GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz
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12 / 00<br />
-Zeitung<br />
109. Jahrgang<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Demo gegen rechte Gewalt<br />
in Ludwigshafen am 9. November:<br />
Grundschulkinder weisen auf die drohende Abschiebung eines bosnischen Mitschülers und<br />
seiner Familie hin.<br />
Foto: Lukas Schmitt
Editorial / Inhalt / Impressum<br />
Vom Lebkuchenterror und<br />
von anderen Nervensägen<br />
In der Tat, wenn man bereits schon im September<br />
in Supermärkten mit Advents-Dickmachern<br />
konfrontiert wird, so kann das nur<br />
noch als unappetitlicher Lebkuchen-Terror<br />
empfunden werden. Für Redaktionen kommt<br />
das manchmal noch härter: Teilweise schon in<br />
den Sommerferien trudeln Angebote für Weihnachtskarten,<br />
Kalender und ähnliche in dieser<br />
Zeit unabkömmliche Waren ein. Wobei sich<br />
dann auch die Frage stellt, woher diese zahllosen<br />
Kleinverlage mit ihren lebensnotwendigen Angeboten die Adresse<br />
unserer Zeitung haben. In solchen Fällen ist das gerade noch zu ertragen,<br />
denn nicht weit von unserem Postfach steht ein Altpapiercontainer.<br />
Echte Nervensägen sind dagegen die obskuren Fax-Dienste, die<br />
mehrmals in der Nacht ihre für uns völlig unbrauchbaren Meldungen<br />
senden, uns um Schlaf, Papier sowie Farbbänder berauben und auch<br />
nach mehrmaliger Aufforderung nicht aufhören, uns ihre ungewollten<br />
Dienste aufzudrängen.<br />
Sehense mal, Herr Hundt, was <strong>GEW</strong>-aktive Lehrkräfte so alles über<br />
unser Wirtschaftsleben mitkriegen. Berauschend, da wären wir doch<br />
glatt befähigt für die Unterrichtsbefähigung im Fach „Schrott, den die<br />
freie Wirtschaft produziert“. Ja, „die freie Wirtschaft“. Auch solch ein<br />
ätzender Kampfbegriff, der gerne zitiert wird, um den Beschäftigten<br />
im öffentlichen Dienst zu suggerieren, in dieser ihnen unbekannten<br />
Welt herrschten Kreativität, Wagemut und Effizienz, während der öde<br />
öD gekennzeichnet sei durch Verkrustung, Schlafmützigkeit und Verschwendung.<br />
Haha, kann man da nur sagen. Wir erinnern uns z.B.<br />
an eine halbseitige Anzeige, die der „Weltkonzern“ BASF vor einiger<br />
Zeit in unserer Zeitung aufgab. Bürokratischer ging`s gar nicht. Anruf<br />
auf Anruf wegen Kleinigkeiten, der Film kam erst auf den allerletzten<br />
Drücker, und am Schluss wurde dann noch der lächerliche Anzeigenpreis<br />
gedrückt, indem das Geschäft über eine eigene Agentur abgewikkelt<br />
wurde.<br />
Also, seien wir locker und selbstbewusst, wenn uns mal wieder Damen<br />
und Herren aus diesem Milieu in der ihnen eigenen Überheblichkeit<br />
einreden wollen, wir seien die bequemen verbeamteten Schmarotzer,<br />
die nur von ihren überragenden Leistungen profitierten. Und lasst uns<br />
auch damit aufhören, in jeder Diskussion um didaktische Neuerungen<br />
davon zu schwärmen, wie progressiv heutzutage „in der Wirtschaft“<br />
Aus dem Inhalt <strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Nr. 12 / 2000:<br />
Editorial: Vom Lebkuchen-Terror … Seite 2<br />
Schulen: Kommentar Seite 3 - 4<br />
Schulen / Grundschultag Seite 5 - 14<br />
Schulen und Umwelt Seite 15 - 17<br />
Bildungspolitik der CDU Seite 18 - 19<br />
Personalvertretung Seite 20 - 24<br />
Schulaufsicht Seite 25 - 27<br />
Rechte Gewalt / Rechtsschutz Seite 28 - 29<br />
Alter + Ruhestand / Leserbrief Seite 30 - 31<br />
Tipps + Termine Seite 32<br />
Kreis + Region Seite 33 - 34<br />
Schulgeist / Das Allerletzte Seite 35<br />
Schulgeist Seite 36<br />
ausgebildet und gearbeitet werde. Dort werden schöne Vokabeln wie<br />
„Unternehmenskultur“ nämlich rasch zu Makulatur, wenn´s ans Eingemachte<br />
geht. Vielleicht sollten wir uns mal öfter austauschen mit den<br />
KollegInnen aus den anderen DGB-Gewerkschaften.<br />
Vom Allgemeinen zum Konkreten, also von der freien Wirtschaft zu<br />
den spätsommerlichen Lebkuchen und damit zu unserem eigentlichen<br />
Problem: Auch wir müssen zu einem Zeitpunkt an das Jahresende denken,<br />
an dem wir eigentlich noch auf wärmende Sonnenstrahlen hoffen<br />
und es uns vor versüßtem Glühwein bei Weihnachtsliedergedudel auf<br />
Adventsmärkten graut.<br />
Dennoch: Diese ist die letzte <strong>GEW</strong>-Zeitung in diesem Jahr. Und da<br />
für Lehrkräfte ein Jahr gleich zweimal endet, kalendarisch und zu Beginn<br />
der Sommerferien, müssen wir aufpassen, uns nicht schon wieder<br />
mit den gleichen Floskeln ins „Neue“ zu verabschieden. Machen wir es<br />
deshalb kurz und verschonen wir unsere LeserInnen und uns mit der<br />
Aufzählung dessen, was uns in den vergangenen zwölf Monaten geplagt<br />
hat. Sehen wir das Positive für die <strong>GEW</strong>: Sowohl aus dem Gewerkschaftstag<br />
als insbesondere aus den ADD-Personalratswahlen ging<br />
die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> gestärkt hervor. Dies kann uns optimistisch<br />
stimmen für 2001. Auch dann stehen zunächst Wahlen im Vordergrund:<br />
Die Landtagswahlen werden wir kritisch-beobachtend begleiten<br />
mit der stillen Hoffnung, dass es hinterher nicht noch schlimmer<br />
für die Bildungspolitik kommt. Bei den HPR- und ÖPR-Wahlen werden<br />
wir wiederum alle Kräfte mobilisieren müssen, um zu bestätigen,<br />
dass die <strong>GEW</strong> insgesamt die stärkste Interessenvertretung der Beschäftigten<br />
an den Schulen ist.<br />
Zu wünschen bleibt für die letzten Wochen des Jahres: Wir sollten uns<br />
nicht zu sehr treiben lassen vom Notendruck der bevorstehenden Halbjahreszeugnisse,<br />
sondern uns Zeit nehmen, um mit unseren SchülerInnen<br />
besinnliche Momente verbringen zu können. Denn bei allem, was<br />
umstritten ist, eines ist klar: Nichts brauchen junge Menschen heute so<br />
sehr wie Zuwendung, Zeit und Interesse an ihnen. Für sie gibt es keine<br />
„guten und schlechten Fächer“, „keine guten und schlechten Schulen<br />
bzw. Schularten“, keine „alten oder<br />
jungen, progressiven oder konservativen<br />
LehrerInnen“, für sie zählt<br />
letztendlich nur das, was ihnen der<br />
Mensch in der Rolle der Lehrkraft<br />
entgegen bringt.<br />
Das ist schwer für uns, das ist schön<br />
für uns.<br />
Im Namen der <strong>GEW</strong> wünschen wir<br />
alles Gute für 2001.<br />
Günter Helfrich<br />
Impressum <strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Herausgeber:<br />
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Neubrunnenstr. 8, 55116 Mainz,<br />
Tel.: (0 61 31) 28988-0, Fax: (06131) 28988-80, E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-RLP.de<br />
Redaktion:<br />
Günter Helfrich (verantw.) und Karin Helfrich, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen, Tel./ Fax:<br />
(0621) 564995, e-mail: <strong>GEW</strong>ZTGRL1@aol.com; Ursel Karch ( Anzeigen), Arnimstr. 14, 67063<br />
Ludwigshafen, Tel./Fax: (0621) 69 73 97, e-mail: UKarch5580@aol.com; Antje Fries, Rheindürkheimer<br />
Str. 3, 67574 Osthofen, Tel./Fax: (0 62 42) 91 57 13, e-mail: antje.fries@gmx.de<br />
Verlag, Satz und Druck:<br />
Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt a.d.W., Tel.: (06321) 8 03 77;<br />
Fax: (0 63 21) 8 62 17; e-mail: VPPRei@aol.com, Datenübernahme per ISDN: (0 63 21) 92 90 92<br />
(Leonardo-SP - = 2 kanalig)<br />
Manuskripte und Beiträge:<br />
Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen nicht in jedem Falle der<br />
Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Nur maschinengeschriebene Manuskripte können<br />
angenommen werden. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen.<br />
Manuskripte und sonstige Zuschriften für die Redaktion der <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> werden<br />
nach 67023 Ludwigshafen, Postfach 22 02 23, erbeten.<br />
Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich DM 35,-- incl. Porto<br />
+ MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres.<br />
Im anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />
Anzeigenpreisliste Nr. 11 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluß: jeweils der 5. des Vormonats.<br />
2 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Kommentar<br />
MARKUS - Hoher Aufwand, geringe Erkenntnisse!<br />
Der <strong>GEW</strong>-<br />
Landesvorsitzende<br />
Tilman<br />
Boehlkau<br />
setzt sich kritisch<br />
mit den<br />
ersten Ergebnissen<br />
von<br />
„MARKUS“<br />
auseinander.<br />
Mit hohem finanziellem und<br />
personellem Einsatz wurde<br />
MARKUS (Mathematik-Gesamterhebung<br />
<strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> - Kompetenzen, Unterrichtsmerkmale,<br />
Schulkontext)<br />
vorbereitet, am 30. Mai 2000<br />
in allen achten Klassen der<br />
weiterführenden Schulen<br />
durchgeführt und am 13. November<br />
2000 wurden erste Ergebnisse<br />
der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />
Hat sich der Aufwand gelohnt? Sind<br />
die Ergebnisse so wegweisend, dass sie<br />
die Schullandschaft in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
verändern? Werden die im Frühjahr<br />
versprochenen Unterstützungsleistungen<br />
gewährt?<br />
Die ersten Ergebnisse sind aus meiner<br />
Sicht Plattitüden, Selbstverständlichkeiten<br />
und wenig Konkretes, das haben<br />
die LehrerInnen, SchulleiterInnen<br />
und Eltern auch schon vorher gewusst.<br />
Aber jetzt ist es wissenschaftlich belegt!<br />
Und nun?<br />
Nach meiner ersten subjektiven Durchsicht<br />
fallen mir zwei Punkte auf, die<br />
ich etwas näher betrachten und kritisch<br />
hinterfragen möchte:<br />
1. „Die Größe der Klassen und der<br />
Unterrichtsausfall spielen kaum eine<br />
Rolle bei der mathematischen Leistungsfähigkeit<br />
der SchülerInnen.“<br />
Ich halte diese Feststellung für nicht<br />
aussagekräftig genug. Es wurden keine<br />
Vergleichszahlen zu anderen Fächern<br />
erhoben. Bereits bei der Vorstellung von<br />
MARKUS hat die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> prognostiziert, dass bis Mai 2000<br />
alle frei werdenden Ressourcen in den<br />
Mathematikunterricht gesteckt werden<br />
und dass es kaum Unterrichtsausfall im<br />
Fach Mathematik geben wird. Dies<br />
war und ist übrigens schon immer der<br />
Fall, denn bevor der Mathematikunterricht<br />
ausfällt, wird erst einmal in den<br />
sogenannten Nebenfächern, insbesondere<br />
in Musik, Kunst und Sport, gestrichen.<br />
Die Eltern sorgen schon für den<br />
notwendigen Druck.<br />
Und dass die Größe einer Klasse ebenfalls<br />
kaum eine Rolle spielt, wen<br />
wundert´s? Auch hier muss festgehalten<br />
werden, dass im Hinblick auf den<br />
30. Mai 2000 alle Anstrengungen unternommen<br />
wurden, um die SchülerInnen<br />
fit für den anstehenden Test zu<br />
machen. Um mich nicht falsch zu verstehen<br />
- ich halte das für ein legitimes<br />
Vorgehen. Aber die Feststellung in einem<br />
wissenschaftlich fundierten Test<br />
finde ich für gewagt.<br />
2. Über eine andere Aussage bin ich<br />
gestolpert und bin nach mehrmaligem<br />
Lesen immer noch unangenehm berührt:<br />
In der dpa-Meldung vom 13. November<br />
2000 heißt es: „Nach Angaben von<br />
Helmke zeichnen sich besonders leistungsfähige<br />
Klassen durch einen hohen<br />
Anteil von Schülern mit deutscher<br />
Muttersprache und eine geringe Sprachenvielfalt<br />
aus...“ und in dem „Ersten<br />
Ergebnisbericht“ lesen wir auf Seite 13:<br />
„Sprachliche Homogenität und Sprachenvielfalt:<br />
Hier spielt nicht nur der<br />
reine Anteil von Schülern mit Deutsch<br />
als Muttersprache eine Rolle, sondern<br />
auch die Sprachenvielfalt, d. h. die<br />
Anzahl unterschiedlicher Muttersprachen,<br />
die in einer Klasse gesprochen<br />
werden. Sehr leistungsstarke Klassen<br />
und Kurse sind vergleichsweise homogen...“<br />
Eine in der heutigen Zeit gefährliche<br />
Aussage, die nach meiner Einschätzung<br />
so nicht hätte im Bericht erscheinen<br />
dürfen! Zwar warnen Helmke und<br />
Jäger vor einer selektiven Lesweise. Aber<br />
wen interessiert das, wenn er ganz bestimme<br />
Ziele verfolgt? Aus meiner Sicht<br />
ist im Gegenteil die Multikulturalität<br />
in einer Klasse von ganz besonderem<br />
Nutzen - sie stellt natürlich auch eine<br />
Herausforderung an die Lehrkräfte<br />
und die Politik dar. Denn die Schulen<br />
brauchen die notwendigen Förderstunden<br />
und -Lehrkräfte, um den SchülerInnen<br />
mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
schnellstmöglich den Anschluss an<br />
den Unterricht in den verschiedensten<br />
Fächern zu ermöglichen. Ohne die notwendigen<br />
Unterstützungsleistungen<br />
wird und bleibt es für diese SchülerInnen<br />
schwer, die z. T. doch sehr komplexen<br />
Textaufgaben und Sachzusammenhänge<br />
in Mathematik zu verstehen.<br />
Von daher kann die Aussage von Bildungsminister<br />
Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner<br />
nur unsere volle Unterstützung finden:<br />
„Daher ist nach wie vor eine gezielte<br />
Förderung von Schulen und<br />
Schülerinnen und Schülern mit<br />
schwierigem sozialen Umfeld sowie<br />
Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher<br />
Herkunftssprache dringend notwendig<br />
und wird auch in Zukunft ein<br />
Schwerpunkt der bildungspolitischen<br />
Anstrengungen sein.“ Wir werden es<br />
kontrollieren und auf Defizite aufmerksam<br />
machen.<br />
Abschließend sei festgestellt, dass dieser<br />
„Erste Ergebnisbericht“ zu MARKUS<br />
vielen - auch missverständlichen - Interpretationen<br />
Tür und Tor öffnet. So<br />
hat z. B. der Vorsitzende der F.D.P.-<br />
Fraktion im rheinland-pfälzischem<br />
Landtag, Werner Kuhn, die Integrierte<br />
Gesamtschule ins Abseits gestellt,<br />
denn hier seien die Leistungen in Mathematik<br />
geringer als im Gymnasium.<br />
Da haben Sie aber voll daneben gelangt,<br />
Herr Kuhn, und eine bildungspolitische<br />
Debatte provoziert, die in<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> schon längst ausgestanden<br />
ist - für Sie aber wohl noch<br />
nicht! Der ganze Bericht und alle Auswertungen<br />
müssen gelesen werden,<br />
dann hat eine solche Aussage keinen<br />
Bestand mehr. Denn Minister Zöllner<br />
stellt richtig fest: „Schülerinnen und<br />
Schüler in den entsprechenden Kursen<br />
der Regionalen Schule und den Inte-<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
3
Schulen<br />
grierten Gesamtschule erreichen vergleichbare<br />
Leistungsergebnisse wie ihre<br />
Pendants in der Realschule. Dies gilt<br />
auch für Schülerinnen und Schüler im<br />
entsprechenden Kurs der Integrierten<br />
Gesamtschule und ihre Kolleginnen<br />
und Kollegen in den Gymnasien. Der<br />
alte und immer wieder gern provozierte<br />
Streit um die angeblich bessere Schulart<br />
dürfte damit zu den Akten gelegt<br />
werden könne.“<br />
MARKUS muss jetzt dezidierter ausgewertet<br />
werden, denn die ersten Ergebnisse<br />
sind noch nicht aussagekräftig<br />
genug, und es fehlen mir noch die von<br />
Minister Zöllner im Frühjahr 2000<br />
den Schulen versprochenen Unterstützungsleistungen.<br />
Dass ModeratorInnen<br />
für Mathematik ausgebildet werden,<br />
