die <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> Natureis,<br />
Eisschränke sowie anfangs auch Fische verkauften.<br />
1881 entstand die „Prov<strong>in</strong>cial-Meierei C. Bolle“,<br />
die sich später zur größten Berl<strong>in</strong>er Molkerei<br />
entwickelte. Bolle bezog die Milch teilweise aus<br />
dem Berl<strong>in</strong>er Umland <strong>und</strong> transportierte sie mit der<br />
Eisenbahn nach Berl<strong>in</strong>. Die Milch wurde mit<br />
Pferdegespannen, den so genannten Bollewagen, im<br />
gesamten Stadtgebiet ausgeliefert.<br />
In den Anatomischen Instituten der Universitäten<br />
wurden zur Ausbildung der Studenten menschliche<br />
Leichen <strong>und</strong> Tierkadaver benötigt, für die e<strong>in</strong>e<br />
geeignete Lagerung notwendig war. Das Handbuch<br />
der Architektur berichtet 1884: „Diese Räume<br />
liegen vortheilhaft im Sockelgeschoss im Anschluss<br />
an den Leichenkeller <strong>und</strong> dessen Nebenräume. Der<br />
Leichenkeller soll den grössten Theil des zur<br />
Verarbeitung <strong>in</strong> den Präparir-Sälen <strong>und</strong> zur<br />
Anfertigung von Sammlungs-Präparaten<br />
bestimmten Rohmaterials aufnehmen. Während der<br />
Zeit zwischen den Präparir-Uebungen werden auch<br />
die unfertigen Arbeiten der Praktikanten im<br />
Leichenkeller untergebracht. Die Aufgabe des<br />
Architekten besteht hiernach dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en Raum zu<br />
schaffen, welcher der fortschreitenden Verwesung<br />
der Leichen möglichst wenig Vorschub leistet. In<br />
den meisten Fällen hat man sich damit begnügt,<br />
gewölbte Keller mit Luft-Isolirschicht <strong>in</strong> den bis<br />
zum Gewölbekämpfer mit Erde beschütteten<br />
Umfassungswänden anzulegen, deren wenige<br />
Fenster nach Norden gerichtet s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> mit<br />
hölzernen Läden verschlossen werden. Die Leichen<br />
werden auf Brettern r<strong>in</strong>gs an den Wänden direct auf<br />
den Ste<strong>in</strong>fussboden oder auf niedrigen Pritschen<br />
gelagert. Für gute Lüftung <strong>und</strong> grosse Re<strong>in</strong>lichkeit<br />
ist selbstverständlich zu sorgen.“ Zusätzliche<br />
<strong>Eiskeller</strong> konnten die Temperatur niedrig halten.<br />
Die Eiskühlung der Leichen war aber nicht ideal, da<br />
die dadurch bed<strong>in</strong>gte hohe Luftfeuchtigkeit <strong>in</strong> den<br />
Räumen e<strong>in</strong>e längere Lagerung unmöglich machte.<br />
Zudem war das Befüllen des <strong>Eiskeller</strong>s teuer, wenn<br />
die Gebäude mitten <strong>in</strong> der Stadt lagen <strong>und</strong> das Eis<br />
mit Fuhrwerken vom Eiswerk geholt werden<br />
musste. Daher stellte man die Konservierung auf<br />
chemische Mittel um, sofern es sich nicht um<br />
Beweismittel von Krim<strong>in</strong>alfällen aus der<br />
Gerichtsmediz<strong>in</strong> handelte.<br />
Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert war die Erdbestattung <strong>in</strong><br />
Deutschland die übliche Bestattungsmethode. Für<br />
die Aufbewahrung der Särge bis zur Beerdigung<br />
gab es auf den Friedhöfen Leichenhallen, die zum<br />
Beispiel im Untergeschoss der Friedhofskapellen<br />
errichtet wurden. Normalerweise reichten hier die<br />
normalen Kellertemperaturen aus, da die Lagerzeiten<br />
der Säge bis zur Beerdigung relativ kurz<br />
waren. In der heute noch vorhandenen Kapelle des<br />
Friedhofes II der Georgen-Parochial-Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong><br />
Prenzlauer Berg wurden dagegen an der Stirnseite<br />
zwei <strong>Eiskeller</strong> e<strong>in</strong>gerichtet, die zusammen mit zwei<br />
Gängen für die kühle Luft die Leichenkammer von<br />
drei Seiten umgaben. Dieses Gebäude wurde <strong>in</strong> der<br />
Zeitschrift für Bauwesen 1870 ausführlich<br />
beschrieben.<br />
12
Abb. 16: Anatomiegebäude zu Würzburg, um 1888.<br />
Abb. 17: Kapelle auf dem Friedhof II der Georgen-Parochial-Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, um 1870.<br />
13
Kapitel 2: Brauereikeller<br />
Bier wird <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> bereits seit Jahrh<strong>und</strong>erten<br />
gebraut <strong>und</strong> getrunken. Bis zum Anfang des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts handelte es sich dabei nur um<br />
obergärige Biersorten wie die Berl<strong>in</strong>er Weiße oder<br />
um dunkles Lagerbier. Zu den ersten Herstellern für<br />
untergäriges Bier <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> zählte e<strong>in</strong>e<br />
Brauerei <strong>in</strong> Grünthal <strong>in</strong> der Nähe von Bernau, die ab<br />
1826 ihre Produktion auf dieses Bier umgestellt hat.<br />
Braumeister war e<strong>in</strong> gewisser Conrad Bechmann,<br />
der sich e<strong>in</strong>ige Jahre später <strong>in</strong> Spandau selbständig<br />
machen sollte. Fast zeitgleich wurde auch <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
das erste bayerische Bier hergestellt. Das Berl<strong>in</strong>er<br />
Adressbuch führt bereits 1828 e<strong>in</strong>en „Herrn G.<br />
Hopf, Baierischer Bierbrauer, Friedrichstraße<br />
126“. Zehn Jahre später eröffnete er die Hopf’sche<br />
Berl<strong>in</strong>er Bock-Brauerei auf dem Kreuzberg. Sie gilt<br />
als erste speziell für das untergärige Brauverfahren<br />
errichtete Berl<strong>in</strong>er Brauerei, die selbstverständlich<br />
die dazu unentbehrlichen unterirdischen Lagerkeller<br />
erhielt.<br />
Der Siegeszug der neuen Biersorten war fortan nicht<br />
mehr aufzuhalten. Der Architekturband Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
se<strong>in</strong>e Bauten von 1877 nennt alle<strong>in</strong> 22 Brauereien<br />
für bayerisches Bier <strong>und</strong> immerh<strong>in</strong> noch 26<br />
Brauereien für obergärige Biere, wobei das<br />
bayerische Bier <strong>in</strong> größeren Mengen erzeugt wurde:<br />
„Das <strong>in</strong> der Brauperiode 1873/74 produzierte<br />
Bierquantum [beläuft] sich [...] für baierisches Bier<br />
auf etwa 1,2 Mio. Hektoliter, für Weiß-, Braun- <strong>und</strong><br />
Bitterbier auf ca. 625.000 Hektoliter, zusammen<br />
also auf 1,82 Mio. Hektoliter. Demnach überstieg<br />
die Produktion an baierischem Biere die anderen<br />
Biersorten be<strong>in</strong>ahe um das Doppelte, während nur<br />
12 Jahre früher (1861/62) das Verhältnis nahezu<br />
umgekehrt war.“<br />
Die dazu notwendigen <strong>Eiskeller</strong> sollten für die<br />
nachfolgenden Jahrzehnte die Standortwahl <strong>und</strong> die<br />
Bauweise der Gebäude maßgeblich bee<strong>in</strong>flussen. In<br />
den meisten Gebieten des damaligen Berl<strong>in</strong>s lag der<br />
Gr<strong>und</strong>wasserspiegel nur zwei bis drei Meter unter<br />
der Oberfläche. Der Bau von Tiefgeschossen war<br />
daher jedenfalls im Stadtzentrum so gut wie<br />
ausgeschlossen. Die Lagerkeller der Brauereien<br />
konzentrierten sich auf zwei höher gelegene<br />
Standorte außerhalb des alten Berl<strong>in</strong>er<br />
Stadtgebietes. Dies waren zum e<strong>in</strong>em die Ausläufer<br />
der Barnim-Hochfläche, die sich von Ges<strong>und</strong>brunnen<br />
über Prenzlauer Berg bis nach Lichtenberg<br />
ziehen. Auf der gegenüberliegenden Spreeseite<br />
bef<strong>in</strong>den sich die Ausläufer der Teltow-Hochfläche,<br />
die von Schöneberg über Kreuzberg bis nach<br />
Rixdorf (heute Neukölln) führen. Diese Standorte<br />
boten aufgr<strong>und</strong> des tiefen Gr<strong>und</strong>wasserstandes die<br />
Voraussetzungen für die Errichtung der<br />
notwendigen Lagerkeller. Außerdem waren die<br />
Gr<strong>und</strong>stücke <strong>in</strong> den 1850er Jahren noch weitgehend<br />
unbebaut <strong>und</strong> hatten damit ausreichend<br />
Baulandreserve für zukünftige Erweiterungen.<br />
E<strong>in</strong>ige Brauereien verlegten zunächst nur ihre<br />
Lagerkeller <strong>in</strong> die hoch liegenden Gebiete. Gebraut<br />
wurde dann weiterh<strong>in</strong> an den alten Standorten<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Stadt. Dadurch konnten die<br />
vorhandenen Anlagen weiter genutzt werden. Das<br />
Bier wurde <strong>in</strong> diesen Fällen mit dem Fuhrfass zu<br />
dem Lagerkeller gefahren <strong>und</strong> konnte erst dort<br />
gekühlt werden. An e<strong>in</strong> Brauen im Sommer war<br />
unter solchen Umständen natürlich nicht zu denken.<br />
Auf dem Gelände der 1857 errichteten Spandauerberg-Brauerei<br />
am sogenannten Spandauer Bock<br />
(Berl<strong>in</strong>-Westend) befanden sich fast 20 Jahre vorher<br />
bereits Lagerkeller. Ebenso berichtet die<br />
Baugewerks-Zeitung 1886 über den Neubau der<br />
Bötzow-Brauerei: „Die im Sommer d. J. dem<br />
Betrieb übergebene neue Bötzow’sche Brauerei<br />
liegt an der Ecke der Prenzlauer Allee <strong>und</strong> der<br />
Saarbrücker Straße <strong>und</strong> ist unter Benutzung e<strong>in</strong>es<br />
dort gelegenen Gährkellers nach dem Entwurfe des<br />
Ingenieurs Lipps <strong>in</strong> Dresden erbaut worden. […]<br />
Der vorhandene Gährkeller hat bei der neuen<br />
Anlage als Lagerkeller Verwendung gef<strong>und</strong>en.<br />
Derselbe war von vorne here<strong>in</strong> derartig f<strong>und</strong>iert,<br />
dass die neu errichteten Gebäudetheile ohne<br />
weiteres auf die vorhandene Konstruktion<br />
aufgesetzt werden konnte.“<br />
Bei den Brauereien gab es verschiedene <strong>Eiskeller</strong>-<br />
Bauarten: Bei e<strong>in</strong>em Stirneiskeller befand sich das<br />
Eis an der Gebäudeaußenseite h<strong>in</strong>ter den<br />
Lagerkellern. Bei e<strong>in</strong>em Mitteleiskeller wurde der<br />
Eisraum von allen Seiten von den Lagerkellern<br />
e<strong>in</strong>geschlossen. Beim Seiteneiskeller lag der<br />
<strong>Eiskeller</strong> seitlich zwischen zwei Lagerkellern. Bei<br />
diesen drei Bauformen nahmen die Eisräume bis zu<br />
e<strong>in</strong>em Viertel des Kellers <strong>in</strong> Anspruch.<br />
14
Abb. 18: „G. Schwendy’s Brauerei zum Adler auf dem Ges<strong>und</strong>brunnen bei Berl<strong>in</strong>“, um 1866.<br />
Abb. 19: Lagerkeller der Bötzowbrauerei, Berl<strong>in</strong>-Prenzlauer Berg.<br />
15
Der Obereiskeller sollte die Belüftung der Keller<br />
sicherstellen, da bei ihm das Eis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Raum<br />
direkt über dem Gär- <strong>und</strong> Lagerkeller lagerte. Die<br />
kalte Luft sank <strong>in</strong> die tiefer gelegenen Keller <strong>und</strong><br />
verdrängte die erwärmte Luft. Nachteilig waren die<br />
höheren Baukosten, da der Kellerdecke das hohe<br />
Gewicht des Eises tragen <strong>und</strong> gegen e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gendes<br />
Schmelzwasser isoliert se<strong>in</strong> musste.<br />
Bei allen <strong>Eiskeller</strong>bauarten musste e<strong>in</strong>e wirksame<br />
Luftzirkulation <strong>und</strong> Entlüftung vorhanden se<strong>in</strong>.<br />
Andernfalls wären die vom Eis etwas weiter<br />
entfernt liegenden Bereiche immer wärmer gewesen<br />
als die näher gelegenen. Das selbe galt für<br />
Bierfässer, die sich dicht unter der Decke befanden,<br />
da sich die Kaltluft am Boden sammelte. E<strong>in</strong>e<br />
wirksame Lüftung war zudem zur Abführung des<br />
bei der Gärung entstehenden Kohlendioxids <strong>und</strong> zur<br />
Verr<strong>in</strong>gerung der extrem hohen Luftfeuchtigkeit<br />
erforderlich. Die Wände <strong>und</strong> Decken waren immer<br />
feucht von Kondenswasser; es bestand damit die<br />
Gefahr, dass sich Schimmelpilze <strong>und</strong> Keime im<br />
Keller ausbreiteten <strong>und</strong> das Bier ungenießbar<br />
machten. Man darf nicht vergessen, dass das<br />
Natureis aus ungere<strong>in</strong>igtem Oberflächenwasser<br />
gewonnen wurde.<br />
Als Spezialform des Obereiskellers wurde zur<br />
Reduzierung der Luftfeuchtigkeit der nach se<strong>in</strong>em<br />
Erf<strong>in</strong>der benannte Bra<strong>in</strong>ard’scher <strong>Eiskeller</strong><br />
entwickelt. Brockhaus’ Konversationslexikon<br />
berichtet 1894: „Dabei liegen die drei Räume:<br />
Eishaus, Gärkeller <strong>und</strong> Lagerkeller etagenförmig<br />
übere<strong>in</strong>ander. Der Boden des Eishauses besteht aus<br />
e<strong>in</strong>em Rost aus Balken oder Eisenbahnschienen.<br />
Der darunter bef<strong>in</strong>dliche Gärkeller hat e<strong>in</strong> Dach<br />
von gewelltem Z<strong>in</strong>kblech. Die im Gärkeller<br />
aufsteigende warme Luft wird an dem Metalldach,<br />
über der das Eis lagert, sofort abgekühlt <strong>und</strong> s<strong>in</strong>kt<br />
durch ihr höheres Gewicht auf den Boden des<br />
Gärkellers nieder, diesen so auf e<strong>in</strong>er sehr<br />
niedrigen Temperatur erhaltend. Zur Abkühlung<br />
des Lagerkellers s<strong>in</strong>d Ventilationskanäle<br />
angebracht, die aus dem Eishause kalte Luft <strong>in</strong> den<br />
tiefen Keller fallen lassen <strong>und</strong> durch andere Kanäle<br />
die Luft <strong>in</strong> das Eishaus führen.“ Am gewellten<br />
Z<strong>in</strong>kblech kondensierte die Luftfeuchtigkeit hier<br />
wesentlich schneller als an den Ziegelwänden <strong>und</strong><br />
Decken. Damit wurde die Luft gezielt entfeuchtet.<br />
Gegen Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurden andere<br />
wirksame Lüftungstechniken entwickelt. Dafür<br />
wurde der <strong>Eiskeller</strong> wesentlich höher gebaut als der<br />
Lagerkeller. Die kalte Luft aus dem Eisraum wurde<br />
hierbei über Lüftungskanäle <strong>in</strong> die tiefer gelegenen<br />
Gär- <strong>und</strong> Lagerkeller geleitet <strong>und</strong> verdrängte dort<br />
die warme <strong>und</strong> verbrauchte Luft, die durch<br />
Lüftungsöffnungen über e<strong>in</strong>en Ventilationskam<strong>in</strong><br />
abgeführt werden konnte (Abb. 21). Folgende<br />
Belüftungsarten waren möglich:<br />
W<strong>in</strong>terventilation (grün): Bei ausreichend tiefen<br />
Temperaturen wurde Frischluft auf den Boden des<br />
Lagerkellers e<strong>in</strong>geleitet. Dort erwärmte sie sich,<br />
stieg an die Decke <strong>und</strong> wurde dort über e<strong>in</strong>en<br />
zweiten Schacht zum Kam<strong>in</strong> abgeführt. Im Sommer<br />
sollte sie nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen <strong>und</strong> kurz vor<br />
Sonnenaufgang genutzt werden.<br />
Kellerkühlung (blau): Der <strong>Eiskeller</strong> lag höher als<br />
der Lagerkeller. Durch e<strong>in</strong>e Öffnung <strong>in</strong><br />
Fußbodenhöhe des <strong>Eiskeller</strong>s sank die kalte Luft <strong>in</strong><br />
den Lagerraum. Die warme Luft wurde dann zur<br />
Decke des <strong>Eiskeller</strong>s <strong>und</strong> über das Eis geleitet, wo<br />
sie sich wieder abkühlte <strong>und</strong> zum Boden sank.<br />
<strong>Eiskeller</strong>ventilation (rot): Wenn man im W<strong>in</strong>ter<br />
den <strong>Eiskeller</strong> belüften oder ausfrieren lassen wollte,<br />
wurden die seitliche Eise<strong>in</strong>wurföffnung <strong>und</strong> die<br />
Schächte zum Kam<strong>in</strong> geöffnet. Die kalte Luft wurde<br />
dann durch den <strong>Eiskeller</strong> direkt zum Kam<strong>in</strong> geleitet.<br />
Als Ergänzung zu den <strong>Eiskeller</strong>n besaßen die<br />
Brauereien auch oberirdische Eishäuser. Das alte<br />
Eishaus der stillgelegten Bärenquell-Brauerei <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong>-Niederschöneweide war 2011 noch<br />
vorhanden, soll aber möglicherweise abgerissen<br />
werden. In Potsdam-Babelsberg ist e<strong>in</strong> weiteres<br />
Eishaus (Abb. 93) teilweise erhalten <strong>und</strong> wurde <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren zu e<strong>in</strong>em Bürogebäude<br />
umgebaut. Bei dem Wiederaufbau 2007 mussten<br />
zwei Außenwände vollständig abgetragen <strong>und</strong> neu<br />
aufgemauert werden. Das „Eishaus für die<br />
Spandauer Bergbrauerei <strong>in</strong> Spandau-Berl<strong>in</strong>“ wird<br />
<strong>in</strong> der Baugewerks-Zeitung von 1893 beschrieben.<br />
Die drei Eisräume hatten zusammen e<strong>in</strong>e<br />
Gr<strong>und</strong>fläche von etwa 30 × 15 Quadratmeter <strong>und</strong><br />
waren 10 Meter hoch. Zur Isolierung wurde vor die<br />
Ste<strong>in</strong>fassade außen e<strong>in</strong>e Holzverkleidung<br />
angebracht <strong>und</strong> der Hohlraum mit Torf ausgefüllt.<br />
Auf der Decke lag e<strong>in</strong>e etwa 50 Zentimeter dicke<br />
Aschenlage.<br />
16
Abb. 20: Eishaus Schultheiss-Brauerei, Abt. IV, zuletzt Bärenquell-Brauerei, Bln.-Niederschöneweide.<br />
Abb. 21: Luftzirkulation im Lagerkeller, um 1896.<br />
17
Über den Neubau des oberirdischen Lagerkellers<br />
der Victoria-Brauerei <strong>in</strong> der Lützowstraße f<strong>in</strong>det<br />
sich im Zentralblatt der Bauverwaltung 1882<br />
folgende Beschreibung: „Die Brauerei bef<strong>in</strong>det sich<br />
<strong>in</strong> unmittelbarer Nähe des Landwehrkanals, daher<br />
konnte wegen des hohen Gr<strong>und</strong>wasserspiegels ke<strong>in</strong><br />
