Eiskeller und Eiswerke in Berlin und Brandenburg. Band 1 ...
Eiskeller und Eiswerke in Berlin und Brandenburg. Band 1 ...
Eiskeller und Eiswerke in Berlin und Brandenburg. Band 1 ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Erst 1873 wurde der erste Teil der Berl<strong>in</strong>er<br />
Kanalisation <strong>in</strong> Betrieb genommen. Ihr Ausbau im<br />
damaligen Stadtgebiet dauerte mehr als zwanzig<br />
Jahre.<br />
Ges<strong>und</strong>heitlich bedenkliche Zustände herrschten<br />
auch im Schlachtgewerbe. Es gab h<strong>und</strong>erte von<br />
privaten Schlachtern. Meyers Großes Konversations-Lexikon<br />
von 1906 bemerkt dazu: „Solche<br />
Privatschlachthäuser entsprechen <strong>in</strong> den meisten<br />
Fällen berechtigten sanitären Anforderungen<br />
höchst ungenügend <strong>und</strong> tragen zur Verunre<strong>in</strong>igung<br />
der Luft <strong>und</strong> Belästigung der Umgebung, auch zur<br />
Imprägnierung des Untergr<strong>und</strong>es mit faulenden<br />
tierischen Stoffen <strong>und</strong> zur Verunre<strong>in</strong>igung der<br />
Brunnen etc. bei.“ 1867 wurde der „Berl<strong>in</strong>er<br />
Viehmarkt“ errichtet. Es handelte sich um e<strong>in</strong>en<br />
Viehhof auf e<strong>in</strong>em 30 Hektar großen Areal<br />
zwischen der Brunnen- <strong>und</strong> Ackerstraße <strong>in</strong><br />
Ges<strong>und</strong>brunnen. Neben den notwendigen<br />
Verkaufshallen <strong>und</strong> Schlachthäusern gab es e<strong>in</strong><br />
großes Eishaus an der Brunnenstraße. 1868 erließ<br />
die preußische Regierung aufgr<strong>und</strong> der Missstände<br />
das Gesetz zum Schlachtzwang, das den Bau von<br />
kommunalen Schlachthäusern <strong>und</strong> die Schließung<br />
privater Schlachtereien vorsah. Der neue<br />
Zentralvieh- <strong>und</strong> Schlachthof <strong>in</strong> Lichtenberg wurde<br />
<strong>in</strong> den Jahren 1881 bis 1883 eröffnet <strong>und</strong> erhielt<br />
e<strong>in</strong>e zentrale Kühlanlage <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en<br />
Eisgenerator. Der Betrieb wurde 1991 nach 110<br />
Jahren e<strong>in</strong>gestellt.<br />
Ohne feste Markthallen waren <strong>in</strong> der zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts die hygienischen<br />
Zustände auf den Berl<strong>in</strong>er Wochenmärkten mit<br />
ihren offenen Ständen unerträglich. Die Händler<br />
hatten beim Transport <strong>und</strong> Verkauf ke<strong>in</strong>e<br />
ausreichende Kühlung. Am Ende des Markttages<br />
war der Boden mit Abfällen übersät, die wiederum<br />
Ungeziefer wie Ratten oder Vögel angelockten.<br />
Bereits 1867 eröffnete die Berl<strong>in</strong>er Immobilien-<br />
Aktiengesellschaft die „Erste Berl<strong>in</strong>er Markthalle“.<br />
Sie lag <strong>in</strong> der Nähe der Friedrichstraße an der<br />
heutigen Straße „Am Zirkus“. Die Halle war<br />
allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Misserfolg <strong>und</strong> musste bereits wenige<br />
Jahre später wieder schließen. In den folgenden<br />
Jahrzehnten wurde sie als Zirkus <strong>und</strong> Theater<br />
genutzt. Nach dem zweiten Weltkrieg befand sich<br />