das kann´s ja wohl nicht gewesen sein,<br />
da muss schon noch ein bisschen mehr<br />
„Butter bei den Fisch“, will sagen:<br />
Fortbildungsangebote, Ausweitung des<br />
Förderunterrichts, mehr FörderlehrerInnen<br />
für den allgemeinen Unterricht<br />
…<br />
Einstellungspraxis für Vertretungen prüfen<br />
<strong>GEW</strong> fordert: Perspektiven für Lehrkräfte und personelle Sicherheit für Schulen<br />
In einem Schreiben an Bildungsminister Zöllner<br />
fordert der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Tilman<br />
Boehlkau die Verbesserung der Situation der<br />
FeuerwehrlehrerInnen und der Vertretungslehrkräfte.<br />
„In Sorge um eine gute Unterrichtsversorgung aller Schularten wenden<br />
wir uns heute an Sie mit der Bitte, die Vorschläge der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> (<strong>GEW</strong>) zu prüfen und<br />
mit uns zu erörtern.<br />
Die Einstellungsrunde zum Schuljahr 2000/2001 hat in einigen Schularten,<br />
teilweise unerwartet bzw. nicht vorhersehbar, zu erheblichen<br />
Problemen geführt. Die BewerberInnen-Listen sind weitgehend „abgeräumt“<br />
und in einzelnen Fächern und Schularten gibt es inzwischen<br />
LehrerInnen-Mangel.<br />
Hiervon sind insbesondere die Berufsbildenden Schulen sowie die Sonderschulen,<br />
in einigen Bereichen aber auch die anderen allgemeinbildenden<br />
Schulen betroffen. Dies hat zur Folge, dass betroffene Schulen<br />
einen höheren strukturellen Unterrichtsausfall zu verkraften haben.<br />
Daneben ergibt sich durch die veränderte BewerberInnen-Lage, dass es<br />
immer schwieriger wird, Lehrkräfte für Vertretungsverträge und im<br />
Grundschulbereich für FeuerwehrlehrerInnen-Stellen zu finden. Außerdem<br />
führt die derzeitige Vertragspraxis häufig zu einem für die Schulen<br />
und die Betroffenen nicht vertretbaren Personalkarussell.<br />
Bis zum heutigen Datum sind z. B. immer noch 25 FeuerwehrlehrerInnen-Stellen<br />
nicht besetzt, was zur Folge hat, dass weniger Lehrkräfte<br />
für die Vertretung zur Verfügung stehen.<br />
Insgesamt sieht die <strong>GEW</strong> deshalb die dringende Notwendigkeit, die<br />
rheinland-pfälzische Einstellungspraxis auf den Prüfstand zu stellen<br />
und aus der veränderten Situation Konsequenzen abzuleiten.<br />
Die Landesregierung hat zwar die Einstellungspraxis der 3/4-BAT-Verträge<br />
in einem Stufenplan neu geregelt. Dies ist nach Meinung der<br />
<strong>GEW</strong> aber nicht ausreichend, um die neu entstandenen Probleme mittel-<br />
und langfristig zu lösen, abgesehen davon, dass die Grundschulen<br />
nicht ausgenommen werden dürfen.<br />
Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> unterbreitet zur Verbesserung der Situation<br />
der FeuerwehrlehrerInnen und der Vertretungskräfte folgende Vorschläge:<br />
• FeuerwehrlehrerInnen-Stellen sollten ab sofort unbefristet angeboten<br />
werden, um dadurch die Attraktivität zu verbessern. Bei der „Feuerwehr“<br />
in der Grundschule handelt es sich eindeutig um Dauerbedarf,<br />
denn für die Verlässlichkeit der „Vollen Halbtagsschule“ ist die sogenannte<br />
Vertretungsreserve unabdingbar.<br />
Die Einrichtung der unbefristeten FWL-Stellen wäre kostenneutral<br />
umzusetzen und auch im Hinblick auf die Auswahl unproblematisch,<br />
weil die FWL-Kräfte bereits jetzt entsprechend dem Landesbeamtengesetz<br />
aus der BewerberInnen-Liste nach Eignung, Leistung und Befähigung<br />
ausgewählt werden.<br />
• Um die Attraktivität der Vertretungsverträge zu verbessern, sollten<br />
Kontingente von auf ein Jahr (einschließlich der Ferien) befristeten Verträgen<br />
abgeschlossen werden. Diese können nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz<br />
bzw. für Beschäftigte mit Vertretungsverträgen über<br />
24 Monaten z. B. konkret für Erziehungsurlaub abgeschlossen werden.<br />
Eine derartige Regelung wäre nicht nur kostenneutral, sondern sogar<br />
kostensparend umzusetzen:<br />
Die <strong>GEW</strong> erwartet, dass BewerberInnen eher bereit sein werden, einen<br />
Vertretungsvertrag für ein ganzes Jahr anzunehmen, weil damit für sie<br />
eine verlässliche Beschäftigung für ein Jahr gesichert wäre.<br />
Der Verwaltungsaufwand zur Fertigung ständig neuer Verträge würde<br />
verringert. Der Vertrag wird nur ein Mal abgeschlossen und damit auch<br />
die Gehaltszahlung für ein Jahr gesichert.<br />
Die Vertretungsstellen sollten sinnvoller Weise bestimmten Regionen<br />
zugeordnet werden, damit bei Wechsel der Einsatzschulen die Fahrstrecken<br />
begrenzt und die Vertretungstätigkeit überschaubar und zumutbar<br />
bleibt.<br />
Die Schulen in einer bestimmten Region wären für einen längeren Zeitraum<br />
mit Vertretungslehrkräften versorgt, die Suche nach VertretungslehrerInnen<br />
für kurze Vertretungstätigkeiten würde entfallen.<br />
Hiermit wäre gleichzeitig auch die personale Kontinuität besser gewährleistet.<br />
Wir haben beobachtet, dass Lehrkräfte teilweise 4,5 oder mehr Jahre in<br />
Vertretungsverträgen arbeiten und sich im Schuldienst bewährt haben.<br />
Nach Ansicht der <strong>GEW</strong> muss dringend eine Regelung getroffen werden,<br />
solche pädagogisch bewährten Kräfte nach einem überschaubaren<br />
Zeitraum - aber spätestens nach vier Jahren - auf eine Planstelle zu<br />
übernehmen.<br />
Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> bittet darum, die o. g. Vorschläge innerhalb<br />
des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung<br />
ernsthaft zu prüfen und mit uns schnellstmöglich in konstruktive Verhandlungen<br />
einzutreten, um dem betroffenen Personenkreis eine berufliche<br />
Perspektive und den Schulen eine personelle Sicherheit zu bieten.“<br />
4 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Schulen<br />
Hehre Ziele – aber wo bleibt die Unterstützung?<br />
Zum Welttag der LehrerInnen haben<br />
der Präsident der Kultusministerkonferenz,<br />
Willi Lemke, die Vorsitzenden<br />
der Bildungs- und Lehrergewerkschaften,<br />
der Deutsche Beamtenbund<br />
und der Deutsche Gewerkschaftsbund<br />
eine „Gemeinsame<br />
Erklärung zu den ‚Aufgaben von<br />
Lehrerinnen und Lehrern heute -<br />
Fachleute für das Lernen‘“ unterzeichnet.<br />
In zehn Kapiteln beschreiben sie ein<br />
LehrerInnen-Leitbild, das viel von<br />
den LehrerInnen abverlangt, aber zu<br />
wenig Verbindliches für die Bildungs-<br />
bzw. Kultusbürokratien festschreibt.<br />
Anzuerkennen ist das Bemühen,<br />
die LehrerInnen in der Öffentlichkeit<br />
vor ungerechtfertigten<br />
Angriffen in Schutz zu nehmen und<br />
sie als ‚Fachleute für das Lernen‘ auszuweisen.<br />
Aber müsste das nicht<br />
selbstverständlich sein?<br />
Dass die ‚Zukunftsaufgaben von Bildung<br />
und Erziehung‘ eine große<br />
Herausforderung darstellen, ist allen<br />
an Bildung Beteiligten schon lange<br />
klar. Wirklich allen Beteiligten?<br />
Die <strong>GEW</strong> sieht in den letzten sieben<br />
Jahren wenig Bemühen von Seiten<br />
des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums,<br />
den gestiegenen<br />
Anforderungen an den LehrerInnen-<br />
Beruf gerecht zu werden. Wenn der<br />
Minister für Bildung Wissenschaft<br />
und Weiterbildung, Prof. Dr. E. Jürgen<br />
Zöllner, diese Erklärung mit<br />
unterzeichnet und in der Öffentlichkeit<br />
begrüßt, dann muss er sich fragen<br />
lassen:<br />
• Wann, von wem und wo wurden<br />
und werden die rheinland-pfälzischen<br />
LehrerInnen in ihrer definierten<br />
Aufgabe ‚Fachleute für das Lernen‘<br />
zu sein unterstützt?<br />
• Wie sollen LehrerInnen ihre ‚Kompetenzen<br />
ständig weiter entwickeln‘,<br />
wenn die Ausgaben für die Fort- und<br />
Weiterbildung gekürzt und die Möglichkeiten,<br />
an Weiterbildungsmaßnahmen<br />
teilzunehmen, eingeschränkt<br />
werden?<br />
• Wie sollen sich mit Engagement<br />
und Freude ‚Lehrerinnen und Lehrer<br />
an der Schulentwicklung beteiligen‘,<br />
wenn sie durch ständige Arbeitsverdichtungen,<br />
Arbeitszeitverlängerungen,<br />
Streichung der Altersermäßigung,<br />
Kürzung der Anrechungspauschale,<br />
flächendeckende<br />
Tests usw. immer mehr demotiviert<br />
werden?<br />
Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> steht hinter<br />
der ‚Gemeinsamen Erklärung‘.<br />
Sie erwartet aber, dass das MBWW<br />
und der verantwortliche Minister<br />
auch und insbesondere das Kapitel<br />
IX beachtet: ‚Lehrerinnen und Lehrer<br />
können Unterstützung erwarten‘!<br />
Wir fordern Prof. Dr. Zöllner auf,<br />
den Satz „Es ist Verpflichtung und<br />
Verantwortung von Bildungspolitik<br />
und Bildungsverwaltung für Lehrerinnen<br />
und Lehrer die erforderlichen<br />
Rahmenbedingungen zu sichern,<br />
damit sie den hohen Erwartungen<br />
gerecht werden können..., sie bei ihrer<br />
Arbeit nach besten Kräften zu<br />
unterstützen und das Arbeitsklima<br />
und die Berufsmotivation zu fördern...“<br />
mit Leben zu erfüllen, deshalb<br />
verlangt die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong>:<br />
• Rücknahme der Arbeitszeitverlängerungen,<br />
um die KollegInnen zu<br />
entlasten,<br />
• Rücknahme der auf 10 Jahre befristeten<br />
Arbeitszeitverlängerung von<br />
1993,<br />
• Wiedereinführung der Anrechnungsstunden<br />
in den Grundschulen,<br />
• Wiedereinführung der Altersermäßigung<br />
für alle, die nicht in Altersteilzeit<br />
gehen,<br />
• Keine Leistungsprämie für einzelne,<br />
sondern Stundenentlastungen für<br />
viele,<br />
• Ausweitung der Fort- und Weiterbildungsmittel,<br />
damit die LehrerInnen<br />
noch bessere ‚Fachleute für das<br />
Lernen‘ werden,<br />
• Bereitstellung einer LehrerInnen-<br />
Reserve - insbesondere in der „Vollen<br />
Halbtagsschule“ - , damit alle<br />
SchülerInnen den ihnen zustehenden<br />
Unterricht erhalten und die<br />
KollegInnen an außerschulischen<br />
Veranstaltungen ohne schlechtem<br />
Gewissen (es darf ja kein Unterricht<br />
ausfallen) teilnehmen können,<br />
• Qualitätsentwicklung bzw. ‚-management<br />
mit den LehrerInnen und<br />
nicht ohne bzw. gegen sie (‚Bottom<br />
up‘ statt ‚Top down‘).<br />
Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong> <strong>Pfalz</strong> wird die<br />
‚Gemeinsame Erklärung‘ kritisch<br />
begleiten und einem ständigen Prüfverfahren<br />
unterziehen, um Kapitel X<br />
immer wieder in Erinnerung zu rufen:<br />
„Alle Beteiligten sind aufgerufen,<br />
in diesem Sinne gemeinsam an<br />
der qualitativen Weiterentwicklung<br />
des Bildungssystems und der Schule<br />
mitzuwirken.“<br />
Tilman Boehlkau<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
5
Schulen<br />
Statistik sagt nichts über die Wirklichkeit<br />
an den Schulen<br />
„Die Pressekonferenz des Ministers<br />
für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung,<br />
Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner,<br />
zur Versorgung mit Lehrkräften<br />
verfälscht die Wirklichkeit an<br />
den rheinland-pfälzischen Schulen.“,<br />
stellte der Landesvorsitzende<br />
der <strong>GEW</strong>, Tilman Boehlkau, heute<br />
vor der Presse fest.<br />
Es sei zwar erfreulich, dass so vielen<br />
jungen ausgebildeten LehrerInnen<br />
eine berufliche Perspektive geboten<br />
worden sei. Dennoch gäbe es in vielen<br />
Bereichen des Landes nach wie<br />
vor noch Engpässe, die auch nicht<br />
durch statistische Zahlen behoben<br />
werden könnten. Es nutze den betroffenen<br />
Schulen wenig, wenn nicht<br />
genügend Feuerwehrlehrkräfte oder<br />
VertretungslehrerInnen zur Verfügung<br />
stünden, um den Unterrichtsausfall,<br />
der noch durch kurz- und<br />
längerfristige Abwesenheit von KollegInnen<br />
verstärkt würde, zu beseitigen.<br />
„Landesweit fehlen derzeit 25 Feuerwehrlehrkräfte.<br />
VertretungslehrerInnen<br />
für Krankheits- oder Erziehungsurlaubsvertretungen<br />
sind zurzeit<br />
kaum zu bekommen!“, so Boehlkau.<br />
Wenn Minister Zöllner von einer<br />
spürbaren Verbesserung der Unterrichtsversorgung<br />
spreche, dann habe<br />
er nicht zur Kenntnis genommen,<br />
was ihm Eltern, SchulleiterInnen<br />
und LehrerInnen auf einer DGB-<br />
Veranstaltung am 06. November<br />
ADD Trier bearbeitet Personalvorgänge<br />
immer noch schleppend<br />
„Auch 10 Monate nach Start der<br />
Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion<br />
Trier (ADD) ist im Bereich<br />
der Schulverwaltung immer noch<br />
keine effektive Struktur erkennbar!“,<br />
kritisierte der Vorsitzende der<br />
<strong>GEW</strong>, Tilman Boehlkau, vor der<br />
Presse.<br />
Während einer landesweiten Konferenz<br />
der Haupt- und Bezirkspersonalräte<br />
der <strong>GEW</strong> in Mainz wurden<br />
folgende gravierende Mängel bei der<br />
Personalverwaltung der Schulen in<br />
der ADD Trier festgestellt:<br />
• Arbeitsverträge werden nach wie<br />
vor erst Wochen nach Dienstantritt<br />
ausgestellt.<br />
• Gehälter werden deswegen - trotz<br />
erbrachter Arbeitsleistungen - zum<br />
Teil mit Monate langer Verzögerung<br />
ausgezahlt.<br />
• Personalakten, Korrespondenz oder<br />
Gesundheitszeugnisse sind häufig<br />
nicht auffindbar.<br />
• Ernennungs-, Dienstjubiläumsoder<br />
Ruhestandsversetzungs-Urkunden<br />
werden nicht rechtzeitig ausund<br />
den Schulen nicht zum entsprechenden<br />
Zeitpunkt zugestellt.<br />
2000 in Koblenz vorgetragen haben:<br />
• Unterricht fällt aus,<br />
• Klassen müssen nach Hause geschickt<br />
werden,<br />
• Gruppen und Kurse werden aufgelöst,<br />
• LehrerInnen stehen nicht in ausreichender<br />
Zahl zur Verfügung!<br />
„Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> fordert<br />
das MBWW auf, früher mit der Aufstockung<br />
aller 3/4-BAT-Verträge zu<br />
beginnen und diese VertragsinhaberInnen<br />
schneller auf volle Stellen zu<br />
übernehmen, da hiermit die Unterrichtsversorgung<br />
erheblich gesteigert<br />
werden könnte - insbesondere auch<br />
an der Vollen Halbtagsschule!“, so der<br />
<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende zum Abschluss<br />
seiner Erklärungen.<br />
<strong>GEW</strong>-Presseinfo<br />
Die Haupt- und Bezirkspersonalräte<br />
der <strong>GEW</strong> fordern die Entscheidungsträger<br />
in den Regierungsfraktionen<br />
sowie im Ministerium und in<br />
der ADD Trier zum wiederholten<br />
Male auf, in der Verwaltung umgehend<br />
für funktionierende Strukturen<br />
zu sorgen. Es könne nicht angehen,<br />
dass die betroffenen LehrerInnen<br />
die Auswirkungen fragwürdiger<br />
politischer Strukturentscheidungen<br />
bzw. unzulänglicher Umsetzungen<br />
zu tragen haben.<br />
„Die Kritik richtet sich nicht an die<br />
Beschäftigten in der ADD, die ihr<br />
Möglichstes tun, sondern an die<br />
politisch Verantwortlichen, die es<br />
immer noch nicht geschafft haben,<br />
das notwendige qualifizierte Personal<br />
zur Verfügung zu stellen bzw. zu<br />
halten.“, sagte der <strong>GEW</strong>-Vorsitzende<br />
und fuhr fort: „Nach wie vor hält<br />
die <strong>GEW</strong> die Struktur der Reform<br />
der Schulaufsicht für falsch, weil<br />
Abläufe und Wege nicht kürzer, sondern<br />
deutlich länger wurden.“<br />
Mit Entschiedenheit wiesen die<br />