Keller angelegt werden. Zur Lagerung errichtete<br />
man daher e<strong>in</strong> Lagerhaus mit Obereiskeller.<br />
Zwischen dem Eisraum <strong>und</strong> dem Lagerraum befand<br />
sich e<strong>in</strong>e schmale „Kaltluftkammer“. Damit sollte<br />
erreicht werden, dass die kalte Luft sich<br />
gleichmäßig über alle Keller ausbreitet <strong>und</strong> dort<br />
über verschließbare Klappen <strong>in</strong> die Lagerkeller<br />
geleitet werden kann. Zum Befüllen des Eisraumes<br />
bef<strong>in</strong>det sich vor dem Kühlhaus e<strong>in</strong><br />
„Paternosterwerk“ das durch e<strong>in</strong> Lokomobil<br />
angetrieben wurde.“<br />
Mehrere deutsche Brauereien besaßen Eisgalgen,<br />
um direkt über ihren Lagerkellern Eis zu erzeugen.<br />
In frostigen Nächten wurde e<strong>in</strong> Holzgerüst mit<br />
Wasser berieselt. Dabei bildeten sich lange<br />
Eiszapfen, die von Arbeitern mit Äxten<br />
abgeschlagen wurden <strong>und</strong> anschließend direkt <strong>in</strong><br />
den darunter liegenden Keller geworfen wurden.<br />
Bei der Berechnung der Statik war aber zu<br />
beachten, dass das Gewicht des Eises mehrere<br />
Tonnen betragen konnte. Der E<strong>in</strong>satz bei e<strong>in</strong>er<br />
Brauerei <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> oder <strong>Brandenburg</strong> lässt sich<br />
bisher nicht nachweisen. Lediglich die<br />
Wochenschrift für Brauerei von 1901 berichtet über<br />
e<strong>in</strong> derartiges Gerüst, das <strong>in</strong> der Versuchs- <strong>und</strong><br />
Lehrbrauerei <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Wedd<strong>in</strong>g<br />
e<strong>in</strong>gesetzt wurde: „Der bei uns aufgestellte Apparat<br />
ist e<strong>in</strong> zweistöckiges Holzgerüst, 4,5 Meter Höhe,<br />
10 Meter lang, 4,5 Meter breit wird von acht<br />
Koser’schen Brausen gleichmäßig besprüht. Vor<br />
Sonnenstrahlen ist der Apparat bis Ende März<br />
vollständig geschützt, so dass man am Tage die<br />
Eiserzeugung nicht zu unterbrechen braucht. […]<br />
Bei Frost von –2 °R[éaumur, –2,5 °C] bis –4 °R.<br />
<strong>und</strong> mäßig starken Luftzug brauchten wir 4 ½ bis<br />
5 Tage […], bis sich so viele Eis gebildet hatte, daß<br />
zur E<strong>in</strong>heimsung geschritten werden mußte. Die<br />
Vorzüge dieser Natureis-Erzeugungsappararte<br />
erblicken wir dar<strong>in</strong>, dass 1. bei ger<strong>in</strong>ger Kälte<br />
früher Eis erhalten wird als von Teichen <strong>und</strong> Seen,<br />
2. der Fuhrlohn für das E<strong>in</strong>fahren des Eises <strong>in</strong> Wegfall<br />
kommt, vorausgesetzt, daß der Apparat neben<br />
oder über dem <strong>Eiskeller</strong> aufgestellt ist, 3. die<br />
Aufstellung e<strong>in</strong>es solchen Apparates <strong>in</strong> den meisten<br />
Fällen billiger ist, als die Anlage e<strong>in</strong>es eigenen<br />
Eissees.“<br />
E<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung für den<br />
wirtschaftlichen Betrieb der Brauereien war die<br />
Unabhängigkeit von der Eisbildung im W<strong>in</strong>ter. Für<br />
e<strong>in</strong>e Jahresproduktion von 2000 Kubikmeter Bier<br />
waren etwa 2500 Tonnen Eis notwendig. Der<br />
Eisvorrat sollte nach Möglichkeit für zwei Jahre<br />
ausreichend se<strong>in</strong>, damit auch nach e<strong>in</strong>em milden<br />
W<strong>in</strong>ter die Produktion weitergehen konnte.<br />
Andernfalls musste das Eis zu immensen Kosten<br />
aus anderen Regionen, teilweise sogar aus dem<br />
Ausland importiert werden. Hauptlieferant für<br />
Deutschland war damals Norwegen. Im viel zu<br />
warmen W<strong>in</strong>ter 1883/84 lag die Durchschnittstemperatur<br />
im Januar <strong>und</strong> Februar bei knapp<br />
fünf Grad Celsius! Die Abhängigkeit vom Natureis<br />
war e<strong>in</strong> ständiges Risiko, das e<strong>in</strong>e Brauerei <strong>in</strong> den<br />
Ru<strong>in</strong> treiben konnte. Erste Berichte über den E<strong>in</strong>satz<br />
von Kältemasch<strong>in</strong>en <strong>in</strong> der amerikanischen <strong>und</strong><br />
englischen Industrie stammen aus den 1860er<br />
Jahren, die <strong>in</strong> D<strong>in</strong>gler’s Polytechnischen Journal<br />
veröffentlicht wurden, wie zum Beispiel 1864 über<br />
Kirk’s Eismasch<strong>in</strong>e. Diese wurde 1862 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Paraff<strong>in</strong>fabrik zu Bathgate aufgestellt. Sie war im<br />
Stande, die zur Gew<strong>in</strong>nung e<strong>in</strong>er halben Tonne Eis<br />
<strong>in</strong> 24 St<strong>und</strong>en erforderliche Kälte zu erzeugen. Erst<br />
im folgenden Jahrzehnt entwickelte der deutsche<br />
Ingenieur Carl von L<strong>in</strong>de (1842–1934) e<strong>in</strong>e für<br />
<strong>in</strong>dustriellen Dauere<strong>in</strong>satz geeigneten Kältemasch<strong>in</strong>e.<br />
Er gründete 1879 die Gesellschaft für<br />
L<strong>in</strong>des Eismasch<strong>in</strong>en Aktiengesellschaft. Nach<br />
relativ kurzer Zeit war das Unternehmen <strong>in</strong> Europa<br />
führend auf dem Gebiet der Kältetechnik.<br />
E<strong>in</strong>e der ersten Kältemasch<strong>in</strong>en <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Berl<strong>in</strong>er<br />
Brauerei wurde nach Angabe <strong>in</strong> dem 1877<br />
herausgegebenen Architekturband Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e<br />
Bauten <strong>in</strong> der damaligen Vere<strong>in</strong>sbrauerei Rixdorf<br />
aufgestellt, der späteren K<strong>in</strong>dl-Brauerei. Es soll sich<br />
dabei um e<strong>in</strong>e Kaltluftmasch<strong>in</strong>e vom System<br />
W<strong>in</strong>dhausen-Nehrlich gehandelt haben, die<br />
stündlich etwa 3000 Kubikmeter kalte Luft von<br />
– 45 °C liefern konnte. Zusätzlich zu dieser<br />
Kältemasch<strong>in</strong>e wurde e<strong>in</strong> <strong>Eiskeller</strong> für 3000 Tonnen<br />
Eis gebaut.<br />
18
Abb. 22: Eishaus mit Lagerkeller der Victoriabrauerei, Berl<strong>in</strong>-Schöneberg, um 1882.<br />
Abb. 23: Eisgalgen, um 1911.<br />
19
Ob dieser <strong>Eiskeller</strong> jemals für die Lagerung von Eis<br />
genutzt wurde, ist nicht überliefert. Er diente<br />
vielleicht nur als Reserve für den Fall, dass die<br />
Kältemasch<strong>in</strong>e ausfallen sollte.<br />
Mit dem E<strong>in</strong>satz der Kühlmasch<strong>in</strong>e änderten sich<br />
auch die Bauweisen der Brauereikeller. In den<br />
bestehenden Kellern wurden Rohre verlegt, <strong>in</strong><br />
denen e<strong>in</strong>e kalte Salzwasserlösung zirkulierte. Über<br />
Wärmekollektoren wurde die warme Luft an der<br />
Kellerdecke abgekühlt. Bei bestehenden Anlagen<br />
konnten die Eisräume zu Lagerzwecken umgenutzt<br />
werden, was e<strong>in</strong>e Vergrößerung der<br />
Lagermöglichkeiten um bis zu 20 Prozent bedeuten<br />
konnte. E<strong>in</strong> weiterer wesentlicher Vorteil bestand<br />
dar<strong>in</strong>, dass die Luftfeuchtigkeit spürbar reduziert<br />
werden konnte. Durch die Nutzung der<br />
Kältemasch<strong>in</strong>e war die Standortwahl für neue<br />
Brauereien wesentlich flexibler. Jetzt wurden sie<br />
direkt am Ufer von Spree <strong>und</strong> Havel errichtet oder<br />
<strong>in</strong> der Nähe von Güterbahnhöfen — möglichst mit<br />
e<strong>in</strong>em eigenem Gleisanschluss. Dadurch wurden die<br />
Anlieferung der Roh- <strong>und</strong> Brennstoffe sowie der<br />
Export des Bieres außerhalb von Berl<strong>in</strong> preiswerter.<br />
Aus dem Jahr 1908 stammt folgende Notiz <strong>in</strong> der<br />
Zeitung Spandauer Anzeiger für das Havelland:<br />
„Die Eisernte ist jetzt seitens der Brauereien,<br />
Fleischer <strong>und</strong> größeren Gastwirte, die e<strong>in</strong>en<br />
erheblichen Eisbedarf haben, für diesen W<strong>in</strong>ter so<br />
gut wie abgeschlossen, da die zur Verfügung<br />
stehenden Kellerräume <strong>und</strong> Schuppen gefüllt s<strong>in</strong>d.<br />
In solchem Grade wie früher ist man hierzulande<br />
jetzt nicht mehr auf Natureis angewiesen; die mit<br />
großen Dampfmasch<strong>in</strong>en ausgestatteten Brauereien<br />
haben schon seit mehreren Jahren, zunächst aus<br />
dem Gr<strong>und</strong>e, weil zeitweise Mangel an Natureis<br />
herrschte, begonnen, Kunsteis herzustellen; sie<br />
haben hierzu besondere masch<strong>in</strong>elle Vorkehrungen<br />
getroffen <strong>und</strong> eigene Räume dazu e<strong>in</strong>gerichtet.<br />
Inzwischen s<strong>in</strong>d hier<strong>in</strong> erhebliche Fortschritte<br />
gemacht worden, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige Großbrauereien s<strong>in</strong>d<br />
jetzt <strong>in</strong> der Lage, ihren gesamten Bedarf an Eis<br />
ohne wesentliche Anstrengungen zu decken. So hat<br />
die Patzenhofer-Brauerei, Abteilung Spandau, im<br />
vorigen Jahre fast nur Kunsteis verbraucht. Dieses<br />
hat übrigens den Vorzug vor dem aus den<br />
Flussläufen entnommenen Eis, dass es absolut<br />
e<strong>in</strong>wandfrei ist. Die Herstellungsart hat zur Folge,<br />
daß im Wasser die Lebewesen jeglicher Art<br />
vernichtet werden, während es <strong>in</strong> den Wasserläufen<br />
immerh<strong>in</strong> vorkommen kann, dass sich dar<strong>in</strong><br />
Krankheitskeime vorf<strong>in</strong>den, die, wie Typhusbazillen,<br />
auch durch mehrere Kältegrade nicht<br />
vernichtet werden. Durch die Steigerung der<br />
Forderungen der Arbeiter <strong>und</strong> der Fuhrleute ist<br />
übrigens die Gew<strong>in</strong>nung von Natureis <strong>in</strong> den letzten<br />
Jahren sehr verteuert worden, <strong>und</strong> unter diesen<br />
Umständen s<strong>in</strong>d die Großbrauereien gesonnen,<br />
mittels zweckmäßiger masch<strong>in</strong>eller E<strong>in</strong>richtungen<br />
durch Fabrikation von Kunsteis sich künftigh<strong>in</strong> von<br />
der w<strong>in</strong>terlichen Eisernte vollkommen unabhängig<br />
zu machen. Der Zentner Kunsteis kostet jetzt etwa 6<br />
Pf[ennig] mehr als das <strong>in</strong> Keller oder Schuppen<br />
e<strong>in</strong>gebrachte Natureis.”<br />
Bis <strong>in</strong> das 20. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden Natureis,<br />
Kunsteis <strong>und</strong> direkte Kühlung mit der<br />
Kältemasch<strong>in</strong>e parallel betrieben. Vor allem bei<br />
kle<strong>in</strong>eren Brauereien war der E<strong>in</strong>satz von Eis<br />
wahrsche<strong>in</strong>lich kostengünstiger als der ständige<br />
Betrieb e<strong>in</strong>er dampfbetriebenen Kältemasch<strong>in</strong>e, für<br />
die das notwendige, geschulte Fachpersonal<br />
während des laufenden Betriebes ständig anwesend<br />
se<strong>in</strong> musste. Die Technik entwickelte sich ständig<br />
weiter, die Kühlaggregate wurden immer kle<strong>in</strong>er,<br />
<strong>und</strong> der Antrieb erfolgte später elektrisch. Viele<br />
Brauereien stellten Kunsteis her, das sie zur<br />
Auslieferung benötigten oder auch an die Gastwirte<br />
verkauften. Dafür wurden nach wie vor kle<strong>in</strong>ere<br />
Lagerräume für Eis benötigt.<br />
Wann <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> die Kühlung mit Natureis e<strong>in</strong>gestellt<br />
wurde, lässt sich nicht mehr genau nachvollziehen.<br />
Bei den großen Brauereien dürfte die Kühlung mit<br />
Natureis schon Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts ke<strong>in</strong>e<br />
Rolle mehr gespielt haben. Die Berl<strong>in</strong>er Firma R.<br />
Ortlepp entwickelte 1950 e<strong>in</strong>e Motorkreissäge für<br />
Eis, die im selben Jahr <strong>in</strong> der Zeitschrift<br />
Kältetechnik vorgestellt wurde: „Mit dieser Säge ist<br />
es möglich, e<strong>in</strong>en Schnitt von 450 bis 500 Meter <strong>in</strong><br />
der St<strong>und</strong>e auszuführen, e<strong>in</strong>e Leistung, wie sie von<br />
20 Mann mit Handsägen kaum erreicht wird. Sie<br />
wurde erstmalig <strong>in</strong> diesem Jahr von der Gießener<br />
Brauerei <strong>und</strong> Spiritusfabrik Denn<strong>in</strong>ghoff <strong>in</strong> der<br />
Eisernte verwendet. [… Man erzielte] mit 14 Mann<br />
e<strong>in</strong>e Tagesleistung von ca. 4.000 Zentner Eis, also<br />
300 Zentner je Mann.”<br />
20
Abb. 24: Gärkeller der Königstadtbrauerei, Berl<strong>in</strong>-Prenzlauer Berg.<br />
Abb. 25: Lagerkeller der Berl<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dl-Brauerei, Abteilung I, Berl<strong>in</strong>-Neukölln.<br />
21
Neben den Brauereistandorten gab es so genannte<br />
Niederlagen <strong>in</strong> den Berl<strong>in</strong>er Außenbezirken, die als<br />
Versandlager genutzt wurden. Die am Müggelsee<br />
gelegene Berl<strong>in</strong>er Bürgerbräu besaß 1926<br />
Niederlagen <strong>in</strong> Spandau, Waidmannslust, Lankwitz<br />
<strong>und</strong> Stralau. Die Schultheiss-Brauerei verfügte über<br />
derartige Zweigstellen auch im Umland, unter<br />
anderem <strong>in</strong> Angermünde, Frankfurt (Oder),<br />
Gransee, Jüterbog, Luckau, Lübben <strong>und</strong> Neurupp<strong>in</strong>,<br />
sowie <strong>in</strong> Sachsen <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt. Von den<br />
Niederlagen wurde der Transport zu den K<strong>und</strong>en<br />
organisiert. Auf den Gr<strong>und</strong>stücken befanden sich<br />
Pferdeställe, Abstellplätze für die Fuhrwerke, kle<strong>in</strong>e<br />
Werkstätten <strong>und</strong> gekühlte Lagerräume für das Bier.<br />
E<strong>in</strong>ige Niederlagen waren vormals eigenständige<br />
Brauereien, die aufgekauft wurden. Im Umland<br />
hatten viele Niederlagen e<strong>in</strong>en Eisenbahnanschluss<br />
oder lagen direkt am Bahnhof. Für den Transport<br />
von den Brauereien zu den Niederlagen besaßen<br />
unter anderem Schultheiss <strong>und</strong> Patzenhofer eigene<br />
Güterwagen. Erste Eisenbahn-Bierwagen mit<br />
Eiskühlung wurden <strong>in</strong> der Mitte des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts entwickelt. E<strong>in</strong>e österreichische<br />
Brauerei bei Wien wollte Bier im Sommer zur<br />
Weltausstellung 1868 nach Paris versenden. Dazu<br />
gab es im Wagen zwei Eisbehälter, die unter der<br />
Decke aufgehangen wurden. Die Wände <strong>und</strong> Türen<br />
bestanden aus doppelten Holzwänden mit<br />
dazwischenliegender Häcksel- <strong>und</strong> Strohfüllung.<br />
.<br />
Die weitere Entwicklung der Berl<strong>in</strong>er Brauereien<br />
ab 1914 war durch die schwierigen politischen<br />
Umstände bee<strong>in</strong>flusst. Mit Ausbruch des Ersten<br />
Weltkrieges erfolgte die E<strong>in</strong>berufung vieler<br />
Mitarbeiter zum Militär <strong>und</strong> die Abgabe von<br />
Pferden, Fuhrwerken <strong>und</strong> den wenigen vorhandenen<br />
Kraftfahrzeugen. Infolge der Nahrungsmittelverknappung<br />
wurde ab 1915 Malz kont<strong>in</strong>gentiert,<br />
später auch die Gerste. Dadurch musste der<br />
Stammwürzegehalt des Bieres erheblich gesenkt<br />
werden. Die nachfolgenden Zeiten brachten für<br />
viele Brauereien das endgültige Aus. Konkurrenten<br />
wurden aufgekauft, bloß um sie anschließend<br />
stillzulegen <strong>und</strong> deren Kont<strong>in</strong>gente für den eigenen<br />
Betrieb zu nutzen. Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d die<br />
Übernahme der Königstadtbrauerei durch K<strong>in</strong>dl<br />
oder die Pfefferberg-Brauerei durch Schultheiss.<br />
1921 erfolgte die Aufhebung der Zwangsbewirtschaftung<br />
der Gerste sowie die Erlaubnis,<br />
wieder e<strong>in</strong> stärker e<strong>in</strong>gebrautes Bier herzustellen.<br />
Erst ab Mitte der 1920er Jahre begann e<strong>in</strong>e<br />
wirtschaftliche Erholung <strong>in</strong> der Brauwirtschaft. Die<br />
K<strong>in</strong>dl-Brauerei zum Beispiel modernisierte ihre<br />
Standorte umfassend. 1926 wurde das neue Sudhaus<br />
<strong>in</strong> Neukölln <strong>in</strong> Betrieb genommen, 1929 erhielt die<br />
Abteilung III <strong>in</strong> Weißensee e<strong>in</strong> neues Verwaltungsgebäude.<br />
Die Abteilung II <strong>in</strong> Potsdam, die von 1917<br />
bis 1922 außer Betrieb gewesen war, erhielt e<strong>in</strong><br />
neues Sudhaus, <strong>und</strong> auch die anderen Anlagen<br />
wurden ausgetauscht. Auch andere Brauereien<br />
renovierten ihre Betriebe.<br />
Im Zweiten Weltkrieg wurden mehrere<br />
Brauereikeller als Luftschutzräume ausgebaut.<br />
Deren Reste, wie Türen, Beschriftungen oder<br />
Leuchtfarbe, s<strong>in</strong>d zum Beispiel noch <strong>in</strong> der Bötzow-<br />
Brauerei <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Brauerei Schneider vorhanden.<br />
Die Keller der Abteilung I der Schultheiss-Brauerei<br />
(heutige Kulturbrauerei) <strong>und</strong> der Königstadt-<br />
Brauerei wurden damals für die Rüstungs<strong>in</strong>dustrie<br />
genutzt. Durch Bombenangriffe wurden viele<br />
Gebäude zerstört. In der Nachkriegszeit wurde die<br />
beg<strong>in</strong>nende Teilung der Stadt schnell spürbar.<br />
Brauereien im Ostteil mit Betriebsteilen im Westen<br />
verlegten – wenn möglich – ihren Firmensitz<br />
