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Flugleiter - GdF

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der flugleiter 2011/04/05<br />

Aktuell<br />

Die ersten großen Entscheidungen sollten nicht lange auf<br />

sich warten lassen – das Betriebsstättenkonzept, mit welchem<br />

die Zahl der Bezirkskontrollstellen verringert wurde<br />

und das Projekt des Stand-Alone-Towers. Das letztere verstieß<br />

gegen die Politik des VDF und war für viele von uns<br />

(den Verfasser eingeschlossen) der falsche Weg. Aber was<br />

soll´s. Don´t cry over spilled milk! Es soll hier nicht darum<br />

gehen, besserwisserisch nachzukarten. Aber wer durch diese<br />

Entscheidung einer nicht ganz unbedeutenden Zahl von<br />

Controllern 50 Prozent ihres Flugsicherung- oder Berufverständnisses<br />

nimmt (weil sich diese Controller als Tower- und<br />

Approachcontroller sehen), der darf sich nicht wundern,<br />

wenn die Identifikation mit der Firma darunter leidet. Die<br />

Liebe zur DFS, oder genauer zu ihrer Geschäftsführung erhielt<br />

erste Risse.<br />

Weitere organisatorische Maßnahmen folgten. Die Regionen<br />

wurden abgeschafft, die Flugberatungsstellen an den Flughäfen<br />

aufgelöst und in einem zentralen AIS zusammengefasst,<br />

Platzkontroll- und Bereichskontrollstellen in zwei unterschiedliche<br />

Geschäftsbereiche aufgeteilt, und die Technik<br />

wurde neu geordnet. Nun mag die Aufsplitterung einer Firma<br />

in unterschiedliche Geschäftsbereiche den Vorschlägen<br />

der Managementhandbücher entsprechen. Für die Flugsicherung<br />

ist dieses System jedoch denkbar ungeeignet, weil<br />

dadurch die ehemalige Flugsicherungsfamilie, die zusammen<br />

dem Ziel einer effektiven Flugsicherungsorganisation<br />

diente, in viele kleine Teile zerschlagen wurde, die ihre Beziehungen<br />

durch „Service Level Agreements“ organisieren<br />

und versuchen, jeweils den eigenen Laden sauber zu halten.<br />

Wer Arno Nyms Beitrag „Neulich im Tower…“ gelesen hat,<br />

fragt sich automatisch, ob hier aus Absurdistan oder von einem<br />

modernen Flugsicherungsdienstleister berichtet wird.<br />

Der Wettbewerb, der Single European Sky und seine Folgen<br />

Bevor die DFS ins Leben gerufen wurde, hatten die Verantwortlichen<br />

im Verkehrsministerium „Headhunter“ ausgesandt,<br />

um einen Chef für die neue Firma zu finden. Dass dieser<br />

Dieter Kaden hieß, ist in diesem Zusammenhang<br />

uninteressant. Er hätte ja auch Hartmut Mehdorn oder sonst<br />

wie heißen können. Entscheidend ist, dass dieser aus der<br />

Wirtschaft kam, weil eben nur ein solcher in der Lage war,<br />

eine GmbH zu führen.Und er kam nicht von einem mittelständischen<br />

Unternehmen, sondern von einem großen Industriekonzern.<br />

Dort sieht sich das Management einem<br />

ganz anderen Ziel verpflichtet als es die Führung einer bundeseigenen<br />

„Non Profit Organisation“ haben sollte. Das Ziel<br />

heißt Gewinnmaximierung, und ein Manager, der nicht nach<br />

diesen Vorgaben arbeiten darf, muss sich eigentlich vorkommen<br />

wie Casanova in einem Lesbenwohnheim.<br />

Zu Zeiten der neoliberalen Wirtschaftskonzepte, bei denen<br />

Privatisierung und Wettbewerb als der einzig selig machende<br />