<strong>GEW</strong>-Personalräte Kündigungen<br />
bzw. Kündigungsandrohungen gegenüber<br />
Vertretungslehrkräften zurück,<br />
die durch Fehler der ADD in<br />
unbefristeten Arbeitsverträgen stehen.<br />
Da zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme<br />
den Beschäftigten durch<br />
die ADD keine Arbeitsverträge vorgelegt<br />
wurden, gelten sie nach dem<br />
Gesetz als unbefristet beschäftigte<br />
ArbeitnehmerInnen. „Es kann und<br />
darf nicht sein, dass durch Mängel<br />
in der Verwaltung für die Beschäftigten<br />
unzumutbare Situationen entstehen!“,<br />
betonte Boehlkau. „Wenn<br />
in Zeiten akuten BewerberInnen-<br />
Mangels in bestimmten Fächern und<br />
bestimmten Schularten so mit KollegInnen<br />
umgegangen wird, um eigene<br />
Fehler zu überspielen, dürfen<br />
die politisch Verantwortlichen sich<br />
nicht wundern, wenn BewerberInnen<br />
um Plan- oder Vertretungsstellen<br />
das Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> meiden.“<br />
<strong>GEW</strong>-Presseinfo<br />
Klassenfahrten nach Berlin<br />
(incl. Transfer, Unterkunft,<br />
Programmgestaltung nach Absprache).<br />
Broschüre anfordern bei:<br />
Biss, Freiligrathstr. 3, 10967 Berlin,<br />
Tel. (030) 6 93 65 30<br />
6 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Tod dem Idealismus der jungen GrundschullehrerInnen<br />
oder: GrundschullehrerInnen sind nichts wert …<br />
Schulen<br />
In unserer Gesellschaft sind Herr Studienrat<br />
und Frau Studienrätin angesehene<br />
Leute. LehrerInnen an Hauptschulen<br />
wird immerhin noch eine sehr<br />
anstrengende Tätigkeit attestiert. Für<br />
GrundschullehrerInnen bleibt (so man<br />
oder frau nicht gerade Kinder im<br />
Grundschulalter hat) meist nur ein<br />
müdes Lächeln. Sicherlich hat es beim<br />
Studium nicht zu mehr gereicht! Nun<br />
müssen besagte LehrerInnen zwar Kindergeschrei<br />
ertragen, doch sonst nicht<br />
viel leisten...<br />
Dass nun unser Bildungsministerium<br />
in die selbe Kerbe schlägt, trifft da auch<br />
den größten Idealisten wie ein „Schlag<br />
mit dem Zaunpfahl“. Das Legen eines<br />
Bildungsfundaments wird hier als geringfügiger<br />
erachtet als die Wissensvermittlung<br />
in weiterführenden Schulen.<br />
Wie sonst soll man verstehen, dass alle<br />
3/4-Verträge der Einstellungsjahrgänge<br />
97-99 an weiterführenden Schulen<br />
in Beamtenstellen umgewandelt werden<br />
sollen, während JunglehrerInnen<br />
an Grundschulen ihre fünfjährige Wartezeit<br />
„absitzen“ müssen (vgl. Stufenplan<br />
zur vorzeitigen Übernahme auf<br />
Beamtenstellen vom 25.9.2000).<br />
Das wird an unserer verbundenen<br />
Grund- und Hauptschule zu der absurden<br />
Situation führen, dass die überwiegend<br />
im Grundschulbereich eingesetzten<br />
Dienstältesten 3/4ler erst nach<br />
den (ehemaligen?) Leidensgenossen mit<br />
Hauptschulschwerpunkt verbeamtet<br />
werden. Sollen wir uns nun darum<br />
schlagen, wer im kommenden Schuljahr<br />
eine Hauptschulklasse leiten darf<br />
und wer in der Grundschule bleiben<br />
muss? Na denn auf kollegiale Zusammenarbeit...<br />
Dann sind da ja noch die Neueinstellungen<br />
ab 2002 - in weiterführenden<br />
Schulen schon Beamtenstellen, in der<br />
Grundschule nicht. Was wird aus unserem<br />
großen Engagement, der Motivation<br />
und der Freude am Lehren in<br />
der Grundschule? Wozu hat man sich<br />
im zweiten Staatsexamen so arg ins<br />
Zeug gelegt, dass man sich danach für<br />
die Schulart entscheiden konnte, wo<br />
man seine Neigungen und Fächer (z.B.<br />
integrative Fremdsprachenarbeit Französisch)<br />
besser eingebracht sah? Und die<br />
momentanen Leistungen in der Grundschule?<br />
Das Leistungsprinzip scheint<br />
offenbar nicht für alle Schularten gleichermaßen<br />
zu gelten. Mit dem derzeit<br />
so sehr propagierten Qualitätsmanagement<br />
und der Autonomie der Schule<br />
ist es offensichtlich nicht mehr weit her,<br />
wenn es droht Geld zu kosten.<br />
Mal sehen, wie lange es dauert, bis von<br />
den rheinland-pfälzischen Grundschulen<br />
auch die letzten jungen IdealistInnen<br />
geflüchtet sind...<br />
Eva Holle-Winterberg/<br />
Jana Müller<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
7
Schulen: Grundschultag<br />
„Nicht alles paletti“ beim Landesgrundschultag<br />
Zöllner: „Essentials bei der VHTS realisiert“<br />
„Miteinander leben, lernen, leisten!“, so hieß das Motto des Landesgrundschultages<br />
2000, der am 4. November in Ludwigshafen von<br />
Grundschulverband, VBE und <strong>GEW</strong> gemeinsam angeboten wurde.<br />
Doch miteinander fand recht wenig statt. Statt dessen erlebten die<br />
mutig den freien Samstag opfernden TeilnehmerInnen einen harten<br />
Vormittag mit Frontalunterricht pur, und lediglich am Nachmittag gab<br />
es immerhin 105minütige Workshops; schließlich zum Abschluss Frederik<br />
Vahle mit „musikalischem Kontrapunkt“.<br />
Friedrich Goosmann, Vorsitzender<br />
des Grundschulverbandes in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>,<br />
freute sich über die Teilnehmerzahl<br />
(die allerdings auch er<br />
bisher schon deutlich höher erlebt<br />
haben dürfte!), die das große Engagement<br />
von GrundschullehrerInnen<br />
selbst samstags zeige. Die ellenlange<br />
Promi-Begrüßung riss niemand zu<br />
Beifall hin, erst die Tatsache, dass die<br />
Räume am Berufsbildungszentrum<br />
kostenlos zu haben waren, wurde<br />
beklatscht.<br />
Goosmann kritisierte die Volle Halbtagsschule<br />
und sagte, er zeichne bewusst<br />
ein düsteres Bild, denn die<br />
KollegInnen seien durchaus bereit zu<br />
Leistung, aber das Konzept habe einfach<br />
zu viele Schwachstellen, die Leistung<br />
hemmten. Er hoffe, Hemmnisse<br />
in Zukunft gemeinsam aus dem<br />
Kritische Anmerkungen zur Unterrichtsversorgung an der VHTS machte Helmut Thyssen, der<br />
Vorsitzende des BPR GHS / Regionale Schulen bei der ADD in Trier. Foto: Imhof<br />
Weg räumen zu können. Schließlich<br />
sei es genauso anspruchsvoll, einem<br />
ersten Schuljahr die Lernfreude zu<br />
erhalten, wie einen Leistungskurs zu<br />
unterrichten. Leider drücke sich dies<br />
jedoch weder in Besoldung, noch in<br />
Stundenzuweisung aus.<br />
Ebenfalls höhere Stundenzuweisungen<br />
forderte der Ludwigshafener<br />
Schuldezernent Günther Ramsauer:<br />
Die besonderen Probleme in Ballungsräumen<br />
müssten unbedingt<br />
berücksichtigt werden. „Mehr Zeit<br />
für Kinder“ müsse auch bedeuten,<br />
mehr Zeit für Kinder in der Schule<br />
haben zu können. „Es liegt viel Arbeit<br />
vor allen, die mit Schulpolitik<br />
befasst sind“, befand er.<br />
Bildungsminister Jürgen Zöllner<br />
nutzte seine Redezeit für ein ausgedehntes<br />
Statement, das von der anfänglichen<br />
Rechtferigung des Konzepts<br />
VHTS schließlich zur Vorlesung<br />
in Allgemeiner Pädagogik im<br />
1. Semester geriet.<br />
Mit Einführung der VHTS vor etwas<br />
mehr als zwei Jahren seien Änderungen<br />
vollzogen worden, „die uns<br />
fast zur Selbstverständlichkeit geworden<br />
sind“. Was manchen anfangs als<br />
utopisch erschienen sei, werde heute<br />
als gegeben hingenommen und<br />
nicht mehr in Frage gestellt, wie etwa<br />
das Betreute Frühstück, der „rhythmisierte“<br />
Vormittag oder der Fremdsprachenunterricht.<br />
Das Konzept an<br />
sich sei nie strittig gewesen, meinte<br />
Zöllner, allerdings glaubten die Verbände<br />
immer wieder, auf vermeintliche<br />
Missstände hinweisen zu müssen.<br />
Es werde sogar behauptet, der<br />
Minister weigere sich, die VHTS auf<br />
den Prüfstand zu stellen. Dabei seien<br />
so viele Argumente längst überholt.<br />
Es komme nämlich darauf an,<br />
ob „Essentials“ realisiert worden seien.<br />
Schließlich handle es sich bei der<br />
VHTS nicht um ein statisches Gebilde,<br />
sondern um eine dauernde<br />
Weiterentwicklung, also könne nicht<br />
von Anfang an eine optimale Umsetzung<br />
des Konzepts erwartet werden.<br />
„Mit der Unterrichtsversorgung<br />
ist nicht alles paletti“, musste auch<br />
Zöllner eingestehen, doch setze er<br />
sich ständig im Parlament vehement<br />
für mehr Lehrerstellen ein. Er<br />
wünschte sich, seine Kritiker möchten<br />
weniger „Stammtischparolen folgen“<br />
und statt dessen erbrachte Leistungen<br />
anerkennen: Immerhin habe<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> fünfzig Prozent<br />
mehr LehrerInnen zusätzlich eingestellt<br />
als andere Bundesländer.<br />
Und während der Minister von vorn<br />
noch ausgiebig Werbung für die<br />
hauseigene Homepage und deren<br />
schier unbegrenzte Möglichkeiten<br />
machte, wurden in den hinteren Reihen<br />
schon raschelnd Frühstücksbrote<br />
ausgepackt. Der Applaus nach der<br />
langen Rede geriet dann auch entsprechend<br />
müde.<br />
Um die geplante Talkrunde einzuläuten,<br />
an der neben dem Minister später<br />
Prof. Dr. Marianne Gronemeyer,<br />
8 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Otto Herz und Dr. Henning Unglaube<br />
teilnahmen, durften alle drei<br />
zunächst Kurzvorträge halten.<br />
Unglaube legte seinen Schwerpunkt<br />
auf die Schwierigkeit des Lehrers/der<br />
Lehrerin, gerade zu Beginn des<br />
Schullebens Kinder mit deutlich<br />
unterschiedlichen Biografien, Erfahrungen,<br />
Kulturen „unter einen Hut“<br />
zu bringen, gemeinsam zum Leben<br />
und Lernen zu ermutigen. Doch in<br />
der Unterschiedlichkeit der Kinder<br />
liege neben der Herausforderung<br />
auch eine enorme Chance. Und gerade<br />
angesichts dieses jahrelangen<br />
zwangsweisen Zusammenarbeitens<br />
müsse Wert darauf gelegt werden,<br />
dass Ausbildung und Betreuung besonders<br />
sorgfältig geschähen. Innovatives<br />
Arbeiten solle nicht nur toleriert<br />
werden, sondern müsse vom<br />
Bildungsministerium auch gewollt<br />
werden, sonst sei die Umsetzung<br />
auch noch so guter Ideen zwecklos.<br />
Ersten wirklich begeisterten Applaus<br />
hatte das Plenum für Marianne Gronemeyer<br />
übrig: Sie berichtete zunächst<br />
von Szenen verbalen Machtkampfs<br />
von Grundschülern und gab<br />
der Schule die Schuld dafür, dass die<br />
Jugend so geworden sei: Coolness<br />
gelte als dominantes Ideal, „sprachlicher<br />
Enthusiasmus“ habe ausgespielt.<br />
Grund dafür sei, dass die<br />
Schule keine Begeisterung erwarte.<br />
Hier gehe es nicht mehr um Förderung<br />
der Einzigartigkeit eines Kindes,<br />
sondern um dessen Standardisierung:<br />
Gronemeyer nannte die<br />
Schule heute eine „Rangsortieranstalt“<br />
für das spätere Leben. Die Zensierung<br />
lege Ränge fest, statt Begeisterung<br />
zu wecken und Kinder am<br />
Ernst des Lebens teilhaben und Lernzusammenhänge<br />
erkennen zu lassen.<br />
Neuerdings werde gar noch mit dem<br />
Spaßversprechen geködert: „Unterhaltung<br />
ist angesagt“. Erschreckendes<br />
, aber nicht unrealistisches Fazit<br />
Gronemeyers: „Es scheint nur noch<br />
wünschenswert, was der Computer<br />
kann!“<br />
Bedenkenswerter, kritischer und gleichermaßen<br />
munterer Schlusspunkt<br />
einer langen Reihe von Reden war<br />
das Statement von Otto Herz, der<br />
offensichtlich Spaß daran hatte, seine<br />
vielbeklatschte Provokation „Lernen<br />
und Unterricht“ vorzutragen.<br />
Dabei zitierte<br />
Herz Hans-Georg<br />
Gadamer:<br />
„Die Frage ist<br />
nicht, ob ein<br />
Kind viel weiß,<br />
sondern ob es<br />
viel wissen<br />
möchte.“ Schule<br />
sollte also<br />
nicht viel lehren,<br />
sondern<br />
neugierig machen,<br />
eine der<br />
Neugierde auf<br />
Neues zuträgliche<br />
Lernkultur<br />
schaffen. Und<br />
dabei sei die<br />
Wichtigkeit der<br />
Zusammenarbeit<br />
nicht nur<br />
beim Kuchenbacken<br />
für das<br />
Schulfest zu betonen,<br />
sondern<br />
gerade in pädagogischen<br />
Kernfragen.<br />
Die anschließende<br />
Talkrunde<br />
wurde von<br />
der Journalistin<br />
Mira Futasz moderiert, wobei gleich<br />
zu Anfang Unmut entstand, dass der<br />
Minister angesichts des verschobenen<br />
Zeitplans (auch durch seine eigene,<br />
überlange Rede) noch gerade<br />
’mal zwanzig Minuten dabei sein<br />
konnte, weil weitere Termine seiner<br />
harrten und er so kaum noch zu den<br />
Schwachstellen im System der Vollen<br />
Halbtagsschule befragt werden<br />
konnte. Zudem reagierte er sichtlich<br />
genervt auf die wenigen kritischen<br />
Fragen, die noch gestellt werden<br />
durften: Jürgen Zöllner sprach von<br />
„subjektiven Eindrücken“ der Verbände<br />
und verlangte, dass VBE und<br />
<strong>GEW</strong> offen sagen sollten, wie sie<br />
sich die konzeptionelle Umsetzung<br />
der VHTS tatsächlich vorstellten,<br />
denn schließlich seien sie in den<br />
Dialog zur Umsetzung eingebunden<br />
gewesen. Die meisten Punkte des<br />
Konzepts seien ja nicht im Ministerium<br />
erdacht, sondern von außen gefordert<br />
und dann festgeschrieben<br />
worden. Wieder einmal zeigte sich<br />
der Minister der Ansicht, dass es<br />
durch die Einführung der VHTS<br />
keinerlei Arbeitszeiterhöhung oder<br />
zusätzliche Belastung für die LehrerInnen<br />
gegeben habe.<br />
Nach der Mittagspause hatten die<br />
TeilnehmerInnen am Grundschultag<br />
die Möglichkeit, an einem von 17<br />
Workshops teilzunehmen. Zehn weitere<br />
waren im Vorfeld gestrichen<br />
worden, aber auch so blieben die<br />
Teilnehmerzahlen im Rahmen, viele<br />
Gruppen bestanden gar nur aus vier<br />
bis sechs InteressentInnen. Aus den<br />
Workshops werden wir in der nächsten<br />
Ausgabe berichten.<br />
(tje)<br />
Der Vortrag von Otto<br />
Herz sowie die Berichte<br />
aus den workshops folgen<br />
in der nächsten Ausgabe<br />
der <strong>GEW</strong>-Zeitung.<br />
Schulen: Grundschultag<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
9
Schulen: Grundschultag<br />
Kommentar:<br />
Wer sich fortbildet, ist selber schuld<br />
Ursel Karch von<br />
der <strong>GEW</strong>-Zeitung<br />
<strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> kritisiert<br />
insbesondere, dass<br />
der Grundschultag<br />
samstags stattfand.<br />
In den letzten zehn Jahren waren die<br />
vom Arbeitskreis Grundschule und der<br />
<strong>GEW</strong> gemeinsam veranstalteten<br />
Grundschultage Highlights im Veranstaltungskalender<br />
für GrundschullehrerInnen.<br />
Zwischen 600 und 800 Anmeldungen<br />
lagen oft vor, von denen die<br />
Hälfte abschlägig beschieden werden<br />
musste.<br />
Nicht so in diesem Jahr und das, obwohl<br />
zum ersten Mal auch der VBE<br />
als Mitveranstalter im Boot war. Nur<br />
knapp 200 LehrerInnen meldeten sich<br />
an, von denen dann noch nicht einmal<br />
alle kamen. Und das, obwohl unser<br />
oberster Dienstherr sein Kommen zugesagt<br />
hatte und jede Menge Politprominenz<br />
kam. Na ja, die nächste Landtagswahl<br />
ist auch schon in Sichtweite.<br />
Für die Organisatoren ein Grund, über<br />
die Ursache der geringen Teilnahme<br />
nachzudenken.<br />
Für das Ministerium gibt es sicher nur<br />
einen Grund, dass die LehrerInnen<br />
nicht so zahlreich kamen: Es lag am<br />
Termin, denn diese Fortbildungsveranstaltung<br />
lag an einem Samstag und war<br />