dorth<strong>in</strong>, um e<strong>in</strong>er Enteignung zu entgehen. Die<br />
enteigneten Brauereien im Osten wurden später als<br />
Volkseigener Betrieb (VEB) betrieben <strong>und</strong> zuletzt<br />
unter dem Namen VEB Getränkekomb<strong>in</strong>at Berl<strong>in</strong><br />
geführt. E<strong>in</strong>ige Betriebsteile wurden stillgelegt, wie<br />
die ehemalige Schultheiss-Brauerei Abteilung I <strong>in</strong><br />
den 1970er Jahren. Auch im Westen gab es e<strong>in</strong>e<br />
weitere Konzentration. Durch die Übernahme<br />
anderer Brauereien, wie beispielsweise Berl<strong>in</strong>er<br />
Schloßbräu <strong>in</strong> Schöneberg 1974 durch K<strong>in</strong>dl,<br />
blieben 1989 nur noch die Brauereien Schultheiss,<br />
Engelhardt <strong>und</strong> K<strong>in</strong>dl übrig.<br />
Nach dem Fall der Mauer 1989 begann die letzte<br />
Stilllegungswelle bei den Berl<strong>in</strong>er Brauereien. Bis<br />
auf die Berl<strong>in</strong>er-K<strong>in</strong>dl-Schultheiss-Brauerei <strong>in</strong><br />
Weißensee wurden alle Brauereistandorte<br />
stillgelegt, zuletzt Schultheiss <strong>in</strong> Spandau (1992),<br />
Schultheiss <strong>in</strong> Kreuzberg (1993), Engelhardt <strong>in</strong><br />
Charlottenburg (1998), K<strong>in</strong>dl <strong>in</strong> Neukölln (2005)<br />
<strong>und</strong> die Berl<strong>in</strong>er Bürgerbräu <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-<br />
Friedrichshagen (2010). Viele Keller stehen seitdem<br />
leer, sofern sie <strong>in</strong>zwischen nicht abgerissen wurden.<br />
22
Abb. 26: Niederlage der Berl<strong>in</strong>er Schultheiss-Brauerei, Lübben (Dahme-Spreewald).<br />
Abb. 27: Bierwagen der Schultheiss-Brauerei mit Eiskühlung, um 1908.<br />
23
Kapitel 3: Natureiswerke<br />
Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden die ersten Natureiswerke<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gegründet. Nach eigenen Angaben erfolgte<br />
die Gründung der Firma Aelteste Berl<strong>in</strong>er <strong>Eiswerke</strong><br />
Louis Thater bereits 1840. Die <strong>Eiswerke</strong> Mudrack<br />
sollen ebenfalls nach eigenen Angaben 1856 den<br />
Betrieb aufgenommen haben. Im Jahr 1863 wurde<br />
die Firma Amerikanische <strong>Eiswerke</strong> C. Geiseler zu<br />
Berl<strong>in</strong> <strong>in</strong> das Handelsregister e<strong>in</strong>getragen. Im selben<br />
Jahr erschien e<strong>in</strong>e Annonce der Gesellschaft der<br />
Berl<strong>in</strong>er <strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er Gerichtszeitung,<br />
<strong>in</strong> der für e<strong>in</strong> Eis-Abonnement geworben wurde.<br />
In den 1870er Jahren <strong>und</strong> den folgenden<br />
Jahrzehnten wurden über 100 <strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
<strong>und</strong> Umgebung gegründet, um die ständig<br />
wachsende Stadt Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> ihre Nachbargeme<strong>in</strong>den<br />
mit Eis zu versorgen. Die Natureiswerke benötigten<br />
ke<strong>in</strong>e besondere technische Ausstattung. Notwendig<br />
zur Eisernte waren e<strong>in</strong> gepachtetes natürliches<br />
Gewässer oder e<strong>in</strong> eigens angelegter flacher<br />
Eisteich. Sobald das Eis die notwendige<br />
Tragfähigkeit für die Arbeiter <strong>und</strong> die Pferde besaß,<br />
konnte mit der Eisernte begonnen werden. Zuerst<br />
mussten der lose Schnee <strong>und</strong> mit ihm auch alle<br />
oberflächlichen Verunre<strong>in</strong>igungen vom Eis entfernt<br />
werden. Dann konnte bei Bedarf das Eis mit e<strong>in</strong>em<br />
Eishobel geglättet werden. Anschließend schnitt e<strong>in</strong><br />
von Pferden gezogener Eispflug Furchen <strong>in</strong> das Eis.<br />
Durch e<strong>in</strong>e seitliche Führung wurden die Eistafeln<br />
dabei <strong>in</strong> gleichmäßig große rechteckige Stücke<br />
e<strong>in</strong>geteilt. Die Eistafeln wurden dann ausgesägt <strong>und</strong><br />
zum gut isolierten Schuppen geschoben. Das Loch<br />
im Eis musste anschließend deutlich markiert<br />
werden, da es sonst für Schlittschuhläufer <strong>und</strong><br />
Spaziergänger auf dem Eis lebensgefährlich war,<br />
wenn sich wieder e<strong>in</strong>e dünne Eisschicht gebildet<br />
hatte. Über e<strong>in</strong>en derartigen Unfall wurde 1890 im<br />
Teltower Kreisblatt berichtet.<br />
Die Schuppen zum Lagern des Eises bestanden<br />
anfangs aus doppelwandigen Holzwänden mit e<strong>in</strong>er<br />
dazwischen liegenden Isolierschicht. Später wurden<br />
dann auch Gebäude aus Ziegelste<strong>in</strong>en errichtet,<br />
unter anderem um die hohe Feuergefahr zu senken.<br />
Auf der Wasserseite der Schuppen befanden sich<br />
die Fördere<strong>in</strong>richtungen, Elevatoren genannt, mit<br />
denen die Eistafeln <strong>in</strong> den Schuppen transportiert<br />
wurden. Der Elevator besaß e<strong>in</strong>e schräge hölzerne<br />
Gleitbahn. Se<strong>in</strong> unteres Ende tauchte <strong>in</strong> das Wasser,<br />
um die schwimmenden Eisblöcke aufnehmen zu<br />
können. Diese wurden mit Querstangen hochgeschoben,<br />
die an zwei rechts <strong>und</strong> l<strong>in</strong>ks laufenden<br />
Ketten befestigt waren. Damit das Eis bis zu zehn<br />
Meter hoch gestapelt werden konnte, öffneten die<br />
Arbeiter <strong>in</strong> der gewünschten Höhe Klappen <strong>in</strong> der<br />
Gleitbahn, <strong>und</strong> die Eisblöcke liefen auf e<strong>in</strong>e<br />
dah<strong>in</strong>ter liegende Rutschbahn, auf denen die Blöcke<br />
dann <strong>in</strong> die Eisschuppen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> rutschten. Innerhalb<br />
der Schuppen wurde das Eis mit Haken verschoben<br />
<strong>und</strong> gleichmäßig gestapelt, damit sich möglichst<br />
wenig Luft zwischen den Platten befand.<br />
Bei Natureis handelt sich um ungefiltertes<br />
Oberflächenwasser. Mit dem Anstieg der<br />
Bevölkerung stieg die Belastung der Gewässer<br />
durch Fäkalien <strong>und</strong> Industrieabfälle, sofern diese<br />
nicht <strong>in</strong> die Kanalisation geleitet wurden, die <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong> erst ab 1880 schrittweise <strong>in</strong> Betrieb<br />
genommen wurde. Die Verschmutzung der Eisfläche<br />
durch Pflanzenreste, Tierkot <strong>und</strong> -kadaver<br />
war nicht zu verh<strong>in</strong>dern. 1892 wurde im<br />
Zentralblatt der Bauverwaltung vor der<br />
Schädlichkeit von Natureis gewarnt: „Durch<br />
Untersuchungen im Kaiserlichen Ges<strong>und</strong>heitsamt<br />
ist festgestellt worden, dass das <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> zu<br />
wirtschaftlichen Zwecken <strong>in</strong> den Handel kommende<br />
Eis, selbst bei gutem Aussehen, oft zahlreiche <strong>in</strong><br />
ihrer Entwicklungsfähigkeit nicht veränderte,<br />
ges<strong>und</strong>heitsgefährliche Kle<strong>in</strong>wesen (Mikroorganismen)<br />
enthalten hat. Es ist dadurch<br />
wahrsche<strong>in</strong>lich geworden, dass die häufiger<br />
beobachteten Krankheiten nach dem Genusse von<br />
Getränken, welche durch H<strong>in</strong>e<strong>in</strong>werfen von<br />
Eisstückchen gekühlt wurden, weniger durch die<br />
Kälte des Getränkes, als durch die im Eis<br />
vorhandenen Krankheitserreger verursacht worden<br />
s<strong>in</strong>d. [...] Es ist aber auch noch notwendig,<br />
Vorkehrungen dah<strong>in</strong>gehend zu treffen, dass das <strong>in</strong><br />
den Handel gelangende Roheis nicht aus<br />
Gewässern gewonnen werde, welche durch<br />
zufließende Unre<strong>in</strong>lichkeiten oder andere<br />
besondere Umstände <strong>in</strong> ges<strong>und</strong>heitlicher Beziehung<br />
von bedenklicher Beschaffenheit s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong>sbesondere<br />
nicht aus Sümpfen, Teichen, Gräben <strong>und</strong> kle<strong>in</strong>en,<br />
dicht bei bebauten Ortschaften liegenden Seen,<br />
sowie aus Flüssen an <strong>und</strong> dicht unterhalb bebauter<br />
Ortschaften.“<br />
24
Abb. 28: Eisschuppen <strong>und</strong> Elevator, um 1896.<br />
Abb. 29: Geräte zum Eisernten, um 1902.<br />
25
Den besten Überblick über die <strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
erhält man aus Berl<strong>in</strong>er Adressbüchern ab 1865.<br />
Dort s<strong>in</strong>d unter dem Stichwort „<strong>Eiswerke</strong> u.<br />
Eisfabrik“ unzählige Standorte nachgewiesen,<br />
außerdem h<strong>und</strong>erte von Eishändlern, die mit ihren<br />
Eiswagen <strong>und</strong> Eismännern das Eis zu den K<strong>und</strong>en<br />
transportierten. Viele <strong>Eiswerke</strong> lassen sich anhand<br />
der Eisschuppen <strong>und</strong> Eisteiche sehr gut <strong>in</strong> den<br />
damaligen Stadtplänen <strong>und</strong> später noch vere<strong>in</strong>zelt <strong>in</strong><br />
den Luftbildern aus den 1920er <strong>und</strong> 1930er Jahren<br />
erkennen. Die <strong>Eiswerke</strong> konzentrierten sich dabei <strong>in</strong><br />
Rummelsburg, Neukölln <strong>und</strong> Re<strong>in</strong>ickendorf.<br />
Der Vorgänger der Norddeutschen <strong>Eiswerke</strong><br />
wurde Mitte der 1860er Jahre von Carl Bolle<br />
(1832–1910) gegründet, dem späteren Besitzer der<br />
Meierei C. Bolle. Der erste E<strong>in</strong>trag im Adressbuch<br />
von 1868 nennt: „Bolle, Lützower Ufer 20“. Später<br />
wurde e<strong>in</strong> Eiswerk am nordwestlichen Ende des<br />
Rummelsburger Sees eröffnet. Die Firma handelte<br />
mit „Roheis, Eissp<strong>in</strong>den <strong>und</strong> Seefischen“, wie aus<br />
e<strong>in</strong>er Annonce <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er Gerichts-Zeitung aus<br />
dem Jahr 1870 hervorgeht. 1872 erfolgte die<br />
Umwandlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Aktiengesellschaft. Ende der<br />
1870er Jahre wurden <strong>in</strong> den bestehenden <strong>Eiswerke</strong>n<br />
zusätzlich kle<strong>in</strong>e Kunsteisfabriken errichtet. 1890<br />
erfolgte der Ankauf der 1873 gegründeten Moabiter<br />
<strong>Eiswerke</strong> am Plötzensee e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>es<br />
Gr<strong>und</strong>stückes am Heiligensee. Vorbesitzer dieser<br />
<strong>Eiswerke</strong> war R. Ahrens, dem die Aktienbrauerei-<br />
Gesellschaft Moabit gehörte. Das Handbuch der<br />
deutschen Aktiengesellschaften von 1896/97 nennt<br />
<strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> Rummelsburg, Köpenick, Plötzensee,<br />
Tegelort <strong>und</strong> Hannover. Zusätzlich gab es <strong>in</strong><br />
Rummelsburg <strong>und</strong> Plötzensee Kühlhäuser <strong>und</strong><br />
kle<strong>in</strong>e Kunsteisfabriken. E<strong>in</strong> Jahr zuvor wurden die<br />
ersten Kühlhäuser <strong>in</strong> der Köpenicker Straße <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong>-Mitte errichtet. Für e<strong>in</strong>ige Jahre wurde ab<br />
1887 e<strong>in</strong> Brennstoffhandel aufgenommen. 1901<br />
erfolgte der Abriss der Schuppen <strong>in</strong> Tegelort. Die<br />
Eishäuser stellten mit ihrer Holzbauweise <strong>und</strong> der<br />
Füllung mit Sägespänen tatsächlich e<strong>in</strong>e immense<br />
Feuergefahr dar, denn sie brannten wie Z<strong>und</strong>er. Vor<br />
allem, wenn im Sommer das Holz <strong>und</strong> das<br />
Isoliermaterial knochentrocken waren. Durch<br />
umherwirbelnde glühende Sägespäne waren auch<br />
Nachbargebäude <strong>in</strong> Gefahr. 1876 brannten die<br />
<strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> Rummelsburg ab, 1913 die <strong>Eiswerke</strong><br />
<strong>in</strong> Plötzensee <strong>und</strong> 1917 die bereits stillgelegten<br />
<strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> Köpenick. Kurz danach wurde das<br />
Gr<strong>und</strong>stück <strong>in</strong> Köpenick verkauft, 1921 die<br />
Gr<strong>und</strong>stücke <strong>in</strong> Rummelsburg <strong>und</strong> Plötzensee.<br />
Damit wurde der Verkauf von Natureis e<strong>in</strong>gestellt<br />
<strong>und</strong> es blieb nur das Gr<strong>und</strong>stück <strong>in</strong> der Köpenicker<br />
Straße übrig, auf dem sich neben den Kühlhäusern<br />
e<strong>in</strong>e 1914 eröffnete Kunsteisfabrik befand. Beide<br />
wurde bis <strong>in</strong> die 1990er Jahre genutzt (Seite 38).<br />
Die Aeltesten Berl<strong>in</strong>er <strong>Eiswerke</strong> Louis Thater<br />
lagen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Re<strong>in</strong>ickendorf nordwestlich des<br />
Schäfersees, an der Ecke Genfer Straße <strong>und</strong><br />
Thaterstraße. Die Gründung erfolgte nach eigenen<br />
Angaben 1840. Bereits im Adressbuch von 1832 ist<br />
C.G. Thater e<strong>in</strong>getragen als „Schlächter <strong>und</strong><br />
Victualienhdlr [Lebenbensmittelhändler], Müllerstraße<br />
175“. Unklar bleibt, ab wann der Eishandel<br />
tatsächlich aufgenommen wurde. Zu e<strong>in</strong>em<br />
unbekannten Zeitpunkt wurde zusätzlich e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />
Kunsteisfabrik auf dem Gelände errichtet. Ebenfalls<br />
unbekannt ist das Ende der Natureiserzeugung <strong>und</strong><br />
das der Eisfabrik. Im Branchen-Fernsprechbuch von<br />
1950 ist Thater nicht aufgeführt. Auf der Fläche der<br />
ehemaligen Teiche s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den 1950er Jahren<br />
Kle<strong>in</strong>gärten angelegt. E<strong>in</strong>ige Schuppen waren<br />
m<strong>in</strong>destens bis Ende der 1960er Jahre noch<br />
vorhanden <strong>und</strong> wurden später abgerissen. Im Jahr<br />
2012 s<strong>in</strong>d nur noch das Gebäude der Eisfabrik<br />
(Abb.47) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Außenmauer e<strong>in</strong>es Schuppens<br />
vorhanden.<br />
Die <strong>Eiswerke</strong> Mudrack lagen unmittelbar südlich<br />
der <strong>Eiswerke</strong> von Thater nordwestlich des Schäfersees,<br />
zwischen der Mudrackzeile <strong>und</strong> dem<br />
Marienbrunner Weg. Die Gründung erfolgte nach<br />
eigenen Angaben 1856. Die Natureiserzeugung<br />
wurde 1911 e<strong>in</strong>gestellt, da zu diesem Zeitpunkt<br />
etwas weiter östlich an der Stargardtstraße die neue<br />
Eisfabrik Hermann E. Mudrack mit Kühlhaus <strong>in</strong><br />
Betrieb g<strong>in</strong>g, die bis <strong>in</strong> die 1970er Jahre existierte<br />
(Seite 38).<br />
Die <strong>Eiswerke</strong> Carl Thater <strong>in</strong> Charlottenburg-Nord<br />
lagen zwischen Saatw<strong>in</strong>kler Damm <strong>und</strong><br />
Heckerdamm <strong>und</strong> gehörten zu den größten<br />
<strong>Eiswerke</strong>n der Stadt. Die Anlagen wurden immer<br />
wieder erweitert, 1890 wurden die benachbarten<br />
Polar-<strong>Eiswerke</strong> von Colberg übernommen. Am<br />
Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts hatte der Schuppen e<strong>in</strong>e<br />
26
Abb. 30–33: Eisernte, um 1913.<br />
Abb. 34–35: Norddeutsche <strong>Eiswerke</strong>, Bln.-Rummelsburg (r.). <strong>Eiswerke</strong> Thater, Bln.-Charlottenburg.<br />
Abb. 36–37: Oranienburger <strong>Eiswerke</strong> (r.). <strong>Eiswerke</strong> Mudrack <strong>und</strong> Thater, Bln.-Re<strong>in</strong>ickendorf.<br />
27
Gr<strong>und</strong>fläche von 120 × 48 Quadratmeter <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Höhe von etwa 7 Meter. Davor lagen vier Eisteiche<br />
mit e<strong>in</strong>er Gesamtfläche von etwa 250 × 200<br />
Quadratmeter – das entspricht 10 Fußballfelder. Im<br />
Sommer wurden die Eisteiche vom Etablissement<br />
Carlshof, e<strong>in</strong>em großem Ausflugslokal, für<br />
Bootsfahrten genutzt. Im „Dritten Reich“ ist das<br />
gesamte Gelände durch die so genannte<br />
„Speerplatte“ überbaut worden, e<strong>in</strong>er ausgedehnten<br />
Betonfläche von 300 × 300 Quadratmeter.<br />
Viele <strong>Eiswerke</strong> lassen sich nur durch die E<strong>in</strong>träge <strong>in</strong><br />
den Berl<strong>in</strong>er Adressbüchern oder durch Werbeannoncen<br />
<strong>in</strong> den damaligen Tageszeitungen<br />
nachweisen, beispielsweise:<br />
• Amerikanische <strong>Eiswerke</strong>, Taubenstr. 36. s.<br />
Geiseler (E<strong>in</strong>trag im Adressbuch 1865–1869)<br />
• Berl<strong>in</strong>er <strong>Eiswerke</strong>, Kronenstr. 33. s. Schwarz<br />
(1865–1872)<br />
• Reichert, Hagelsbergerstr 6. (Tivoli-<strong>Eiswerke</strong>)<br />
(1870–1894)<br />
• <strong>Eiswerke</strong> Moabit, L.M. Ahrens, Am Plötzensee<br />
(1874–1890)<br />
• Piehler & Sohn, Rixdorf, Berl<strong>in</strong>er Straße 42<br />
(1880–1887)<br />
• Colberg, Charlottenburg, Am Spandauer Schifffahrts-Kanal,<br />
Polar-<strong>Eiswerke</strong> (1880–1890)<br />
• Deutsche <strong>Eiswerke</strong> Gebr. Krause, Boxhagen-<br />
Rummelsburg, Fischerstr. 4 (1888–1911)<br />
• Neu-Britzer <strong>Eiswerke</strong> (Herm. Wegner),<br />
Naumannstr. 81.82 (1889–1894)<br />
• Christall <strong>Eiswerke</strong> Tegeler See, Hugo Fournier,<br />
Tegel, Uferstr. (1897–1920 mit Lücken).<br />