hier bis zum Abriss 1988 der Friedrichstadtpalast.<br />
Zur Abschaffung der offenen Wochenmärkte<br />
wurden ab 1883 Markthallen errichtet. Meyers<br />
Konversationslexikon berichtet 1890: „Berl<strong>in</strong><br />
bekommt zunächst 14 M[arkthallen]. Vier davon,<br />
die Zentralhalle am Alexanderplatz <strong>und</strong> die M. II–<br />
IV <strong>in</strong> der Friedrich-, Zimmer- <strong>und</strong> Dorotheenstraße,<br />
s<strong>in</strong>d 1883 begonnen, 1885 eröffnet worden. 1888<br />
wurden dem Verkehr übergeben die M. V–VIII auf<br />
dem Magdeburger Platze, <strong>in</strong> der Invaliden-,<br />
Dresdener <strong>und</strong> Andreasstraße, <strong>und</strong> im Plane s<strong>in</strong>d<br />
M. für die äußern Stadtteile Moabit, Wedd<strong>in</strong>g,<br />
Ges<strong>und</strong>brunnen, Schönhäuser Vorstadt, äußere<br />
Luisenstadt <strong>und</strong> Tempelhofer Vorstadt.“<br />
1899 erschien das Buch Die Markthallen Berl<strong>in</strong>s.<br />
Die neuen Marktallen verfügten selbstverständlich<br />
über Wasser- <strong>und</strong> Abwasseranschluss, Aufzüge <strong>und</strong><br />
geeignete Lagerräume im Keller. Für empf<strong>in</strong>dliche<br />
Lebensmittel standen Kühlräume bereit. Im Keller<br />
der Zentralmarkthalle I gab es zunächst vier<br />
<strong>Eiskeller</strong> mit Öffnungen <strong>in</strong> Ihrer Decke zum<br />
E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen des Eises. Nachdem <strong>in</strong> der benachbarten<br />
Zentralmarkthalle Ia neue Kühlräume mit e<strong>in</strong>er<br />
Kühlmasch<strong>in</strong>e angelegt wurden, nutzte man die<br />
alten <strong>Eiskeller</strong> als normale Lagerräume. Zusammen<br />
mit der Kühlmasch<strong>in</strong>e wurde e<strong>in</strong> Eiserzeuger mit<br />
e<strong>in</strong>er Leistung von 430 Kilogramm je St<strong>und</strong>e<br />
aufgestellt. Die anderen Markthallen erhielten<br />
ebenfalls <strong>Eiskeller</strong>, wie die Markthalle II: „Das<br />
Kellergeschoß enthält fünf durch e<strong>in</strong>en Vorraum<br />
zugängliche <strong>Eiskeller</strong> von 5,2 Meter Breite <strong>und</strong> 6,69<br />
Meter Länge mit doppelten Wänden <strong>und</strong> Gewölben,<br />
deren 13 Zentimeter weite Zwischenräume mit<br />
Koksasche ausgefüllt s<strong>in</strong>d. Die <strong>in</strong>neren Thüren<br />
haben doppelte Wände mit dazwischen<br />
e<strong>in</strong>gebrachter Füllung von Torfmull.“ Bei der<br />
Markthalle IV s<strong>in</strong>d es zwei <strong>Eiskeller</strong>, bei den<br />
Markthallen V <strong>und</strong> VII je e<strong>in</strong> <strong>Eiskeller</strong>. In dem<br />
Erdgeschoßplan der Markthalle XII ist e<strong>in</strong>e Luke<br />
für den Eise<strong>in</strong>wurf e<strong>in</strong>getragen. Inwieweit die<br />
anderen Markthallen ebenfalls <strong>Eiskeller</strong> besaßen, ist<br />
nicht bekannt.<br />
Im Zweiten Weltkrieg wurden die meisten<br />
Markthallen mehr oder weniger stark zerstört.<br />
Infolge der seit den 1950er Jahren auftretenden<br />
Konkurrenz von Selbstbedienungs-Supermärkten<br />
verzichtete man bis auf vier Ausnahmen auf ihren<br />
Wiederaufbau.<br />
10