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Eiskeller und Eiswerke in Berlin und Brandenburg. Band 1 ...

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Privathaushalte nutzten zur Kühlung den<br />

Eisschrank. Das Eis musste mehrmals wöchentlich<br />

geliefert werden. Den Transport vom Eiswerk bis<br />

zum Abnehmer erledigte der Eismann mit Pferd <strong>und</strong><br />

Wagen. 1869 warb die Gesellschaft der Berl<strong>in</strong>er<br />

<strong>Eiswerke</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Annonce <strong>in</strong> der Nationalzeitung<br />

für e<strong>in</strong> Abonnement: „Roh-Eis liefern wir im<br />

Abonnement den Eimer à 20 Pf<strong>und</strong> für 3<br />

Silbergroschen frei <strong>in</strong>s Haus.“ Eisschränke wurden<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> m<strong>in</strong>desten bereits seit 1864 verkauft, wie<br />

aus e<strong>in</strong>er Anzeige im Berl<strong>in</strong>er Adressbuch<br />

hervorgeht: „C. Geisler, Hoflieferant. [...]<br />

Eissp<strong>in</strong>den & Eiskästen nach der bewährtsten<br />

Constustion <strong>und</strong> möglichst sparsamen<br />

Eisverbrauch. Sowohl für Privat-Wirthschaften, als<br />

auch für Hotels <strong>und</strong> Restaurants. Friedrichstr. 71.,<br />

zwischen der Tauben- & Jägerstr. Taubenstr. 36.“<br />

In dem Buch über den <strong>Eiskeller</strong>bau von<br />

Menzel/Schubert aus dem Jahr 1903 wird berichtet:<br />

„Die Eisschränke bestehen aus e<strong>in</strong>em Eisbehälter<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>em oder mehreren Vorratsräumen, welche<br />

beide durch Zwischenwände derart getrennt s<strong>in</strong>d,<br />

dass der Eisvorrat se<strong>in</strong>e Kälte an die Vorratsräume<br />

abgeben kann. Beide Räume s<strong>in</strong>d nach außen h<strong>in</strong><br />

möglichst gegen die Luftwärme zu isolieren, was<br />

durch schlechte Wärmeleiter erreicht wird. Die<br />

Wände werden deshalb aus zwei bis drei Zentimeter<br />

starken, eichenen Bretterlagen mit e<strong>in</strong>em<br />

Zwischenraum von sechs bis neun Zentimeter<br />

hergestellt, die Innenflächen der Bretter gründlich<br />

kalfatert, d.h. mit heißem Pech vollständig<br />

wasserdicht überzogen <strong>und</strong> der Zwischenraum<br />

alsdann mit e<strong>in</strong>em schlechten Wärmeleiter, am<br />

besten mit Wolle, Torfmull, Schlackenwolle,<br />

Kieselguhr, Korkholzabfällen ausgefüllt. […] Die<br />

Vorratsräume <strong>und</strong> die Eisbehälter werden durch<br />

E<strong>in</strong>sätze <strong>und</strong> Vorrichtungen aus Z<strong>in</strong>kblech […]<br />

nutzbar gemacht. […] Das Eisschmelzwasser muß<br />

ebenso wie bei den Eishäusern schnell <strong>und</strong><br />

vollständig abgeführt werden. Dies geschieht<br />

entweder durch e<strong>in</strong> mit Luftverschluß oder für den<br />

zeitweisen Wasserverschluss mit Hahnverschluß<br />

versehenes Ableitungsrohr, welches <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

untergestelltes Gefäß ausmündet. […] Sodann ist<br />

e<strong>in</strong>e stete, sorgfältige Re<strong>in</strong>erhaltung sehr wichtig.<br />

Jede Woche muss der Eisschrank m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>mal gründlich gere<strong>in</strong>igt werden <strong>und</strong> vor<br />

