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Eiskeller und Eiswerke in Berlin und Brandenburg. Band 1 ...

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Der Obereiskeller sollte die Belüftung der Keller<br />

sicherstellen, da bei ihm das Eis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Raum<br />

direkt über dem Gär- <strong>und</strong> Lagerkeller lagerte. Die<br />

kalte Luft sank <strong>in</strong> die tiefer gelegenen Keller <strong>und</strong><br />

verdrängte die erwärmte Luft. Nachteilig waren die<br />

höheren Baukosten, da der Kellerdecke das hohe<br />

Gewicht des Eises tragen <strong>und</strong> gegen e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gendes<br />

Schmelzwasser isoliert se<strong>in</strong> musste.<br />

Bei allen <strong>Eiskeller</strong>bauarten musste e<strong>in</strong>e wirksame<br />

Luftzirkulation <strong>und</strong> Entlüftung vorhanden se<strong>in</strong>.<br />

Andernfalls wären die vom Eis etwas weiter<br />

entfernt liegenden Bereiche immer wärmer gewesen<br />

als die näher gelegenen. Das selbe galt für<br />

Bierfässer, die sich dicht unter der Decke befanden,<br />

da sich die Kaltluft am Boden sammelte. E<strong>in</strong>e<br />

wirksame Lüftung war zudem zur Abführung des<br />

bei der Gärung entstehenden Kohlendioxids <strong>und</strong> zur<br />

Verr<strong>in</strong>gerung der extrem hohen Luftfeuchtigkeit<br />

erforderlich. Die Wände <strong>und</strong> Decken waren immer<br />

feucht von Kondenswasser; es bestand damit die<br />

Gefahr, dass sich Schimmelpilze <strong>und</strong> Keime im<br />

Keller ausbreiteten <strong>und</strong> das Bier ungenießbar<br />

machten. Man darf nicht vergessen, dass das<br />

Natureis aus ungere<strong>in</strong>igtem Oberflächenwasser<br />

gewonnen wurde.<br />

Als Spezialform des Obereiskellers wurde zur<br />

Reduzierung der Luftfeuchtigkeit der nach se<strong>in</strong>em<br />

Erf<strong>in</strong>der benannte Bra<strong>in</strong>ard’scher <strong>Eiskeller</strong><br />

entwickelt. Brockhaus’ Konversationslexikon<br />

berichtet 1894: „Dabei liegen die drei Räume:<br />

Eishaus, Gärkeller <strong>und</strong> Lagerkeller etagenförmig<br />

übere<strong>in</strong>ander. Der Boden des Eishauses besteht aus<br />

e<strong>in</strong>em Rost aus Balken oder Eisenbahnschienen.<br />

Der darunter bef<strong>in</strong>dliche Gärkeller hat e<strong>in</strong> Dach<br />

von gewelltem Z<strong>in</strong>kblech. Die im Gärkeller<br />

aufsteigende warme Luft wird an dem Metalldach,<br />

über der das Eis lagert, sofort abgekühlt <strong>und</strong> s<strong>in</strong>kt<br />

durch ihr höheres Gewicht auf den Boden des<br />

Gärkellers nieder, diesen so auf e<strong>in</strong>er sehr<br />

niedrigen Temperatur erhaltend. Zur Abkühlung<br />

des Lagerkellers s<strong>in</strong>d Ventilationskanäle<br />

angebracht, die aus dem Eishause kalte Luft <strong>in</strong> den<br />

tiefen Keller fallen lassen <strong>und</strong> durch andere Kanäle<br />

die Luft <strong>in</strong> das Eishaus führen.“ Am gewellten<br />

Z<strong>in</strong>kblech kondensierte die Luftfeuchtigkeit hier<br />

wesentlich schneller als an den Ziegelwänden <strong>und</strong><br />

Decken. Damit wurde die Luft gezielt entfeuchtet.<br />

Gegen Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurden andere<br />

wirksame Lüftungstechniken entwickelt. Dafür<br />

wurde der <strong>Eiskeller</strong> wesentlich höher gebaut als der<br />

Lagerkeller. Die kalte Luft aus dem Eisraum wurde<br />

hierbei über Lüftungskanäle <strong>in</strong> die tiefer gelegenen<br />

Gär- <strong>und</strong> Lagerkeller geleitet <strong>und</strong> verdrängte dort<br />