ganztägig. Das bekannte ministerielle<br />
Vorurteil, Lehrkräfte nähmen in großer<br />
Zahl nur an Fortbildungsmaßnahmen<br />
teil, wenn dafür Unterricht entfällt,<br />
wurde vordergründig voll bestätigt.<br />
Die Terminierung war sicher ein<br />
Grund fern zu bleiben - und zwar ein<br />
verständlicher. In den Grundschulen<br />
arbeiten nun mal in weit überwiegender<br />
Anzahl - von den Funktionsstellen<br />
einmal abgesehen - Frauen. Und die<br />
haben immer noch das Problem, Familie<br />
und Beruf unter einen Hut zu<br />
bringen. Der Freitagnachmittag und<br />
der Samstag sind immer noch die Tage,<br />
an denen die Lehrerinnen versuchen,<br />
die „Banalitäten“ des Haushalts auf<br />
die Reihe zu kriegen oder mit allen Familienmitgliedern<br />
’mal was gemeinsam<br />
zu unternehmen. Wenn Lehrerinnen<br />
nur dann für Fortbildung frei sind,<br />
wenn andere Familienmitglieder bereit<br />
sind, ihre häuslichen „Pflichten“ zu<br />
übernehmen, dann brauchen sich die<br />
Organisatoren nicht mehr über die geringe<br />
Zahl von TeilnehmerInnen zu<br />
wundern.<br />
Damit ist das<br />
ministerielle Vorurteil<br />
hinfällig,<br />
denn kein<br />
Dienstherr kann<br />
erwarten, dass<br />
Familienmitglieder<br />
Zusatzarbeit<br />
übernehmen,<br />
nur damit eine<br />
Lehrerin die<br />
Möglichkeit erhält,<br />
bildungspolitisch<br />
und pädagogisch<br />
auf dem<br />
Laufenden zu<br />
bleiben.<br />
Außer der Terminfrage<br />
könnte<br />
es aber noch einen<br />
weiteren<br />
Grund für die geringe<br />
Resonanz<br />
gegeben haben.<br />
Seit 15 Jahren<br />
sind es gerade die<br />
GrundschullehrerInnen gewesen, die<br />
still und leise die innere Schulreform<br />
auf den Weg gebracht haben. Häufige<br />
Fortbildung, großes schulisches Engagement<br />
und persönlicher Einsatz waren<br />
dafür die Voraussetzung, um ihre<br />
pädagogische und methodische Kompetenz<br />
zu erhalten und auszubauen :<br />
Freiarbeit, Wochenplanarbeit, Stationenlernen,<br />
Fremdsprachenarbeit in der<br />
Grundschule sind nur einige Beispiele.<br />
Diese Kompetenz und dieser Einsatz<br />
wurden vom MBWW gerne genutzt.<br />
Aber als es 1998 darum ging, die<br />
VHTS im Hauruckverfahren den<br />
Grundschulen überzustülpen, da wurden<br />
die berechtigten Einwände eben<br />
dieser kompetenten KollegInnen als inkompentente<br />
Miesmacherei und Erbsenzählerei<br />
abgetan. Könnte es nicht<br />
auch sein, dass enttäuschte LehrerInnen<br />
einfach sagen: „So, jetzt macht doch<br />
euren Mist grade alleine, ihr da oben<br />
wisst ja eh alles besser!“ Verständlich<br />
wär‘s.<br />
Mit Einführung der VHTS ist die<br />
Schulwoche zu einem Dauerlauf von<br />
Montag bis Freitag geworden: Keine<br />
Lücke im Stundenplan für Besprechungen,<br />
Sprechstunden, Organisationskram<br />
... Das kommt alles noch zum<br />
Unterricht hinzu. Wenn am Freitag<br />
Mittag um halb zwei das Wochenende<br />
mit hängender Zunge erreicht ist - übrigens<br />
auch die Müllmänner haben<br />
dann Feierabend, aber bis Montag früh<br />
- gewissenhafte LehrerInnen aber nur<br />
bis höchstens zum Sonntagmittag, freut<br />
sich jede/r GrundschullehrerIn auf die<br />
Wochenendverschnaufpause. Aber was<br />
macht unsere Gewerkschaft? Sie terminiert<br />
eine ganztägige Fortbildungsveranstaltung<br />
auf den Samstag! „Wenn<br />
schon die <strong>GEW</strong> und der VBE als Interessenvertretung<br />
der LehrerInnen<br />
Fortbildung auf das Wochenende legen,<br />
dann kann die Belastung der Lehrkräfte<br />
doch gar nicht so groß sein, wie die<br />
es immer behaupten“, das jedenfalls<br />
muss das MBWW aus dieser Terminierung<br />
schließen.Wer und was hindert<br />
das Ministerium künftig dann noch<br />
daran, Fortbildung grundsätzlich in die<br />
unterrichtsfreie Zeit zu legen?<br />
Besten Dank, liebe <strong>GEW</strong> und lieber<br />
VBE, für die gelungene Unterstützung<br />
unserer Interessen als ArbeitnehmerInnen!<br />
Ursel Karch<br />
10 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Mehr Achtung für Lehrer!<br />
Gemeinsame Erklärung von Kultusministerkonferenz und Gewerkschaften<br />
Schulen<br />
In einer von der Kultusministerkonferenz<br />
gemeinsam mit sechs Lehrergewerkschaften<br />
mit ihren beiden<br />
Dachorganisationen DGB und Beamtenbund<br />
unterzeichneten ”gemeinsamen<br />
Erklärung“ wird die verantwortungsvolle<br />
und schwierige<br />
Aufgabe von Lehrerinnen und Lehrern<br />
geachtet. In dieser Erklärung<br />
heißt es unter anderem wörtlich: „Es<br />
ist Verpflichtung und Verantwortung<br />
von Bildungspolitik und Bildungsverwaltung<br />
für Lehrerinnen und<br />
Lehrer die erforderlichen Rahmenbedingungen<br />
zu sichern, damit sie<br />
den hohen Erwartungen gerecht werden<br />
können. Dazu gehört auch, sie<br />
vor ungerechtfertigten und pauschalen<br />
Vorwürfen zu schützen, sie bei<br />
ihrer Arbeit nach besten Kräften zu<br />
unterstützen und das Arbeitsklima<br />
und die Berufsmotivation zu fördern<br />
…“<br />
Bildungsminister Zöllner begrüßte<br />
ausdrücklich, dass die gemeinsame<br />
Erklärung zu Stande kam. „Ich freue<br />
mich, dass es gelungen ist mit dem<br />
Vorsitzenden der Bildungs- und Lehrergewerkschaften<br />
sowie ihren Spitzenorganisationen,<br />
dem Deutschen<br />
Gewerkschaftsbund und dem Deutschen<br />
Beamtenbund, die für die Gesellschaft<br />
so wichtige Arbeit von Lehrerinnen<br />
und Lehrern zum Gegenstand<br />
einer gemeinsamen Erklärung<br />
zu machen. Es ist für mich außerordentlich<br />
wichtig, dass der Lehrerberuf<br />
die gesellschaftliche Anerkennung<br />
erfährt, die ihm gebührt,“ betonte<br />
Bildungsminister Zöllner.<br />
Pressedienst des MBWW<br />
Glosse:<br />
Achtung vor dieser Achtung<br />
Beim Frühstück lese ich für gewöhnlich<br />
die Zeitung. Neulich aber vergriff ich<br />
mich an einer Presseerklärung aus dem<br />
MBWW (s. o.). „Mehr Achtung für<br />
Lehrer“ hieß es da in der Überschrift.<br />
Und das über einer Erklärung der Kultusministerkonferenz.<br />
Das gibt`s doch<br />
nicht, war meine erste Reaktion. Den<br />
Löffel mit dem täglichen Frühstücksmüsli<br />
ließ ich wieder in die Schale sinken.<br />
Aber es kam noch besser: Die Politik<br />
sei demnach verpflichtet die Rahmenbedingungen<br />
zu sichern, damit<br />
LehrerInnen den „hohen Erwartungen<br />
gerecht“ werden könnten, die man an<br />
sie stellt. Auch seien sie vor „ungerechtfertigten<br />
und pauschalen Vorwürfen“ zu<br />
schützen.<br />
Das ging mir runter wie Öl. Im nächsten<br />
Augenblick erfasste mich aber die<br />
Wut. Jetzt hab‘ ich mich nach dreißig<br />
Jahren öffentlicher Beschimpfungen<br />
durch PolitikerInnen jeglicher Couleur<br />
daran gewöhnt, dass LehrerInnen ihre<br />
SchülerInnen indoktrinieren und politisch<br />
missbrauchen (Ex- Kultusminister<br />
Gölter), „faule Säcke“ sind (Urteil<br />
des derzeitigen Bundeskanzlers), dass<br />
unser Ministerpräsident, Kurt Beck,<br />
schon am Dienstag das Wochenpensum<br />
an Arbeit von LehrerInnen erledigt hat,<br />
dass LehrerInnen einen überbezahlten<br />
Halbtagsjob ausüben und die reinsten<br />
Ferienmeister sind (öffentliche Meinung).<br />
Und jetzt dies!<br />
Was mach‘ ich bloß mit meinem mühsam<br />
akzeptierten Bild von mir und<br />
meinen BerufskollegInnen, dass LehrerInnen<br />
Schuld haben, wenn die Jugend<br />
aus dem Ruder läuft, und die Wirtschaft<br />
keine brauchbaren Azubis findet,<br />
da sie nichts tun und nur ständig<br />
ihre Ferien planen? Ich war doch schon<br />
so nahe dran, eine Pensionskürzung zu<br />
beantragen, um ein wenig von der<br />
Schuld gegenüber der Gesellschaft abzutragen,<br />
die ich durch meine LehrerInnentätigkeit<br />
auf mich geladen hatte.<br />
Nichts dergleichen! Mir gebührt<br />
„gesellschaftliche Anerkennung“, sagt<br />
der Bildungsminister. Jetzt muss ich<br />
schon wieder umlernen, aber das wird<br />
nicht leicht werden!<br />
Nach der ersten Wut, zur falschen Zeit<br />
Lehrerin gewesen zu sein, kam mir ein<br />
Verdacht, denn PolitikerInnen sagen<br />
nichts ohne eine Absicht zu verfolgen.<br />
Könnte es sein, dass es zu wenig BewerberInnen<br />
für den Schuldienst und zu<br />
wenig Lehramtsstudierende gibt? Soll<br />
das Image nur aufpoliert werden, um<br />
junge Menschen wieder in den Schuldienst<br />
zu locken? Oder laufen den Regierenden<br />
die eigenen Kinder und Enkelkinder<br />
aus dem Ruder, und die Schule<br />
soll es wieder richten?<br />
Wie dem auch sei, ich beneide die aktiven<br />
jungen KollegInnen, die künftig<br />
auf die volle und wohlwollende Unterstützung<br />
bei ihrer schweren Arbeit<br />
durch die PolitikerInnen zählen können<br />
und als erstes Zeichen der neuen<br />
Wertschätzung im nächsten Schuljahr<br />
sicher alle eine volle Planstelle bekommen<br />
werden.<br />
Ursel Karch<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
11
Schulen<br />
Gute Schulpolitik braucht ausreichende Ressourcen<br />
Bestandsaufnahme der LehrerInnenversorgung im nördlichen <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Unter dem Motto „Gute Schulpolitik braucht ausreichende Ressourcen“<br />
veranstalteten der DGB-Kreis Koblenz und die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong>, vertreten durch Tilman Boehlkau, eine Diskussionsveranstaltung<br />
mit Bildungsminister Zöllner am 06. November 2000 in Koblenz. Eingeladen<br />
waren die Eltern, ElternvertreterInnen, LehrerInnen und SchulleiterInnen<br />
im ehemaligen Regierungsbezirk Koblenz.<br />
Ausgangspunkt dieser bildungspolitischen<br />
Veranstaltung war die<br />
schlechte Unterrichtsversorgung zu<br />
Beginn des Schuljahres 2000/2001,<br />
die sich in Zeitungsüberschriften wie<br />
• Bis zum letzten Tag gezittert oder<br />
• Stundenplan nur ein Notplan oder<br />
• Schulstart mit Unterrichtsausfall<br />
oder<br />
• Junglehrer wandern nach Hessen<br />
ab und<br />
• Schulbehörde im Feuer der Kritik<br />
widerspiegelte.<br />
Toni Schüller, DGB-Kreisvorsitzender<br />
Koblenz, konnte eine unerwartet<br />
große Diskussionsrunde (82 TeilnehmerInnen)<br />
begrüßen. Besonders<br />
erfreulich war die zahlreiche Teilnahme<br />
von ElternvertreterInnen, SchulleiterInnen,<br />
GewerkschafterInnen<br />
und jungen KollegInnen. In der Veranstaltung<br />
ging es nicht um die Aufarbeitung<br />
der Vergangenheit, sondern<br />
darum, wie die kommenden<br />
Schuljahre an den Schulen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
reibungsloser ablaufen<br />
können.<br />
Die TeilnehmerInnen machten dem<br />
Bildungsminister deutlich, dass es<br />
enorme Startschwierigkeiten zu Beginn<br />
des neuen Schuljahres gegeben<br />
habe, sowohl was die Unterrichtsversorgung<br />
als auch die individuelle<br />
Beschäftigungssituation betraf (3/4-<br />
BAT-Beschäftigungsverhältnisse,<br />
fehlende Arbeitsverträge, fehlende<br />
Gehaltszahlungen, fehlende Vertretungslehrkräfte<br />
etc.).<br />
Minister Zöllner war ein aufmerksamer<br />
Zuhörer, wertete die Argumente<br />
äußerst sachlich und diskutierte<br />
fachkundig mit den Anwesenden.<br />
In knapp zwei Stunden Diskussionsforum<br />
gelang es den TeilnehmerInnen,<br />
dem Bildungsminister mehrere<br />
Zusagen für eine bessere Unter-<br />
richtsarbeit, aber auch die Situation<br />
der an den Schulen Beschäftigten zu<br />
entlocken:<br />
1. Mit Beginn des neuen Jahres 2001<br />
werden den Schulen in Zusammenarbeit<br />
mit den kommunalen Spitzenverbänden<br />
NetzwerkbetreuerInnen<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
Auch Minister Zöllner war der Ansicht,<br />
dass es besonders engagierten<br />
LehrerInnen auf die Dauer nicht<br />
zumut bar ist, die Netzwerkbetreuung<br />
von Computersystemen an den<br />
Schulen neben ihrer pädagogischen<br />
Arbeit zu übernehmen. Deshalb sei<br />
man schon längere Zeit mit den<br />
kommunalen Spitzenverbänden in<br />
Verhandlungen, um diese „technische“<br />
Aufgabe von „Technischen<br />
AssistentInnen“ übernehmen zu lassen.<br />
2. Bildungsminister Zöllner wird<br />
sich dafür einsetzen - und kurzfristige<br />
Lösungsmöglichkeiten schaffen -,<br />
dass LehrerInnen mit anderen Lehramtsprüfungen<br />
auch auf volle BeamtInnen-Stellen<br />
übernommen werden<br />
können.<br />
Zur Erläuterung: GymnasialkollegInnen,<br />
die an Realschulen unterrichten,<br />
können nur in BAT-Verträgen<br />
beschäftigt werden, weil die<br />
Laufbahnvoraussetzungen in der<br />
Realschule anders sind als für Gymnasien.<br />
Da an Realschulen aber ein<br />
hoher Bedarf an bestimmten Fächern<br />
herrscht, der z. T. nur durch<br />
KollegInnen mit dem Lehramt für<br />
Gymnasien erfüllt werden kann, ist<br />
die Benachteiligung dieser Betroffenen<br />
bei der Verbeamtung nicht nachvollziehbar.<br />
3. Nach den Landtagswahlen wird<br />
sich der Wissenschaftsminister Zöllner<br />
für eine Reform der LehrerInnen-Bildung<br />
stark machen.<br />
Dies ist aus Sicht der Eltern besonders<br />
notwendig, da die heutige LehrerInnen-Bildung<br />
eine Reihe von<br />
notwendigen Kompetenzen nicht<br />
vermittelt und praxisfern ist (Beispiele:<br />
fehlende sonderpädagogische<br />
Kompetenzen und wenig Kenntnisse<br />
in der Informationstechnologie).<br />
Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> wird<br />
schnellstmöglich ihre Vorstellungen<br />
zur Reform der LehrerInnen-Bildung<br />
einbringen und darauf drängen,<br />
dass diese Reform zum Schwerpunkt<br />
der nächsten Legislaturperiode<br />
wird.<br />
4. Sollten sich die finanziellen Spielräume<br />
an den Grundschulen weiter<br />
verbessern, z. B. durch weiter sinkende<br />
SchülerInnen-Zahlen und höhere<br />
Steuermehreinnahmen, so wird<br />
sich Minister Zöllner für die Anhebung<br />
der Schulleitungs-Anrechnungsstunden<br />
an den Grundschulen<br />
einsetzen.<br />
5. Bildungsminister Zöllner sagte<br />
letztendlich zu, dass schneller für<br />
Vertretungslehrkräfte gesorgt würde.<br />
Er konnte die Sorgen der Schulleitungsmitglieder<br />
wie auch der Eltern<br />
im Hinblick auf einen ordnungsgemäßen<br />
Unterricht nachvollziehen<br />
und stellte sich auch der Kritik im<br />
Hinblick auf die z. T. lückenhafte<br />
Arbeit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion<br />
(ADD) in Trier.<br />
Zum Abschluss der Veranstaltung<br />
stellte Gabi Weber, die Initiatorin der<br />
Veranstaltung, fest, dass Minister<br />
Zöllner ein offenes Ohr für die Probleme<br />
hatte und die TeilnehmerInnen<br />
sich ernst genommen fühlten.<br />
Für die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> steht<br />
fest, dass noch viel zu tun übrig bleibt<br />
und der Minister auf Unterstützung<br />
hoffen kann - wenn es sich für beide<br />
Partner lohnt und dies sinnvoll erscheint.<br />
tb<br />
12 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Besserer Unterricht und neue Lernkultur<br />
Großes Interesse an Klipperts Reformkonzept<br />
Schulen<br />
Nahezu die Hälfte der 600 rheinland-pfälzischen Sekundarschulen<br />
wollen ihren Unterricht verändern und wünschen sich Nachqualifizierung<br />
und Innovationsservice.<br />
„Meine Ausbildung liegt 30 Jahre<br />
