der kürzeste weg zu sich selbst führt um die welt herum. - Matarka
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58 István Molnár<br />
allein mit Begriffen und Logik erfasst und beschrieben werden. Zu einem <strong>um</strong>greifenden<br />
Leben gehören ebenso nicht-rationale, kreative und dynamische Elemente.<br />
Als Kritik des Rationalismus und <strong>der</strong> Aufklärung ist sie schon bei Schopenhauer<br />
und Nietzsche angelegt, <strong>die</strong> daher als Vorläufer <strong>der</strong> Lebensphilosophie angesehen werden<br />
können, auch wenn sie den Terminus noch nicht kannten. Die Lebensphilosophie beeinflusste<br />
direkt vor allem <strong>die</strong> Vertreter <strong>der</strong> Existenzphilosophie. Bereits bei Christian Wolff<br />
finden wir eine Unterscheidung zwischen theoretischer Schulphilosophie und einer Philosophie,<br />
<strong>die</strong> aus dem Leben <strong>selbst</strong> kommend auf das praktische Leben zielt. Lebens- und<br />
Weltweisheit waren im ausgehenden 18. Jahrhun<strong>der</strong>t in höheren Gesellschaftskreisen Modebegriffe.<br />
Die Lebensphilosophie war weniger eine spezifische philosophische Lehre als<br />
eine bestimmte kulturelle Stimmung, <strong>die</strong> weite Teile <strong>der</strong> Intelligenz beeinflusste.<br />
Zuspruch erhielt <strong>die</strong> Lebensphilosophie in <strong>der</strong> romantischen Be<strong>weg</strong>ung. Für Romantiker<br />
wie Novalis ist nicht <strong>die</strong> Vernunft, son<strong>der</strong>n das dem Leben enger verwandte Fühlen<br />
und Glauben vorrangig. Als erklärter Gegner <strong>die</strong>ser Salonphilosophie trat 1794 Immanuel<br />
Kant mit einer Schrift Über den Gemeinspruch: Das mag in <strong>der</strong> Theorie richtig sein,<br />
taugt aber nicht für <strong>die</strong> Praxis in Erscheinung.<br />
Beson<strong>der</strong>s <strong>um</strong> <strong>die</strong> Wende vom 19. Jahrhun<strong>der</strong>t auf das 20. Jahrhun<strong>der</strong>t war <strong>die</strong><br />
Lebensphilosophie in Deutschland und Frankreich eine Modeströmung. Was im Allgemeinen<br />
philosophischen Sprachgebrauch Lebensphilosophie genannt wird, be<strong>weg</strong>t <strong>sich</strong> auf<br />
zwei Bahnen. Entwe<strong>der</strong> schreitet sie das Geleise <strong>der</strong> Geschichte o<strong>der</strong> dasjenige <strong>der</strong> Biologie<br />
ab. Im ersteren Fall gelangt sie über <strong>die</strong> Stationen Kultur- und Gesellschaftsphilosophie <strong>zu</strong>r<br />
Philosophie <strong>der</strong> Technik, im letzteren von <strong>der</strong> Metaphysik <strong>der</strong> Natur über <strong>die</strong> Naturphilosophie<br />
<strong>zu</strong>r Philosophie <strong>der</strong> Naturwissenschaften. Im Bereich Technik und exakte Wissenschaft<br />
kommen beide Geleise aber schon fast <strong>zu</strong>sammen, <strong>zu</strong>mal <strong>sich</strong> da eine dritte Linie<br />
einschiebt, nämlich <strong>die</strong>jenige, <strong>die</strong> von <strong>der</strong> Erkenntnistheorie über <strong>die</strong> Lehren vom richtigen<br />
Schließen und <strong>der</strong> Wahrheit <strong>zu</strong>r Philosophie des Geistes vorgedrungen ist. Was <strong>die</strong> Eigenart<br />
von Hermann Keyserligs Lebensphilosophie betrifft, nennt man ihn meistens unter den<br />
Neovitalisten, <strong>zu</strong>sammen mit J. v. Hanstein, Ne<strong>um</strong>eister, Rindfleisch, G. Bunge, Crato, G.<br />
Wolff, O. Hertwig, J. v. Uexküll, Cossmann, E. v. Hartmann, Reinke und Driesch. Schon<br />
beim ursprünglichen Vitalismus begegnen wir oft <strong>der</strong> Hinwendung <strong>zu</strong>m Holismus, <strong>zu</strong>r<br />
holistischen Denkweise, <strong>der</strong> auch von Keyserling eine große Bedeutung beigemessen wird.<br />
4. Der reisende Philosoph – <strong>die</strong> Philosophie des Reisens<br />
Auch wenn man noch keine großen philosophischen Fragen in Sachen Reisebeschreibung<br />
aufwirft, muss man doch <strong>die</strong> grundsätzliche Entscheidung treffen: „Worüber soll man berichten?<br />
Über <strong>sich</strong> <strong>selbst</strong> o<strong>der</strong> über <strong>die</strong> Fremde?“ Die Wahl ist schwer, und man muss weiter<br />
darüber mit Richard Katz nachdenken: „Extrem <strong>der</strong> ersten Methode: Karl May, Extrem<br />
<strong>der</strong> zweiten: Baedeker. Zwischen jenem heroischen und <strong>die</strong>sem trockenen Pol den rechten<br />
Weg <strong>zu</strong> finden, ist <strong>die</strong> schwierigste Aufgabe. ‚Ich‘-Form o<strong>der</strong> ‚man‘-Form? Eitelkeit o<strong>der</strong><br />
Le<strong>der</strong>nheit?“ 3 Katz, ein fleißiger Weltreisen<strong>der</strong> formuliert im Weiteren solche Fragen und<br />
Antworten, <strong>die</strong> bereits tieferen, in <strong>die</strong> Philosophie reichenden Schichten berühren. So <strong>führt</strong><br />
er aus:<br />
3 KATZ 1932, 271