GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz
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Schule und Umwelt<br />
„Es ist verrückt, wenn Lernen krank macht!“<br />
Bericht aus der AG „Gesundheitsfördernde Schule“<br />
Viel wurde auf der <strong>GEW</strong>-Fachtagung von Giften gesprochen. Giften allerorten:<br />
im Baumaterial ebenso wie in der Nahrung, in Innenräumen<br />
wie in Außenräumen. Gegen das häufige administrative Herunterspielen<br />
vergifteter Belastungswelten ist das problembewusste, das problemaufzeigende,<br />
das problembekämpfende Gegenspiel für gesunde<br />
Lebenswelten ein unbedingtes „Muss“.<br />
Wenn es um Gesundheitsförderung<br />
geht, dann geht es aber immer um<br />
ein doppeltes: um die Wechselwirkung<br />
von (objektiven) Verhältnissen<br />
und dem (subjektiven) Verhalten.<br />
Die Verhältnisse prägen das Verhalten.<br />
Und das Verhalten prägt die<br />
Verhältnisse.<br />
Gesundheitsförderung ist dabei ein<br />
bewusst positiv gerichteter Begriff. Er<br />
ist Ausdruck der Abkehr von Schrekkensszenarien,<br />
die sich primär um<br />
die Vermeidung von Risikofaktoren<br />
bemüh(t)en. Kennzeichnend für die<br />
negativ ausgerichteten Vermeidungsstrategien<br />
sind die Anti-Raucher-Filme,<br />
in denen z. B. grässliche Raucherbeine<br />
und Raucherlungen gezeigt<br />
werden. Bei manchen haben die<br />
Abschreckungsszenarien dazu geführt,<br />
das verursachende Rauchen zu<br />
lassen. Viele (Raucher) sind aber,<br />
wenn sie sich die Filme überhaupt<br />
angeschaut haben, aus den Filmen<br />
herausgegangen und haben gesagt:<br />
„Jetzt muss ich als erstes eine rauchen!“.<br />
Die Umbenennung der AOK von<br />
einer Krankheitskasse zu einer Gesundheitskasse<br />
soll die Umkehrung<br />
des Denkens von der Abwehr der<br />
Krankheit hin zur Förderung der<br />
Gesundheit ebenfalls ausdrücken.<br />
Klar, dass es nicht nur bei einem<br />
Wort-Wechsel bleiben darf. Entscheidend<br />
ist, ob dem anderen Denken<br />
andere Taten folgen.<br />
Die gesundheitsfördernde Schule<br />
fragt: Was ist notwendig, damit alle,<br />
die mit einer einzelnen Schule zu tun<br />
haben, in einem umfassenden Sinne<br />
sich in der Schule wohl fühlen.<br />
Umfassend meint: in körperlicher, in<br />
geistiger, in seelischer Hinsicht. Die<br />
gesundheitsfördernde Schule orientiert<br />
sich also an dem umfassenden<br />
Gesundheitsverständnis, wie es von<br />
der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) in ihrer berühmten Ottawa-Charta<br />
Anfang der 80iger Jahre<br />
formuliert wurde. Indem die gesundheitsfördernde<br />
Schule nach einem<br />
umfassenden Wohlbefinden in<br />
der Schule fragt, einem Wohlbefinden<br />
bei den Kindern und Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen, bei<br />
den professionellen Pädagogen, auch<br />
bei den Eltern und den Familien<br />
beider, der SchülerInnen wie der<br />
LehrerInnen, auch nach den Wirkfaktoren<br />
der schulischen Umwelt<br />
und des schulischen Umfelds, eignet<br />
sich Gesundheitsförderung hervorragend<br />
als Leitlinie für jede Art<br />
von Schulentwicklungsprozessen. Es<br />
ist verrückt, wenn Lernen krank<br />
macht! Wann aber trägt Lernen zum<br />
Gesunden bei? Denn es geht in der<br />
gesundheitsfördernden Schule nicht<br />
nur darum, etwas über Gesundheit<br />
zu lernen, sondern vor allem, gesund<br />
zu lernen. Otto Herz: „Es gibt Belastungen,<br />
die machen krank. Und es<br />
gibt Anstrengungen, die führen zum<br />
Gesunden. Das ist der Unterschied<br />
zwischen (dem negativen) Di-Stress<br />
und (dem positiven) Eu-Stress.“ Konkrete<br />
Beispiele für gesundendes Lernen<br />
wurden zusammengetragen entlang<br />
den „I-s der Schulentwicklung“,<br />
die Otto Herz benannte: Das Ich/das<br />
Individuum; die Interaktionen zwischen<br />
den Individuen; die Art der<br />
Instruktion und die Frage nach den<br />
Inhalten in der Schule; die Institution;<br />
die zentrale(n) Ideen, der/denen<br />
eine Schule folgt; die Inspektion, die<br />
manchmal zur Inquisition missrät;<br />
die Art, wie Innovationen betrieben<br />
werden; fördern sie die Identifikation<br />
mit der Schule oder eher das Gegenteil?<br />
Und dies alles eingebettet im<br />
Insgesamt des Zeitgeistes, der kaum<br />
noch der Integration dient, sondern<br />
mehr und mehr ausgrenzt.<br />
„Schade“, sagten die meisten TeilnehmerInnen,<br />
„dass wir nicht mehr Zeit<br />
hatten. Uns ist klar geworden: das<br />
Programm gesundheitsfördernde<br />
Schule füllt locker einen ganzen Fortbildungstag<br />
- um dann in einen gesundheitsfördernden<br />
Schulentwicklungsprozess<br />
in der eigenen Schule<br />
einzusteigen.“<br />
oh<br />
„Der Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
im Lehrerberuf“<br />
Prof. Bernd Rudow berschreibt in seinem<br />
Buch die Gefährdungsbeurteilung<br />
der Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern.<br />
Der Band kann von <strong>GEW</strong>-Mitgliedern<br />
gegen einen Unkostenbeitrag<br />
von 20.- DM bei der <strong>GEW</strong>-Landesgeschäftsstelle<br />
in 55116 Mainz, Neubrunnenstraße<br />
8, Telefon: 06131/<br />
28988-0, Fax: 06131/28988-80, E-<br />
Mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-<strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong>.de angefordert werden.<br />
d.r<br />
16 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00