zurück, und heute soll ich Schüler<br />
auf das nächste Jahrtausend vorbereiten“<br />
- „Vieles liegt bei uns im Argen.<br />
Die Kommunikation im Kollegium<br />
stimmt nicht und mit unseren<br />
Methoden laufen uns die Schüler<br />
weg“ - „Unsere Schüler sind nicht<br />
dümmer geworden, aber anders, nur<br />
wir Lehrer haben uns noch nicht<br />
richtig umgestellt“ -Stimmen von<br />
Schulleiterinnen und Schulleitern in<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Bei immer mehr<br />
LehrerInnen und SchülerInnen<br />
wächst die Skepsis, dass es mit dem<br />
herkömmlichen Unterricht und der<br />
traditionellen Vermittlungstechnik<br />
nicht mehr so weiter gehen kann.<br />
Der Leidensdruck in der Schule<br />
nimmt zu und auch die Unzufriedenheit.<br />
„Da wird monatelang in<br />
Konferenzen über Leitbilder, Schulprogramme<br />
und Schulprofile diskutiert,<br />
werden schöne Papiere formuliert,<br />
aber in unserem Unterricht,<br />
unserem Kerngeschäft, bleibt alles<br />
beim Alten“, empört sich der Lehrer<br />
einer Integrierten Gesamtschule.<br />
„Der Prophet im Klassenzimmer“<br />
(DIE ZEIT) Dr. Heinz Klippert,<br />
Dozent am „Erziehungswissenschaftlichen<br />
Fort- und Weiterbildungsinstitut<br />
der Evangelischen Kirchen in<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“ (EFWI), hatte alle<br />
Schulen mit Ausnahme der Grundschulen<br />
kurzfristig zu einem Informationsnachmittag<br />
ins Heinrich-<br />
Pesch-Haus nach Ludwigshafen eingeladen,<br />
um sein bereits in mehreren<br />
Bundesländern umgesetztes<br />
Konzept der pädagogischen Schulentwicklung<br />
vorzustellen. Der<br />
Grund: Minister Zöllner hat jetzt<br />
auch in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Klipperts<br />
Reformkonzept zum Schwerpunktprogramm<br />
gemacht und wird es finanziell<br />
unterstützen.<br />
Vierhundert LehrerInnen, die meisten<br />
aus den Schulleitungen, reisten<br />
aus allen Teilen des Landes an, für<br />
Klippert ein „bildungspolitisches Signal“<br />
des schulischen Aufbruchs.<br />
„Ich möchte meinen Unterricht verändern,<br />
weiß aber nicht wie“, lautete<br />
der Tenor der meisten Besucher<br />
an diesem Nachmittag. Klippert:<br />
„Die Schüler langweilen sich und<br />
reagieren auf das Lernangebot ihrer<br />
Lehrer mit zunehmendem Desinteresse<br />
und Disziplinlosigkeit. Die Betriebe<br />
vermissen zukunftsgerechte<br />
Schlüsselqualifikationen wie Problemlösungsfähigkeit,<br />
Kommunikations-<br />
und Teamkompetenz, und<br />
die Eltern schließlich sehen angesichts<br />
dieser Defizite die Studienund<br />
Berufschancen ihrer Kinder bedrohlich<br />
schwinden.“ Sein Sanierungskonzept<br />
für das Haus des Lernens<br />
basiert auf einer neuen Lernkultur:<br />
mehr eigenverantwortliches<br />
Arbeiten und Lernen der Schüler,<br />
mehr Methoden- und Kommunikationstraining<br />
und mehr Teambildung<br />
im Klassenraum. Diese neue<br />
Ausrichtung des Unterrichts eröffnet<br />
seiner Auffassung nach zugleich<br />
auch deutliche Entlastungsperspektiven<br />
für die Lehrkräfte. „Denn“, so<br />
Klippert, „wenn die Schüler selbstständig<br />
arbeiten und in aktiver und<br />
interaktiver Weise vorgegebene Aufgaben<br />
und Probleme lösen, dann<br />
wird es für die Lehrkräfte beinahe<br />
zwangsläufig leichter und befriedigender.“<br />
Doch zuvor müssten die<br />
Lehrkräfte nachqualifiziert werden,<br />
„denn wer nicht investiert, darf keine<br />
Innovation erwarten“.<br />
Wie in der Oktoberausgabe der<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung ausgeführt, bieten<br />
Klippert und das EFWI deshalb allen<br />
Schulen, die ihren Unterricht<br />
„systematisch“ verändern möchten,<br />
ein breites Qualifizierungs- und<br />
Unterstützungsprogramm an.<br />
Paul Schwarz<br />
Schulreformer Heinz: Klippert: „Wenn<br />
die Schüler selbstständig arbeiten, dann<br />
wir es für die Lehrkräfte beinahe<br />
zwangsläufig leichter und befriedigender.“<br />
Foto: Seifert<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
13
Schulen<br />
Integration darf nicht mit der Grundschule enden<br />
Positionspapier von <strong>GEW</strong> und LAG „Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen“<br />
Anlässlich eines Arbeitstreffens von<br />
VertreterInnen der <strong>GEW</strong> und der<br />
Landesarbeitsgemeinschaft „Gemeinsam<br />
Leben - Gemeinsam Lernen“<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> e.V. (LAG) haben<br />
die beiden Organisationen ein Positionspapier<br />
verabschiedet.<br />
In elf rheinland-pfälzischen Grundschulen<br />
wird seit dem Schuljahr 1997/98<br />
nach dem Folgekonzept gearbeitet, nachdem<br />
dort einer der beiden Schulversuche<br />
„Gemeinsamer Unterricht von Kindern<br />
mit und ohne Beeinträchtigungen“ bzw.<br />
die „Lern- und Spielschule“ ausgelaufen<br />
ist. Die elf Grundschulen befinden sich<br />
mit diesem Konzept jetzt im vierten Jahr.<br />
Die Erfahrungen an den Schulen haben<br />
gezeigt, dass die personelle Ausstattung<br />
nicht ausreicht, um dem integrativen<br />
Auftrag nachzukommen und die Integration<br />
behinderter Kinder zu sichern.<br />
Aufgrund dieser Situation fordern LAG<br />
und <strong>GEW</strong> die Landesregierung auf, die<br />
für die Schulen notwendigen Voraussetzungen<br />
für Integration zu schaffen. Zentrale<br />
Forderungen in ihrem Positionspapier<br />
sind: Folgekonzeptschulen brauchen<br />
mehr Stunden von SonderpädagogInnen;<br />
sie brauchen flexible Rahmenbedingungen;<br />
in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> muss ein flächendeckendes<br />
Angebot an Schulen, die<br />
gemeinsamen Unterricht anbieten, aufgebaut<br />
werden; die Integration darf nicht<br />
mit der Grundschule enden, sondern ist<br />
in der Sekundarstufe I fortzuführen; alle<br />
Beteiligten müssen ausreichend informiert<br />
sein.<br />
gebots für gemeinsamen Unterricht.<br />
Das Recht behinderter Kinder auf gemeinsames<br />
Lernen mit nicht behinderten<br />
MitschülerInnen muss in einer vertretbaren<br />
Zeitspanne im gesamten Land<br />
umgesetzt werden. Wir fordern daher ein<br />
flächendeckendes Angebot an Schulen,<br />
die gemeinsamen Unterricht anbieten.<br />
Hierzu sind „Schwerpunktschulen“ einzurichten,<br />
die für beeinträchtigte Kinder<br />
in einer angemessenen Fahrzeit erreichbar<br />
sind.<br />
Keine Begrenzung des gemeinsamen<br />
Unterrichts auf bestimmte Klassenstufen.<br />
Integration ist ein lebenslanger Prozess.<br />
Deshalb darf Integration nicht mit der<br />
Grundschule enden und nicht davon<br />
abhängig gemacht werden, dass der Abschluss<br />
der Regelschule erreicht werden<br />
kann. Das pädagogische Prinzip des zieldifferenten<br />
Unterrichts muss für die gesamte<br />
Schullaufbahn angewandt werden.<br />
Es müssen Konzepte entwickelt werden,<br />
wie gemeinsamer Unterricht von beeinträchtigten<br />
und nicht beeinträchtigten<br />
Kindern auch in der Sekundarstufe I<br />
außerhalb von Schulversuchen fortgeführt<br />
werden kann.<br />
Integration muss in einem für alle<br />
Beteiligten verlässlichen Rahmen<br />
stattfinden.<br />
Hierzu gehören Information aller Beteiligten<br />
und Konstanz: An den Übergangsstellen<br />
innerhalb des Schulsystems, d.h.<br />
beim Wechsel vom Kindergarten zur<br />
Grundschule und von der Grundschule<br />
zur Sekundarstufe I wird eine Fortführung<br />
der Integration häufig blockiert. Eltern<br />
beeinträchtigter Kinder müssen<br />
rechtzeitig vor der Schulanmeldung über<br />
integrative Angebote informiert werden<br />
(Informationssicherheit). Schulen müssen<br />
frühzeitig Informationen darüber haben,<br />
welche sonderpädagogischen Ressourcen<br />
für beeinträchtigte Kinder zu Verfügung<br />
gestellt werden (Planungssicherheit für<br />
die Schulen). Eine Überweisung eines beeinträchtigten<br />
Kindes an eine Sonderschule<br />
darf nicht ohne das Einverständnis<br />
der Eltern erfolgen (Zukunftssicherheit<br />
für Eltern und Kinder).<br />
Integration ist ein zentrales Thema<br />
der Schulentwicklung.<br />
Jede Schule hat sich der Frage zu stellen,<br />
welchen Stellenwert sie der Integration<br />
Die Forderungen im Einzelnen:<br />
Folgekonzeptschulen brauchen mehr<br />
sonderpädagogische Ressourcen.<br />
Folgekonzeptschulen sollen alle Kindes<br />
der Einzugsgebietes ungeachtet ihrer Beeinträchtigungen<br />
aufnehmen und fördern.<br />
Für eine verantwortbare Integration<br />
reichen die sonderpädagogischen<br />
Ressourcen, die den Schulen zugewiesen<br />
werden, nicht aus. Die derzeitige personelle<br />
Ausstattung fördert eher eine integrationshemmende<br />
resignative Haltung<br />
an den Schulen. Wir fordern daher, die<br />
personelle Grundausstattung aufzustokken.<br />
Kinder dürfen nicht erst als behindert<br />
etikettiert werden, um ihnen dann<br />
in oft mühseligen Einzelentscheidungen<br />
zusätzliche Förderstunden zu gewähren.<br />
Keine regionale Begrenzung des Anim<br />
Rahmen ihres Schulprofils einräumen<br />
will. Bei diesem Klärungsprozess brauchen<br />
Schulen Information und Unterstützung<br />
durch eine Koordinierungsstelle, damit<br />
Ängste und Vorbehalte abgebaut und ein<br />
von möglichst vielen getragenes Selbstverständnis<br />
von Integration geschaffen werden<br />
kann.<br />
Folgekonzeptschulen brauchen flexible<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Für Klassen, in denen beeinträchtigte<br />
Kinder unterrichtet werden, muss die offizielle<br />
Klassenmesszahl auf 18 SchülerInnen<br />
abgesenkt werden, um die Kontinuität<br />
in der pädagogischen Arbeit zu sichern,<br />
muss den Schülern ein Mitspracherecht bei<br />
der Zuweisung der Lehrkräfte an ihre<br />
Schule eingeräumt werden; Sonderschullehrkräfte<br />
sollten an die Regelschule versetzt<br />
und nicht abgeordnet werden. Da<br />
gemeinsamer Unterricht ohne eine zeitaufwendige<br />
Kooperation der Lehrkräfte<br />
untereinander unmöglich ist, sind Anteile<br />
für die Kooperation in das Stundendeputat<br />
aufzunehmen. Dies sind wichtige<br />
Steuerungselemente für Schulen, um auf<br />
die Besonderheiten vor Ort angemessen<br />
reagieren zu können.<br />
Die Vereinzelung und Isolierung der<br />
Folgekonzeptschulen muss aufgehoben<br />
werden.<br />
Folgekonzeptschulen müssen untereinander<br />
u.a. über die regionale Fachberatung<br />
vernetzt werden. Wir fordern den Erhalt<br />
und den Ausbau der regionalen Fachberatung<br />
und den Aufbau einer Integrationsberatungsstelle,<br />
in der die Informationen<br />
aus den Schulen gebündelt und Erfahrungen<br />
im Sinne einer Qualitätsentwicklung<br />
ausgewertet werden und die ihrerseits<br />
mit innovativen Ansätzen in die<br />
Schulen hinein wirkt.<br />
Konzeptuelle Verknüpfung von Schulsozialarbeit<br />
und Integration.<br />
Folgekonzeptschulen sind häufig an sozialen<br />
Brennpunkten mit deren spezifischen<br />
Problemstellungen angesiedelt. Wir fordern<br />
daher eine stärkere Einbindung der<br />
Schulsozialarbeit und ein verstärktes Angebot<br />
von Ganztagsschulen mit den entsprechenden<br />
Betreuungsangeboten. Eine<br />
Konzentration von Folgekonzeptschulen<br />
in sozialen Brennpunkten ist aber zu vermeiden,<br />
da Integration eine von allen gesellschaftlichen<br />
Gruppen gleichermaßen<br />
zu leistende Arbeit ist.<br />
14 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Schule und Umwelt<br />
Gesundheitsvorsorge auch in Bildungseinrichtungen<br />
<strong>GEW</strong>-Fachtagung: „Umweltbildung, Arbeits- und Gesundheitsschutz“<br />
Durch die namhaften Referenten, die ausgewiesenen ModeratorInnen<br />
und die aktive Beteiligung der TeilnehmerInnen wurde die <strong>GEW</strong>-Fachtagung<br />
„Umweltbildung, Arbeits- und Gesundheitsschutz“ zu einem<br />
vollen Erfolg.<br />
Professor Dr. Bernd Rudow führte<br />
in den Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
für die Beschäftigten im Bildungsbereich<br />
ein und zeigte Ansätze<br />
zur Prävention auf. Er machte<br />
deutlich, dass das Arbeitsschutzgesetz,<br />
das auf EG-Rahmenrichtlinien<br />
beruht, immer noch zu wenig bekannt<br />
ist und die Pflichten, die sich<br />
daraus für die Arbeitsgeber ergeben,<br />
vor allem im Bildungsbereich noch<br />
nicht hinreichend beachtet werden.<br />
Hier sieht er auch eine Aufgabe der<br />
Gewerkschaft und der Personalräte,<br />
dafür zu sorgen, dass die positiven<br />
Ansätze zum Schutz der Gesundheit<br />
der Beschäftigten und zur Prävention<br />
in der täglichen Praxis zur Geltung<br />
gebracht werden. Dies müsse<br />
geschehen durch Verhandlungen mit<br />
den fachlich zuständigen Länderministerien<br />
und durch Arbeitshilfen für<br />
die LeiterInnen der örtlichen Bildungseinrichtungen.<br />
Auch die Unfallkasse und die Gewerbeaufsicht<br />
sollen einbezogen werden,<br />
um mitzuhelfen das geltende Arbeitsschutzrecht<br />
umzusetzen.<br />
Mit dem neuen Arbeitsschutzgesetz<br />
hat sich der Arbeitsschutz von der<br />
ursprünglichen Unfallverhütung<br />
über die Arbeitssicherheit und Gesundheitsvorsorge<br />
entwickelt. Neuartig<br />
ist der erweiterte Präventionsauftrag,<br />
der vor allem auf die Verhütung<br />
von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren<br />
orientiert, und die<br />
menschengerechte Gestaltung der<br />
Arbeit auch im Sinne der Gesundheitsförderung<br />
im Blick hat.<br />
Durch die Entwicklung zum ganzheitlichen<br />
Arbeitsschutz sind neue<br />
arbeitswissenschaftliche Herausforderungen<br />
und Chancen gegeben,<br />
insbesondere für die Arbeitspsychologie.<br />
Dies gilt im Besonderen für<br />
Berufe mit überwiegend psychoso-<br />
zialen Anforderungen und Belastungen,<br />
unter anderem für die Erzieher-,<br />
Lehrer- und Wisssenschaftlerarbeit.<br />
Schon der geringe Anteil derjenigen,<br />
die auf Grund der gesetzlichen Altersgrenze<br />
aus dem Berufsleben ausscheiden,<br />
müsste für die Arbeitgeber<br />
dringender Anlass sein mit der Gewerkschaft<br />
in ernste Verhandlungen<br />
zu treten, um zu einem wirkungsvollen<br />
Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
zu kommen.<br />
Durch die Entwicklung des Arbeitsschutzes<br />
zum erweiterten Präventionsauftrag<br />
ist dieser als Chance zur<br />
Entwicklung der Bildungseinrichtung<br />
zu begreifen. Dabei ist Arbeitsschutz<br />
integrativer Bestandteil der<br />
Personalpflege und des Gesundheitsmanagements<br />
in der Bildungseinrichtung.<br />
Personalpflege bezieht sich<br />
auf die Hauptaspekte: Organisation,<br />
Arbeitssituation und Personen.<br />
Die gesunde Bildungseinrichtung ist<br />
vor allem durch eine entsprechende<br />
Kultur bestimmt. Gesundheit ist als<br />
Wert, Norm und Ziel der Einrichtung<br />
transparent ausgewiesen.<br />
Die Arbeitssituation muss so gestaltet<br />
werden, dass sie zur Erhaltung<br />
und Förderung der Gesundheit und<br />
des Wohlbefindens beiträgt.<br />
Bezogen auf die arbeitenden Menschen<br />
muss es das Anliegen sein, die<br />
Handlungskompetenz, die körperliche<br />
und geistige Gesundheit, die<br />
Arbeitszufriedenheit, das Gesundheitsverhalten<br />
und das Wohlbefinden<br />
zu erhalten und zu fördern.<br />
