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Eiskeller und Eiswerke in Berlin und Brandenburg. Band 1 ...

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Speiseeis <strong>und</strong> Sorbet waren im 18. <strong>und</strong><br />

19. Jahrh<strong>und</strong>ert e<strong>in</strong> Privileg der gehobenen<br />

Gesellschaft. Zu se<strong>in</strong>er Herstellung wurden kle<strong>in</strong>e<br />

Eismasch<strong>in</strong>en genutzt, die mit e<strong>in</strong>er salzhaltigen<br />

Kältemischung gekühlt wurden. Beim Gefrieren<br />

musste das Eis ständig verrührt werden, damit sich<br />

ke<strong>in</strong>e Eiskristalle absetzen konnten. Die heutigen<br />

haushaltsüblichen Eismasch<strong>in</strong>en funktionieren noch<br />

immer nach diesem Pr<strong>in</strong>zip, nutzen aber e<strong>in</strong>en<br />

Kühlakku anstelle der Salzlösung <strong>und</strong> werden mit<br />

e<strong>in</strong>em Elektromotor angetrieben.<br />

Brockhaus’ Konversationslexikon beschreibt 1894<br />

e<strong>in</strong>e Eismasch<strong>in</strong>e (Abb. 45): „Die wohlfeilste <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

Konditoreien, Haushaltungen u.s.w. am häufigsten<br />

benutzte Mischung ist Schnee oder zerstoßenes Eis<br />

mit Kochsalz. Die Apparate zur Eisbereitung mittels<br />

Kältemischungen haben das Geme<strong>in</strong>schaftliche,<br />

daß <strong>in</strong> e<strong>in</strong> größeres, gegen Wärmeaufnahme von<br />

außen durch entsprechende Konstruktion der<br />

Wandungen geschütztes Gefäß, das die<br />

Kältemischung aufnimmt, e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eres e<strong>in</strong>gebracht<br />

wird, welches die Flüssigkeit enthält, die zum<br />

Gefrieren zu br<strong>in</strong>gen ist. Das kle<strong>in</strong>ere Gefäß ist<br />

dünnwandig <strong>und</strong> aus Metall, um es zur<br />

Wärmeabgabe an die Kältemischung geeignet zu<br />

machen, <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>er Drehvorrichtung versehen.<br />

[...] Nach E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung der Kältemischung (hier<br />

gestoßenes Eis <strong>und</strong> Kochsalz) schüttet man <strong>in</strong> das<br />

<strong>in</strong>nere Gefäß die zum Gefrieren zu br<strong>in</strong>gende<br />

Flüssigkeit <strong>und</strong> setzt dieses <strong>in</strong> schnelle Rotation.<br />

Hierdurch steigt die Flüssigkeit an den Wänden<br />

empor <strong>und</strong> kommt so mit diesen <strong>in</strong> dünner Schicht<br />

<strong>in</strong> Berührung, sodaß sie bald fest wird. Mit Hilfe<br />

e<strong>in</strong>es solchen Apparats kann man <strong>in</strong> 6 bis 8<br />

M<strong>in</strong>uten e<strong>in</strong>e Flüssigkeitsmenge von 6 bis 7 Liter<br />

zum Gefrieren br<strong>in</strong>gen.“<br />

Bereits 1825 erschien e<strong>in</strong> Buch mit dem monströsen<br />

Titel: Ausführliche Anweisung zur Aufbewahrung<br />

des Eises so wie über die vortheilhaftesten Anlagen<br />

der Eisgruben <strong>und</strong> der <strong>Eiskeller</strong>. Mit e<strong>in</strong>em<br />

Anhange, welcher genaue Vorschriften zur<br />

Bereitung aller Arten Gefrorenes enthält. E<strong>in</strong><br />

Büchle<strong>in</strong> für Herrschaften, Oekonomen, Gast- <strong>und</strong><br />

Kaffeewirthe, Conditoren, Köche u.s.w. Hier s<strong>in</strong>d<br />

neben dem <strong>Eiskeller</strong>bau 56 Rezepte für die<br />

Zubereitung von Sahneeis, Fruchteis, Likör- <strong>und</strong><br />

We<strong>in</strong>gefrorenem, Limonaden sowie Gefrorenem<br />

aus Tee aufgeführt. Schon anhand der Zutaten wird<br />

wird klar, dass sich 1825 nur sehr wenige diesen<br />

Luxus leisten konnten, da die exotischen Früchte<br />

wie Ananas <strong>und</strong> Orangen den meisten Menschen<br />

unbekannt <strong>und</strong> außerdem unbezahlbar waren.<br />

Milchgefrorenes mit Reiß: Zu 1 Maaß [~ 0,875<br />

Liter] guter Sahne werden 4 Loth. [~ 60 Gramm]<br />

ganz fe<strong>in</strong> gepulverter Reiß <strong>und</strong> drei viertel Pf<strong>und</strong><br />

gepulverter weißer Zucker gemischt, dann auf<br />

Kohlenfeuer unter beständigem Umrühren zu e<strong>in</strong>em<br />

dünnen Brei gebracht, den man alsdann <strong>in</strong> die<br />

Gefrierbüchse thut, <strong>und</strong> frieren läßt.<br />

Kaffee-Gefrorenes: Auf e<strong>in</strong> viertel Pfd. frisch<br />

gebrannten Kaffee nimmt man 1 Berl. Maaß gute<br />

Sahne. Der Kaffee wird dar<strong>in</strong> gut ausgekocht,<br />

durch e<strong>in</strong> Haartuch gegossen, der Flüssigkeit drei<br />

Viertel Pfd. gepulverter weißer Zucker <strong>und</strong> das<br />

Gelbe von 6 bis 8 Eiern zugesetzt, <strong>in</strong>nig vermischt,<br />

bis derselbe dar<strong>in</strong> vollkommen aufgelöst ist, dann<br />

nochmals durchgegossen, <strong>und</strong> so lange gerührt, bis<br />

sie kalt ist. Die schaumige Masse gießt man <strong>in</strong> die<br />

Gefrierbüchse, <strong>und</strong> behandelt sie wie bewusst.<br />

Ananas-Gefrorenes: Nachdem die Ananas fe<strong>in</strong><br />

geschält worden, werden sie auf e<strong>in</strong>em Reibeisen<br />

gerieben, <strong>und</strong> mit We<strong>in</strong> <strong>und</strong> Zucker vermischt;<br />

während dieser Zeit läßt man die Schalen <strong>in</strong> Wasser<br />

nebst etwas Zimt auskochen, streicht die erste<br />

Masse durch e<strong>in</strong> Haarsieb, <strong>und</strong> vermsicht das<br />

Durchgestrichene nebst der Schalen-Abkochung mit<br />

fe<strong>in</strong>gepulverten weißen Zucker nach vorigem<br />

Verhältnis, schütte es dann <strong>in</strong> die Gefrierbüchse.<br />

We<strong>in</strong>trauben-Gefrorenes: Es werden die schönsten<br />

Beere der We<strong>in</strong>trauben gepflückt, zerquetscht <strong>und</strong><br />

durch e<strong>in</strong> Haarsieb gerieben; auf 1 Berl. Maaß des<br />

Durchgeriebenen e<strong>in</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong> viertel Pfd. fe<strong>in</strong>er<br />

Zucker <strong>und</strong> drei viertel bis e<strong>in</strong>e ganze Bouteille<br />

[Flasche] guter Moseler-We<strong>in</strong> genommen, nach<br />

geschehener Auflösung des Zuckers <strong>und</strong> <strong>in</strong>niger<br />

Vermischung zum Gefrieren bearbeitet.<br />

Sieben Rezepte behandelten Blumen-Eis wie<br />

Jasm<strong>in</strong>-Gefrorenes, Milchgefrorenes mit Rosengeruch<br />

oder Veilchen-Gefrorenes à la Crème.<br />

Wegen der möglichen Pestizid-Belastung der<br />

Blumen ist heutzutage vom Verzehr dr<strong>in</strong>gend<br />

abzuraten.<br />

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