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GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz

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Schulen<br />

Integration darf nicht mit der Grundschule enden<br />

Positionspapier von <strong>GEW</strong> und LAG „Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen“<br />

Anlässlich eines Arbeitstreffens von<br />

VertreterInnen der <strong>GEW</strong> und der<br />

Landesarbeitsgemeinschaft „Gemeinsam<br />

Leben - Gemeinsam Lernen“<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> e.V. (LAG) haben<br />

die beiden Organisationen ein Positionspapier<br />

verabschiedet.<br />

In elf rheinland-pfälzischen Grundschulen<br />

wird seit dem Schuljahr 1997/98<br />

nach dem Folgekonzept gearbeitet, nachdem<br />

dort einer der beiden Schulversuche<br />

„Gemeinsamer Unterricht von Kindern<br />

mit und ohne Beeinträchtigungen“ bzw.<br />

die „Lern- und Spielschule“ ausgelaufen<br />

ist. Die elf Grundschulen befinden sich<br />

mit diesem Konzept jetzt im vierten Jahr.<br />

Die Erfahrungen an den Schulen haben<br />

gezeigt, dass die personelle Ausstattung<br />

nicht ausreicht, um dem integrativen<br />

Auftrag nachzukommen und die Integration<br />

behinderter Kinder zu sichern.<br />

Aufgrund dieser Situation fordern LAG<br />

und <strong>GEW</strong> die Landesregierung auf, die<br />

für die Schulen notwendigen Voraussetzungen<br />

für Integration zu schaffen. Zentrale<br />

Forderungen in ihrem Positionspapier<br />

sind: Folgekonzeptschulen brauchen<br />

mehr Stunden von SonderpädagogInnen;<br />

sie brauchen flexible Rahmenbedingungen;<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> muss ein flächendeckendes<br />

