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Eiskeller und Eiswerke in Berlin und Brandenburg. Band 1 ...

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Eishäuser vorhanden, so zum Beispiel im früheren<br />

Zentral-Militärhospital <strong>in</strong> Tempelhof (heutiges<br />

Vivantes Wenckebach-Kl<strong>in</strong>ikum) oder auch im<br />

Krankenhaus Friedrichsfelde.<br />

Gegen Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurden Eishäuser<br />

serienmäßig hergestellt <strong>und</strong> als Katalogware<br />

angeboten, wie zum Beispiel die „oberirdischen<br />

<strong>Eiskeller</strong> amerikanischen Systems aus Holz <strong>und</strong><br />

Haspelmoorer Isolimulle hergestellt von Wilhelm<br />

Lesti, Baugeschäft <strong>in</strong> Thalkirchen bei München“ aus<br />

dem Jahr 1910. Angeboten wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Katalog neun verschiedene Varianten. Gleichzeitig<br />

wird betont, dass die Gebäude <strong>in</strong> jeder gewünschten<br />

Form <strong>und</strong> Größe je nach Bedarf ausgeführt werden<br />

könnten. Von den Eishäusern aus Holz ist ke<strong>in</strong><br />

Exemplar mehr erhalten. Ihre Verbreitung ist<br />

heutzutage weitgehend unbekannt. Typische<br />

Eishäuser hatten e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>fläche von fünf Meter<br />

mal fünf Meter <strong>und</strong> das Eis wurde bis fünf Meter<br />

hoch gestapelt. Dies ergab e<strong>in</strong> Volumen von 125<br />

Kubikmeter. Die Eishäuser hatten e<strong>in</strong>e doppelte<br />

Holzwand mit e<strong>in</strong>em m<strong>in</strong>destens 40 Zentimeter<br />

breiten Zwischenraum, der mit Holzwolle, Schlacke<br />

oder Torf gefüllt wurde. Der Dachboden war aus<br />

Gewichtsgründen häufig mit Stroh isoliert.<br />

Eishäuser aus Ste<strong>in</strong> werden <strong>in</strong> der Literatur erst ab<br />

den 1870er Jahren aufgeführt. Obwohl ihr Bau<br />

wesentlich teurer war, hatten sie gegenüber den<br />

Holzkonstruktionen neben der längeren Haltbarkeit<br />

e<strong>in</strong>en erheblichen Vorteil, weil <strong>in</strong>nerhalb<br />

geschlossener Baugebiete die Errichtung größerer<br />

Holzhäuser wegen der Feuergefahr bedenklich war.<br />

Die Isolierung erfolgte im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert durch<br />

Hohlmauern, <strong>in</strong> denen nach Möglichkeit zwei bis<br />

drei Hohlräume e<strong>in</strong>gebaut waren. Ab der<br />

Jahrh<strong>und</strong>ertwende wurden Korkste<strong>in</strong> <strong>und</strong> Kieselgur<br />

als neuartiger Isolierstoff e<strong>in</strong>gesetzt. Die Eishäuser<br />

enthielten teilweise Kühlräume für Lebensmittel.<br />

Dabei war der Eisraum vom Volumen bis zu<br />

viermal so groß wie der Kühlraum <strong>und</strong> deutlich<br />

höher. Dadurch sollte e<strong>in</strong>e gute Belüftung erzielt<br />

werden, da die kalte Luft nach unten sank <strong>und</strong> die<br />

erwärmte Luft aus dem Lagerraum durch<br />

Abluftschächte <strong>in</strong> der Decke verdrängen konnte.<br />

Größere Eishäuser stellten neue statische<br />

Anforderungen an die Bauweise der Mauern. Das<br />

Eis übt auf den Boden e<strong>in</strong>en erheblichen Druck aus.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Eishöhe von zehn Meter lasten fast acht<br />

Tonnen Gewicht auf jeden Quadratmeter<br />

Bodenfläche! Dazu kommt auch e<strong>in</strong>e mögliche<br />

Belastung der Seitenwände, da das Eis auch hier<br />

e<strong>in</strong>e Kraft ausüben kann, wenn es sich während des<br />

Schmelzvorganges verschiebt. Das Zentralblatt der<br />

Bauverwaltung berichtete 1899 über e<strong>in</strong>e derartige<br />

Beschädigung e<strong>in</strong>es Eisspeichers der Oranienburger<br />

<strong>Eiswerke</strong> am Lehnitzsee. Dabei ist die fast zehn<br />

Meter hohe Seitenwand des Eishauses auf halber<br />

Höhe gerissen <strong>und</strong> wurde um etwa 80 Zentimeter<br />

nach außen gedrückt. Es bestand akute<br />

E<strong>in</strong>sturzgefahr. E<strong>in</strong>e Sonderform waren r<strong>und</strong>e<br />

Eishäuser. Sie hatten bessere Isoliereigenschaften,<br />

da hier e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Oberfläche vorhanden war.<br />

Nachteilig war die r<strong>und</strong>e Form allerd<strong>in</strong>gs dadurch,<br />

dass sie nicht <strong>in</strong> geschlossener Bauweise möglich<br />

war, sondern freistehend errichtet werden musste.<br />

Mehrere Berl<strong>in</strong>er Krankenhäuser, die zum Ende des<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>in</strong> parkähnlichen Gr<strong>und</strong>stücken<br />

errichtet wurden, hatten hierfür ausreichend Platz.<br />

Erhalten s<strong>in</strong>d die Eishäuser <strong>in</strong> der heutigen Karl-<br />

Bonhoeffer-Nervenkl<strong>in</strong>ik, im Kl<strong>in</strong>kum Buch <strong>und</strong> im<br />

Krankenhaus König<strong>in</strong> Elisabeth Herzberge<br />

Die hygienischen Zustände <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> wurden mit<br />

der beg<strong>in</strong>nenden Industrialisierung katastrophal. Ab<br />

der zweiten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts stieg die<br />

E<strong>in</strong>wohnerzahl <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> rasant an. Der epidemieartige<br />

Ausbruch von Krankheiten wie Typhus <strong>und</strong><br />

Cholera war zu befürchten. Das größte Problem war<br />

die Versorgung mit sauberem Tr<strong>in</strong>kwasser. Bis zur<br />

Errichtung der Wasserwerke diente ungefiltertes<br />

Fluss- oder Gr<strong>und</strong>wasser als Tr<strong>in</strong>kwasser. Durch die<br />

ungewollte Versickerung der Abwässer <strong>in</strong> den<br />

Boden <strong>und</strong> das E<strong>in</strong>leiten von ungeklärtem Abwasser<br />

<strong>in</strong> die Flüsse wurde die Wasserqualität erheblich<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt. 1853 eröffnete die private „Berl<strong>in</strong><br />

Waterworks Company“ das erste Berl<strong>in</strong>er<br />

Wasserwerk. Durch den Ausbau der Wasserversorgung<br />

nahm selbstverständlich auch die<br />

Mengen des Abwassers erheblich zu. Dies stellte e<strong>in</strong><br />

weiteres großes Problem dar: Die Fäkalien der<br />

Berl<strong>in</strong>er Bevölkerung wurden <strong>in</strong> Gruben gesammelt<br />

oder flossen über offene R<strong>in</strong>nste<strong>in</strong>e zum<br />

nächstliegenden Gewässer ungeklärt ab. Auf dem<br />

selben Weg „entsorgten“ Gewerbebetriebe andere<br />

flüssige Abfälle, wie das Blut aus unzähligen<br />

kle<strong>in</strong>en Hausschlachtungen.<br />

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