100. GBR Sitzung ATC Alltag Alles eine Frage des ... - GdF
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<strong>ATC</strong> International<br />
Hamburg, Köln-Bonn, München und Stuttgart. Bezüglich<br />
der Verspätungen an diesen ausgewählten Flughäfen<br />
ergeben sich bereits die ersten Unterschiede<br />
zwischen Europa und den USA. Während sich die Zahlen<br />
in den USA auf Verspätungen bei den Ankünften<br />
beziehen, werden in Europa die Abflüge betrachtet.<br />
Wobei der Bericht berechtigterweise feststellt, dass<br />
bei den Verspätungsraten an den einzelnen Flughäfen<br />
Fakten wie die Kapazität <strong>des</strong> Flughafens und der Flugsicherung,<br />
Pistenkonfiguration und Wetterereignisse<br />
berücksichtigt werden müssen.<br />
Allgem<strong>eine</strong> Daten<br />
Während die geographische Fläche der USA (10,4 Mio.<br />
km 2 ) mit der Europas (11,4 Mio. km 2 ) nahezu identisch<br />
ist, gibt es bei der Organisation und der Leistungsfähigkeit<br />
der Flugsicherung zum Teil erhebliche Unterschiede.<br />
Zumin<strong>des</strong>t auf den ersten Blick. Während es<br />
in Europa 38 Flugsicherungsdienstleister (ANSP) gibt,<br />
ist dies in den USA nur <strong>eine</strong>r. Das schlägt sich natürlich<br />
auch auf die Zahl der Controller und der Bezirkskontrollstellen<br />
nieder. In den USA gibt es lediglich 20<br />
ACCs, in Europa 65. Allerdings sieht es bei der Zahl<br />
der Kontrollsektoren etwas anders aus. Da existieren<br />
in Europa nur 679, in den USA jedoch 955.<br />
Auch bei der Zahl der eingesetzten Controller gibt<br />
es unübersehbare Unterschiede. Während in Europa<br />
16 800 Lotsen (ca. 60% in der Streckenkontrolle und<br />
ca. 40% im Tower/Approachbereich) tätig sind, liegt<br />
die Zahl in den USA rund 17% niedriger. 14 000 Controller<br />
werden dort beschäftigt; 60% bei der Streckenkontrolle,<br />
25% bei Tower/Approach (TRACON) und<br />
15% ausschließlich in der Platzkontrolle. Dazu kommt,<br />
dass die amerikanischen Lotsen aus wirtschaftlicher<br />
Sicht effizienter arbeiten. Mit 17 Millionen IFR-Flügen<br />
pro Jahr wickeln sie 70% mehr Verkehr ab als ihre europäischen<br />
Kollegen (10 Mio. IFR-Flüge). Ein wichtiger<br />
Grund für diese oftmals gravierenden Unterschiede<br />
liegt in der Vielzahl nationaler ANSPs, ein Umstand<br />
der von den europäischen Fluggesellschaften immer<br />
wieder beklagt wird und der nun durch den Single<br />
European Sky (SES) beseitigt werden soll.<br />
Auch hinsichtlich der kontrollierten Plätze ergeben<br />
sich auf den ersten Blick große Unterschiede. Während<br />
es in Europa davon 450 gibt, werden von der<br />
FAA nur 263 betrieben. Allerdings müssen noch 240<br />
sogenannte „contact towers“ hinzugezählt werden,<br />
so dass in den USA insgesamt 503 kontrollierte Plätze<br />
existieren. Allerdings wird die Masse <strong>des</strong> Verkehrs<br />
auf beiden Seiten <strong>des</strong> Atlantiks an <strong>eine</strong>r relativ geringen<br />
Zahl von Flughäfen abgewickelt. Weshalb bei der<br />
Studie, wie bereits erwähnt, jeweils nur 34 Airports<br />
berücksichtigt wurden.<br />
Auch bei der Verkehrsentwicklung in den letzten zehn<br />
Jahren gibt es Unterschiede. Während das Verkehrsaufkommen<br />
in den USA in diesem Zeitraum mehr oder<br />
weniger konstant geblieben ist, wurde in Europa ein<br />
Zuwachs von 25% verzeichnet. Der Grund hierfür ist<br />
✈ Die Öffnung der osteuropäischen Märkte und die<br />
Osterweiterung der EU bescherte in den letzen zehn<br />
Jahren <strong>eine</strong>n Verkehrszuwachs von 25 Prozent.<br />
Photo: Werner Fischbach<br />
in der Öffnung der osteuropäischen Märkte, der Osterweiterung<br />
der EU und im Wachstum der „Low-Cost-<br />
Carrier“ zu sehen. Was die Verkehrsdichte betrifft, so<br />
ist diese in den USA über der Nordostküste, in Europa<br />
über Deutschland, der Schweiz und den Beneluxländern<br />
am höchsten.<br />
Unterschiede im Operationellen Bereich<br />
Die großen Unterschiede zwischen den USA und Europa<br />
bestehen weniger in der Durchführung der Flugsicherungskontrolle,<br />
sondern in der Zahl der europäischen<br />
ANSPs und – daraus resultierend – in den<br />
unterschiedlichen technischen Systemen. Zusätzlich<br />
kommt, dass in vielen europäischen Staaten die zivilmilitärische<br />
Zusammenarbeit nicht unbedingt von<br />
<strong>eine</strong>m kooperativen Geist geprägt ist.<br />
Ein wichtiger Unterschied liegt auch in der Art und<br />
Weise wie man versucht, <strong>eine</strong> Überlastung <strong>des</strong> Flugsicherungssystems<br />
zu verhindern. In den USA bestehen,<br />
abgesehen von den New Yorker Flughäfen La Guardia,<br />
John F. Kennedy und Newark sowie, allerdings nicht<br />
aus Kapazitätsgründen, dem Ronald Reagan Washington<br />
National Airport k<strong>eine</strong> Einschränkungen hinsichtlich<br />
der Flugplangestaltung. Es gibt dort also k<strong>eine</strong><br />
Airport-Slots und natürlich auch k<strong>eine</strong>n Flugplankoordinator.<br />
Die Nachfrage orientiert sich nach den<br />
Plänen der Fluggesellschaften sowie an den Kosten,<br />
die sowohl durch eventuelle Verspätungen als auch<br />
durch zusätzliche Flüge entstehen. Dies hat für die<br />
Airlines auch <strong>eine</strong>n Vorteil. Wenn es k<strong>eine</strong> Slots gibt,<br />
dann können auch k<strong>eine</strong> verfallen, wenn ein Flug hin<br />
und wieder mangels Nachfrage gestrichen wird.<br />
In Europa ist das ein wenig anders. 73 der insgesamt<br />
450 Flughäfen unterliegen der vollen Koordinationspflicht<br />
(„slot coordinated“). Dabei orientieren sich die<br />
Europäer an der IFR-Kapazität <strong>eine</strong>s Flughafens, während<br />
für die USA der maximale „Durchsatz“ ausschlaggebend<br />
ist und dieser sich an optimalen Wetterbedingungen<br />
ausrichtet. Im Bericht wird von „VFR-Capacity“<br />
gesprochen, obwohl sicherlich die Kapazität bei Sichtflugbedingungen<br />
(VMC) gemeint ist. Was sich natürlich<br />
immer dann als negativ erweist, wenn die vorhandene<br />
Kapazität der Nachfrage nicht standhalten kann. Dies<br />
bedeutet jedoch nicht, dass es in den USA k<strong>eine</strong><br />
Verkehrsflusssteuerungsmaßnahmen geben würde.<br />
27 der flugleiter 2010/01