Eiskeller und Eiswerke in Berlin und Brandenburg. Band 1 ...
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Kapitel 2: Brauereikeller<br />
Bier wird <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> bereits seit Jahrh<strong>und</strong>erten<br />
gebraut <strong>und</strong> getrunken. Bis zum Anfang des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts handelte es sich dabei nur um<br />
obergärige Biersorten wie die Berl<strong>in</strong>er Weiße oder<br />
um dunkles Lagerbier. Zu den ersten Herstellern für<br />
untergäriges Bier <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> zählte e<strong>in</strong>e<br />
Brauerei <strong>in</strong> Grünthal <strong>in</strong> der Nähe von Bernau, die ab<br />
1826 ihre Produktion auf dieses Bier umgestellt hat.<br />
Braumeister war e<strong>in</strong> gewisser Conrad Bechmann,<br />
der sich e<strong>in</strong>ige Jahre später <strong>in</strong> Spandau selbständig<br />
machen sollte. Fast zeitgleich wurde auch <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
das erste bayerische Bier hergestellt. Das Berl<strong>in</strong>er<br />
Adressbuch führt bereits 1828 e<strong>in</strong>en „Herrn G.<br />
Hopf, Baierischer Bierbrauer, Friedrichstraße<br />
126“. Zehn Jahre später eröffnete er die Hopf’sche<br />
Berl<strong>in</strong>er Bock-Brauerei auf dem Kreuzberg. Sie gilt<br />
als erste speziell für das untergärige Brauverfahren<br />
errichtete Berl<strong>in</strong>er Brauerei, die selbstverständlich<br />
die dazu unentbehrlichen unterirdischen Lagerkeller<br />
erhielt.<br />
Der Siegeszug der neuen Biersorten war fortan nicht<br />
mehr aufzuhalten. Der Architekturband Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
se<strong>in</strong>e Bauten von 1877 nennt alle<strong>in</strong> 22 Brauereien<br />
für bayerisches Bier <strong>und</strong> immerh<strong>in</strong> noch 26<br />
Brauereien für obergärige Biere, wobei das<br />
bayerische Bier <strong>in</strong> größeren Mengen erzeugt wurde:<br />
„Das <strong>in</strong> der Brauperiode 1873/74 produzierte<br />
Bierquantum [beläuft] sich [...] für baierisches Bier<br />
auf etwa 1,2 Mio. Hektoliter, für Weiß-, Braun- <strong>und</strong><br />
Bitterbier auf ca. 625.000 Hektoliter, zusammen<br />
also auf 1,82 Mio. Hektoliter. Demnach überstieg<br />
die Produktion an baierischem Biere die anderen<br />
Biersorten be<strong>in</strong>ahe um das Doppelte, während nur<br />
12 Jahre früher (1861/62) das Verhältnis nahezu<br />
umgekehrt war.“<br />
Die dazu notwendigen <strong>Eiskeller</strong> sollten für die<br />
nachfolgenden Jahrzehnte die Standortwahl <strong>und</strong> die<br />
Bauweise der Gebäude maßgeblich bee<strong>in</strong>flussen. In<br />
den meisten Gebieten des damaligen Berl<strong>in</strong>s lag der<br />
Gr<strong>und</strong>wasserspiegel nur zwei bis drei Meter unter<br />
der Oberfläche. Der Bau von Tiefgeschossen war<br />
daher jedenfalls im Stadtzentrum so gut wie<br />
ausgeschlossen. Die Lagerkeller der Brauereien<br />
konzentrierten sich auf zwei höher gelegene<br />
Standorte außerhalb des alten Berl<strong>in</strong>er<br />
Stadtgebietes. Dies waren zum e<strong>in</strong>em die Ausläufer<br />
der Barnim-Hochfläche, die sich von Ges<strong>und</strong>brunnen<br />
über Prenzlauer Berg bis nach Lichtenberg<br />
ziehen. Auf der gegenüberliegenden Spreeseite<br />
bef<strong>in</strong>den sich die Ausläufer der Teltow-Hochfläche,<br />
die von Schöneberg über Kreuzberg bis nach<br />
Rixdorf (heute Neukölln) führen. Diese Standorte<br />
boten aufgr<strong>und</strong> des tiefen Gr<strong>und</strong>wasserstandes die<br />
Voraussetzungen für die Errichtung der<br />
notwendigen Lagerkeller. Außerdem waren die<br />
Gr<strong>und</strong>stücke <strong>in</strong> den 1850er Jahren noch weitgehend<br />
unbebaut <strong>und</strong> hatten damit ausreichend<br />
Baulandreserve für zukünftige Erweiterungen.<br />
E<strong>in</strong>ige Brauereien verlegten zunächst nur ihre<br />
Lagerkeller <strong>in</strong> die hoch liegenden Gebiete. Gebraut<br />
wurde dann weiterh<strong>in</strong> an den alten Standorten<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Stadt. Dadurch konnten die<br />
vorhandenen Anlagen weiter genutzt werden. Das<br />
Bier wurde <strong>in</strong> diesen Fällen mit dem Fuhrfass zu<br />
dem Lagerkeller gefahren <strong>und</strong> konnte erst dort<br />
gekühlt werden. An e<strong>in</strong> Brauen im Sommer war<br />
unter solchen Umständen natürlich nicht zu denken.<br />
Auf dem Gelände der 1857 errichteten Spandauerberg-Brauerei<br />
am sogenannten Spandauer Bock<br />
(Berl<strong>in</strong>-Westend) befanden sich fast 20 Jahre vorher<br />
bereits Lagerkeller. Ebenso berichtet die<br />
Baugewerks-Zeitung 1886 über den Neubau der<br />
Bötzow-Brauerei: „Die im Sommer d. J. dem<br />
Betrieb übergebene neue Bötzow’sche Brauerei<br />
liegt an der Ecke der Prenzlauer Allee <strong>und</strong> der<br />
Saarbrücker Straße <strong>und</strong> ist unter Benutzung e<strong>in</strong>es<br />
dort gelegenen Gährkellers nach dem Entwurfe des<br />
Ingenieurs Lipps <strong>in</strong> Dresden erbaut worden. […]<br />
Der vorhandene Gährkeller hat bei der neuen<br />
Anlage als Lagerkeller Verwendung gef<strong>und</strong>en.<br />
Derselbe war von vorne here<strong>in</strong> derartig f<strong>und</strong>iert,<br />
dass die neu errichteten Gebäudetheile ohne<br />
weiteres auf die vorhandene Konstruktion<br />
aufgesetzt werden konnte.“<br />
Bei den Brauereien gab es verschiedene <strong>Eiskeller</strong>-<br />
Bauarten: Bei e<strong>in</strong>em Stirneiskeller befand sich das<br />
Eis an der Gebäudeaußenseite h<strong>in</strong>ter den<br />
Lagerkellern. Bei e<strong>in</strong>em Mitteleiskeller wurde der<br />
Eisraum von allen Seiten von den Lagerkellern<br />
e<strong>in</strong>geschlossen. Beim Seiteneiskeller lag der<br />
<strong>Eiskeller</strong> seitlich zwischen zwei Lagerkellern. Bei<br />
diesen drei Bauformen nahmen die Eisräume bis zu<br />
e<strong>in</strong>em Viertel des Kellers <strong>in</strong> Anspruch.<br />
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