Unter Gesundheitsmanagement sind<br />
alle gesundheitsbezogenen Maßnahmen,<br />
Methoden und Programme zu<br />
verstehen, die in der Bildungseinrichtung<br />
durchgeführt werden.<br />
Der Arbeitsschutz konzentriert sich<br />
auf die Bedingungen, die zu Belastungen<br />
bzw. Gefährdungen führen<br />
können. Demzufolge ist sein methodisch-diagnostischer<br />
Kern die Gefährdungsanalyse<br />
und -beurteilung.<br />
Aus der Gefährdungsbeurteilung<br />
sind die Maßnahmen, Methoden<br />
und Programme abzuleiten, die der<br />
Prävention und der Gesundheitsförderung<br />
dienen.<br />
Grundsätzlich ist die Leitung einer<br />
Bildungseinrichtung für den Arbeitsund<br />
Gesundheitsschutz zuständig.<br />
Sie kann sich dabei durch den Sicherheitsbeauftragten<br />
und/oder die Sicherheitsfachkraft<br />
unterstützen lassen.<br />
Im Personalrat, dem Betriebsrat<br />
oder der Mitarbeitervertretung hat<br />
sie einen gleichberechtigten Partner.<br />
Die Beschäftigten sollten aktiv Mitwirkende<br />
sein.<br />
Professor Rudow erläuterte im Einzelnen<br />
die Gefährdungsbeurteilung,<br />
die in sieben Schritten erfolgen sollte:<br />
• Arbeitskreis Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
• Erfassung der Arbeitsorganisation:<br />
Gliederung in Arbeitsbereiche, Klassifizierung<br />
von Tätigkeiten<br />
•Festlegung der Bereiche / Tätigkeiten<br />
/ Personen der Gefährdungsbeurteilung<br />
• Diagnose und Dokumentation der<br />
Belastungen / Gefährdungen<br />
• Festlegung von Schutzzielen und<br />
Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
• Realisierung der Maßnahmen des<br />
Arbeits- und Gesundheitsschutzes<br />
• Überprüfung der Wirksamkeit der<br />
Maßnahmen<br />
Das Kontrollergebnis soll ebenfalls<br />
dokumentiert werden. Es kann Anlass<br />
sein, einzelne Maßnahmen zu<br />
verändern oder neue festzulegen.<br />
Die Qualitätsbeurteilung ist keine<br />
einmalige Angelegenheit. Sie ist erneut<br />
durchzuführen, wenn sich wesentliche<br />
Bedingungen verändert<br />
haben.<br />
d.r<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
15
Schule und Umwelt<br />
„Es ist verrückt, wenn Lernen krank macht!“<br />
Bericht aus der AG „Gesundheitsfördernde Schule“<br />
Viel wurde auf der <strong>GEW</strong>-Fachtagung von Giften gesprochen. Giften allerorten:<br />
im Baumaterial ebenso wie in der Nahrung, in Innenräumen<br />
wie in Außenräumen. Gegen das häufige administrative Herunterspielen<br />
vergifteter Belastungswelten ist das problembewusste, das problemaufzeigende,<br />
das problembekämpfende Gegenspiel für gesunde<br />
Lebenswelten ein unbedingtes „Muss“.<br />
Wenn es um Gesundheitsförderung<br />
geht, dann geht es aber immer um<br />
ein doppeltes: um die Wechselwirkung<br />
von (objektiven) Verhältnissen<br />
und dem (subjektiven) Verhalten.<br />
Die Verhältnisse prägen das Verhalten.<br />
Und das Verhalten prägt die<br />
Verhältnisse.<br />
Gesundheitsförderung ist dabei ein<br />
bewusst positiv gerichteter Begriff. Er<br />
ist Ausdruck der Abkehr von Schrekkensszenarien,<br />
die sich primär um<br />
die Vermeidung von Risikofaktoren<br />
bemüh(t)en. Kennzeichnend für die<br />
negativ ausgerichteten Vermeidungsstrategien<br />
sind die Anti-Raucher-Filme,<br />
in denen z. B. grässliche Raucherbeine<br />
und Raucherlungen gezeigt<br />
werden. Bei manchen haben die<br />
Abschreckungsszenarien dazu geführt,<br />
das verursachende Rauchen zu<br />
lassen. Viele (Raucher) sind aber,<br />
wenn sie sich die Filme überhaupt<br />
angeschaut haben, aus den Filmen<br />
herausgegangen und haben gesagt:<br />
„Jetzt muss ich als erstes eine rauchen!“.<br />
Die Umbenennung der AOK von<br />
einer Krankheitskasse zu einer Gesundheitskasse<br />
soll die Umkehrung<br />
des Denkens von der Abwehr der<br />
Krankheit hin zur Förderung der<br />
Gesundheit ebenfalls ausdrücken.<br />
Klar, dass es nicht nur bei einem<br />
Wort-Wechsel bleiben darf. Entscheidend<br />
ist, ob dem anderen Denken<br />
andere Taten folgen.<br />
Die gesundheitsfördernde Schule<br />
fragt: Was ist notwendig, damit alle,<br />
die mit einer einzelnen Schule zu tun<br />
haben, in einem umfassenden Sinne<br />
sich in der Schule wohl fühlen.<br />
Umfassend meint: in körperlicher, in<br />
geistiger, in seelischer Hinsicht. Die<br />
gesundheitsfördernde Schule orientiert<br />
sich also an dem umfassenden<br />
Gesundheitsverständnis, wie es von<br />
der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) in ihrer berühmten Ottawa-Charta<br />
Anfang der 80iger Jahre<br />
formuliert wurde. Indem die gesundheitsfördernde<br />
Schule nach einem<br />
umfassenden Wohlbefinden in<br />
der Schule fragt, einem Wohlbefinden<br />
bei den Kindern und Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen, bei<br />
den professionellen Pädagogen, auch<br />
bei den Eltern und den Familien<br />
beider, der SchülerInnen wie der<br />
LehrerInnen, auch nach den Wirkfaktoren<br />
der schulischen Umwelt<br />
und des schulischen Umfelds, eignet<br />
sich Gesundheitsförderung hervorragend<br />
als Leitlinie für jede Art<br />
von Schulentwicklungsprozessen. Es<br />
ist verrückt, wenn Lernen krank<br />
macht! Wann aber trägt Lernen zum<br />
Gesunden bei? Denn es geht in der<br />
gesundheitsfördernden Schule nicht<br />
nur darum, etwas über Gesundheit<br />
zu lernen, sondern vor allem, gesund<br />
zu lernen. Otto Herz: „Es gibt Belastungen,<br />
die machen krank. Und es<br />
gibt Anstrengungen, die führen zum<br />
Gesunden. Das ist der Unterschied<br />
zwischen (dem negativen) Di-Stress<br />
und (dem positiven) Eu-Stress.“ Konkrete<br />
Beispiele für gesundendes Lernen<br />
wurden zusammengetragen entlang<br />
den „I-s der Schulentwicklung“,<br />
die Otto Herz benannte: Das Ich/das<br />
Individuum; die Interaktionen zwischen<br />
den Individuen; die Art der<br />
Instruktion und die Frage nach den<br />
Inhalten in der Schule; die Institution;<br />
die zentrale(n) Ideen, der/denen<br />
eine Schule folgt; die Inspektion, die<br />
manchmal zur Inquisition missrät;<br />
die Art, wie Innovationen betrieben<br />
werden; fördern sie die Identifikation<br />
mit der Schule oder eher das Gegenteil?<br />
Und dies alles eingebettet im<br />
Insgesamt des Zeitgeistes, der kaum<br />
noch der Integration dient, sondern<br />
mehr und mehr ausgrenzt.<br />
„Schade“, sagten die meisten TeilnehmerInnen,<br />
„dass wir nicht mehr Zeit<br />
hatten. Uns ist klar geworden: das<br />
Programm gesundheitsfördernde<br />
Schule füllt locker einen ganzen Fortbildungstag<br />
- um dann in einen gesundheitsfördernden<br />
Schulentwicklungsprozess<br />
in der eigenen Schule<br />
einzusteigen.“<br />
oh<br />
„Der Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
im Lehrerberuf“<br />
Prof. Bernd Rudow berschreibt in seinem<br />
Buch die Gefährdungsbeurteilung<br />
der Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern.<br />
Der Band kann von <strong>GEW</strong>-Mitgliedern<br />
gegen einen Unkostenbeitrag<br />
von 20.- DM bei der <strong>GEW</strong>-Landesgeschäftsstelle<br />
in 55116 Mainz, Neubrunnenstraße<br />
8, Telefon: 06131/<br />
28988-0, Fax: 06131/28988-80, E-<br />
Mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-<strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong>.de angefordert werden.<br />
d.r<br />
16 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Schule und Umwelt<br />
Agenda 21 - Prozesse in Schule und Hochschule<br />
Dr. Alfons Matheis, Professor für den<br />
Fachbereich Kommunikation und<br />
Ethik am Fachhochschulstandort Umwelt-Campus<br />
Birkenfeld, stellte die<br />
Arbeit dieser Hochschuleinrichtung im<br />
Hinblick auf die Umsetzung des<br />
AGENDA 21 vor:<br />
Orientiert am Campus-Modell, wohnen<br />
und arbeiten die Studierenden und<br />
Lehrenden am Campus. Dadurch entsteht<br />
eine äußerst fruchtbare Studienatmosphäre.<br />
Die Curricula der einzelnen<br />
Studiengänge<br />
sind unter dem<br />
Leitbild der Interdisziplinärität<br />
aufgebaut, so dass<br />
reger Austausch<br />
und Kooperation<br />
zwischen Studiengängen<br />
und<br />
Fachgebieten notwendig<br />
ist. Aus<br />
der Alltagspraxis<br />
heraus kann gesagt<br />
werden, dass<br />
noch Energie aufzubringen<br />
ist,<br />
sich in den Prozess<br />
einer interdisziplinären<br />
Kooperation<br />
einzulassen<br />
und alte<br />
Routinen und<br />
Verfahren aufzugeben.<br />
Ein weiteres Studienprinzip<br />
am<br />
Umwelt-Campus<br />
ist die Arbeit in<br />
überschaubaren<br />
Projektteams.<br />
Viele Leistungsnachweise<br />
im<br />
Sinne des European<br />
Credit<br />
Transfer System<br />
sind nur durch<br />
das Engagement<br />
in Projektteams<br />
zu erzielen.<br />
Der Umwelt-<br />
Campus Birkenfeld<br />
ist eines der<br />
sechs rheinland-<br />
pfälzischen anerkannten externen<br />
EXPO-Projekte. Im Rahmen der<br />
EXPO sind zahlreiche Projekte durchgeführt<br />
worden: Von der Einführung<br />
eines Umweltmanagementsystems über<br />
die Durchführung internationaler Videokonferenzen,<br />
über telematische Studienberatung,<br />
die reisende Hochschule<br />
bis hin zur AGENDA-MultiMediaShow<br />
und AGENDA-Mobil.<br />
Erwähnenswert sind zudem die beiden<br />
neuen Studierendenwohnheime auf der<br />
Wir bilden die Zukunft<br />
Basis eines Niedrigenergiehauses und<br />
eines Passivhauses.<br />
Der Umwelt-Campus versucht als Unterzeichner<br />
der Copernicus-Charta<br />
(Umsetzung der AGENDA 21 für wissenschaftliche<br />
Bildungseinrichtungen)<br />
seiner Selbstverpflichtung nicht nur in<br />
Lehre, Studium und Forschung sondern<br />
auch im Bereich der Gebäude und der<br />
Verwaltung nachzukommen.<br />
red.<br />
Sie haben<br />
viel Zeit.<br />
Weil keiner Zeit<br />
für sie hat.<br />
Sie hängen herum und schlagen die Zeit tot. Weil sie keinen<br />
Sinn sehen und oft auch keine Perspektive haben. Neun<br />
Prozent verlassen die Schule ohne Abschluss. Schüler sind<br />
sie nur den halben Tag. Den ganzen Tag aber sind sie junge<br />
Menschen, die Angebote brauchen, Hilfe auf der Suche nach<br />
ihrem Platz im Leben. Wir sorgen dafür, dass jemand Zeit für<br />
sie hat.<br />
Die <strong>GEW</strong>: die Bildungsgewerkschaft.<br />
Lernen Sie uns kennen: www.gew.de<br />
Wer, wenn nicht wir ?<br />
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
17
Bildungspolitik der CDU<br />
Abschied von der Chancengleichheit<br />
<strong>GEW</strong> kritisiert bildungspolitisches Papier der CDU<br />
Die CDU diskutierte auf ihrem Landesparteiausschuss in Mainz ihr<br />
bildungspolitisches Papier „Zukunftsbildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“, mit<br />
dem sie in den Landtagswahlkampf gehen will.<br />
Die stellvertretende<br />
<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />
Bettina<br />
Gerhard beim<br />
Landesparteiausschuss<br />
der CDU:<br />
„Die CDU beschwört<br />
ein Familienbild,<br />
das es so<br />
nicht mehr gibt,<br />
und zieht deshalb<br />
aus unrichtigen<br />
Prämissen falsche<br />
Schlüsse für die<br />
Zukunft des Bildungswesens.“<br />
Darin versprechen die Christdemokraten,<br />
dass sie im Falle eines Wahlsieges<br />
für die Umsetzung einer ganzen<br />
Reihe von Veränderungen in der<br />
Schule sorgen wollen, so zum Beispiel:<br />
- Schulzeitverkürzung am Gymnasium<br />
(Abitur nach 12 Jahren)<br />
- Abkehr vom Kurssystem in der<br />
gymnasialen Oberstufe<br />
- Bei Nichtbefolgung der Schullaufbahnempfehlung<br />
Querversetzung<br />
aus Realschule und Gymnasium in<br />
die Hauptschule oder Realschule<br />
nach dem ersten Halbjahr der Orientierungsstufe<br />
- Abschlussprüfungen in allen Bildungsgängen,<br />
die zur „Mittleren<br />
Reife“, zur Fachhochschulreife oder<br />
zur allgemeinen Hochschulreife führen<br />
- Einführung des Zentralabiturs<br />
- Ausweitung der Kopfnoten<br />
- Lehrplanmäßiger Fremdsprachenunterricht<br />
ab Klasse 2<br />
- Fort- und Weiterbildungspflicht<br />
für Lehrerinnen und Lehrer<br />
- Schulranking (Vergleich der Schulen<br />
und entsprechende Konsequenzen)<br />
Die CDU bescheinigt sich selbst<br />
„Für tragfähig und gut befunden: das<br />
schulpolitische Programm der CDU<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat in ihrer schriftlichen<br />
Stellungnahme* auf elf Seiten ausführlich<br />
auf Schwachstellen, Ungereimtheiten<br />
und Leerformeln hingewiesen.<br />
Die <strong>GEW</strong> kritisiert insbesondere<br />
die Passagen, in denen ein<br />
populistisches Zerrbild von Schule<br />
gezeichnet wird („Spaßschule“) oder<br />
die Lehrerinnen und Lehrer als Affront<br />
empfinden müssen, da sie auch<br />
jetzt gute Arbeit leisten (die CDU<br />
„wird wieder die Qualität des Schulwesens<br />
als Merkmal rheinland-pfälzischer<br />
Bildungspolitik in den Vordergrund<br />
stellen“).<br />
Wer sich vom Grundsatz der Chancengleichheit<br />
verabschiedet und<br />
nicht sehen will, dass das „Ja zur Eliteförderung“<br />
allein die Entwicklung<br />
einer Gesellschaft nicht vorantreiben<br />
kann und schon gar nicht verhindern<br />
kann, dass eine immer größer werdende<br />
Zahl von Menschen den Anforderungen<br />
des Beschäftigungssystems<br />
nicht gewachsen ist, kann sich<br />
nicht auf die Zustimmung der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
berufen.<br />
Das bildungspolitische Papier der<br />
CDU beschwört ein Familienbild,<br />
das es so nicht mehr gibt, und zieht<br />
deshalb aus den unrichtigen Prämissen<br />
falsche Schlüsse für die Zukunft<br />
des Bildungswesens.<br />
Das Wahlkampfwort „Unterrichtsgarantie“<br />
hat zwar Roland Koch in<br />
Hessen (unter anderem) zur Mehrheit,<br />
den Schülerinnen und Schülern<br />
aber keineswegs zu der ausreichenden<br />
Zahl von Lehrerinnen und Lehrern<br />
verholfen. Die hessischen<br />
Schlagzeilen zu Schuljahresbeginn<br />
glichen den Zeitungsmeldungen in<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />
„Was verstehen Sie denn unter Unterrichtsgarantie?“<br />
fragte deshalb die<br />
stellvertretende Landesvorsitzende<br />
der <strong>GEW</strong>, Bettina Gerhard, und forderte<br />
die Delegierten auf, das komplexe<br />
Problem nicht mit einem<br />
Schlagwort abzutun. Es besteht akuter<br />
Handlungsbedarf, die Ressourcen<br />
für den Bildungsbereich reichen bei<br />
weitem nicht aus und die Schulen<br />
brauchen dringend Unterstützung,<br />
um ihre umfassenden Aufgaben erfüllen<br />
zu können. „Die <strong>GEW</strong> prangert<br />
nicht erst seit 1992 die fehlenden<br />
Lehrerstellen und die unzureichende<br />
Finanzausstattung der Schulen<br />
an“, sagte Bettina Gerhard in<br />
Mainz. Die CDU aber macht keine<br />
konkreten Zusagen, wie viele Mittel<br />
zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung<br />
und zur Sicherung der<br />
„Qualität des Schulwesens“ bereitgestellt<br />
werden und wie sie finanziert<br />
werden sollen.<br />
Deshalb bleibt die <strong>GEW</strong> bei ihrer<br />
zentralen Forderung, endlich die<br />
Rahmenbedingungen so zu verändern,<br />
dass sie einer Qualitätsverbesserung<br />
nicht länger im Wege stehen.<br />
red<br />