Weg zum Erfolg gesehen und dies einem Mantra gleich<br />

immer wieder vorgetragen wurde, konnte es natürlich nicht<br />

ausbleiben, dass nun plötzlich auch die Kapitalprivatisierung<br />

der DFS auf der Tagesordnung stand. Dass diese letztlich<br />

gescheitert ist, ist weniger der Einsicht der politischen<br />

Mehrheit im Bundestag zu verdanken, als vielmehr dem Veto<br />

des Bundespräsidenten.<br />

Der Chefetage der DFS mag dies vielleicht nicht gefallen haben.<br />

Dennoch schien sie sich aufzumachen, die Firma weiterhin<br />

auf Wettbewerb zu trimmen und sie zu einem ganz<br />

normalen Industriekonzern umzubauen. Dazu gehören Maßnahmen,<br />

möglichst alle Führungskräfte in außertarifliche<br />

Beschäftungsverhältnisse zu locken, moderne „Management-Tools“<br />

wie Zielvereinbarungen und Boni für die Führungskräfte<br />

einzuführen. Dabei ist bei diversen Berufsgruppen,<br />

zum Beispiel bei Finanzinstituten oder bei<br />

Versicherungen, schon längst klar geworden, welchen Schaden<br />

diese „Management-Tools“ anrichten können. Nämlich<br />

dann, wenn die Mitarbeiter mehr auf ihre Boni achten als auf<br />

das „große Ganze“. Mitarbeiter der DFS sollen ja auch nur<br />

Menschen sein…<br />

Dagegen wurde seit Jahren bei der Einstellung und Ausbildung<br />

von Controllern gespart. Personalkosten stellen nun<br />

einmal einen nicht ganz unbeträchtlichen Faktor dar und<br />

vielleicht hatte die Geschäftsführung gehofft, durch entsprechende<br />

Technik mit weniger Lotsen auskommen zu können.<br />

Das Ergebnis ist bekannt – die DFS hat viel zu wenig<br />

Controller, um für die Herausforderungen des weiter wachsenden<br />

Luftverkehrs gewappnet zu sein. Nun müssen die<br />

Controller jene Suppe auslöffeln, die nicht sie sich eingebrockt<br />

haben. Mit Überstunden. Dass der Schichtdienst<br />

auch bei den Controllern seinen Tribut fordert, sollte ja eigentlich<br />

vom Kastner-Gutachten her bekannt sein. Um den<br />

Folgen des durch Überstunden und Schichtdienst entstehenden<br />

„Fatigue“-Syndroms entgegentreten zu können,<br />

sollte jedoch nicht mehr, sondern weniger gearbeitet werden.<br />

Dies kann man in der sogenannten Moebus-Studie<br />

nachlesen. Die befasst sich eigentlich mit „Fatigue“ bei Piloten.<br />

Aber das, was da drin steht, kann ohne weiteres auf<br />

Controller übertragen werden. Wem die Sicherheit am Herzen<br />

liegt, sollte von Überstunden die Finger lassen. Sie helfen<br />

zwar gegen Controllermangel, nicht jedoch gegen die<br />

negativen Folgen von „Fatigue“.<br />

Und dann kam der „Single European Sky“. Der verlangt der<br />

DFS einiges ab. Denn die muss von der bisherigen Vollkostendeckung<br />

Abschied nehmen. Zukünftig dürfen nach EU-<br />

Vorgaben bei den Gebühren und bei den Verspätungen bestimmte<br />

Obergrenzen nicht mehr überschritten werden. Die<br />

Flugsicherungsdienstleister geraten unter Druck, weil sie<br />

dadurch dem Wettbewerb ausgesetzt werden. Voraussetzung<br />

für diesen ist jedoch, dass alle Teilnehmer unter den<br />

gleichen Voraussetzungen ins Rennen gehen. Doch dies ist<br />

nicht der Fall. In Frankreich werden viele Kosten, welche die<br />

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