Wiedere<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen der Vorräte e<strong>in</strong>ige St<strong>und</strong>en<br />

ausgelüftet werden.“<br />

Erst zum Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde<br />

erkannt, wie wichtig die vollständige Trennung des<br />

Natureises von den Lebensmitteln war, um die<br />

Übertragung von Keimen e<strong>in</strong>zuschränken. Bis <strong>in</strong> die<br />

1960er Jahre wurden Eisschränke e<strong>in</strong>gesetzt, die<br />

dann allerd<strong>in</strong>gs mit Kunsteis gekühlt wurden.<br />

Für neuzubauende Wohnungen wohlhabender<br />

Bevölkerungsschichten gab <strong>in</strong> der Deutschen<br />

Bauzeitung 1900 e<strong>in</strong>en Vorschlag, wie e<strong>in</strong>e mit Eis<br />

gekühlte Speisekammer als e<strong>in</strong> „<strong>in</strong> das Haus<br />

e<strong>in</strong>gebauter Eisschrank“ genutzt werden kann. Die<br />

Speisekammern auf den verschiedenen Etagen<br />

sollten unmittelbar übere<strong>in</strong>ander angeordnet<br />

werden. Direkt über jeder Speisekammer liegt e<strong>in</strong><br />

Eisbehälter. Die kalte Luft s<strong>in</strong>kt von dort nach unten<br />

<strong>und</strong> kühlt die Lebensmittel. H<strong>in</strong>ter den<br />

Speisekammern hätte e<strong>in</strong> zentraler Abluftschacht<br />

die Luft, die durch die abs<strong>in</strong>kende Kaltluft<br />

verdrängt wird, nach oben zum Dach geführt. Ob<br />

e<strong>in</strong>e derartige Speisekammer jemals <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

gebaut wurde, ist nicht bekannt. In Stadtkernen war<br />

es oft nicht möglich, freistehende <strong>Eiskeller</strong> oder<br />

Eishäuser anzulegen. In diesen Fällen war die<br />

Nutzung vorhandener Kellerräume möglich.<br />

Hierzu ab es verschiedene Lösunsvorschläge. Die<br />

Baugewerks-Zeitung berichtete 1890: „Restaurants,<br />

Fischhandlungen <strong>und</strong> dergleichen Geschäfte<br />

bekommen hier ihren Eisbedarf zumeist <strong>in</strong> gewissen<br />

Zeitabständen aus den großen <strong>Eiskeller</strong>eien<br />

zugeteilt. Es handelt sich deshalb bei diesen<br />

Betrieben darum, e<strong>in</strong> Eislager im Keller zu<br />

schaffen, welches leicht herzustellen ist. […] Man<br />

mauert im Raume an den Wänden zunächst e<strong>in</strong>e<br />

Bank mit hochkantigen Ste<strong>in</strong>en <strong>in</strong> Zement auf dem<br />

fertigen Zementfußboden, der selbstredend se<strong>in</strong>en<br />

Abfluß hat. Das Mauerwerk der Decke <strong>und</strong> Wände<br />

wird e<strong>in</strong>schließlich der Sockelbank mit Dachpappe<br />

benagelt, darauf befestigt man die horizontalen<br />

bezw. aufrecht stehenden Kanthölzer, welche an<br />

den Wänden bis auf den Sockel reichen. Der Sockel<br />

soll verh<strong>in</strong>dern, dass die Holztheile an den Wänden<br />

von der Nässe des Bodens <strong>in</strong> Mitleidenschaft<br />

gezogen werden. Auf die Kanthölzer nagelt man die<br />

Bretterschalung <strong>und</strong> füllt den Raum zwischen<br />

Pappe <strong>und</strong> Schalung mit Sägespähnen aus. Der an<br />

Decke <strong>und</strong> Wänden ausgeschalte Raum erhält vom<br />

Boden ab an den Wänden e<strong>in</strong>schließlich der<br />

Sockelbank e<strong>in</strong>e Z<strong>in</strong>kbekleidung. […]“<br />

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