• Georg Johnke, Re<strong>in</strong>ickendorfer See-<strong>Eiswerke</strong> <strong>und</strong><br />
Badeanstalt, Re<strong>in</strong>ickendorf, Residenzstraße 49<br />
(1908–1913).<br />
• <strong>Eiswerke</strong> Hohenschönhausen G.m.b.H., Hohen<br />
schönhausen, Orankestr. 41–49, [...] Keimfreies<br />
Kristalleis a. destill. Wasser. Lieferung von<br />
Natureis (1910–1922).<br />
Die Jahreszahlen <strong>in</strong> den Klammern beziehen sich<br />
dabei auf die E<strong>in</strong>träge <strong>in</strong> den Berl<strong>in</strong>er<br />
Adressbüchern <strong>und</strong> nicht auf den Zeitraum des<br />
tatsächlichen Bestehens der <strong>Eiswerke</strong>!´Aus den<br />
Angaben wird nur selten erkennbar, ob <strong>und</strong> wann<br />
die Erzeugung von Kunsteis begonnen <strong>und</strong> der<br />
Verkauf von Natureis e<strong>in</strong>gestellt wurde.<br />
In der Berl<strong>in</strong>er Umgebung gab es m<strong>in</strong>destens drei<br />
<strong>Eiswerke</strong>, die <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> ihr Eis verkauften. Die Jahre<br />
der Eröffnung <strong>und</strong> Betriebse<strong>in</strong>stellung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> allen<br />
Fällen unbekannt.<br />
Die Oranienburger <strong>Eiswerke</strong> (Abb. 36) befanden<br />
sich am Westufer des Lehnitzsees <strong>in</strong> Oranienburg.<br />
Es gab e<strong>in</strong>en Eisenbahnanschluss zum Bahnhof<br />
Oranienburg von dem das Eis mit dem Zug nach<br />
Berl<strong>in</strong> versandt wurde. Verkaufsstellen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
s<strong>in</strong>d im Berl<strong>in</strong>er Adressbuch von 1895 bis 1932<br />
aufgeführt. Aus dem Jahr 1900 stammt der E<strong>in</strong>trag:<br />
Oranienburger <strong>Eiswerke</strong> Berl<strong>in</strong>-Oranienburg. Inh.<br />
Otto Haukohl. NW Paulstraße, Alter Lehrter<br />
Güterbahnhof.<br />
Die Märkischen <strong>Eiswerke</strong> befanden sich am<br />
Westufer des Flakensees <strong>in</strong> Erkner <strong>und</strong> hatte e<strong>in</strong>en<br />
Eisenbahnanschluss. Als Verkaufsstellen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
wurden im Berl<strong>in</strong>er Adressbuch von 1886–1916<br />
mehrere Standorte an verschiedenen Güterbahnhöfen<br />
angegeben, wie beispielsweise 1904:<br />
„Märkische <strong>Eiswerke</strong>, E. Nauck & Cop.,<br />
Kontor: O Mühlenstraße 26–30. T. Verkaufsstellen:<br />
I. Schles. Güterbahnh., O Mühlenstr.,<br />
II. Nordbahnhof, N Bernauerstr.,<br />
III. Dresdener Güterbahnhof, Verl.<br />
Schönerbergerstraße.,<br />
IV. Halensee, Güterbahnhof,<br />
V. Görl. Güterbahnh., SO Kiefholzstr.“<br />
1895 annoncierten die Märkischen <strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> der<br />
Chemiker Zeitung:<br />
Märkische <strong>Eiswerke</strong> — C. Nauck Berl<strong>in</strong> — Erkner<br />
empfehlen sich bei Bedarf von Natur-Eis Ia<br />
Waggonladungen à 200 Ctr. nach allen Stationen,<br />
Aufträge nimmt entgegen das Hauptkontoir<br />
Berl<strong>in</strong> O17. Mühlenstr. 20.“<br />
Die Teltower <strong>Eiswerke</strong> lagen am südöstlichen<br />
Ende des Teltower Sees <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>machnow. Im<br />
Meßtischblatt von 1901 s<strong>in</strong>d zwei Schuppen<br />
e<strong>in</strong>gezeichnet <strong>und</strong> es gab ke<strong>in</strong>en Eisenbahnanschluss.<br />
Als Hauptabsatzgebiet wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Annonce im Teltower Kreisblatt 1895 Lichterfelde<br />
genannt. Im Berl<strong>in</strong>er Adressbuch ist 1880 e<strong>in</strong>e<br />
Vertretung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Friedrichstraße 51, angegeben.<br />
Zur Eisversorgung der anderen brandenburgischen<br />
Städte wie Cottbus s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Quellen bekannt.<br />
28
Abb. 38: Elevator e<strong>in</strong>es Eiswerks <strong>in</strong> Rixdorf (heute Berl<strong>in</strong>-Neukölln), um 1899.<br />
Abb. 39: Eishaus des selben <strong>Eiswerke</strong>s, um 1899.<br />
29
Privathaushalte nutzten zur Kühlung den<br />
Eisschrank. Das Eis musste mehrmals wöchentlich<br />
geliefert werden. Den Transport vom Eiswerk bis<br />
zum Abnehmer erledigte der Eismann mit Pferd <strong>und</strong><br />
Wagen. 1869 warb die Gesellschaft der Berl<strong>in</strong>er<br />
<strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Annonce <strong>in</strong> der Nationalzeitung<br />
für e<strong>in</strong> Abonnement: „Roh-Eis liefern wir im<br />
Abonnement den Eimer à 20 Pf<strong>und</strong> für 3<br />
Silbergroschen frei <strong>in</strong>s Haus.“ Eisschränke wurden<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> m<strong>in</strong>desten bereits seit 1864 verkauft, wie<br />
aus e<strong>in</strong>er Anzeige im Berl<strong>in</strong>er Adressbuch<br />
hervorgeht: „C. Geisler, Hoflieferant. [...]<br />
Eissp<strong>in</strong>den & Eiskästen nach der bewährtsten<br />
Constustion <strong>und</strong> möglichst sparsamen<br />
Eisverbrauch. Sowohl für Privat-Wirthschaften, als<br />
auch für Hotels <strong>und</strong> Restaurants. Friedrichstr. 71.,<br />
zwischen der Tauben- & Jägerstr. Taubenstr. 36.“<br />
In dem Buch über den <strong>Eiskeller</strong>bau von<br />
Menzel/Schubert aus dem Jahr 1903 wird berichtet:<br />
„Die Eisschränke bestehen aus e<strong>in</strong>em Eisbehälter<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>em oder mehreren Vorratsräumen, welche<br />
beide durch Zwischenwände derart getrennt s<strong>in</strong>d,<br />
dass der Eisvorrat se<strong>in</strong>e Kälte an die Vorratsräume<br />
abgeben kann. Beide Räume s<strong>in</strong>d nach außen h<strong>in</strong><br />
möglichst gegen die Luftwärme zu isolieren, was<br />
durch schlechte Wärmeleiter erreicht wird. Die<br />
Wände werden deshalb aus zwei bis drei Zentimeter<br />
starken, eichenen Bretterlagen mit e<strong>in</strong>em<br />
Zwischenraum von sechs bis neun Zentimeter<br />
hergestellt, die Innenflächen der Bretter gründlich<br />
kalfatert, d.h. mit heißem Pech vollständig<br />
wasserdicht überzogen <strong>und</strong> der Zwischenraum<br />
alsdann mit e<strong>in</strong>em schlechten Wärmeleiter, am<br />
besten mit Wolle, Torfmull, Schlackenwolle,<br />
Kieselguhr, Korkholzabfällen ausgefüllt. […] Die<br />
Vorratsräume <strong>und</strong> die Eisbehälter werden durch<br />
E<strong>in</strong>sätze <strong>und</strong> Vorrichtungen aus Z<strong>in</strong>kblech […]<br />
nutzbar gemacht. […] Das Eisschmelzwasser muß<br />
ebenso wie bei den Eishäusern schnell <strong>und</strong><br />
vollständig abgeführt werden. Dies geschieht<br />
entweder durch e<strong>in</strong> mit Luftverschluß oder für den<br />
zeitweisen Wasserverschluss mit Hahnverschluß<br />
versehenes Ableitungsrohr, welches <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
untergestelltes Gefäß ausmündet. […] Sodann ist<br />
e<strong>in</strong>e stete, sorgfältige Re<strong>in</strong>erhaltung sehr wichtig.<br />
Jede Woche muss der Eisschrank m<strong>in</strong>destens<br />
e<strong>in</strong>mal gründlich gere<strong>in</strong>igt werden <strong>und</strong> vor<br />
Wiedere<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen der Vorräte e<strong>in</strong>ige St<strong>und</strong>en<br />
ausgelüftet werden.“<br />
Erst zum Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde<br />
erkannt, wie wichtig die vollständige Trennung des<br />
Natureises von den Lebensmitteln war, um die<br />
Übertragung von Keimen e<strong>in</strong>zuschränken. Bis <strong>in</strong> die<br />
1960er Jahre wurden Eisschränke e<strong>in</strong>gesetzt, die<br />
dann allerd<strong>in</strong>gs mit Kunsteis gekühlt wurden.<br />
Für neuzubauende Wohnungen wohlhabender<br />
Bevölkerungsschichten gab <strong>in</strong> der Deutschen<br />
Bauzeitung 1900 e<strong>in</strong>en Vorschlag, wie e<strong>in</strong>e mit Eis<br />
gekühlte Speisekammer als e<strong>in</strong> „<strong>in</strong> das Haus<br />
e<strong>in</strong>gebauter Eisschrank“ genutzt werden kann. Die<br />
Speisekammern auf den verschiedenen Etagen<br />
sollten unmittelbar übere<strong>in</strong>ander angeordnet<br />
werden. Direkt über jeder Speisekammer liegt e<strong>in</strong><br />
Eisbehälter. Die kalte Luft s<strong>in</strong>kt von dort nach unten<br />
<strong>und</strong> kühlt die Lebensmittel. H<strong>in</strong>ter den<br />
Speisekammern hätte e<strong>in</strong> zentraler Abluftschacht<br />
die Luft, die durch die abs<strong>in</strong>kende Kaltluft<br />
verdrängt wird, nach oben zum Dach geführt. Ob<br />
e<strong>in</strong>e derartige Speisekammer jemals <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
gebaut wurde, ist nicht bekannt. In Stadtkernen war<br />
es oft nicht möglich, freistehende <strong>Eiskeller</strong> oder<br />
Eishäuser anzulegen. In diesen Fällen war die<br />
Nutzung vorhandener Kellerräume möglich.<br />
Hierzu ab es verschiedene Lösunsvorschläge. Die<br />
Baugewerks-Zeitung berichtete 1890: „Restaurants,<br />
Fischhandlungen <strong>und</strong> dergleichen Geschäfte<br />
bekommen hier ihren Eisbedarf zumeist <strong>in</strong> gewissen<br />
Zeitabständen aus den großen <strong>Eiskeller</strong>eien<br />
zugeteilt. Es handelt sich deshalb bei diesen<br />
Betrieben darum, e<strong>in</strong> Eislager im Keller zu<br />
schaffen, welches leicht herzustellen ist. […] Man<br />
mauert im Raume an den Wänden zunächst e<strong>in</strong>e<br />
Bank mit hochkantigen Ste<strong>in</strong>en <strong>in</strong> Zement auf dem<br />
fertigen Zementfußboden, der selbstredend se<strong>in</strong>en<br />
Abfluß hat. Das Mauerwerk der Decke <strong>und</strong> Wände<br />
wird e<strong>in</strong>schließlich der Sockelbank mit Dachpappe<br />
benagelt, darauf befestigt man die horizontalen<br />
bezw. aufrecht stehenden Kanthölzer, welche an<br />
den Wänden bis auf den Sockel reichen. Der Sockel<br />
soll verh<strong>in</strong>dern, dass die Holztheile an den Wänden<br />
von der Nässe des Bodens <strong>in</strong> Mitleidenschaft<br />
gezogen werden. Auf die Kanthölzer nagelt man die<br />
Bretterschalung <strong>und</strong> füllt den Raum zwischen<br />
Pappe <strong>und</strong> Schalung mit Sägespähnen aus. Der an<br />
Decke <strong>und</strong> Wänden ausgeschalte Raum erhält vom<br />
Boden ab an den Wänden e<strong>in</strong>schließlich der<br />
Sockelbank e<strong>in</strong>e Z<strong>in</strong>kbekleidung. […]“<br />
30
Abb. 40: Eismann, um 1914. Abb. 41: Eismann, um 1934.<br />
Abb. 42: Eisschrank, erbaut um 1890. Abb. 43: Schmelzwasserhahn erbaut um 1890.<br />
Abb. 44: Eisschränke, Katalog-Abb., um 1901. Abb. 45: Eismasch<strong>in</strong>e, um 1894.<br />
31
Die W<strong>in</strong>ter <strong>in</strong> Deutschland waren normalerweise<br />
kalt genug für die Gew<strong>in</strong>nung von Natureis. Es gab<br />
allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>ige Jahre, <strong>in</strong> denen das Eis aus dem<br />
Ausland e<strong>in</strong>geführt wurde. Bereits 1869 wird <strong>in</strong> der<br />
Neuen Augsburger Zeitung über die E<strong>in</strong>fuhr von<br />
Eis nach Deutschland berichtet: „Die vor etwa<br />
zwanzig Jahren gegründete Compagnie des<br />
Wenham-Sees existiert noch bis zur heutigen<br />
St<strong>und</strong>e, nur hat sie das Feld ihrer Ausbeute aus<br />
Nordamerika nach Norwegen verlegt, wo e<strong>in</strong> Fjord<br />
e<strong>in</strong>ige Meilen von der kle<strong>in</strong>en Stadt Drobak Eis<br />
liefern muss. Das dort gewonnene Eis ist von e<strong>in</strong>er<br />
ausnahmsweisen Re<strong>in</strong>heit <strong>und</strong> Durchsichtigkeit,<br />
<strong>und</strong> wird nach England transportiert, von wo es<br />
se<strong>in</strong>en Weg nach vielen Ländern nimmt. In jüngster<br />
Zeit geht schon viel norwegisches Eis direkt nach<br />
Deutschland. Die Ausfuhr des norwegischen Eises<br />
wird für das Jahr 1865 auf 44.823 Tonnen<br />
geschätzt, wovon 43.359 durch obige Gesellschaft<br />
abgesetzt wurden.“ Norwegen hatte ideale<br />
Voraussetzungen für die Erzeugung von Natureis:<br />
Die Gebirgsseen haben e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>wandfreie<br />
Tr<strong>in</strong>kwasserqualität, der W<strong>in</strong>ter ist kalt genug, <strong>und</strong><br />
die Entfernung von den Seen zur Küste ist sehr<br />
kurz. Oslo, Kragerø, Drøbak <strong>und</strong> Brevik waren die<br />
Hauptstandorte des norwegischen Eisexportes.<br />
Die Zeitschrift für die gesamte Kälte-Industrie<br />
berichtet 1898: „Deutschlands Eisbezug aus dem<br />
Auslande im ersten Halbjahre 1898 belief sich nach<br />
den amtlichen monatlichen Ausweisen auf 2,9 Mio.<br />
Doppelzentner im Werte von 3,8 Mio. Mark,<br />
während er <strong>in</strong> der ersten Hälfte des vorigen Jahres<br />
nur 89.000 Doppelzentner im Werte von 118.000<br />
Mark betragen hatte, also nur den 32. Teil. Von<br />
dem <strong>in</strong> der ersten Hälfte des laufenden Jahres <strong>in</strong><br />
das deutsche Zollgebiet e<strong>in</strong>geführten Eises kamen:<br />
aus Norwegen 2,2 Mio. Doppelzentner. […] Alle<strong>in</strong><br />
drei Viertel der e<strong>in</strong>geführten Eismengen wurden<br />
aus Norwegen bezogen, über 11% derselben aus<br />
Österreich-Ungarn, annähernd 10% aus Russland,<br />
aus allen übrigen Ländern zusammen nur 3%. Die<br />
bisher größte Jahrese<strong>in</strong>fuhr von Eis, diejenige im<br />
Jahre 1884, welche 2,9 Mio. Doppelzentner<br />
betragen hatte, ist <strong>in</strong> der ersten Hälfte des<br />
laufenden Jahres bereits annähernd erreicht<br />
worden […].“ Der Eis-Import war gegen 1910<br />
bed<strong>in</strong>gt durch den E<strong>in</strong>satz der Kältemasch<strong>in</strong>en<br />
bedeutungslos geworden.<br />
Der Eishandel <strong>in</strong> Europa war ziemlich bescheiden,<br />
wenn man ihn mit den Eishandel der USA<br />
vergleicht. Bereits 1799 g<strong>in</strong>g die erste Schiffsladung<br />
Eis von New York nach Charleston. Frederic Tudor<br />
(1783–1864) kam durch den Export von Natureis <strong>in</strong><br />
die Karibik, Europa <strong>und</strong> Indien zu Reichtum <strong>und</strong><br />
wurde später oft anerkennend als der „Ice K<strong>in</strong>g“<br />
bezeichnet. Das Magaz<strong>in</strong> für die Literatur des<br />
Auslandes berichtet 1849: „Der Eishandel verdankt<br />
se<strong>in</strong>en Ursprung Herrn Frederick Tudor <strong>in</strong> Boston,<br />
welcher schon im Jahr 1805 die Idee faßte, Eis<br />
nach West<strong>in</strong>dien zu verladen. Da er ke<strong>in</strong>en Rheder<br />
fand, der e<strong>in</strong>en so seltsamen Handelsartikel an<br />
Bord nehmen wollte, sah er sich genöthigt, e<strong>in</strong><br />
Schiff zu kaufen, welches er mit Eis von e<strong>in</strong>em<br />
se<strong>in</strong>em Vater gehörigen Teiche <strong>in</strong> Sangus belud <strong>und</strong><br />
nach St. Pierre auf Mart<strong>in</strong>ique abschickte. Obwohl<br />
dieses Unternehmen e<strong>in</strong>en Verlust von etwa 4000<br />
Dollars zur Folge hatte, setzte Herr Tudor doch<br />
se<strong>in</strong>e Spekulation fort, bis die Handelssperre <strong>und</strong><br />
der Krieg allem auswärtigen Handel e<strong>in</strong> Ende<br />
machte, ohne daß bis zu dieser Zeit das Geschäft<br />
se<strong>in</strong>em Unternehmer e<strong>in</strong>en Vortheil gebracht hätte.<br />
Die Verhandlungen waren auf Mart<strong>in</strong>ique <strong>und</strong><br />
Jamaika beschränkt gewesen. Nach Beendigung des<br />
Krieges 1815 begann Herr Tudor se<strong>in</strong>e<br />
Operationen aufs neue <strong>und</strong> exportirte das Eis nach<br />
Havannah, laut e<strong>in</strong>em Kontrakt mit der Regierung<br />
von Kuba, welcher ihn <strong>in</strong> den Stand setzte, se<strong>in</strong><br />
Unternehmen ohne Verlust zu verfolgen <strong>und</strong> es auf<br />
Charleston, Havannah <strong>und</strong> New Orleans<br />
auszudehnen. Im Jahre 1833 schickte Herr Tudor<br />
die erste Ladung Eis nach Kalkutta, <strong>und</strong> seit dieser<br />
Zeit hat derselbe se<strong>in</strong>e Unternehmungen bis<br />
Madras <strong>und</strong> Bombay ausgebreitet.“<br />
Meyers Konversationslexikon berichtet 1894 über<br />
den weltweiten Eishandel: „Gegenwärtig versendet<br />
man Eis nach den Südstaaten der Union, nach<br />
Mexiko, West<strong>in</strong>dien, Mittelamerika, Südamerika,<br />
Ost<strong>in</strong>dien, Ceylon, Ch<strong>in</strong>a, Japan <strong>und</strong> Australien,<br />
nach dem Gu<strong>in</strong>eabusen <strong>und</strong> der Kapstadt, selbst<br />
nach Sizilien <strong>und</strong> Ägypten. In Europa versendet<br />
Norwegen Eis nach England, Frankreich,<br />
Hamburg, Holland <strong>und</strong> Spanien. Triest versendet E.<br />
nach Ägypten, Korfu <strong>und</strong> Zante; die Schweiz von<br />
Davos, Wallis <strong>und</strong> Gr<strong>in</strong>delwald nach Frankreich;<br />
von den oberbayrischen Seen kommt bisweilen Eis<br />
nach Norddeutschland.“<br />
32
Speiseeis <strong>und</strong> Sorbet waren im 18. <strong>und</strong><br />
19. Jahrh<strong>und</strong>ert e<strong>in</strong> Privileg der gehobenen<br />