* Die Stellungnahme kann bei der Landesgeschäftsstelle<br />
angefordert werden.<br />
18 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
„Auslese statt Förderung ist das Prinzip“<br />
Bildungspolitische Rückwärtsentwicklung in Hessen<br />
Bildungspolitik der CDU<br />
Zur CDU-Bildungspolitik in Hessen sagt die <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />
Gonhild Gerecht: „Seit der Regierungsübernahme durch CDU und FDP<br />
haben wir es mit einer bildungspolitischen Rückwärtsentwicklung zu<br />
tun, die wir in Hessen kaum für möglich gehalten haben. Die vorgenommenen<br />
Änderungen im Schulgesetz verfolgen Übergangsregelungen,<br />
Verschlechterung der Versetzungsbestimmungen, zentrale Abschlussprüfungen,<br />
die Einführung von schulformbezogenen Stundentafeln<br />
und Lehrplänen. Auslese statt Förderung ist das Prinzip!“<br />
In einem Artikel für die Hessische<br />
Lehrerzeitung beschreibt Christoph<br />
Baumann diese Politik unter der<br />
Überschrift „Rezepte aus den 50er<br />
Jahren“: Die Kultusministerin behauptet,<br />
der vorgelegte Entwurf für<br />
veränderte Stundentafeln sei „ein<br />
weiterer Baustein der Qualitätsoffensive<br />
für die hessischen Schulen“. Tatsächlich<br />
handelt es sich zuerst einmal<br />
um eine rein quantitative Maßnahme,<br />
die kaum Einfluss auf Inhalte,<br />
Didaktik und Methodik des Unterrichts<br />
hat und aus der sich deshalb<br />
eine Qualitätsverbesserung nicht ableiten<br />
lässt. Aus den weiteren Äußerungen<br />
wird die wahre Absicht deutlich:<br />
Die „optimale“ Förderung von<br />
SchülerInnen mit unterschiedlichen<br />
Begabungen gelinge „erwiesenermaßen“<br />
nicht durch gleiche Stundentafeln<br />
und gleiche Lehrplänen für alle<br />
Jugendlichen, sondern nur durch ein<br />
möglichst differenziertes Schulwesen,<br />
in dem Bildungsgänge und<br />
Lehrpläne auf die unterschiedlichen<br />
Fähigkeiten und Neigungen der<br />
SchülerInnen abgestimmt seien.<br />
Beim Wort genommen<br />
Würde man die Kultusministerin<br />
beim Wort nehmen und wirklich auf<br />
die unterschiedlichen Fähigkeiten,<br />
Neigungen und Begabungen der<br />
Menschen eingehen, hieße dies, ein<br />
zigfach gegliedertes Schulsystem einzuführen.<br />
Binnendifferenzierung<br />
hingegen als ein Mittel, unterschiedliche<br />
Begabungen und Befähigungen<br />
im Unterricht zu berücksichtigen, ist<br />
für Ministerin Wolff (CDU) offenbar<br />
ein Fremdwort: „Feindifferenzierung“<br />
endet für sie bei der Zahl drei.<br />
Die Änderung der Stundentafel dient<br />
somit allein der Umsetzung der Regierungspolitik<br />
einer konsequenten<br />
Restauration des traditionellen dreigliedrigen<br />
Schulwesens ab Klasse<br />
fünf.<br />
Frühzeitig, in der vierten Klasse,<br />
muss die Entscheidung fallen, für<br />
welche Schulform eine Schülerin<br />
oder ein Schüler geeignet ist. Ein<br />
späterer Wechsel in höhere Bildungsgänge<br />
wird durch Einführung eigener<br />
Stundentafeln für jede Schulform,<br />
künftig auch durch schulformbezogene<br />
Lehrpläne weiter erschwert.<br />
Auch die geplanten Änderungen der<br />
Versetzungs- und Abschlussbedingungen<br />
bewirken nicht intensivere<br />
und individuellere Förderung, sondern<br />
verschärfte Auslese und Ausgrenzung.<br />
Zusatzangebote: gestrichen<br />
Gleichzeitig werden die vorhandenen<br />
Möglichkeiten zur schulinternen äußeren<br />
Differenzierung, um auf „unterschiedliche<br />
Neigungen und Begabungen“<br />
eingehen zu können, nicht<br />
aus-, sondern abgebaut: Die Stunden<br />
für den Wahlpflichtunterricht werden<br />
massiv gekürzt. Das schränkt die<br />
Möglichkeiten der Schulen drastisch<br />
ein, individuelle Neigungs- und Förderungsangebote<br />
zu machen.<br />
Sicher führt der WPU (Wahlpflichtunterricht)<br />
in vielen Schulen ein<br />
trauriges Schattendasein, jedoch<br />
nicht auf Grund einer verfehlten<br />
Konzeption, sondern weil den meisten<br />
Schulen die Lehrerstunden fehlen,<br />
um ein vielfältiges und attraktives<br />
Wahl- und Förderangebot auf die<br />
Beine zu stellen. Statt aber mehr<br />
Stunden zur Verfügung zu stellen,<br />
geht Kultusministerin Wolff den einfachen<br />
Weg mit dem erwünschten<br />
Nebeneffekt: Die Unterrichtsgarantie<br />
ist leichter zu erfüllen, weil für<br />
Kernunterricht immer weniger Stunden<br />
benötigt werden als für Kurse.<br />
Politische Bildung:<br />
vernachlässigbar<br />
Der Entwurf führt zu Erleichterungen<br />
für alle KollegInnen, die in Fächern<br />
unterrichten, deren Stundenkontingent<br />
wächst. Kann dies aber<br />
den Abbau des Faches Sozialkunde<br />
an Integrierten Gesamtschulen um<br />
zwei, an Haupt- und Realschulen um<br />
eine Jahreswochenstunde rechtfertigen?<br />
In den Klassen 5 und 6 soll dieses<br />
Fach in allen Schulformen überhaupt<br />
nicht mehr unterrichtet werden.<br />
Gerade zu Beginn der Sekundarstufe<br />
I sind die meisten SchülerInnen<br />
mit einer neuen Schule, mit neuen<br />
Fächern und Lehrkräften und einer<br />
anderen Organisation des Unterrichts<br />
konfrontiert. Sie müssen sich<br />
mit ihren MitschülerInnen im neuen<br />
Klassenverband arrangieren. In<br />
dieser Phase hat gerade der Sozialkundeunterricht<br />
eine herausragende<br />
Bedeutung, um sie bei der Orientierung<br />
zu unterstützen.<br />
Dass gerade an den Integrierten Gesamtschulen<br />
das Fach Sozialkunde<br />
oder der Lernbereich Gesellschaftslehre<br />
um zwei Stunden gekürzt wird,<br />
schwächt ein für die Identität dieser<br />
Schulform zentrales Feld. Politische<br />
Bildung zum „Nebenfach“ abzustufen,<br />
ist angesichts der politischen<br />
Verantwortungs- und Skrupellosigkeit<br />
einiger Politiker dieser Landesregierung<br />
nicht verwunderlich. „Die<br />
Koalition von CDU und F.D.P.<br />
wünscht sich offensichtlich den unmündigen<br />
Bürger, der sich mit Politik<br />
nicht wirklich auseinander setzt“,<br />
schreibt der <strong>GEW</strong>-Landesvorstand in<br />
seiner Stellungnahme zu diesem Verordnungsentwurf.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
19
Bildungspolitik der CDU<br />
Arbeitslehre: nur für (künftige)<br />
Arbeiter<br />
Die Abschaffung der Arbeitslehre im<br />
Gymnasium und seine Reduzierung<br />
in den übrigen Bereichen können<br />
auch durch eine massive Ausdehnung<br />
dieses Fachs im Bereich der<br />
Hauptschulen nicht kompensiert<br />
werden. Dieses Konzept folgt den<br />
überholten Vorstellungen von der<br />
Aufteilung der Welt in Kopf- und<br />
Handarbeiter und weist ebenfalls auf<br />
das rückwärts gewandte Denken in<br />
der gegenwärtigen hessischen Bildungspolitik<br />
hin.<br />
Biologie: ohne Abschlussrelevanz<br />
Ebenfalls nicht auf der Höhe der<br />
Zeit sind die Veränderungen im Bereich<br />
der Naturwissenschaften: Biologie<br />
wird nur noch bis Klasse 9 er-<br />
teilt und entfällt als Abschlussfach im<br />
10. Schuljahr. Dabei nimmt die Biologie<br />
mittlerweile die beherrschende<br />
Rolle in den Naturwissenschaften ein<br />
und integriert weite Gebiete (...). Die<br />
Bereiche Biologie, Medizin und Gesundheitswesen<br />
gelten übrigens als<br />
zukunftsorientierte, aussichtsreiche<br />
Arbeitsmärkte - nicht nur für HochschulabsolventInnen!<br />
Gerade auch<br />
für SchülerInnen mit mittlerem Abschluss<br />
werden hier künftig attraktive<br />
Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.<br />
Kreativität: nicht gefragt<br />
Kunst und Musik - seit Jahren Stiefkinder<br />
der LehrerInnenversorgung -<br />
werden in Haupt- und Realschule<br />
drastisch um vier Wochenstunden<br />
gekürzt: Der Arbeitsmarkt ruft, nicht<br />
Oper und Museum! (...).<br />
Keine Experimente<br />
Die gegenwärtige Bildungspolitik in<br />
Hessen geht nicht von den realen Anforderungen<br />
aus, die die gesellschaftliche<br />
Entwicklung an die Menschen und<br />
damit an das Schulsystem stellt. Im<br />
Mittelpunkt steht die Restauration eines<br />
Schulsystems mit den Rezepten der<br />
50-er Jahre. So sehr diese an der einen<br />
oder anderen Stelle nostalgischen<br />
Charme ausstrahlen und in einer unüberschaubaren<br />
Welt scheinbar wohltuend<br />
einfache Wege weisen: Sie sind<br />
brandgefährlich, weil sie den Versuch<br />
darstellen, das Rad der Geschichte zurückzudrehen.<br />
Diese Politik bringt<br />
Kinder und Jugendliche um ihre<br />
Chance, für die Herausforderungen<br />
der Zukunft so gut wie möglich gerüstet<br />
zu sein.“<br />
Viel Schatten und wenig Licht<br />
Bildungspolitik im Saarland nach dem Regierungswechsel<br />
Wie in der letzten <strong>GEW</strong>-Zeitung angekündigt und mit einem Interview<br />
mit dem einstigen <strong>GEW</strong>-Vorsitzenden Frieder Bechberger-Derscheidt<br />
begonnen, beschäftigen wir uns im Vorfeld der Landtagswahl auch mit<br />
dem, was die etwaige Alternative „CDU als Regierungspartei“ für die<br />
Bildungspolitik bedeuten könnte. Klaus Kessler schildert zunächst die<br />
wichtigsten Neuerungen nach dem Regierungswechsel im Saarland:<br />
1. Kindergarten<br />
• Stufenweise Abschaffung der Kindergartengebühren<br />
und Verlegung<br />
der KiGA-Verwaltung und Aufsicht<br />
vom Sozialministerium in das Bildungsministerium.<br />
Die erste Stufe<br />
der Gebührenbefreiung ist in diesem<br />
Jahr umgesetzt worden, das heißt, das<br />
dritte Kindergartenjahr ist gebührenfrei.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat sowohl die Verlagerung<br />
der Zuständigkeit für Kindergärten ins<br />
Bildungsministerium als auch die Abschaffung<br />
der Gebühren begrüßt.<br />
2. Schule<br />
2.1 Lehrerstellen<br />
• Schaffung von 100 zusätzlichen<br />
Lehrerstellen zum Schuljahr 2000/<br />
01. Dies ist umgesetzt, aber es gibt<br />
Engpässe in der Lehrerversorgung.<br />
Das heißt, trotz vorhandener Stellen<br />
fehlen in bestimmten Fächern und<br />
Schulformen Lehrkräfte (Mangelfächer:<br />
Mathematik, Physik, Arbeitslehre,<br />
musische Fächer; Schulformengpässe:<br />
Sonderschulen und beruflichen<br />
Schulen).<br />
Die <strong>GEW</strong> hat die Schaffung von neuen<br />
Stellen begrüßt und fordert zur Sicherung<br />
der Lehrkräfteversorgung eine<br />
mittelfristige Personalplanung, ein Angebot<br />
von attraktiven Beamtenstellen<br />
für alle Schulformen, die Aufstockung<br />
von teilzeitbeschäftigten Lehrkräften.<br />
(Beamtenstellen in „Einstellungsteilzeit“<br />
werden jetzt aufgestockt; angestellte<br />
Lehrkräfte nicht in jedem Fall)<br />
2.2. Grundschulen<br />
• Abschaffung der Berichtszeugnisse<br />
in Klasse 2 und Einführung von Notenzeugnissen<br />
Die <strong>GEW</strong> hat dies als pädagogischen<br />
Rückschritt gekennzeichnet und abgelehnt.<br />
• Einführung von landesweiten Orientierungsarbeiten<br />
in den 4. Grundschulklassen<br />
Die <strong>GEW</strong> hat dies als Rückschritt bezeichnet<br />
und befürchtet die Einführung<br />
des „Grundschulabiturs“ in Klassenstufe<br />
4.<br />
• Übergang von der Grundschule zu<br />
weiterführenden Schulen. Abschaffung<br />
des letztentscheidenden Elternwillens<br />
über den Besuch einer weiterführenden<br />
Schule und Einführung<br />
einer rechtsverbindlichen Empfehlung<br />
der Grundschule für das<br />
Gymnasium, gekoppelt an einen bestimmten<br />
Notenschnitt in den Fächern<br />
Mathematik und Deutsch (bei<br />
Nicht-Empfehlung besteht die Notwendigkeit<br />
der Teilnahme an einer<br />
Aufnahmeprüfung für das Gymnasium)<br />
Die <strong>GEW</strong> hat diese Regelung abgelehnt.<br />
• Computer-Ausstattung an Grundschulen<br />
Die Landesregierung hat mit der Initiative<br />
„Zukunft schenken“ die Absicht,<br />
unter Heranziehung von Sponsoren,<br />
alle Grundschulen mit Computern<br />
auszustatten.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat diese Initiative vom<br />
Grundsatz her begrüßt.<br />
• Klassenteiler an Grundschulen<br />
Die CDU-Landesregierung hat den<br />
bisherigen Klassenteiler an Grund-<br />
20 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
schulen von 29 auf 27 herabgesenkt:<br />
Die <strong>GEW</strong> betrachtet dies als unzureichend<br />
und bleibt bei ihrer Forderung:<br />
„Keine Klasse über 25!“<br />
2.3 Realschule und Gesamtschule<br />
2.3.1 Arbeitszeit der LehrerInnen:<br />
• Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung<br />
der Lehrkräfte an Gesamtschulen<br />
von bisher 25 auf 26,5<br />
Unterrichtswochenstunden.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat hiergegen protestiert<br />
(und an einigen Schulen auch gestreikt).<br />
Für die Lehrkräfte, die an<br />
Gesamtschulen in der gymnasialen<br />
Oberstufe eingesetzt sind, ist eine Verbesserung<br />
erreicht worden. Bei einem<br />
Einsatz in der Oberstufe von 2 bis 7<br />
Unterrichtsstunden beträgt das Regelstundenmaß<br />
25 Stunden und ab einem<br />
Unterrichtseinsatz von 8 Oberstufenstunden<br />
beträgt das Regelstundenmaß<br />
24 Unterrichtsstunden. Mit<br />
dieser Regelung ist in der gymnasialen<br />
Oberstufe eine Gleichbehandlung mit<br />
Lehrkräften am Gymnasium erreicht<br />
worden.<br />
2.3.2 Zentrale Abschlussprüfungen<br />
• Einführung von zentralen Abschlussprüfungen<br />
für das Erreichen<br />
des Hauptschulabschlusses und das<br />
Erreichen des mittleren Bildungsabschlusses<br />
Die <strong>GEW</strong> hat dies als Rückschritt bezeichnet<br />
im Vergleich zu den bisherigen<br />
Abschlussverfahren, sie hat in Detailsfragen<br />
der Prüfungsordnungen Verbesserungen<br />
erreicht. Zum Beispiel ist<br />
die Dauer der schriftlichen Prüfungen<br />
in den Fächern Deutsch und Mathematik<br />
bei der Prüfung für den Hauptschulabschluss<br />
gekürzt worden; ist im<br />
Bereich der Prüfung für den mittleren<br />
Bildungsabschluss die vorgesehene verpflichtende<br />
mündliche Prüfung in der<br />
ersten Fremdsprache für alle ersatzlos<br />
gestrichen worden.<br />
2.4 Gymnasium<br />
• Schulzeitverkürzung am Gymnasium<br />
für alle von 9 auf 8 Jahre.<br />
Dieses Vorhaben ist noch nicht umgesetzt,<br />
soll aber durch Änderung des<br />
Schulordnungsgesetzes noch in diesem<br />
Jahr vollzogen werden. Das heißt, SchülerInnen,<br />
die ab dem Schuljahr 2001/<br />
02 ein Gymnasium besuchen, sollen<br />
dann nach 8 Jahren Abitur machen.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat eine generelle flächendeckende<br />
Schulzeitverkürzung am<br />
Gymnasium abgelehnt und fordert eine<br />
Wahlmöglichkeit zwischen 9 und 8<br />
Jahren bis zum Abitur. Darüber hinaus<br />
fordert die <strong>GEW</strong> den Ausbau der<br />
gymnasialen Oberstufen an den saarländischen<br />
Gesamtschulen, an denen<br />
wie bisher das Abitur nach 9 Jahren<br />
erworben werden kann.<br />
2.5 Kopfnoten<br />
• Wiedereinführung der Kopfnoten<br />
auf den Halbjahres- und Jahreszeugnissen<br />
für Verhalten und Mitarbeit<br />
Die <strong>GEW</strong> hat dies kritisiert.<br />
2.6 Verhaltenszeugnisse<br />
• Alle Schulabgänger der Erweiterten<br />
Realschulen, Gesamtschulen und<br />
Gymnasien (außer den Abgängern<br />
der gymnasialen Oberstufe) erhalten<br />
ab dem kommenden Schuljahr ein<br />
eigenes Verhaltenszeugnis, in dem<br />
mit Noten Aussagen gemacht werden<br />