Angebot an Schulen, die<br />

gemeinsamen Unterricht anbieten, aufgebaut<br />

werden; die Integration darf nicht<br />

mit der Grundschule enden, sondern ist<br />

in der Sekundarstufe I fortzuführen; alle<br />

Beteiligten müssen ausreichend informiert<br />

sein.<br />

gebots für gemeinsamen Unterricht.<br />

Das Recht behinderter Kinder auf gemeinsames<br />

Lernen mit nicht behinderten<br />

MitschülerInnen muss in einer vertretbaren<br />

Zeitspanne im gesamten Land<br />

umgesetzt werden. Wir fordern daher ein<br />

flächendeckendes Angebot an Schulen,<br />

die gemeinsamen Unterricht anbieten.<br />

Hierzu sind „Schwerpunktschulen“ einzurichten,<br />

die für beeinträchtigte Kinder<br />

in einer angemessenen Fahrzeit erreichbar<br />

sind.<br />

Keine Begrenzung des gemeinsamen<br />

Unterrichts auf bestimmte Klassenstufen.<br />

Integration ist ein lebenslanger Prozess.<br />

Deshalb darf Integration nicht mit der<br />

Grundschule enden und nicht davon<br />

abhängig gemacht werden, dass der Abschluss<br />

der Regelschule erreicht werden<br />

kann. Das pädagogische Prinzip des zieldifferenten<br />

Unterrichts muss für die gesamte<br />

Schullaufbahn angewandt werden.<br />

Es müssen Konzepte entwickelt werden,<br />

wie gemeinsamer Unterricht von beeinträchtigten<br />

und nicht beeinträchtigten<br />

Kindern auch in der Sekundarstufe I<br />

außerhalb von Schulversuchen fortgeführt<br />

werden kann.<br />

Integration muss in einem für alle<br />

Beteiligten verlässlichen Rahmen<br />

stattfinden.<br />

Hierzu gehören Information aller Beteiligten<br />

und Konstanz: An den Übergangsstellen<br />

innerhalb des Schulsystems, d.h.<br />

beim Wechsel vom Kindergarten zur<br />

Grundschule und von der Grundschule<br />

zur Sekundarstufe I wird eine Fortführung<br />

der Integration häufig blockiert. Eltern<br />

beeinträchtigter Kinder müssen<br />

rechtzeitig vor der Schulanmeldung über<br />

integrative Angebote informiert werden<br />

(Informationssicherheit). Schulen müssen<br />

frühzeitig Informationen darüber haben,<br />

welche sonderpädagogischen Ressourcen<br />

für beeinträchtigte Kinder zu Verfügung<br />

gestellt werden (Planungssicherheit für<br />

die Schulen). Eine Überweisung eines beeinträchtigten<br />

Kindes an eine Sonderschule<br />

darf nicht ohne das Einverständnis<br />

der Eltern erfolgen (Zukunftssicherheit<br />

für Eltern und Kinder).<br />

Integration ist ein zentrales Thema<br />

der Schulentwicklung.<br />

Jede Schule hat sich der Frage zu stellen,<br />

welchen Stellenwert sie der Integration<br />

Die Forderungen im Einzelnen:<br />

Folgekonzeptschulen brauchen mehr<br />

sonderpädagogische Ressourcen.<br />

Folgekonzeptschulen sollen alle Kindes<br />

der Einzugsgebietes ungeachtet ihrer Beeinträchtigungen<br />

aufnehmen und fördern.<br />

Für eine verantwortbare Integration<br />

reichen die sonderpädagogischen<br />

Ressourcen, die den Schulen zugewiesen<br />

werden, nicht aus. Die derzeitige personelle<br />

Ausstattung fördert eher eine integrationshemmende<br />

resignative Haltung<br />

an den Schulen. Wir fordern daher, die<br />

personelle Grundausstattung aufzustokken.<br />

Kinder dürfen nicht erst als behindert<br />

etikettiert werden, um ihnen dann<br />

in oft mühseligen Einzelentscheidungen<br />

zusätzliche Förderstunden zu gewähren.<br />

Keine regionale Begrenzung des Anim<br />

Rahmen ihres Schulprofils einräumen<br />

will. Bei diesem Klärungsprozess brauchen<br />

Schulen Information und Unterstützung<br />

durch eine Koordinierungsstelle, damit<br />

Ängste und Vorbehalte abgebaut und ein<br />

von möglichst vielen getragenes Selbstverständnis<br />

von Integration geschaffen werden<br />

kann.<br />

Folgekonzeptschulen brauchen flexible<br />

Rahmenbedingungen.<br />

Für Klassen, in denen beeinträchtigte<br />

Kinder unterrichtet werden, muss die offizielle<br />

Klassenmesszahl auf 18 SchülerInnen<br />

abgesenkt werden, um die Kontinuität<br />

in der pädagogischen Arbeit zu sichern,<br />

muss den Schülern ein Mitspracherecht bei<br />

der Zuweisung der Lehrkräfte an ihre<br />

Schule eingeräumt werden; Sonderschullehrkräfte<br />

sollten an die Regelschule versetzt<br />

und nicht abgeordnet werden. Da<br />

gemeinsamer Unterricht ohne eine zeitaufwendige<br />

Kooperation der Lehrkräfte<br />

untereinander unmöglich ist, sind Anteile<br />

für die Kooperation in das Stundendeputat<br />

aufzunehmen. Dies sind wichtige<br />

Steuerungselemente für Schulen, um auf<br />

die Besonderheiten vor Ort angemessen<br />

reagieren zu können.<br />

Die Vereinzelung und Isolierung der<br />

Folgekonzeptschulen muss aufgehoben<br />

werden.<br />

Folgekonzeptschulen müssen untereinander<br />

u.a. über die regionale Fachberatung<br />

vernetzt werden. Wir fordern den Erhalt<br />

und den Ausbau der regionalen Fachberatung<br />

und den Aufbau einer Integrationsberatungsstelle,<br />

in der die Informationen<br />

aus den Schulen gebündelt und Erfahrungen<br />

im Sinne einer Qualitätsentwicklung<br />

ausgewertet werden und die ihrerseits<br />

mit innovativen Ansätzen in die<br />

Schulen hinein wirkt.<br />

Konzeptuelle Verknüpfung von Schulsozialarbeit<br />

und Integration.<br />

Folgekonzeptschulen sind häufig an sozialen<br />

Brennpunkten mit deren spezifischen<br />

Problemstellungen angesiedelt. Wir fordern<br />

daher eine stärkere Einbindung der<br />

Schulsozialarbeit und ein verstärktes Angebot<br />

von Ganztagsschulen mit den entsprechenden<br />

Betreuungsangeboten. Eine<br />

Konzentration von Folgekonzeptschulen<br />

in sozialen Brennpunkten ist aber zu vermeiden,<br />

da Integration eine von allen gesellschaftlichen<br />

Gruppen gleichermaßen<br />

zu leistende Arbeit ist.<br />

14 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00

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