Gesellschaft. Zu se<strong>in</strong>er Herstellung wurden kle<strong>in</strong>e<br />
Eismasch<strong>in</strong>en genutzt, die mit e<strong>in</strong>er salzhaltigen<br />
Kältemischung gekühlt wurden. Beim Gefrieren<br />
musste das Eis ständig verrührt werden, damit sich<br />
ke<strong>in</strong>e Eiskristalle absetzen konnten. Die heutigen<br />
haushaltsüblichen Eismasch<strong>in</strong>en funktionieren noch<br />
immer nach diesem Pr<strong>in</strong>zip, nutzen aber e<strong>in</strong>en<br />
Kühlakku anstelle der Salzlösung <strong>und</strong> werden mit<br />
e<strong>in</strong>em Elektromotor angetrieben.<br />
Brockhaus’ Konversationslexikon beschreibt 1894<br />
e<strong>in</strong>e Eismasch<strong>in</strong>e (Abb. 45): „Die wohlfeilste <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />
Konditoreien, Haushaltungen u.s.w. am häufigsten<br />
benutzte Mischung ist Schnee oder zerstoßenes Eis<br />
mit Kochsalz. Die Apparate zur Eisbereitung mittels<br />
Kältemischungen haben das Geme<strong>in</strong>schaftliche,<br />
daß <strong>in</strong> e<strong>in</strong> größeres, gegen Wärmeaufnahme von<br />
außen durch entsprechende Konstruktion der<br />
Wandungen geschütztes Gefäß, das die<br />
Kältemischung aufnimmt, e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eres e<strong>in</strong>gebracht<br />
wird, welches die Flüssigkeit enthält, die zum<br />
Gefrieren zu br<strong>in</strong>gen ist. Das kle<strong>in</strong>ere Gefäß ist<br />
dünnwandig <strong>und</strong> aus Metall, um es zur<br />
Wärmeabgabe an die Kältemischung geeignet zu<br />
machen, <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>er Drehvorrichtung versehen.<br />
[...] Nach E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung der Kältemischung (hier<br />
gestoßenes Eis <strong>und</strong> Kochsalz) schüttet man <strong>in</strong> das<br />
<strong>in</strong>nere Gefäß die zum Gefrieren zu br<strong>in</strong>gende<br />
Flüssigkeit <strong>und</strong> setzt dieses <strong>in</strong> schnelle Rotation.<br />
Hierdurch steigt die Flüssigkeit an den Wänden<br />
empor <strong>und</strong> kommt so mit diesen <strong>in</strong> dünner Schicht<br />
<strong>in</strong> Berührung, sodaß sie bald fest wird. Mit Hilfe<br />
e<strong>in</strong>es solchen Apparats kann man <strong>in</strong> 6 bis 8<br />
M<strong>in</strong>uten e<strong>in</strong>e Flüssigkeitsmenge von 6 bis 7 Liter<br />
zum Gefrieren br<strong>in</strong>gen.“<br />
Bereits 1825 erschien e<strong>in</strong> Buch mit dem monströsen<br />
Titel: Ausführliche Anweisung zur Aufbewahrung<br />
des Eises so wie über die vortheilhaftesten Anlagen<br />
der Eisgruben <strong>und</strong> der <strong>Eiskeller</strong>. Mit e<strong>in</strong>em<br />
Anhange, welcher genaue Vorschriften zur<br />
Bereitung aller Arten Gefrorenes enthält. E<strong>in</strong><br />
Büchle<strong>in</strong> für Herrschaften, Oekonomen, Gast- <strong>und</strong><br />
Kaffeewirthe, Conditoren, Köche u.s.w. Hier s<strong>in</strong>d<br />
neben dem <strong>Eiskeller</strong>bau 56 Rezepte für die<br />
Zubereitung von Sahneeis, Fruchteis, Likör- <strong>und</strong><br />
We<strong>in</strong>gefrorenem, Limonaden sowie Gefrorenem<br />
aus Tee aufgeführt. Schon anhand der Zutaten wird<br />
wird klar, dass sich 1825 nur sehr wenige diesen<br />
Luxus leisten konnten, da die exotischen Früchte<br />
wie Ananas <strong>und</strong> Orangen den meisten Menschen<br />
unbekannt <strong>und</strong> außerdem unbezahlbar waren.<br />
Milchgefrorenes mit Reiß: Zu 1 Maaß [~ 0,875<br />
Liter] guter Sahne werden 4 Loth. [~ 60 Gramm]<br />
ganz fe<strong>in</strong> gepulverter Reiß <strong>und</strong> drei viertel Pf<strong>und</strong><br />
gepulverter weißer Zucker gemischt, dann auf<br />
Kohlenfeuer unter beständigem Umrühren zu e<strong>in</strong>em<br />
dünnen Brei gebracht, den man alsdann <strong>in</strong> die<br />
Gefrierbüchse thut, <strong>und</strong> frieren läßt.<br />
Kaffee-Gefrorenes: Auf e<strong>in</strong> viertel Pfd. frisch<br />
gebrannten Kaffee nimmt man 1 Berl. Maaß gute<br />
Sahne. Der Kaffee wird dar<strong>in</strong> gut ausgekocht,<br />
durch e<strong>in</strong> Haartuch gegossen, der Flüssigkeit drei<br />
Viertel Pfd. gepulverter weißer Zucker <strong>und</strong> das<br />
Gelbe von 6 bis 8 Eiern zugesetzt, <strong>in</strong>nig vermischt,<br />
bis derselbe dar<strong>in</strong> vollkommen aufgelöst ist, dann<br />
nochmals durchgegossen, <strong>und</strong> so lange gerührt, bis<br />
sie kalt ist. Die schaumige Masse gießt man <strong>in</strong> die<br />
Gefrierbüchse, <strong>und</strong> behandelt sie wie bewusst.<br />
Ananas-Gefrorenes: Nachdem die Ananas fe<strong>in</strong><br />
geschält worden, werden sie auf e<strong>in</strong>em Reibeisen<br />
gerieben, <strong>und</strong> mit We<strong>in</strong> <strong>und</strong> Zucker vermischt;<br />
während dieser Zeit läßt man die Schalen <strong>in</strong> Wasser<br />
nebst etwas Zimt auskochen, streicht die erste<br />
Masse durch e<strong>in</strong> Haarsieb, <strong>und</strong> vermsicht das<br />
Durchgestrichene nebst der Schalen-Abkochung mit<br />
fe<strong>in</strong>gepulverten weißen Zucker nach vorigem<br />
Verhältnis, schütte es dann <strong>in</strong> die Gefrierbüchse.<br />
We<strong>in</strong>trauben-Gefrorenes: Es werden die schönsten<br />
Beere der We<strong>in</strong>trauben gepflückt, zerquetscht <strong>und</strong><br />
durch e<strong>in</strong> Haarsieb gerieben; auf 1 Berl. Maaß des<br />
Durchgeriebenen e<strong>in</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong> viertel Pfd. fe<strong>in</strong>er<br />
Zucker <strong>und</strong> drei viertel bis e<strong>in</strong>e ganze Bouteille<br />
[Flasche] guter Moseler-We<strong>in</strong> genommen, nach<br />
geschehener Auflösung des Zuckers <strong>und</strong> <strong>in</strong>niger<br />
Vermischung zum Gefrieren bearbeitet.<br />
Sieben Rezepte behandelten Blumen-Eis wie<br />
Jasm<strong>in</strong>-Gefrorenes, Milchgefrorenes mit Rosengeruch<br />
oder Veilchen-Gefrorenes à la Crème.<br />
Wegen der möglichen Pestizid-Belastung der<br />
Blumen ist heutzutage vom Verzehr dr<strong>in</strong>gend<br />
abzuraten.<br />
33
Kapitel 4: Eisfabriken<br />
Um 1820 gab es nur die Möglichkeit mittels Kältemischungen<br />
kle<strong>in</strong>ere Mengen Eis herzustellen. Erste<br />
Kühlmasch<strong>in</strong>en standen seit Mitte des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts bereit. Sie waren aber noch nicht<br />
für den <strong>in</strong>dustriellen Dauere<strong>in</strong>satz geeignet. dies<br />
änderte sich erst <strong>in</strong> den 1870er Jahren, als Carl von<br />
L<strong>in</strong>de se<strong>in</strong>e Kältemasch<strong>in</strong>en entwickelte.<br />
Im Brockhaus’ Konversationslexikon von 1894 ist<br />
die Funktion e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Eisfabrik beschrieben<br />
(Abb. 46): Mittels e<strong>in</strong>es Kompressors (A) wird e<strong>in</strong><br />
Gas, wie zum Beispiel Ammoniak, verdichtet, <strong>und</strong><br />
dabei erwärmt. Der Antrieb des Kompressors<br />
erfolgte über e<strong>in</strong>e nicht im Bild sichtbare<br />
Dampfmasch<strong>in</strong>e oder e<strong>in</strong> Wasserrad mittels<br />
Transmissionsriemen (B). Das unter Druck stehende<br />
Gas wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Behälter geleitet (C), der<br />
gleichzeitig als Kondensator dient. Durch die<br />
Abkühlung auf die Umgebungstemperatur<br />
verflüssigt sich das Kältemittel. Bei großen<br />
Kältemasch<strong>in</strong>en mussten auf dem Dach<br />
Berieselungskühler angebracht werden, um die<br />
notwendige Kühlleistung zu erreichen. Das flüssige<br />
<strong>und</strong> unter Druck stehende Kühlmittel wird dann<br />
über e<strong>in</strong>e Drossele<strong>in</strong>richtung zum Verdampfer<br />
geleitet, der sich im Eisgenerator (D) bef<strong>in</strong>det.<br />
Durch die Verdampfung kühlt es e<strong>in</strong>e Salzwasserlösung.<br />
Anschließend wird es wieder vom<br />
Kompressor angesaugt <strong>und</strong> erneut verflüssigt. In die<br />
Salzwasserlösung werden auf der e<strong>in</strong>en Seite leere<br />
Eiszellen e<strong>in</strong>gelegt <strong>und</strong> mit Wasser gefüllt (E).<br />
Wenn e<strong>in</strong>e gefrorene Reihe mit dem Kran (F) auf<br />
der gegenüberliegenden Seite herausgehoben wird,<br />
werden alle anderen Eiszellen um e<strong>in</strong>e Reihe zum<br />
Kran h<strong>in</strong> verschoben. Mit dem Kran werden die<br />
Eiszellen zur Kippvorrichtung (G) gebracht, <strong>und</strong> das<br />
Eis wird aus den Eiszellen herausgenommen.<br />
Anschließend wird das Eis <strong>in</strong> den Lagerraum<br />
gebracht.<br />
Daneben gab es auch andere Varianten, wie zum<br />
Beispiel e<strong>in</strong>e Walze mit seitlichen Taschen, die<br />
langsam im gekühlten Wasser rotierte <strong>und</strong> von<br />
<strong>in</strong>nen mit e<strong>in</strong>er Salzlösung gekühlt wurde. Bei jeder<br />
Umdrehung setzte sich e<strong>in</strong>e dünne Eisschicht an der<br />
Oberfläche der Taschen ab, bis die Taschen vollständig<br />
mit Eis gefüllt waren. Dann wurde das Eis<br />
entnommen, <strong>und</strong> der Vorgang begann von vorne.<br />
In Deutschland wurde das Eis fast ausschließlich als<br />
Stangeneis verkauft. Typische Stangen wogen<br />
zwischen 10 <strong>und</strong> 25 Kilogramm. Letztere waren<br />
etwa e<strong>in</strong>en Meter lang <strong>und</strong> hatten e<strong>in</strong>en Querschnitt<br />
von 20 × 20 Quadratzentimeter. Gewöhnliches<br />
Brunnenwasser liefert milchig-weißes, <strong>und</strong>urchsichtiges<br />
Eis, was von e<strong>in</strong>gefrorenen Luftbläschen<br />
verursacht wird. Es unterschied sich aber optisch<br />
nicht vom qualitativ m<strong>in</strong>derwertigem Natureis.<br />
Daher hat man verschiedene Verfahren zur<br />
Entlüftung des Wassers entwickelt, um e<strong>in</strong> klares<br />
Eis zu erhalten. Nach e<strong>in</strong>em Artikel <strong>in</strong> der<br />
Zeitschrift für die gesamte Kohlensäure-Industrie<br />
von 1900 versteht man „unter Blockeis e<strong>in</strong><br />
<strong>und</strong>urchsichtiges milchiges Eis, das aus<br />
Brunnenwasser hergestellt wird, welches während<br />
des Gefrierens nicht bewegt wird. Klareis ist fast<br />
durchsichtig, enthält aber e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en trüben<br />
Kern. Zur Herstellung benutzt man ebenfalls<br />
Brunnenwasser, bewegt dasselbe aber während des<br />
Gefrierens, um möglichst alle Luft auszutreiben.<br />
Der noch Luft enthaltende Rest des Wassers erzeugt<br />
den trüben Kern. Kristalleis ist e<strong>in</strong> vollständig<br />
durchsichtiges Eis, das nur aus destilliertem oder<br />
sonst gut entlüftetem Wasser hergestellt werden<br />
kann.“<br />
Das Kristalleis erzielte die höchsten Preise. Für<br />
dieses Eis wurde gerne mit der Bezeichnung<br />
„keimfreies Kristalleis aus destilliertem Wasser“<br />
geworben. Eis aus normalem Tr<strong>in</strong>kwasser war<br />
selbstverständlich für den menschlichen Verzehr<br />
geeignet. Lediglich die Werbewirksamkeit beim<br />
Verbraucher war der kritische Punkt. Um hier nicht<br />
als Eishersteller zweiter Klasse zu gelten, wurde das<br />
Wasser mit Ozon behandelt. Die Kunsteisfabrik<br />
Centrum warb 1915 für ihr Eis mit der Bezeichnung<br />
„keimfreies Ozon-Eis aus städtischem Tr<strong>in</strong>kwasser“.<br />
Das erste Kunsteis wurde <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> bereits Ende des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts verkauft. Die bestehenden<br />
<strong>Eiswerke</strong> ergänzten ihre Produktion <strong>und</strong> stellten<br />
Eisgeneratoren auf, wie zum Beispiel die<br />
Norddeutschen <strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> Rummelsburg oder die<br />
<strong>Eiswerke</strong> Thater <strong>in</strong> Re<strong>in</strong>ickendorf. Um 1900<br />
wurden die ersten eigenen Berl<strong>in</strong>er Kühlhäuser mit<br />
Kunsteisfabrikation gegründet, die ausschließlich<br />
mit Kältemasch<strong>in</strong>en Eis produzierten <strong>und</strong> es an<br />
Gewerbebetriebe <strong>und</strong> die Bevölkerung verkauften.<br />
34
Abb. 46: Eisfabrikation, um 1894.<br />
Abb. 47: Aeltste Berl<strong>in</strong>er <strong>Eiswerke</strong>, Louis Thater. Masch<strong>in</strong>enhaus, Berl<strong>in</strong>-Re<strong>in</strong>ickendorf.<br />
35
Die Gesellschaft für Markt- <strong>und</strong> Kühlhallen<br />
nahm 1902 zwei neu erbaute Kühlhäuser am<br />
Gleisdreieck der U-Bahn <strong>in</strong> Betrieb. Die Anlagen<br />
befanden sich zwischen der Trebb<strong>in</strong>er <strong>und</strong> der<br />
Luckenwalder Straße <strong>und</strong> wurden später als Werk<br />
Südwest bezeichnet. Die beiden Kühlhäuser<br />
besaßen e<strong>in</strong>schließlich der Kellergeschosse je acht<br />
Stockwerke von drei Metern Höhe. Die vermietbare<br />
Bodenfläche der beiden Gebäude <strong>und</strong> der<br />
Hofunterkellerung betrug 9400 Quadratmeter. Im<br />
Kühlhaus I wurden bei der Eröffnung zwei<br />
Stockwerkhöhen für den Eiserzeugungsraum<br />
genutzt. Zwei Eisgeneratoren konnten täglich 100<br />
Tonnen Eis herzustellen. Der für e<strong>in</strong>en dritten<br />
Generator vorgesehene Raum wurde damals als<br />
Eismagaz<strong>in</strong> benutzt. Zusätzlich gab es noch e<strong>in</strong><br />
Masch<strong>in</strong>enhaus <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Verwaltungsgebäude. In der<br />
Trebb<strong>in</strong>er Straße befand sich auf der südlichen<br />
Straßenseite e<strong>in</strong> weiteres Gebäude für Büros <strong>und</strong><br />
Pferdeställe, das heute vom Deutschen<br />
Technikmuseum Berl<strong>in</strong> als Haupte<strong>in</strong>gang genutzt<br />
wird. 1978 wurde der Kühlhausbetrieb e<strong>in</strong>gestellt<br />
<strong>und</strong> danach das Masch<strong>in</strong>enhaus sowie das Kühlhaus<br />
I abgerissen. Das lange Zeit leerstehende <strong>und</strong> unter<br />
Denkmalschutz stehende Kühlhaus II wird seit 2011<br />
saniert <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>em Ort für Kulturveranstaltungen<br />
umgebaut. E<strong>in</strong> weiteres Werk, Nordwest genannt,<br />
befand sich <strong>in</strong> der Scharnhorststraße 29 <strong>und</strong> gehörte<br />
zu DDR-Zeiten zum VEB Kühlbetrieb. Heute wird<br />
dieses denkmalgeschützte Gebäude aus dem Jahr<br />
1912 nach umfassender Renovierung gewerblich<br />
<strong>und</strong> zu Wohnzwecken genutzt. Die Gesellschaft<br />
betrieb auch <strong>in</strong> Hamburg mehrere Kühlhäuser, die<br />
aber <strong>in</strong>zwischen alle abgerissen worden s<strong>in</strong>d. Noch<br />
heute betreibt die MUK AG als Rechtsnachfolger<br />
b<strong>und</strong>esweit Kühlhallen, so auch <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />
Beusselstraße <strong>und</strong> Niemetzstraße.<br />
Die Eisfabrik des städtischen Elektrizitätswerkes<br />
Steglitz wurde um 1910 von der damals selbständigen<br />
Geme<strong>in</strong>de errichtet <strong>und</strong> an das ebenfalls<br />
geme<strong>in</strong>deeigene Elektrizitätswerk angeschlossen.<br />
Die Masch<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>es Elektrizitätswerkes müssen<br />
immer auf den Maximalbedarf ausgerichtet se<strong>in</strong>.<br />
Dieser steigt naturgemäß immer nach<br />
Sonnenuntergang <strong>und</strong> im W<strong>in</strong>ter an, wenn die<br />
elektrische Beleuchtung e<strong>in</strong>geschaltet wird.<br />
Dadurch ergaben sich tagsüber Zeiten, <strong>in</strong> denen die<br />
Anlage nicht ausgelastet wurde. E<strong>in</strong>e Eisfabrik<br />
wurde als s<strong>in</strong>nvolle Ergänzung betrachtet, da der<br />
höchste Eisverbrauch im Sommer stattfand. Die<br />
Eiserzeugung konnte während der Spitzenzeiten<br />
e<strong>in</strong>gestellt werden. Als besonders wirtschaftlich<br />
wurde e<strong>in</strong> 16-stündiger Betrieb der Eisfabrik<br />
angesehen. Die Leistung der Eisfabrik war auf 100<br />
Tonnen Kristalleis täglich (bei 20 St<strong>und</strong>en<br />
Betriebsdauer) ausgelegt;e<strong>in</strong>e Verdopplung der<br />
Leistung war baulich vorgesehen. Die Räume des<br />
<strong>Eiswerke</strong>s befanden sich unter der Straßenbahnhalle,<br />
die unmittelbar neben dem Elektrizitätswerk<br />
lag. Das Eiswerk bestand aus dem<br />
Masch<strong>in</strong>enraum für die Kältemasch<strong>in</strong>e, dem<br />
Eisgenerator-Raum <strong>und</strong> dem Eislager. Das Kondensat<br />
der Dampfturb<strong>in</strong>en vom Elektrizitätswerk diente<br />
zur Erzeugung des Klareises. Über die weitere<br />
Entwicklung dieser Eisfabrik nach dem Ersten<br />
Weltkrieg liegen ke<strong>in</strong>e Informationen vor.<br />
1911 wurde der Admiralspalast eröffnet, <strong>in</strong> dem<br />
sich e<strong>in</strong>e Eisbahn, Cafés, e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>o sowie e<strong>in</strong><br />
Hallenbad befanden. Die Zeitschrift für die gesamte<br />
Kälte-Industrie berichte 1913: „Um die dem Betrieb<br />
der Eisbahn dienende Kältemasch<strong>in</strong>enanlage voll<br />