sollen über Verhalten, Mitarbeit,<br />
Arbeitshaltung und Teamfähigkeit.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat dies abgelehnt.<br />
Bildungspolitik der CDU<br />
3. Schulaufsicht<br />
• Ab Januar 2001 werden die Schulämter<br />
im Saarland abgelöst und in<br />
die Zentrale, des MBKW in Saarbrücken,<br />
überführt, das heißt, es gibt<br />
für alle Schulformen des Saarlandes<br />
nur noch eine Schulaufsichtsebene.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat dies als richtigen Schritt<br />
gekennzeichnet, aber auf Detailprobleme<br />
bei der Umsetzung (Arbeitsplätze<br />
und Funktion der Schulräte) hingewiesen.<br />
4. Personalvertretungen<br />
• Einrichtung von Personalvertretungen<br />
im Zusammenhang mit der<br />
Auflösung der Schulämter: Alle<br />
Schulen mit mindestens fünf Wahlberechtigten<br />
erhalten eigene Personalvertretungen.<br />
Ebenso werden an<br />
den Studienseminaren Personalvertretungen<br />
eingerichtet.<br />
Die Einrichtung von Personalvertretungen<br />
an den Schulen und den Studienseminaren<br />
ist eine langjährige Forderung<br />
der <strong>GEW</strong> gewesen, die somit<br />
erfüllt wird.<br />
5. Hochschulen<br />
• Die CDU-Landesregierung plant<br />
ab 2001 Studiengebühren für Langzeitstudierende<br />
einzuführen (vgl. Regelung<br />
in Baden-Württemberg).<br />
Die <strong>GEW</strong> hat dies abgelehnt.<br />
• Die CDU-Landesregierung hat<br />
zwar angekündigt, die Lehrerbildung<br />
zu reformieren und ein Zentrum<br />
für Lehrerbildung an der Universität<br />
des Saarlandes einzurichten,<br />
aber in dieser Richtung hat sich bisher<br />
nichts getan.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert dringend, die Reform<br />
der Lehrerbildung in Angriff zu nehmen<br />
und bedauert, dass dieses Thema<br />
bei der saarländischen Landesregierung<br />
keine Priorität besitzt.<br />
Klaus Kessler,<br />
Voritzender der <strong>GEW</strong> im Saarland<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
21
Personalvertretung<br />
Das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 wird novelliert<br />
Heinz Wüntscher berichtet vom Hearing des DGB in Mainz<br />
Am 18.Oktober fand in Mainz-<br />
Hechtsheim auf Einladung des<br />
DGB eine Anhörung zur Novellierung<br />
des Betriebsverfassungsgesetzes<br />
(BVG) statt. Unter dem Motto<br />
„Wer, wenn nicht wir? für eine fortschrittliche<br />
Betriebsverfassung“ erörterten<br />
eine Reihe von Fachleuten<br />
aus Politik und Wissenschaft mit<br />
Betriebsräten und Gewerkschaftern<br />
aus <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> die notwendigen<br />
Aktualisierungen des BVG von<br />
1972.<br />
Dr. Gerd Engels aus dem Bundesministerium<br />
für Arbeit und Soziales stellte<br />
im Eingangsreferat die Grundlinien<br />
dar, in denen sich der Entwurf der<br />
Bundesregierung zum Ende dieses Jahres<br />
bewegen wird.<br />
Sowohl die Bedingungen eines veränderten<br />
Arbeitsmarktes, neue Anforderungen<br />
der ArbeitnehmerInnen an Betriebsräte<br />
als auch die veraltete Trennung<br />
von ArbeiterInnen und Angestellten<br />
verlangen nach neuen Antworten<br />
im BVG.<br />
Auch wichtige Fragen zur Sicherung<br />
von Arbeit, im Umwelt- und Datenschutz<br />
machen eine Novellierung erforderlich.<br />
Nicht zuletzt besteht Handlungsbedarf<br />
zu den „weißen Flecken in der betrieblichen<br />
Landschaft“, den Betrieben ab<br />
fünf Beschäftigten ohne Betriebsrat und<br />
Betriebsverfassung.<br />
Dr. Engels nannte insgesamt zehn<br />
Grundlinien, die sich im noch unveröffentlichten<br />
Gesetzentwurf der Bundesregierung<br />
finden:<br />
1) Betriebs- und Unternehmensbegriff:<br />
Hier soll es eine Kombination von gesetzlichen<br />
und tarifvertraglichen Lösungen<br />
geben, damit Interessensvertretung<br />
der Beschäftigten bei Spaltung oder Zusammenlegung<br />
von Betrieben/ Unternehmen<br />
weiter funktioniert. Als Vermutungsregel<br />
soll immer ein „gemeinsamer<br />
Betrieb“ gelten. In Fällen betrieblicher<br />
Strukturänderungen ist ein<br />
generelles Übergangsmandat des Betriebsrats<br />
vorgesehen. Betriebsräte sollten<br />
zusätzlich die Möglichkeit erhalten,<br />
Sparten-, Filial- und Gesamtunternehmensbetriebsräte<br />
zu bilden.<br />
2) Entbürokratisierung des Wahlrechts:<br />
Die Streichung der Gruppenrechte Arbeiter<br />
- Angestellte soll zu mehr Überschaubarkeit<br />
und weniger Kosten bei<br />
den BR-Wahlen führen. Es ist vorgesehen,<br />
dass in Kleinbetrieben das Wahlverfahren<br />
vereinfacht wird, z.B. dadurch,<br />
dass ein Betriebsrat auch direkt<br />
auf einer Betriebsversammlung gewählt<br />
werden kann. Diejenigen, die eine solche<br />
Wahlversammlung einberufen, sollten<br />
durch einen begrenzten Kündigungsschutz<br />
abgesichert werden.<br />
3) Arbeitnehmerbegriff:<br />
Dem Betriebsrat soll Aufschluss über<br />
alle im Betrieb Tätigen gegeben werden,<br />
so dass auch Leih- und Tele-Arbeit<br />
ab einer Mindestdauer von z.B.<br />
drei Monaten in das aktive Wahlrecht<br />
mit einbezogen werden können.<br />
4) Arbeitnehmer-Grenzzahlen für<br />
BR-Wahlen:<br />
Die Grenzzahlen sollen bei BR-Wahlen<br />
und bei Freistellungen (ab 200 Arbeitnehmern<br />
eine Freistellung) herabgesetzt<br />
werden. Teilzeit-Freistellungen<br />
werden im neuen Entwurf ebenso berücksichtigt<br />
wie das Mitbestimmungsrecht<br />
des BR bei Versetzungen von BR-<br />
Mitgliedern. Wie die Unterstützung der<br />
BR-Arbeit durch Fachleute aus dem Betrieb<br />
soll auch der Zugang des BR zu<br />
den modernen Kommunikationsmitteln<br />
erleichtert werden.<br />
5) Stärkung der Mitwirkungs- und<br />
Mitbestimmungsrechte:<br />
Hierunter fallen Qualifizierungsmaßnahmen<br />
bei neuen Techniken, Einführung<br />
von Gruppenarbeit, Verzahnungen<br />
von Sozialplänen mit den Regelungen<br />
des SGB III und Initiativen zur<br />
Beschäftigungssicherung. Die Grenzzahlen<br />
der §§ 99,106 BVG - Mitbestimmung<br />
zu personellen Einzelmaßnahmen<br />
und der wirtschaftlichen Mitbestimmung<br />
sollen herabgesetzt werden.<br />
6) Stärkung der Mitwirkung der<br />
Arbeitnehmer:<br />
Vorgesehen sind Themeninitiativen<br />
mindestens von 5% der Arbeitnehmer<br />
an den Betriebsrat, Entwicklung einzelner<br />
Beteiligungsrechte von Arbeitsgruppen<br />
und der Einsatz von Fachwissen<br />
aus der Belegschaft zur Unterstützung<br />
der BR-Arbeit.<br />
7) Umweltschutz:<br />
Es soll ein Aufgabenkatalog zur Förderung<br />
von Maßnahmen des Umweltschutzes<br />
erstellt werden. In §89 BVG -<br />
Arbeitsschutz- werden Regelungen für<br />
den Umweltschutz aufgenommen.<br />
8) Chancengleichheit Frauen -<br />
Männer:<br />
§15 BVG, in dem es heißt: „Die Geschlechter<br />
sollen entsprechend ihres zahlenmäßigen<br />
Verhältnisses vertreten<br />
sein.“ soll zur Muss-Vorschrift werden.<br />
Zusätzlich werden zur Gleichstellung<br />
der Frauen Ausgleichsansprüche für<br />
Teilzeitbeschäftigte aufgenommen.<br />
Chancengleichheit und Familienschutz<br />
werden zu immanenten Teilen der Personalplanung.<br />
Gleichzeitig ist vorgesehen,<br />
eine Quotenregelung zu den BR-<br />
Wahlen einzuführen.<br />
9) Jugend- und Auszubildendenvertretung:<br />
Für sie soll die Möglichkeit gegeben sein,<br />
eigene Ausschüsse zu bilden und Initiativen<br />
zur Übernahme von Auszubildenden<br />
in das Arbeitsverhältnis zu ergreifen.<br />
Es soll auch eine Konzern -<br />
Vertretung eingeführt werden.<br />
10) Maßnahmen gegen Rassismus<br />
und Fremdenfeindlichkeit:<br />
Dies kann und soll Thema von betrieblichen<br />
Versammlungen sein. Der Betriebsrat<br />
bekommt im Rahmen der Bekämpfung<br />
solcher Tendenzen ein Antragsrecht<br />
zur Entfernung von einzelnen<br />
Arbeitnehmern im Betrieb.<br />
In einer kurzen Diskussion wurde auf<br />
das Problem der Fremdfirmen-Arbeit<br />
und der ständig wechselnden Leiharbeiter<br />
hingewiesen. Es wurde deutlich,<br />
dass den Arbeitgebern in der immer<br />
deutlicheren Einschränkung des Arbeitnehmerbegriffs<br />
klar entgegengetreten<br />
werden muss.<br />
Die Tarifautonomie steht nicht zur<br />
Disposition. Betriebsvereinbarungen<br />
und Experimentierklauseln zum Betriebs-<br />
und Unternehmensbegriff sollten<br />
unterbleiben.<br />
Es wurde betont, dass im neuen Gesetz<br />
auch stärker die Mitbestimmung in<br />
Weiterbildungs- und beruflich erforder-<br />
22 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Personalvertretung<br />
lichen Qualifizierungsmaßnahmen zu<br />
verankern seien.<br />
Zur veränderten Arbeitswelt und ihren<br />
Anforderungen an ein Betriebsverfassungsgesetz<br />
stellte Dr. Achim Seifert<br />
von der Universität Frankfurt fest,<br />
dass heute nach über 28 Jahren viele<br />
„Erosionserscheinungen“ am BVG nagen.<br />
Immer noch reichen die Anreize zur<br />
Bildung von Betriebsräten nicht aus,<br />
um in kleinen und mittleren Betrieben<br />
das Betriebsverfassungsrecht zu<br />
verankern. Das Vergaberecht von Aufträgen<br />
der Öffentlichen Hand könnte<br />
hier zu sozialpolitischen Zielen genutzt<br />
werden, z.B. wäre ein wirksamer Ansatzpunkt,<br />
nur Betriebe mit Betriebsräten<br />
und Tarifbindung in Auftragsvergaben<br />
zu berücksichtigen.<br />
Werden Betriebe umgewandelt, soll<br />
weiterhin vom gleichen Betrieb im Sinne<br />
des BVG ausgegangen werden. §<br />
613a BGB und die Regelungen des<br />
Umwandlungsgesetzes sind demzufolge<br />
auch zu verändern. Abweichungen<br />
davon könnten in Tarifverträgen ausgehandelt<br />
werden. Entsprechende Regelungen<br />
über Betriebsvereinbarungen<br />
sollten aber stets der Zustimmung der<br />
Tarifparteien bedürfen.<br />
Geht man davon aus, dass Stammbelegschaften<br />
immer mehr reduziert werden,<br />
und der Arbeitnehmerbegriff in<br />
bisheriger Form als veraltet angesehen<br />
werden muss, sollte bei der Definition<br />
„Arbeitnehmer“ zum Gradmesser der<br />
Beurteilung die wirtschaftliche Abhängigkeit<br />
der Beschäftigten werden. In der<br />
Leiharbeit und im Fremdfirmeneinsatz<br />
sind so sachgerechte Lösungen möglich,<br />
beispielsweise auch passgenaue Regelungen<br />
durch die Tarifvertragsparteien.<br />
Damit die Arbeitsfähigkeit der Betriebsräte<br />
hin zu „gleichgewichtigen<br />
Akteuren“ verbessert wird, könnten<br />
folgende Maßnahmen hilfreich sein:<br />
Budgetierung der Betriebsratsarbeit,<br />
pauschalierte Schulungsansprüche der<br />
BR, die Anpassung an betriebsübliche<br />
Kommunikationsformen, eine Zuhilfenahme<br />
von betrieblichen Sachverständigen<br />
und die Beteiligung von<br />
Gruppensprechern an der BR-Arbeit.<br />
Norbert Kluge von der Hans-Böckler-<br />
Stiftung referierte im Anschluss über die<br />
Empfehlungen der Mitbestimmungskommission<br />
der Bertelsmann- und der<br />
Hans-Böckler-Stiftung zur Weiterentwicklung<br />
der Mitbestimmung. Im Mittelpunkt<br />
seiner Argumente stand das<br />
gemeinsame Interesse von Arbeitgebern<br />
und Arbeitnehmern an der Mitbestimmung.<br />
Der Besitzstand „Kapital“ benötigt<br />
als Partner den Besitzstand<br />
„Recht“. In diesem Sinne bietet das<br />
BVG entsprechende Konfliktaustragungsregeln,<br />
die auf den neuesten Stand<br />
gebracht werden müssten.<br />
Die MB-Kommission bezeichnet folglich<br />
auch die verbesserte Mitbestimmung<br />
als Bestandteil einer immer aktueller<br />
werdenden Qualitätssicherung.<br />
Während Dr. Walter Sohn von der<br />
Evangelischen Kirche die betriebsverfassungsrechtlichen<br />
Zusammenhänge<br />
unter sozialethischen Gesichtspunkten<br />
sehr treffgenau betrachtete, setzte Heinrich<br />
Ortmann von der IG BCE wiederum<br />
praktische Akzente: Es könne<br />
keine Abwägung von Mitbestimmung<br />
gegen die Erhaltung von Arbeitsplätzen<br />
geben, die Novellierung sei deshalb<br />
auch kein Thema für das „Bündnis für<br />
Arbeit“.<br />
Ausgangspunkt der Novellierung sei die<br />
Durchsetzbarkeit von notwendigen<br />
Änderungen, auch gegen Arbeitgeber,<br />
die in erster Linie mitbestimmungsfreie<br />
Räume erhalten und Betriebsratsbildung<br />
verhindern wollten.<br />
Als letzte Referentin gab Doris Barnett<br />
als MdB eine kurze Stellungnahme der<br />
Bundestagsfraktion der SPD wieder. In<br />
der Koalitionsvereinbarung von 1998<br />
waren schon Eckpunkte der Novellierung<br />
genannt: Betriebs- und Arbeitnehmerbegriff,<br />
Tele-Arbeit und Vereinfachung<br />
des Wahlverfahrens zum Betriebsrat.<br />
Zusätzlicher Regelungsbedarf käme<br />
hinzu, befristet Beschäftigte mit bevorzugter<br />
Behandlung bei Besetzung unbefristeter<br />
Stellen und notwendige Klarstellungen<br />
im Tendenzschutz. Auf jeden<br />
Fall sollten Praktiker aus den Betrieben<br />
an den Erörterungen beteiligt<br />
werden: Wer Öffnungsklauseln fordere,<br />
muss nach Meinung von Doris Barnett<br />
auch Betriebsräte und Mitbestimmung<br />
akzeptieren. An die Adresse der<br />
Arbeitgeber gerichtet heißt das vornehmlich:<br />
Das BVG ist weder ein Wettbewerbs-<br />
noch ein Standortnachteil.<br />
Zum Terminplan der Novellierung sagte<br />
Frau Barnett, Ende des Jahres sei der<br />
Referenten-Entwurf fertig, die politische<br />
Beratung erfolge ab Frühjahr im Bundestag.<br />
Bis September 2001 sei das<br />
Gesetz auf dem Weg. Ab 2002 stehe ein<br />
neues BVG zur Verfügung, rechtzeitig<br />
vor den nächsten Betriebsratswahlen.<br />
In der abschließenden Diskussion betonten<br />
viele Anwesende aufgrund der<br />
wachsenden Komplexität der BR-Arbeit<br />
die Bedeutung verbesserter Freistellungsbedingungen<br />
von Betriebsräten<br />
wie zum Beispiel auch Teilfreistellungen.<br />
Es wurde der Vorschlag gemacht,<br />
die Freistellung nicht alleine an die<br />
Anzahl der Beschäftigten, sondern auch<br />
an andere Kriterien zu koppeln wie z.B.<br />
die Betriebsfläche oder eine besondere<br />
Betriebsstruktur.<br />
Klargestellt wurde die Unterscheidung<br />
von grundsätzlich mitbestimmungsfreien<br />
unternehmerischen Entscheidungen<br />
zu Grundentscheidungen über deren sozialen<br />
Folgen, die mitbestimmungspflichtig<br />
sind.<br />
Auch bei Fusionen von Betrieben solle<br />
der bisherige Betriebsrat bis zu Neuwahlen<br />
ein Übergangsmandat von sechs<br />
Monaten erhalten.<br />
Ganz wichtig für die Zukunft seien Erleichterungen<br />
bei der Neueinrichtung<br />
von Betriebsräten in Klein- und Mittelbetrieben.<br />
Auch der öffentliche Arbeitgeber<br />
könne im Rahmen von Qualitätssicherung<br />
und -kontrolle etwas<br />
dafür tun: zum Beispiel wurden nochmals<br />
die Ausschreibungsverfahren genannt,<br />
u.a. mit Tariftreue-Erklärungen<br />
und der Forderung nach einem Betriebsrat<br />
beim Anbieter.<br />
Die Stärkung der Beteiligung von Beschäftigten<br />
durch Delegation sei ebenso<br />
wichtig, sollte aber nicht dazu führen,<br />
dass der Betriebsrat seine Regelungskompetenz<br />
aus der Hand gibt. Die<br />
Chance der jederzeitigen Zurücknahme<br />
von Delegation müsse gewährleistet<br />
sein.<br />
In der Schlussrunde waren sich die Referenten<br />
darüber einig, dass diese Veranstaltung<br />
zu einer wichtigen und hilfreichen<br />
Ergänzung ihrer bisherigen Vorarbeit<br />
geworden war. