der kürzeste weg zu sich selbst führt um die welt herum. - Matarka
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64 István Molnár<br />
Asien missioniert Deutschland. Die längst totgesagten alten, außerchristlichen Kulturreligionen<br />
Hinduismus, Buddhismus und Islam mit ihren Sekten erleben heute eine<br />
Renaissance, nicht <strong>zu</strong>letzt auf abendländischem Boden. Die „Fremdreligionen“ sind <strong>zu</strong><br />
neuem Selbstbewusstsein erwacht und „wettbewerbsfähig“ geworden. 15<br />
Man müsste aber von Keyserling lernen, dass <strong>die</strong>se Befruchtung <strong>der</strong> europäischen Kultur<br />
durch <strong>die</strong> östliche, insbeson<strong>der</strong>e indische Gedanken<strong>welt</strong>, keine mechanische Übernahme,<br />
son<strong>der</strong>n eine schöpferische Aneignung bedeuten sollte.<br />
6. Keyserling und das In<strong>die</strong>n des Reisetagebuchs<br />
Heinz Kimmerle untersucht <strong>die</strong> Philosophie aus interkultureller Sicht, und analysiert Hermann<br />
Hesses Aufzeichnungen über In<strong>die</strong>n. Mit Recht, denn Hesse gilt als eine <strong>der</strong> kompetentesten<br />
Personen hin<strong>sich</strong>tlich <strong>der</strong> indischen Kultur und Geisteshaltung, so wird auch hervorgehoben:<br />
Eine Rezension des Buches von Graf Hermann Keyserling Das Reisetagebuch eines<br />
Philosophen […] ist beson<strong>der</strong>s aufschlussreich für <strong>die</strong> Einschät<strong>zu</strong>ng In<strong>die</strong>ns,<br />
<strong>die</strong> <strong>sich</strong> bei Hesse herauskristallisiert, und für seine Bestimmung des Verhältnisses<br />
<strong>der</strong> indischen <strong>zu</strong>r europäischen Kultur. „Als erster unter all den europäischen Gelehrten<br />
hat er /Keyserling/ das Einfache, längst Bekannte gesehen und einfach ausgesprochen,<br />
dass <strong>der</strong> indische Weg <strong>zu</strong>m Wissen nicht eine Wissenschaft ist, son<strong>der</strong>n<br />
eine psychische Technik, dass es <strong>sich</strong> <strong>um</strong> eine Än<strong>der</strong>ung des Bewusstseins<strong>zu</strong>standes<br />
handelt und dass <strong>der</strong> auf indischem Weg Ausgebildete seine Erkenntnis<br />
nicht errechnet und erstu<strong>die</strong>rt, son<strong>der</strong>n <strong>die</strong> Wahrheiten mit dem inneren Auge<br />
sieht, mit dem inneren Ohr belauscht und sie unmittelbar perzipiert, nicht erdenkt<br />
[…]. Er bedauert […] unseren unvollkommenen Mangel an Tradition und Methode<br />
in <strong>der</strong> Ausbildung <strong>der</strong> Konzentrationsfähigkeit.“ […] Hier leistet Keyserling<br />
das Außerordentliche, dass er als Europäer und kritisch geschulter Denker <strong>die</strong> tiefe<br />
Naivität des Hindu erreicht und erlebt, <strong>die</strong> so nah verwandt mit <strong>der</strong> Skepsis aussieht<br />
und doch ihr völliges Gegenteil ist. 16<br />
Im Kapitel Altin<strong>die</strong>n und Altchina weist er auf an<strong>der</strong>e Momente <strong>der</strong> Wechselwirkung zwischen<br />
Ost und West hin:<br />
Altin<strong>die</strong>n und Altchina sind uns Westlän<strong>der</strong>n so außer ordentlich interessant, weil<br />
wir dort – auf ganz an<strong>der</strong>en Wegen freilich, als wir sie <strong>zu</strong> wandeln gewohnt sind –<br />
eben das erreicht und verwirklicht finden, wonach wir noch suchen und streben.<br />
An <strong>der</strong> indischen Kultur haben wir ein Beispiel <strong>der</strong> vollendeten Selbstverwirklichung<br />
in <strong>der</strong> Sphäre des Psychischen, <strong>die</strong> das höchste Ideal von Philosophie und<br />
Religion bezeichnet […]. Uns ist das Glück <strong>zu</strong>teil geworden, im richtigen Augenblick<br />
das vollendet dargestellt <strong>zu</strong> sehen, was in uns <strong>selbst</strong> halb bewusst nach Vollendung<br />
strebt, so daß wir nunmehr durch zielbewußtes Wollen dem Naturprozess<br />
15 SCHMIDT 1971.<br />
16 KIMMERLE 1997, 98