auszunutzen, ist dann weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Eisfabrik<br />
vorhanden, die imstande ist, 35.000 kg Eis <strong>in</strong><br />
24 Std. zu erzeugen. […] Die Kältemasch<strong>in</strong>en <strong>und</strong><br />
die Eisfabrik s<strong>in</strong>d im Keller untergebracht. […] Die<br />
Kältemasch<strong>in</strong>enanlage dient weiterh<strong>in</strong> zur Kühlung<br />
der weitverzweigten Wirtschaftskühlräume. Die<br />
Lieferung der gesamten Eisgeneratorenanlage<br />
wurde wiederum der Firma Escher, Wyß & Co<br />
übertragen.“<br />
Die Komb<strong>in</strong>ation e<strong>in</strong>es anderen Betriebes mit der<br />
Kälteerzeugung erhöhte die Wirtschaftlichkeit durch<br />
die gleichmäßige Auslastung der Dampfmasch<strong>in</strong>en.<br />
1926 erschien die Denkschrift über die Erbauung<br />
e<strong>in</strong>es Warmwasser-Hallenschwimmbades mit<br />
Kunsteisbahn im Anschluss an die Eisfabrik<br />
Hermann E. Mudrack [...] <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Re<strong>in</strong>ickendorf.<br />
Zum Heizen des Badewassers sollte der Abdampf<br />
der Dampfmasch<strong>in</strong>en genutzt werden. E<strong>in</strong> anderer<br />
Vorschlag sah vor, bei der Ende 1920er Jahre<br />
erfolgten Zuschüttung des Luisenstädtischen Kanals<br />
e<strong>in</strong> Freibad im Engelbecken zu eröffnen <strong>und</strong> das<br />
Wasser durch die benachbarte Eisfabrik der<br />
Norddeutschen <strong>Eiswerke</strong> erwärmen zu lassen. Beide<br />
Vorhaben wurden nicht umgesetzt.<br />
36
Abb. 48: Gesellschaft für Markt- & Kühlhallen, Werk Südwest, Berl<strong>in</strong>-Kreuzberg, um 1902.<br />
Abb. 49: Leerstehendes Kühlhaus II des selben Werkes.<br />
37
Die Norddeutschen <strong>Eiswerke</strong> handelten zunächst<br />
mit Natureis (S. 26). In den <strong>Eiswerke</strong>n <strong>in</strong> Plötzensee<br />
<strong>und</strong> Rummelsburg befanden sich zusätzlich kle<strong>in</strong>e<br />
Kunsteisfabriken. Auf e<strong>in</strong>em 1893 erworbenen<br />
Gr<strong>und</strong>stück an der Spree <strong>in</strong> der Köpenicker Straße<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Mitte wurde 1896 e<strong>in</strong> Kühlhaus <strong>in</strong> Betrieb<br />
genommen. Es war 43 Meter lang, 34 Meter breit<br />
<strong>und</strong> hatte e<strong>in</strong>schließlich Keller sechs Stockwerke.<br />
Im danebenliegenden Masch<strong>in</strong>enraum befanden<br />
sich neben den Kältemasch<strong>in</strong>en auch drei<br />
Eisgeneratoren. Die Masch<strong>in</strong>en wurden von der<br />
Halleschen Masch<strong>in</strong>enfabrik <strong>und</strong> Eisengießerei aus<br />
Halle (Saale). gebaut. 1914 wurde auf diesem<br />
Gr<strong>und</strong>stück e<strong>in</strong>e moderne Eisfabrik errichtet. Die<br />
Masch<strong>in</strong>en wurde wieder derselben Fabrik geliefert.<br />
Dazu gehörten Eisgeneratoren, die auf zwei Etagen<br />
standen, sowie die Kältemasch<strong>in</strong>enanlage,<br />
bestehend aus fünf Ammoniakkompressoren. In<br />
dem Buch Die Luisenstadt. E<strong>in</strong> Heimatbuch von<br />
1927 wird berichtet: „In den Jahren 1913/14 folgt<br />
dann e<strong>in</strong>e der modernen Kältetechnik<br />
entsprechende Kunsteisfabrik. Später wurde das<br />
Kühlhaus erweitert <strong>und</strong> modern e<strong>in</strong>gerichtet. Die<br />
Kühlhäuser haben e<strong>in</strong>en vermietbaren<br />
Flächenraum von r<strong>und</strong> 7000 Quadratmetern. In der<br />
Eisfabrik können täglich bis 7000 Zentner Kunsteis<br />
hergestellt werden. In dem Betriebe werden 80–100<br />
Arbeiter beschäftigt.“<br />
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Fabrik<br />
enteignet <strong>und</strong> gehörte zu DDR-Zeiten zum VEB<br />
Kühlbetrieb Berl<strong>in</strong>. Erst 1991 wurde vom letzten<br />
Betreiber, der Berl<strong>in</strong>er Kühlhaus GmbH, die<br />
Eiserzeugung e<strong>in</strong>gestellt, vier Jahre später auch der<br />
Kühlhausbetrieb. Seitdem stehen die <strong>in</strong>zwischen<br />
denkmalgeschützten Gebäude leer. Die Kühlhäuser<br />
wurden nach Aufhebung des Denkmalschutzes 2011<br />
abgerissen. Das Gebäude der Eisfabrik soll wieder<br />
restauriert werden.<br />
Über die weitere Geschichte der Norddeutschen<br />
<strong>Eiswerke</strong> AG im Westteil Berl<strong>in</strong>s ist nichts bekannt.<br />
Im Branchenfernsprechbuch s<strong>in</strong>d sie unter <strong>Eiswerke</strong><br />
<strong>und</strong> Eishandlungen nicht aufgeführt. Auf der<br />
Webseite der Initiative zum Erhalt der Eisfabrik<br />
Berl<strong>in</strong>-Mitte f<strong>in</strong>det sich der H<strong>in</strong>weis, dass „1977<br />
der Firmensitz nach Hamburg verlegt <strong>und</strong> die<br />
Firma 1986 aufgelöst <strong>und</strong> von Amts wegen gelöscht<br />
worden ist“.<br />
Die Eisfabrik Hermann E. Mudrack befand sich <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong>-Re<strong>in</strong>ickendorf zwischen der Stargardtstraße<br />
<strong>und</strong> der Thaterstraße. Die Zeitschrift Kälte-<br />
Industrie berichtet 1931: „Im Jahre 1911, vor also<br />
20 Jahren, stellten die Mudrackschen <strong>Eiswerke</strong><br />
durch die Initiative des Herrn Wilhelm Rohrbeck<br />
die Natureisgew<strong>in</strong>nung e<strong>in</strong> <strong>und</strong> eröffneten die nach<br />
Rohrbecks Plänen <strong>und</strong> unter se<strong>in</strong>er Leitung erbaute<br />
heutige Eisfabrik für etwa 3500 Zentner Kunsteis<br />
Tagesleistung, die im Jahre 1924 auf etwa 6000<br />
Zentner erweitert wurde. Gleichzeitig gliederte<br />
Herr W. Rohrbeck e<strong>in</strong> Kühlhaus von etwa 2500<br />
Quadratmeter Bodenfläche se<strong>in</strong>er Eisfabrik an. […]<br />
Die Gesamtleistung der 9 Kompressoren beträgt<br />
etwa 2 Millionen Kalorien stündlich. Die<br />
Gesamtleistung der Kraftmasch<strong>in</strong>en beträgt etwa<br />
1.220 PS. Drei Kessel von je 100 Quadratmeter<br />
Heizfläche beschaffen den Dampf für den Antrieb<br />
der Kompressoren <strong>und</strong> das Destillat, aus dem das<br />
keimfreie Kristalleis hergestellt wird. Besonders<br />
bemerkenswert ist die verzweigte Brunnenanlage;<br />
aus sieben e<strong>in</strong>zelnen Brunnen fördern die vertikalen<br />
Turb<strong>in</strong>enpumpen <strong>in</strong>sgesamt etwa 500 Kubikmeter<br />
Wasser stündlich bei e<strong>in</strong>er manometrischen<br />
Förderhöhe von 50 Meter. Das Eis wird <strong>in</strong> drei<br />
Eisgeneratoren ausgefroren, die je 40 Zellen à<br />
Kilogramm <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe fassen. An der 45 Meter<br />
langen Laderampe können 20 Fuhrwerke<br />
gleichzeitig beladen werden. Das Eislager faßt etwa<br />
60.000 Zentner, so daß auch für lebhafteste<br />
Nachfrage <strong>in</strong> heißer Jahreszeit e<strong>in</strong>e genügende<br />
Deckung vorhanden ist.“ Über die weitere<br />
Geschichte ist nichts bekannt. Der letzte E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em West-Berl<strong>in</strong>er Telefonbuch bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong><br />
der Ausgabe 1972/73. Alle Gebäude wurden<br />
abgerissen.<br />
Die <strong>Eiswerke</strong> Thater <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Re<strong>in</strong>ickendorf<br />
errichteten auf ihrem Gelände e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Eisfabrik.<br />
Wann genau die Eisfabrik stillgelegt wurde, ist nicht<br />
bekannt. Aus dem Jahr 1940 stammt der letzte<br />
E<strong>in</strong>trag im Adressbuch. 1955 s<strong>in</strong>d die Lagerschuppen<br />
<strong>und</strong> die ehemalige Eisfabrik noch<br />
vorhanden; auf dem Gelände der Eisteiche bef<strong>in</strong>den<br />
sich bereits die ersten Kle<strong>in</strong>gärten. Derzeit nutzt<br />
e<strong>in</strong>e Baufirma das verbleibende Gelände <strong>und</strong> das<br />
erhaltene Masch<strong>in</strong>enhaus (Abb. 47), die Eisschuppen<br />
s<strong>in</strong>d bis auf wenige Mauerreste e<strong>in</strong>er<br />
Außenwand abgerissen.<br />
38
Abb. 50: Eisfabrik der Norddeutschen <strong>Eiswerke</strong>, Berl<strong>in</strong>-Mitte, um 1917.<br />
Abb. 51: Ru<strong>in</strong>e der Eisfabrik.<br />
39
Bereits kurz nach 1900 erlebte die Berl<strong>in</strong>er<br />
Eis<strong>in</strong>dustrie durch e<strong>in</strong> Überangebot e<strong>in</strong>e erste Krise.<br />
Durch den damit verb<strong>und</strong>enen Preisverfall hatten<br />
die <strong>Eiswerke</strong> wirtschaftliche Schwierigkeiten.<br />
E<strong>in</strong>ige Eisfabriken gründeten 1915 die Groß-<br />
Berl<strong>in</strong>er Kunsteis-Gesellschaft m.b.H., um e<strong>in</strong>e<br />
stärkere Marktposition zu erhalten. Das Berl<strong>in</strong>er<br />
Jahrbuch für Handel <strong>und</strong> Industrie berichtet 1913:<br />
„E<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>er Eissyndikat wurde auf sechs Jahre<br />
gegründet. Dem Syndikat gehören, dem ‚Berl.<br />
Tagebl.’ zufolge, an: Die Gesellschaft für Markt<strong>und</strong><br />
Kühlhallen, die Eisfabrik Mudrack, die<br />
Kristalleiswerke Charlottenburg, die Treptower<br />
<strong>Eiswerke</strong>, die Schütteschen <strong>Eiswerke</strong>, die Eis- <strong>und</strong><br />
Blockstationen <strong>in</strong> Charlottenburg, sowie die drei<br />
Geme<strong>in</strong>deeiswerke von Steglitz, Lichterfelde <strong>und</strong><br />
Neukölln. Dem Syndikat gehören nicht an: Die<br />
Norddeutsche <strong>Eiswerke</strong> Akt.-Ges., die Admiralspalast<br />
Akt.-Ges. <strong>und</strong> das Kühlhaus Zentrum.“<br />
1929 wurde am Osthafen das Kühlhaus der<br />
Kühltransit AG eröffnet. Eis wurde hier allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht hergestellt. 1940 wurden das Gebäude<br />
erweitert <strong>und</strong> die Lagerkapazität verdoppelt.<br />
Im Berl<strong>in</strong>er Adressbuch von 1940 s<strong>in</strong>d unter<br />
<strong>Eiswerke</strong> <strong>und</strong> Eisfabriken folgende E<strong>in</strong>träge<br />
vorhanden, wobei es sich vermutlich ausschließlich<br />
um Kunsteisfabriken handelte:<br />
• Cöpenicker <strong>Eiswerke</strong>. Köpenick, Grünauer Str.<br />
173.<br />
• Eisfabrik Hermann E. Mudrack. Re<strong>in</strong>ickendorf,<br />
Residenzstr. 83. Entkeimtes Kristalleis, Kühl<strong>und</strong><br />
Gefrierräume.<br />
• Gesellschaft für Markt- & Kühlhallen. Kristalleis<br />
aus destilliertem Wasser.<br />
Werk Südwest: SW11, Trebb<strong>in</strong>er Straße 5.<br />
Werk Nordwest: NW40, Scharnhorststraße 29.<br />
• Groß-Berl<strong>in</strong>er Kunsteis-Gesellschaft. Kristalleis,<br />
Trockeneis. W8, Mauerstraße 76.<br />
• Kaltenhauser. NW87, Kaiser<strong>in</strong>-Augusta-Allee 14.<br />
• Lichtenberger Eiswerk, Gertrud Laue<br />
Rummelsburg, Pr<strong>in</strong>z-Albert-Straße 19.<br />
• Norddeutsche <strong>Eiswerke</strong> A.-G., SO16, Köpenicker<br />
Str. 40.<br />
• Oberspree Betriebs- <strong>und</strong> Handels-Gesellschaft<br />
m.b.H., Abt. Eiswerk. Fabrik Niederschöneweide,<br />
Spreestraße 12.<br />
• Schumann. Neukölln, Mittelbuschweg 6.<br />
• Thater, K.. Re<strong>in</strong>ickendf., Residenzstr 31.<br />
• „Union“ Eiswerk Conrad & Co. Köpenick,<br />
L<strong>in</strong>denstr. 18–21.<br />
• Zäske & Kohnle. Spandau, Frobenstraße 6.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die im Ostteil<br />
der Stadt bestehenden Kühlbetriebe enteignet <strong>und</strong><br />
waren zum Ende der DDR Bestandteil des VEB<br />
Kühlbetrieb Berl<strong>in</strong>. Er bestand nach Angaben auf<br />
der Internetseite der Initiative zum Erhalt der<br />
Eisfabrik aus folgenden Betriebsteilen:<br />
• Werk 1: Kühlhaus am Osthafen (Kühltransit AG),<br />
• Werk 2: Kühlhaus <strong>und</strong> Eisfabrik <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Mitte<br />
(davor Norddeutsche <strong>Eiswerke</strong>),<br />
• Werk 3: Eisfabrik Scharnhorststraße (davor<br />
Gesellschaft für Markt- <strong>und</strong> Kühlhallen),<br />
• Werk 4: Kühlhaus im Berl<strong>in</strong>er Schlachthof,<br />
• Werk 5: Kühlhaus an der Landsberger Allee,<br />
• Werk 6: Kühlhaus <strong>in</strong> Frankfurt an der Oder.<br />
Nach der Wiedervere<strong>in</strong>igung g<strong>in</strong>gen alle<br />
Betriebsteile des VEB <strong>in</strong> die Berl<strong>in</strong>er Kühlhaus<br />
GmbH über <strong>und</strong> wurden <strong>in</strong> den 1990er Jahren<br />
geschlossen.<br />
Im Westteil wurde <strong>in</strong> den 1960er Jahren die<br />
Eisfabrikation nach <strong>und</strong> nach auf Gr<strong>und</strong>e der<br />
s<strong>in</strong>kenden Nachfrage e<strong>in</strong>gestellt. Der letzte E<strong>in</strong>trag<br />
unter <strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em West-Berl<strong>in</strong>er Telefonbuch<br />
bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> der Ausgabe 1972/73 <strong>und</strong> stammt<br />
vom Eiswerk Mudrack. E<strong>in</strong>ige Eisfabriken stellten<br />
die Eiserzeugung e<strong>in</strong>, betrieben weiterh<strong>in</strong> den<br />
Kühlhausbetrieb, teilweise bis <strong>in</strong> die 1970er Jahre.<br />
Heute ist sehr wenig von der Eis<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
übrig geblieben. Neben den bereits beschriebenen<br />
erhaltenen Gebäuden er<strong>in</strong>nern drei Straßennamen an<br />
frühere <strong>Eiswerke</strong>: Thaters Privatweg <strong>in</strong><br />
Charlottenburg-Nord, die Thaterstraße sowie die<br />
Mudrackzeile, beide <strong>in</strong> Re<strong>in</strong>ickendorf. E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er<br />
Rest der Eis<strong>in</strong>dustrie besteht aber weiterh<strong>in</strong>: Es gibt<br />
kle<strong>in</strong>e Eisfabriken, die Eiswürfel, Crushed-Eis,<br />
Trockeneis <strong>und</strong> Blockeis herstellen; hauptsächlich<br />
für Gastronomie, Cater<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Lebensmittelhändler.<br />
Im E<strong>in</strong>zelhandel wird Fisch gerne auf Eis<br />
präsentiert. Moderne Kühlhäuser liegen bevorzugt<br />
an Logistkstandorten mit guter Verkehrsanb<strong>in</strong>dung.<br />
Es handelt sich um e<strong>in</strong>geschossige Lagerhallen, um<br />
beim Transport mit den Gabelstaplern ke<strong>in</strong>e<br />
Aufzüge benutzen zu müssen.<br />
40
Abb. 52: Masch<strong>in</strong>enhalle der Eisfabrik Mudrack, Berl<strong>in</strong>-Re<strong>in</strong>ickendorf, um 1926.<br />
Abb. 53: Eisgeneratoren der selben Eisfabrik.<br />
41
Kapitel 5: Lagerkeller<br />
Schon frühzeitig wurde der Erdboden mit se<strong>in</strong>er<br />
konstanten Temperatur als Lagerraum für<br />
empf<strong>in</strong>dliche Lebensmittel wie Obst <strong>und</strong> Gemüse<br />
genutzt. Sie mussten kühl aber frostfrei gelagert<br />
werden. Im Gegensatz zu den <strong>Eiskeller</strong>n, bei denen<br />
die Temperatur im Idealfall unter dem Gefrierpunkt<br />
lag, herrschen <strong>in</strong> Erdkellern <strong>in</strong> Deutschland etwa<br />
neun Grad Celsius. Neben Kellern für Obst <strong>und</strong><br />
Gemüse gab es auch Keller für Futterrüben oder<br />
leicht brennbare Flüssigkeiten, wie beispielsweise<br />
Petroleum. Im B<strong>und</strong>esland <strong>Brandenburg</strong> s<strong>in</strong>d noch<br />
viele dieser Keller auf alten Bauernhöfen oder<br />
Gutshöfen zu f<strong>in</strong>den. Sie werden aber <strong>in</strong> den<br />
meisten Fällen nicht mehr genutzt, s<strong>in</strong>d<br />
zweckentfremdet oder mit Gerümpel vollgestellt.<br />
E<strong>in</strong> häufig noch vorhandener Typ ist der<br />
unterirdische Keller, der sich im flachen Gelände<br />
bef<strong>in</strong>det. Er besitzt e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Zugangsbauwerk<br />
(Abb. 54), <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>e steile Treppe oder Leiter<br />
nach unten führt. Das Dach ist als Schrägdach<br />
ausgelegt. Der eigentliche Keller bef<strong>in</strong>det sich dann<br />
knapp unter dem Gelände, se<strong>in</strong> Boden liegt damit<br />
etwa zwei bis drei Meter unter der<br />
Geländeoberkante. Wichtig war auch e<strong>in</strong>e gute Be<strong>und</strong><br />
Entlüftung <strong>und</strong> der Schutz vor Schädl<strong>in</strong>gen wie<br />
Mäusen oder Ratten. Größere Keller aus dem<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden häufig mit e<strong>in</strong>er Decke aus<br />
sogenannten Preußischen Kappen abgedeckt, sonst<br />
war die Kellerdecke bevorzugt als Tonnengewölbe<br />
konstruiert. E<strong>in</strong>en erheblichen Nachteil hatten diese<br />
Keller: Sie eigneten sich nicht für schwere oder<br />
sperrige Güter, da alles über die Kellertreppe<br />
h<strong>in</strong>unter getragen werden musste, sofern nicht e<strong>in</strong>e<br />
gesonderte Ladeluke vorhanden war.<br />
Wesentlich e<strong>in</strong>facher <strong>und</strong> preiswerter war der Bau<br />
der übererdeten Keller. Bei diesem Bautyp hat man<br />
sich darauf beschränkt, den Keller nur halb <strong>in</strong> den<br />
Boden e<strong>in</strong>zulassen. Dies war bei hohem Gr<strong>und</strong>wasserspiegel<br />
vorteilhaft. Nach dem Aushub der<br />
Grube wurde das Mauerwerk errichtet, <strong>und</strong> der<br />
Keller wurde mit dem Erdaushub abgedeckt. Als<br />
zusätzlichen Schutz vor Sonnene<strong>in</strong>strahlung konnte<br />
der Keller mit kle<strong>in</strong>en Büschen bepflanzt werden.<br />
Über e<strong>in</strong>e flache Rampe konnte man mit Hilfe e<strong>in</strong>er<br />
Schubkarre schwere Lasten wie gefüllte Fässer oder<br />
große Kisten e<strong>in</strong>lagern.<br />
Der We<strong>in</strong>anbau <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> ist weitgehend<br />
vergessen. Bereits seit dem 13. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde<br />
<strong>in</strong> der Mark <strong>Brandenburg</strong> We<strong>in</strong>anbau betrieben,<br />
hauptsächlich durch Klöster <strong>und</strong> den Adel. Weil die<br />
besseren We<strong>in</strong>e aus südlicheren Regionen <strong>in</strong>folge<br />
hoher Transportkosten <strong>und</strong> Zollgebühren sehr teuer<br />
waren, begnügte man sich mit dem brandenburgischen<br />
We<strong>in</strong>. Spötter sagten ihm nach:<br />
„Märkischer Erde We<strong>in</strong>erträge gehen durch die<br />
Kehle wie e<strong>in</strong>e Säge“. Das Ende des märkischen<br />
We<strong>in</strong>baus vollzog sich im 18. <strong>und</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />
verursacht durch harte W<strong>in</strong>ter sowie später durch<br />
die Eisenbahnen, die die kostengünstige E<strong>in</strong>fuhr<br />
südlicher We<strong>in</strong>e ermöglichten. Der brandenburgische<br />
We<strong>in</strong>anbau verlagerte se<strong>in</strong>en Schwerpunkt<br />
von Kelterwe<strong>in</strong>trauben zu Speisewe<strong>in</strong>trauben.<br />
Aus den gleichen Gründen breiteten sich die<br />
Obstbäume <strong>in</strong> den We<strong>in</strong>bergen immer weiter aus,<br />
wie zum Beispiel die Kirschbäume <strong>in</strong> Werder. Die<br />
meisten der ehemaligen We<strong>in</strong>berge s<strong>in</strong>d jedoch<br />
verwildert oder wurden im Laufe der Zeit überbaut.<br />
Es soll <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> nach Angaben des<br />
brandenburgischen M<strong>in</strong>isteriums für Landwirtschaft<br />
400 bis 500 We<strong>in</strong>berge gegeben haben. Aber wo<br />
befanden sie sich? Vielfach hilft e<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> den<br />
Stadtplan. Viele Orts- <strong>und</strong> Straßennamen er<strong>in</strong>nern<br />
daran, wie „We<strong>in</strong>bergstraße“ <strong>in</strong> Potsdam, „We<strong>in</strong>bergsweg“<br />
<strong>in</strong> Altdöbern oder „W<strong>in</strong>zerhöhe“ <strong>in</strong><br />
Jüterbog.<br />
E<strong>in</strong>e Gesamtübersicht zu diesem Thema ist bisher<br />
nicht vorhanden. Es gibt immer nur vere<strong>in</strong>zelte<br />
H<strong>in</strong>weise auf den regionalen We<strong>in</strong>anbau, so zum<br />
Beispiel vom Landesumweltamt <strong>Brandenburg</strong> über<br />
den We<strong>in</strong>anbau <strong>in</strong> Teltow-Fläm<strong>in</strong>g: „Bis 1782<br />
wurden <strong>in</strong> Großbeuthen noch zehn Morgen<br />
We<strong>in</strong>berge bewirtschaftet. Mit der Ernte wurde<br />
überwiegend die Essigfabrik <strong>in</strong> Zossen beliefert.<br />
Von ‚vorzüglicher‘ Qualität soll der We<strong>in</strong> gewesen<br />
se<strong>in</strong>, den Mönche auf dem Dobbrikower We<strong>in</strong>berg<br />
anbauten. Auf dem Stückener We<strong>in</strong>berg, dem<br />
südlichsten Ausläufer der Saarm<strong>und</strong>er Moräne,<br />
wurde sogar 1801 noch We<strong>in</strong> angebaut. Die<br />
Besiedelung ehemaliger We<strong>in</strong>berge mit speziellen<br />
Pflanzen- <strong>und</strong> Tierarten ist auch heute noch für den<br />
Naturschutz <strong>in</strong>teressant. We<strong>in</strong>berge f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong><br />
fast allen Orten der Teltowplatte, weiter südlich vor<br />
allem nahe der Seen. Auch der Fläm<strong>in</strong>g-Anstieg bei<br />
Baruth wurde ehemals als We<strong>in</strong>berg genutzt.“<br />
42
Abb. 54: Lagerkeller <strong>in</strong> Glashütte (Teltow-Fläm<strong>in</strong>g).<br />
Abb. 55: Lagerkeller Nr. 1 <strong>in</strong> Schlieben (Elbe-Elster)<br />
43
Selbst für den preußisch-königlichen Hof wurde <strong>in</strong><br />
der unmittelbaren Umgebung des Schlosses<br />
Sanssouci an drei Stellen We<strong>in</strong> angebaut.<br />
Weltberühmt s<strong>in</strong>d die We<strong>in</strong>berg-Terrassen direkt<br />
unterhalb des Schlosses Sanssouci. Daneben gab es<br />
e<strong>in</strong>en We<strong>in</strong>berg am Südhang des W<strong>in</strong>zerberges, der<br />
wenige H<strong>und</strong>ert Meter weiter östlich liegt. Dort<br />
wurde e<strong>in</strong>e Terrassenanlage errichtet, die seit 1763<br />
zum We<strong>in</strong>anbau genutzt wurde. Die Ru<strong>in</strong>e wird seit<br />
2005 vom Vere<strong>in</strong> Fre<strong>und</strong>e des W<strong>in</strong>zerberges<br />
renoviert. Schließlich wurden 1769 die königlichen<br />
Nutzgärten auf dem Klausberg zum Anbau von<br />
Obst <strong>und</strong> Gemüse für die königliche Tafel angelegt.<br />
Auch hier soll We<strong>in</strong> angebaut worden se<strong>in</strong>.<br />
Es gibt neben den Straßennamen auch noch andere<br />
Überreste des We<strong>in</strong>anbaues: die Lagerkeller. Diese<br />
wurden zur Lagerung von Obst, Gemüse oder<br />
Geräten genutzt. Die Stadt Schlieben liegt im<br />
Süden <strong>Brandenburg</strong>s, nahe der Grenze zu Sachsen<br />
<strong>und</strong> Sachsen-Anhalt, etwa 120 Kilometer südlich<br />
von Berl<strong>in</strong>. Schlieben erhielt 1606 das Stadtrecht,<br />
schon im 11./12. Jahrh<strong>und</strong>ert legten Zisterziensermönche<br />
aus dem nahegelegenen Kloster Doberlug<br />
die ersten We<strong>in</strong>gärten an. Zu beiden Seiten der<br />
Kellerstraße bef<strong>in</strong>den sich 35 Lagerkeller, die zum<br />
großen Teil zwischen 1510 <strong>und</strong> 1542 erbaut<br />
wurden. Die Keller, alle <strong>in</strong> den sogenannten Langen<br />
Berg am Fuße des We<strong>in</strong>berges gegraben, stehen<br />
unter Denkmalschutz. Sie haben e<strong>in</strong> großes<br />
ste<strong>in</strong>ernes Portal zur Straße, an das sich meist e<strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>er Vorraum anschließt, von dem e<strong>in</strong>e<br />
Kellertreppe bzw. e<strong>in</strong> Gang zum Lagerraum führt.<br />
Die Lagerräume s<strong>in</strong>d als Tonnengewölbe<br />
ausgeführt, von denen der längste über 30 Meter<br />
lang ist. E<strong>in</strong> Teil der Gewölbe ist <strong>in</strong> Privatbesitz,<br />
steht aber überwiegend leer. E<strong>in</strong>ige We<strong>in</strong>keller<br />
können beim Kellerstraßenfest im Oktober<br />
besichtigt werden. Standesgemäß f<strong>in</strong>det dann auch<br />
e<strong>in</strong>e Verkostung des Schliebener We<strong>in</strong>es statt.<br />
Baruth/Mark liegt etwa 55 Kilometer südlich von<br />
Berl<strong>in</strong>. Es wurde erstmals 1234 urk<strong>und</strong>lich erwähnt<br />
<strong>und</strong> besitzt seit 1616 Stadtrechte. Mit dem<br />
We<strong>in</strong>anbau wurde vermutlich schon vor dem<br />
16. Jahrh<strong>und</strong>ert begonnen. Unterhalb des<br />
Mühlenberges bef<strong>in</strong>den sich m<strong>in</strong>destens 15<br />
Erdkeller. Hiervon wurden bisher nur die drei<br />
Keller südlich des Friedhofes restauriert.<br />
E<strong>in</strong>ige Keller, die auf Privatgr<strong>und</strong>stücken stehen,<br />
ersche<strong>in</strong>en von außen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em relativ guten<br />
Zustand, andere im Wald s<strong>in</strong>d teilweise verfallen<br />
oder akut e<strong>in</strong>sturzgefährdet. Über die Baugeschichte<br />
<strong>und</strong> das Alter gibt es kaum Informationen. Der<br />
heute <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong> betriebene<br />
We<strong>in</strong>anbau wurde erst Ende des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
wieder aufgenommen. In Berl<strong>in</strong> wird unter anderem<br />
am Kreuzberg <strong>und</strong> am alten Wasserbehälter <strong>in</strong><br />
Prenzlauer Berg We<strong>in</strong> angebaut, <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> <strong>in</strong><br />
Schlieben (Landkreis Elbe-Elster) <strong>und</strong> <strong>in</strong> Werder<br />
(Landkreis Potsdam-Mittelmark). Die Stadt Baruth/<br />
Mark (Landkreis Teltow-Fläm<strong>in</strong>g) hat 2007 den<br />
We<strong>in</strong>anbau auf dem Mühlenberg rekultiviert.<br />
Die Lagerung von Petroleum erforderte wegen<br />
dessen Feuergefährlichkeit erhöhte Sicherheitsanforderungen.<br />
Die Lagerräume müssen feuersicher<br />
se<strong>in</strong>, <strong>und</strong> die Statik darf im Brandfall nicht<br />
bee<strong>in</strong>trächtigt werden. Die Anwendung e<strong>in</strong>er Holzoder<br />
Eisenkonstruktionen war daher zu vermeiden.<br />
Weiterh<strong>in</strong> war das Gebäude so zu konstruieren, dass<br />
auslaufendes Petroleum im Gebäude aufgefangen<br />
wird. Im Zentralblatt der Bauverwaltung wird 1881<br />
über Petroleum-Keller berichtet, die auf Stationen<br />
der Halle–Sorau–Gubener <strong>und</strong> Berl<strong>in</strong>–Dresdener<br />
Bahn ausgeführt wurden (siehe Abb. 61): „Die<br />
Baulichkeit stellt e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches, zum Theil unter<br />
Terra<strong>in</strong>höhe liegendes <strong>und</strong> außer die Schildmauern<br />
noch durch 2 Gurtbögen verstärktes, im oberen<br />
Theil nur ½ Ste<strong>in</strong> starkes, halbkreisförmiges<br />
Tonnengewölbe dar, welches mit e<strong>in</strong>er<br />
Zementschicht abgedeckt ist. Das Sohlenpflaster<br />
aus Mauerste<strong>in</strong>en ist allseitig nach e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> der<br />
Mitte des Raumes angeordneten, mit e<strong>in</strong>em eisernen<br />
Gitter abgedeckten Senkgrube h<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>em<br />
Gefälle versehen. Die E<strong>in</strong>gangsthür, zu welcher von<br />
aussen e<strong>in</strong>e flache E<strong>in</strong>schnittsrampe führt, bef<strong>in</strong>det<br />
sich <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>en Schildmauer. In der Gewölbedecke<br />
s<strong>in</strong>d noch 4 e<strong>in</strong>fache Luftabzüge aus Ziegeln <strong>in</strong><br />
Cementmörtel e<strong>in</strong>gelegt. Der Raum fasst im ganzen<br />
43 Fass Petroleum, welche auf entsprechende<br />
Unterlagen aus Tannenholz gelagert werden. Die<br />
Anlage e<strong>in</strong>es Petroleumskellers hat nur 500 M<br />
Kosten verursacht. Nur noch vere<strong>in</strong>zelt f<strong>in</strong>det man<br />
an kle<strong>in</strong>en Bahnhöfen <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> derartige<br />
Bauwerke (siehe Abb. 60), die der oben<br />
beschriebenen Bauform entsprechen, beispielsweise<br />
am Bahnhof Beetz-Sommerfeld (Oberhavel).<br />
44
Abb. 56: Schlieben (Elbe-Elster), Keller 17. Abb. 57: Schlieben (Elbe-Elster), Keller 8.<br />
Abb. 58: Zützen (Uckermark).<br />
Abb. 59: Baruth/Mark (Teltow-Fläm<strong>in</strong>g).<br />
Abb. 60: Sommerfeld (Oberhavel). Abb. 61: Petroleumlager, um 1881.<br />
45
Kapitel 6: Bibiogafie<br />
Die Geschichte der <strong>Eiskeller</strong> spiegelt sich <strong>in</strong> ihrer<br />
Bibliografie wieder, die sich über 300 Jahre<br />
erstreckt. 1712 erschien das Buch Eigentliche <strong>und</strong><br />
gründliche Nachricht von denen Eiß-Gruben, das<br />
e<strong>in</strong>e der ersten Beschreibungen e<strong>in</strong>er Eisgrube mit<br />
e<strong>in</strong>er Abbildung enthält. E<strong>in</strong>e weitere detaillierte<br />
Beschreibung e<strong>in</strong>er Eisgrube bef<strong>in</strong>det sich im 1777<br />
erschienen <strong>Band</strong> 10 der Oekonomischen<br />
Encyklopädie von J.G. Krünitz. Neben den Lexika<br />
waren zunächst periodische Fachzeitschriften e<strong>in</strong>e<br />
wichtige Informationsquelle, die über die<br />
Entwicklung des <strong>Eiskeller</strong>baus <strong>und</strong> des Eishandels<br />
<strong>in</strong>formierten, vor allem D<strong>in</strong>gler’s Polytechnisches<br />
Journal (Ersche<strong>in</strong>ungsverlauf: 1820–1931), <strong>in</strong> dem<br />
unzählige Artikel über die Nutzung des Eises <strong>und</strong><br />
der Kälte erschienen s<strong>in</strong>d. Andere naturwissenschaftliche<br />
<strong>und</strong> ökonomische Fachzeitschriften<br />
<strong>in</strong>formieren ab Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts über den<br />
Eishandel <strong>in</strong> Nordamerika. Leider wird hierbei<br />
selten die Situation <strong>in</strong> Deutschland erwähnt. In den<br />
Bauzeitschriften Haarmanns Zeitschrift für<br />
Bauhandwerker (1864–1904) <strong>und</strong> Romberg’s<br />
Zeitschrift für praktische Baukunst (1841–1881)<br />
wurde über die Neuerungen der <strong>Eiskeller</strong> berichtet.<br />
Bei Haarmann betrafen die Artikel schwerpunktmäßig<br />
<strong>Eiskeller</strong> für Brauereien.<br />
Die Berl<strong>in</strong>er Tagespresse berichtet ab 1850<br />
gelegentlich über den Berl<strong>in</strong>er Eishandel.<br />
Interessant s<strong>in</strong>d hierbei die Annoncen, mit denen<br />
die <strong>Eiswerke</strong> für ihre Produkte geworben haben.<br />
1848 veröffentlichte Carl August Menzel die erste<br />
Auflage se<strong>in</strong>es Buches über den <strong>Eiskeller</strong>bau. Es<br />
folgen weitere fünf Auflagen <strong>in</strong> den folgenden 55<br />
Jahren, wobei die späteren Ausgaben von anderen<br />
Autoren erstellt wurden. E<strong>in</strong>e ähnlich lange<br />
Entwicklung hat das 1853 erschienene Buch von<br />
Friedrich Harzer mit dem monströsen Titel:<br />
Vorschriften <strong>und</strong> Regeln zur Anlegung <strong>und</strong><br />
Benutzung von <strong>Eiskeller</strong>n nebst vorausgehender<br />
Theorie <strong>und</strong> Praxis über die Abkühlung der Körper<br />
zu wirthschaftlichen <strong>und</strong> technischen Zwecken. Für<br />
herrschaftliche <strong>und</strong> landwirthschaftliche Haushaltungen,<br />
Conditoren, Schlächter etc. Die zweite<br />
Auflage folgte elf Jahre später. Die dritte Auflage<br />
von 1874 nennt Karl Swoboda als Autor, gefolgt<br />
1886 von der vierten Auflage <strong>und</strong> 1896 von der<br />
fünften, die beide von Nöthl<strong>in</strong>g bearbeitet wurden.<br />
Ab 1870 stieg die Anzahl der Veröffentlichungen<br />
stark an. Neben der Natureiskühlung verschiebt sich<br />
der Schwerpunkt immer weiter zur masch<strong>in</strong>ellen<br />
Kühlung. Die Bücher über <strong>Eiskeller</strong> richten sich<br />
vorwiegend an kle<strong>in</strong>e Gewerbebetriebe, wie<br />
Gastwirte <strong>und</strong> Metzger, für die der E<strong>in</strong>satz der<br />
Kältemasch<strong>in</strong>e <strong>und</strong> der dafür notwendigen<br />
Dampfmasch<strong>in</strong>e nicht wirtschaftlich war.<br />
E<strong>in</strong>e wesentliche Quelle s<strong>in</strong>d die Berl<strong>in</strong>er<br />
Adressbücher der Jahre 1865 bis 1943, <strong>in</strong> denen<br />
sich die Entwicklung der Berl<strong>in</strong>er <strong>Eiswerke</strong> <strong>und</strong><br />
Eisfabriken nachvollziehen lässt. Ab Ende des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts enthielten die Adressbücher als<br />
Beilage e<strong>in</strong>en detaillierten Stadtplan, <strong>in</strong> dem viele<br />
<strong>Eiswerke</strong> <strong>und</strong> deren Eisteiche e<strong>in</strong>gezeichnet s<strong>in</strong>d.<br />
Dies gilt auch für andere Stadtpläne <strong>und</strong> für<br />
Messtischblätter (topografische Karte im Maßstab<br />
1:25.000) aus dieser Zeit. In dem seit 1896 jährlich<br />
herausgegebenen Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften<br />
wurden die Norddeutschen <strong>Eiswerke</strong><br />
stichwortartig beschrieben, e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>er<br />
kurzen Immobilienliste.<br />
Zum Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts erschienen die<br />
ersten Fachzeitschriften über Kühlung, so die<br />
Zeitschrift für die gesamte Kälte-Industrie (1894–<br />
1944), die Zeitschrift Eis- <strong>und</strong> Kälte-Industrie<br />
(1899–1919) oder die Zeitschrift Kälte-Industrie<br />
(1903–1943). Nach 1900 erstellten mehrere<br />
Brauereien zu ihren Jubiläen sehr <strong>in</strong>teressante<br />
Firmenbände: Schultheiss (1910), K<strong>in</strong>dl (1927), die<br />
Löwenbrauerei Böhmisches Brauhaus (1930) <strong>und</strong><br />
die Bötzow-Brauerei (1939), <strong>in</strong> denen die Gär- <strong>und</strong><br />
Lagerkeller kurz beschrieben s<strong>in</strong>d. Seit den 1920er<br />
Jahren gab es jahrzehntelang kaum Veröffentlichungen<br />
über <strong>Eiskeller</strong>. Als e<strong>in</strong>es der letzten<br />
Bücher erschien 1921 Der <strong>Eiskeller</strong>. Beschreibung<br />
<strong>und</strong> praktische Ausführung von Friedrich Hellwig.<br />
Erst ab den 1970er Jahren stieg das Interesse an den<br />
<strong>Eiskeller</strong>n wieder, nun aber unter den Aspekten des<br />
Denkmalschutzes <strong>und</strong> des Tourismus. 1974<br />
veröffentlichte Arne Hengsbach im Jahrbuch für<br />
brandenburgische Landesgeschichte den bisher zu<br />
diesem Thema e<strong>in</strong>zigartigen Beitrag über die<br />
Natureiswerke im Umland Berl<strong>in</strong>s. Zu nennen s<strong>in</strong>d<br />
weiterh<strong>in</strong> <strong>Eiskeller</strong>: Kulturgeschichte alter<br />
Kühltechniken von Re<strong>in</strong><strong>in</strong>k (1995) <strong>und</strong> das Buch<br />
46
<strong>Eiskeller</strong>, <strong>Eiswerke</strong> <strong>und</strong> Kühlhäuser <strong>in</strong> Schleswig-<br />
Holste<strong>in</strong> <strong>und</strong> Hamburg von Lütgert (2000).<br />
Zahlreiche Artikel <strong>in</strong> den Schriften von<br />
Heimatvere<strong>in</strong>en oder <strong>in</strong> Veröffentlichungen der<br />
Denkmalbehörden von Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
berichten aktuell über die Geschichte der <strong>Eiskeller</strong>.<br />
Vielfältig s<strong>in</strong>d die Akten der Archive <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Brandenburg</strong>, wie zum Beispiel im Landesarchiv<br />
Berl<strong>in</strong> oder im Archiv des Deutschen<br />
Technikmuseums Berl<strong>in</strong>. Leider s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den<br />
F<strong>in</strong>dmitteln die <strong>Eiskeller</strong> nicht immer ausdrücklich<br />
erwähnt, so dass diese Bestände nur vere<strong>in</strong>zelt <strong>in</strong><br />
diese Bibliografie aufgenommen werden konnten.<br />
In den Denkmallisten von Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
s<strong>in</strong>d mehrere <strong>Eiskeller</strong> <strong>und</strong> Brauereien aufgeführt.<br />
Im Internet entstehen immer mehr Seiten, die über<br />
<strong>Eiskeller</strong> <strong>und</strong> den Eishandel <strong>in</strong>formieren oder<br />
e<strong>in</strong>zelne Bauwerke erwähnen. Problematisch an der<br />
Veröffentlichung im Internet ist jedoch die fehlende<br />
Archivierung. In e<strong>in</strong>igen Jahrzehnten werden diese<br />
Informationen vielleicht nicht mehr zugänglich se<strong>in</strong>.<br />
Die folgenden Liste ist e<strong>in</strong> Auszug aus der über<br />
1000 Werke umfassenden Bibliografie, die als<br />
<strong>Band</strong> 2 veröffentlicht wurde <strong>und</strong> im Internet<br />
abrufbar ist unter: www.eiskeller-brandenburg.de.<br />
Basse: Ausführliche Anweisung zur Aufbewahrung<br />
des Eises so wie über die vortheilhaftesten Anlagen<br />
der Eisgruben <strong>und</strong> der <strong>Eiskeller</strong>. Mit e<strong>in</strong>em<br />
Anhange, welcher genaue Vorschriften zur<br />
Bereitung aller Arten Gefrorenes enthält. E<strong>in</strong><br />
Büchle<strong>in</strong> für Herrschaften, Oekonomen, Gast- <strong>und</strong><br />
Kaffeewirthe, Conditoren, Köche u.s.w.. 1825.<br />
Krutzsch, Karl L: Idee zu e<strong>in</strong>em Luftkalthause als<br />
Ersatz für e<strong>in</strong>en Felsenkeller: für Bier- namentlich<br />
Lagerbier-Brauereien. 1851.<br />
Heiß, Philipp: Die Bierbrauerei mit besonderer<br />
Berücksichtigung der Dickmaischbrauerei. 1853.<br />
Leuchs, Johann Carl: Anweisung zum Bau<br />
oberirdischer Eisgebäude mit ger<strong>in</strong>gen Kosten, zum<br />
Kühlerhalten der Keller <strong>und</strong> zur leichten Erhaltung<br />
des Eises. Nebst Angabe der vortheilhaften<br />
Verwendung derselben für Brauer, Wirthe,<br />
Fleischer, Handlungen mit Obst, Lebensmitteln,<br />
Südfrüchten, Hopfen, We<strong>in</strong>geist, Delikatessen <strong>und</strong><br />
andere dem Verderben <strong>und</strong> Verflüchtigen<br />
unterworfene Körper. 2. Auflage, 1862.<br />
Bolley, Pompejus Alexander: Die chemische<br />
Technologie des Wassers. <strong>Band</strong> 1 vom Handbuch<br />
der chemischen Technologie. [Eiserzeugung <strong>und</strong><br />
Eisaufbewahrung: S. 17–23, 116, 121–136]. 1862.<br />
Schles<strong>in</strong>ger, Isidor: Der <strong>Eiskeller</strong>bau <strong>in</strong> Massiv<strong>und</strong><br />
Holz-Construction, sowohl <strong>in</strong> wie über der<br />
Erde. E<strong>in</strong>e Sammlung ausgeführter Eisbehälter mit<br />
Vor- <strong>und</strong> Bierlager-Räumen nach den neuesten<br />
Constructionen (...). 1. Auflage, 1864.<br />
Wörmann, Rudolf W. A.: Der Garten-Ingenieur.<br />
Das Wasser u. se<strong>in</strong>e Verwendung <strong>in</strong> der Gärtnerei.<br />
(Entwässerung, Bewässerung, <strong>Eiskeller</strong>, Spr<strong>in</strong>gbrunnen<br />
etc.). 1865.<br />
Schatteburg, J.H.: Die <strong>Eiskeller</strong>, Eishäuser,<br />
Kühlräume <strong>und</strong> Lagerkeller. Deren Bau <strong>und</strong><br />
Konstruktion [...] bearbeitet nach dem jetzigen<br />
Stand der modernen Bautechnik. 1. Auflage, 1893.<br />
Behrend, Gottlieb: Der <strong>Eiskeller</strong>bau mit e<strong>in</strong>er<br />
Anzahl ausgeführter Anlagen neuester Art. 1900.<br />
Kasdorf, Otto: Eis <strong>und</strong> Kälte im Molkereibetrieb.<br />
Ratgeber bei der E<strong>in</strong>richtung moderner<br />
Molkereibetriebe. 1904.<br />
Stahl, Peter: Die Kellerkühlung mittelst Natureis<br />
unter besonderer Berücksichtigung der dabei <strong>in</strong><br />
Betracht kommenden Faktoren wie Feuchtigkeitsbestimmungen<br />
etc. 1908.<br />
Horstmann, Andreas: Moderne Eishäuser,<br />
Trockenluft-, Kühl- u. Gefrieranlagen mit Eisbetrieb<br />
für Schlachtereien. 1913.<br />
Kapitel 7: Bildergalerie Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Derzeit s<strong>in</strong>d über 500 Standorte <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Brandenburg</strong> bekannt. Viele Bauwerke s<strong>in</strong>d<br />
abgerissen <strong>und</strong> nur über die Literatur <strong>und</strong><br />
Archivunterlagen nachweisbar. Dies betrifft vor<br />
allem die Natureiswerke, von denen fast ke<strong>in</strong>e Reste<br />
mehr zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d. Innerhalb der geschlossenen<br />
Bebauung wurden die <strong>Eiskeller</strong> frühzeitig<br />
abgerissen, sobald der Platz für e<strong>in</strong>e Neubebauung<br />
benötigt wurde. Daher bef<strong>in</strong>den sich viele der heute<br />
erhaltenen <strong>Eiskeller</strong> im Land <strong>Brandenburg</strong>. Durch<br />
die Ziegelbauweise s<strong>in</strong>d sie solange stabil, bis<br />
Wurzeln oder Frostsprengungen sie langsam<br />
zerstören. Eishäuser aus Holz s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Region<br />
ke<strong>in</strong>e mehr vorhanden; sie s<strong>in</strong>d schon seit<br />
Jahrzehnten verschw<strong>und</strong>en. Die vollständige<br />
Objektliste mit detaillierten Literaturangaben ist im<br />
<strong>Band</strong> 3 enthalten <strong>und</strong> im Internet abrufbar unter:<br />
www.eiskeller-brandenburg.de.<br />
47
Abb. 62: Berl<strong>in</strong>-Gatow.<br />
Abb. 63: Karl-Bonhoeffer-Nervenkl<strong>in</strong>ik, Bln-Wittenau.<br />
Abb. 64: Bölschestr., Berl<strong>in</strong>-Friedrichshagen.<br />
Abb. 65: Krankenhaus, Berl<strong>in</strong>-Buch.<br />
Abb. 66: Brauerei Schneider, Berl<strong>in</strong>-Prenzl. Berg.<br />
Abb. 67: Brauerei Pfefferberg, Berl<strong>in</strong>-Prenzl. Berg.<br />
48
Abb. 68: Schultheiss-Brauerei, Berl<strong>in</strong>-Moabit.<br />
Abb. 69: Oswald-Brauerei, Berl<strong>in</strong>-Ges<strong>und</strong>brunnen<br />
Abb. 70: Berl<strong>in</strong>-Wannsee.<br />
Abb. 71: Eiskanal Christall-<strong>Eiswerke</strong>, Berl<strong>in</strong>-Tegel.<br />
Abb. 72: Gadow (Prignitz).<br />
Abb. 73: Viesecke (Prignitz).<br />
49
Abb. 74: Hoppenrade (Prignitz).<br />
Abb. 75: Karwe (Ostprignitz-Rupp<strong>in</strong>).<br />
Abb. 76: Kyritz (Ostprignitz-Rupp<strong>in</strong>).<br />
Abb. 77: L<strong>in</strong>dow (Mark) (Ostprignitz-Rupp<strong>in</strong>).<br />
Abb. 78: Wustrau (Ostprignitz-Rupp<strong>in</strong>).<br />
Abb. 79: Zootzen (Oberhavel).<br />
50
Abb. 80: Angermünde (Uckermark).<br />
Abb. 81: Bei Angermünde (Uckermark).<br />
Abb. 82: Criewen (Uckermark).<br />
Abb. 83: Kloster Chor<strong>in</strong> (Uckermark).<br />
Abb. 84: Grüntal (Barnim).<br />
Abb. 85: Glambeck (Barnim).<br />
51
Abb. 86: Buckow (Märkisch-Oderland).<br />
Abb. 87: Harnekop (Märkisch-Oderland).<br />
Abb. 88: Neuhardenberg (Märkisch-Oderland).<br />
Abb. 89: Prötzel (Märkisch-Oderland).<br />
Abb. 90: Markendorf, Frankfurt (Oder).<br />
Abb. 91: Kossenblatt (Oder-Spree).<br />
52
Abb. 92: Ragow-Merz (Oder-Spree).<br />
Abb. 93: Sauen (Oder-Spree).<br />
Abb. 94: Forsthaus Dubrow (Dahme-Spreewald).<br />
Abb. 95: Pretschen (Dahme-Spreewald).<br />
Abb. 96: Frauendorf (Spree-Neiße).<br />
Abb. 97: Lübbenau (Oberspreewald-Lausitz).<br />
53
Abb. 98: Falkenberg/Elster (Elbe-Elster).<br />
Abb. 99: Kle<strong>in</strong> Kienitz (Teltow-Fläm<strong>in</strong>g).<br />
Abb. 100: Zossen (Teltow-Fläm<strong>in</strong>g).<br />
Abb. 101: Rabenste<strong>in</strong> (Potsdam-Mittelmark).<br />
Abb. 102: Kle<strong>in</strong>machnow (Potsdam-Mittelmark).<br />
Abb. 103: Neuer Garten (Potsdam).<br />
54
Abb. 104: Villa Ingenheim (Potsdam).<br />
Abb. 105: Eishaus <strong>in</strong> Babelsberg (Potsdam).<br />
Abb. 106: Templ<strong>in</strong>er Straße (Potsdam).<br />
Abb. 107: Rathenow (Havelland).<br />
Abb. 108: Pernewitz (Havelland).<br />
Abb. 109: Paretz (Havelland).<br />
55
Abb. 110: Eishaus des Restaurants H<strong>und</strong>ekehle (heute Berl<strong>in</strong>-Grunewald), um 1904.<br />
Abb. 111: Lagerkeller des Schank-Lokales der Brauerei Wagner (heute Bln-Prenzlauer Berg), um 1853.<br />
56
Abb. 112: Eishaus für Milch am Kuhstall der Domäne Zehdenick (heute Oberhavel), um 1910.<br />
Abb. 113: Gasstätte Halensee (heute Berl<strong>in</strong>-Halensee), um 1904.<br />
57
Kapitel 8: Abbildungsnachweis<br />
Abb. 7: Durm, Josef [Hrsg.]: Handbuch der Architektur.<br />
Teil 3, <strong>Band</strong> 6. 2. Auflage, 1891. Abb. 322. (Orig<strong>in</strong>al:<br />
Bibliothek der Technischen Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 8: Menzel, Carl August <strong>und</strong> Schubert, Alfred: Der<br />
Bau der <strong>Eiskeller</strong>, Eishäuser, Lagerkeller <strong>und</strong><br />
Eisschränke […]. 6. Auflage. Abb. 13. (Privatarchiv).<br />
Abb. 9: Durm, Josef [Hrsg.]: Handbuch der Architektur.<br />
Teil 3, <strong>Band</strong> 6. 1. Auflage, Darmstadt, 1884. Abb. 220.<br />
(TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 12: Gropius <strong>und</strong> Schmieden: Das Städtische<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Krankenhaus <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. In: Zeitschrift für<br />
Bauwesen. 1876, Blatt 30. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 14: L<strong>in</strong>demann, A: Die Markthallen Berl<strong>in</strong>s. 1899.<br />
Tafel 17. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 15: Tiedemann, Ludwig: Das landwirthschaftliche<br />
Bauwesen. Handbuch für Bautechniker <strong>und</strong> Landwirthe.<br />
2. Auflage, 1891. Abb. 631–633. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 16: Durm, Josef [Hrsg.]: Handbuch der<br />
Architektur. Teil 4, Halbband 6, Heft 2. 1. Auflage,<br />
1888. Abb. 278. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 17: Erdmann: Capelle nebst Leichenhalle auf dem<br />
Friedhof der Georgen-Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. In: Zeitschrift<br />
für Bauwesen, 1870, Blatt 53. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 18: Biebendt: G. Schwendy’s Brauerei zum Adler<br />
auf dem Ges<strong>und</strong>brunnen bei Berl<strong>in</strong>. In: Zeitschrift für<br />
Bauwesen, 1866, Blatt S. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 22: <strong>Eiskeller</strong>anlage der Victoriabrauerei <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />
In: Zentralblatt der Bauverwaltung, 1882. S. 138–139.<br />
(TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 23: Billige, natürliche Eiserzeugung. In: Bibliothek<br />
für alle. Illustrierte Monatsbände für Jung <strong>und</strong> Alt, 1911.<br />
S. 166–167. (Privatarchiv).<br />
Abb. 27: Der Wagenbau auf der Ausstellung <strong>in</strong> Mailand<br />
1906. In: Organ für die Fortschritte des<br />
Eisenbahnwesens, 1908. Tafel 34. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 28: Berdrow, W.: Die Gew<strong>in</strong>nung des Natureises.<br />
In: Gartenlaube, 1896, S. 801. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 29: Mstr., H.: Amerikanische Geräte zum<br />
Eisernten. In: Zeitschrift für die gesamte Kälte-Industrie,<br />
1902. S. 33–34. (Privatarchiv).<br />
Abb. 30–33: Habermann: Über Gew<strong>in</strong>nung von<br />
Natureis. In: Zeitschrift für die gesamte Kälte-Industrie,<br />
1913. S. 101–103. (Privatarchiv).<br />
Abb. 34: Topographische Karte (Meßtischblätter)<br />
1:25:000. Reichsamt für Landesaufnahme. Blatt<br />
1837/3446, Berl<strong>in</strong> (Nord). Aufnahme 1901.<br />
Herausgegeben 1903. Berichtigung 1906. E<strong>in</strong>zelne<br />
Nachträge 1911. (Privatarchiv).<br />
Abb. 35: Topographische Karte (Meßtischblätter)<br />
1:25:000. Reichsamt für Landesaufnahme. Blatt<br />
1836/3445, Charlottenburg. Aufnahme 1901. Herausgegeben<br />
1903. Berichtigung 1920. (Privatarchiv).<br />
Abb. 36: Topographische Karte (Meßtischblätter)<br />
1:25:000. Reichsamt für Landesaufnahme. Blatt<br />
1692/3245, Oranienburg. Aufnahme 1901. Berichtigung<br />
1919. E<strong>in</strong>zelne Nachträge 1927. (Privatarchiv).<br />
Abb. 37: Topographische Karte (Meßtischblätter)<br />
1:25:000. Reichsamt für Landesaufnahme. Blatt<br />
1837/3446, Berl<strong>in</strong> (Nord). Aufnahme 1901.<br />
Herausgegeben 1903. Berichtigung 1906. E<strong>in</strong>zelne<br />
Nachträge 1911. (Privatarchiv).<br />
Abb. 38–39: Bernhard, Karl: Eisspeicher <strong>und</strong> Eisdruck.<br />
In: Zentralblatt der Bauverwaltung, 1902. S. 81–83. (TU<br />
Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 40: Deutscher Kälte-Vere<strong>in</strong>: Mechanical<br />
refrigeration <strong>in</strong> Germany. 1913. Seite 81. (Privatarchiv).<br />
Abb. 41: B<strong>und</strong>esarchiv, Bild 183-2004-0701-504 / CC-<br />
BY-SA.<br />
Abb. 44: Schatteburg: Die <strong>Eiskeller</strong>, Eishäuser <strong>und</strong><br />
Lagerkeller [...]. 2. Aufll., 1901. Abb. 76. (Privatarchiv).<br />
Abb. 45: Brockhaus’ Konversationslexikon, 14.<br />
Auflage, 1893–1897. <strong>Band</strong> 5, S. 951.<br />
Abb. 46: <strong>Eiskeller</strong> <strong>und</strong> Eismasch<strong>in</strong>en. In: Brockhaus’<br />
Konversationslexikon. 14. Auflage, <strong>Band</strong> 5, 1894. S.<br />
953. (Privatarchiv).<br />
Abb. 48: Blätter für Architektur <strong>und</strong> Kunsthandwerk.<br />
1902, Tafel 14. (Privatarchiv).<br />
Abb. 50: Kastner, A.: Die neue Eisfabrik der<br />
Norddeutschen <strong>Eiswerke</strong> A.-G. <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. In Zeitschrift<br />
für die gesamte Kälte-Industrie, 1917. S. 51–56.<br />
(Privatarchiv).<br />
Abb. 52–53: Pohlmamm, W.: Die Eisfabrik des<br />
Hermann E. Mudrack <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Re<strong>in</strong>ickendorf-Ost.<br />
Kälte-Industrie, 1927. S. 2–9. (Privatarchiv).<br />
Abb. 61: Petroleum-Keller. In: Zentralblatt der<br />
Bauverwaltung, 1881. S. 370. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 110: Schmitt, Eduard [Hrsg.]: Handbuch der<br />
Architektur. Teil 4: Entwerfen, Anlage <strong>und</strong> E<strong>in</strong>richtung<br />
der Gebäude. Halbband 4: Gebäude für Erholungs-,<br />
Beherbergungs- <strong>und</strong> Vere<strong>in</strong>szwecke. Heft 1:<br />
Schankstätten <strong>und</strong> Speisewirtschaften, Kaffeehäuser <strong>und</strong><br />
Restaurants. 3. Auflage, 1904. S. 45–59. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 111: Korch, A. <strong>und</strong> Barraud, D.: Wagner’s<br />
Bairisch Bier-Brauerei bei Berl<strong>in</strong>. In: Zeitschrift für<br />
Bauwesen. 1853, Blatt 49.(TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 112: Neubauten auf der Domäne Zehdenick. In:<br />
Zeitschrift für Bauwesen. 1910, Blatt 44. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Abb. 113: Handbuch der Architektur. Teil 4, Halbband<br />
4: Gebäude für Erholungs-, Beherbergungs- <strong>und</strong><br />
Vere<strong>in</strong>szwecke. 1885, S. 37. (TU Berl<strong>in</strong>).<br />
Alle nicht genannten Abbildungen wurden vom Autor <strong>in</strong><br />
den Jahren 2006 bis 2012 erstellt bzw. fotografiert.<br />
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<strong>Eiskeller</strong> <strong>und</strong> <strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
<strong>Band</strong> 1: Geschichtlicher Überblick<br />
Norbert He<strong>in</strong>tze<br />
Kühlschrank, Klimaanlage, Eismasch<strong>in</strong>e – für uns s<strong>in</strong>d dies heutzutage<br />
alltägliche D<strong>in</strong>ge, über die wir uns ke<strong>in</strong>e Gedanken mehr machen. Aber wie<br />
entwickelte sich die Eis- <strong>und</strong> Kälte<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> den letzten 200 Jahren?<br />
Dieses Buch soll e<strong>in</strong> Versuch e<strong>in</strong>er ersten Bestandsaufnahme der <strong>Eiskeller</strong>,<br />
<strong>Eiswerke</strong> <strong>und</strong> Eisfabriken <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong> se<strong>in</strong>.