die warme <strong>und</strong> verbrauchte Luft, die durch<br />

Lüftungsöffnungen über e<strong>in</strong>en Ventilationskam<strong>in</strong><br />

abgeführt werden konnte (Abb. 21). Folgende<br />

Belüftungsarten waren möglich:<br />

W<strong>in</strong>terventilation (grün): Bei ausreichend tiefen<br />

Temperaturen wurde Frischluft auf den Boden des<br />

Lagerkellers e<strong>in</strong>geleitet. Dort erwärmte sie sich,<br />

stieg an die Decke <strong>und</strong> wurde dort über e<strong>in</strong>en<br />

zweiten Schacht zum Kam<strong>in</strong> abgeführt. Im Sommer<br />

sollte sie nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen <strong>und</strong> kurz vor<br />

Sonnenaufgang genutzt werden.<br />

Kellerkühlung (blau): Der <strong>Eiskeller</strong> lag höher als<br />

der Lagerkeller. Durch e<strong>in</strong>e Öffnung <strong>in</strong><br />

Fußbodenhöhe des <strong>Eiskeller</strong>s sank die kalte Luft <strong>in</strong><br />

den Lagerraum. Die warme Luft wurde dann zur<br />

Decke des <strong>Eiskeller</strong>s <strong>und</strong> über das Eis geleitet, wo<br />

sie sich wieder abkühlte <strong>und</strong> zum Boden sank.<br />

<strong>Eiskeller</strong>ventilation (rot): Wenn man im W<strong>in</strong>ter<br />

den <strong>Eiskeller</strong> belüften oder ausfrieren lassen wollte,<br />

wurden die seitliche Eise<strong>in</strong>wurföffnung <strong>und</strong> die<br />

Schächte zum Kam<strong>in</strong> geöffnet. Die kalte Luft wurde<br />

dann durch den <strong>Eiskeller</strong> direkt zum Kam<strong>in</strong> geleitet.<br />

Als Ergänzung zu den <strong>Eiskeller</strong>n besaßen die<br />

Brauereien auch oberirdische Eishäuser. Das alte<br />

Eishaus der stillgelegten Bärenquell-Brauerei <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong>-Niederschöneweide war 2011 noch<br />

vorhanden, soll aber möglicherweise abgerissen<br />

werden. In Potsdam-Babelsberg ist e<strong>in</strong> weiteres<br />

Eishaus (Abb. 93) teilweise erhalten <strong>und</strong> wurde <strong>in</strong><br />

den letzten Jahren zu e<strong>in</strong>em Bürogebäude<br />

umgebaut. Bei dem Wiederaufbau 2007 mussten<br />

zwei Außenwände vollständig abgetragen <strong>und</strong> neu<br />

aufgemauert werden. Das „Eishaus für die<br />

Spandauer Bergbrauerei <strong>in</strong> Spandau-Berl<strong>in</strong>“ wird<br />

<strong>in</strong> der Baugewerks-Zeitung von 1893 beschrieben.<br />

Die drei Eisräume hatten zusammen e<strong>in</strong>e<br />

Gr<strong>und</strong>fläche von etwa 30 × 15 Quadratmeter <strong>und</strong><br />

waren 10 Meter hoch. Zur Isolierung wurde vor die<br />

Ste<strong>in</strong>fassade außen e<strong>in</strong>e Holzverkleidung<br />

angebracht <strong>und</strong> der Hohlraum mit Torf ausgefüllt.<br />

Auf der Decke lag e<strong>in</strong>e etwa 50 Zentimeter dicke<br />

Aschenlage.<br />

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