Eiskeller und Eiswerke in Berlin und Brandenburg. Band 1 ...

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Die Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen nahm 1902 zwei neu erbaute Kühlhäuser am Gleisdreieck der U-Bahn in Betrieb. Die Anlagen befanden sich zwischen der Trebbiner und der Luckenwalder Straße und wurden später als Werk Südwest bezeichnet. Die beiden Kühlhäuser besaßen einschließlich der Kellergeschosse je acht Stockwerke von drei Metern Höhe. Die vermietbare Bodenfläche der beiden Gebäude und der Hofunterkellerung betrug 9400 Quadratmeter. Im Kühlhaus I wurden bei der Eröffnung zwei Stockwerkhöhen für den Eiserzeugungsraum genutzt. Zwei Eisgeneratoren konnten täglich 100 Tonnen Eis herzustellen. Der für einen dritten Generator vorgesehene Raum wurde damals als Eismagazin benutzt. Zusätzlich gab es noch ein Maschinenhaus und ein Verwaltungsgebäude. In der Trebbiner Straße befand sich auf der südlichen Straßenseite ein weiteres Gebäude für Büros und Pferdeställe, das heute vom Deutschen Technikmuseum Berlin als Haupteingang genutzt wird. 1978 wurde der Kühlhausbetrieb eingestellt und danach das Maschinenhaus sowie das Kühlhaus I abgerissen. Das lange Zeit leerstehende und unter Denkmalschutz stehende Kühlhaus II wird seit 2011 saniert und zu einem Ort für Kulturveranstaltungen umgebaut. Ein weiteres Werk, Nordwest genannt, befand sich in der Scharnhorststraße 29 und gehörte zu DDR-Zeiten zum VEB Kühlbetrieb. Heute wird dieses denkmalgeschützte Gebäude aus dem Jahr 1912 nach umfassender Renovierung gewerblich und zu Wohnzwecken genutzt. Die Gesellschaft betrieb auch in Hamburg mehrere Kühlhäuser, die aber inzwischen alle abgerissen worden sind. Noch heute betreibt die MUK AG als Rechtsnachfolger bundesweit Kühlhallen, so auch in Berlin in der Beusselstraße und Niemetzstraße. Die Eisfabrik des städtischen Elektrizitätswerkes Steglitz wurde um 1910 von der damals selbständigen Gemeinde errichtet und an das ebenfalls gemeindeeigene Elektrizitätswerk angeschlossen. Die Maschinen eines Elektrizitätswerkes müssen immer auf den Maximalbedarf ausgerichtet sein. Dieser steigt naturgemäß immer nach Sonnenuntergang und im Winter an, wenn die elektrische Beleuchtung eingeschaltet wird. Dadurch ergaben sich tagsüber Zeiten, in denen die Anlage nicht ausgelastet wurde. Eine Eisfabrik wurde als sinnvolle Ergänzung betrachtet, da der höchste Eisverbrauch im Sommer stattfand. Die Eiserzeugung konnte während der Spitzenzeiten eingestellt werden. Als besonders wirtschaftlich wurde ein 16-stündiger Betrieb der Eisfabrik angesehen. Die Leistung der Eisfabrik war auf 100 Tonnen Kristalleis täglich (bei 20 Stunden Betriebsdauer) ausgelegt;eine Verdopplung der Leistung war baulich vorgesehen. Die Räume des Eiswerkes befanden sich unter der Straßenbahnhalle, die unmittelbar neben dem Elektrizitätswerk lag. Das Eiswerk bestand aus dem Maschinenraum für die Kältemaschine, dem Eisgenerator-Raum und dem Eislager. Das Kondensat der Dampfturbinen vom Elektrizitätswerk diente zur Erzeugung des Klareises. Über die weitere Entwicklung dieser Eisfabrik nach dem Ersten Weltkrieg liegen keine Informationen vor. 1911 wurde der Admiralspalast eröffnet, in dem sich eine Eisbahn, Cafés, ein Kino sowie ein Hallenbad befanden. Die Zeitschrift für die gesamte Kälte-Industrie berichte 1913: „Um die dem Betrieb der Eisbahn dienende Kältemaschinenanlage voll auszunutzen, ist dann weiterhin eine Eisfabrik vorhanden, die imstande ist, 35.000 kg Eis in 24 Std. zu erzeugen. […] Die Kältemaschinen und die Eisfabrik sind im Keller untergebracht. […] Die Kältemaschinenanlage dient weiterhin zur Kühlung der weitverzweigten Wirtschaftskühlräume. Die Lieferung der gesamten Eisgeneratorenanlage wurde wiederum der Firma Escher, Wyß & Co übertragen.“ Die Kombination eines anderen Betriebes mit der Kälteerzeugung erhöhte die Wirtschaftlichkeit durch die gleichmäßige Auslastung der Dampfmaschinen. 1926 erschien die Denkschrift über die Erbauung eines Warmwasser-Hallenschwimmbades mit Kunsteisbahn im Anschluss an die Eisfabrik Hermann E. Mudrack [...] in Berlin-Reinickendorf. Zum Heizen des Badewassers sollte der Abdampf der Dampfmaschinen genutzt werden. Ein anderer Vorschlag sah vor, bei der Ende 1920er Jahre erfolgten Zuschüttung des Luisenstädtischen Kanals ein Freibad im Engelbecken zu eröffnen und das Wasser durch die benachbarte Eisfabrik der Norddeutschen Eiswerke erwärmen zu lassen. Beide Vorhaben wurden nicht umgesetzt. 36
Abb. 48: Gesellschaft für Markt- & Kühlhallen, Werk Südwest, Berlin-Kreuzberg, um 1902. Abb. 49: Leerstehendes Kühlhaus II des selben Werkes. 37
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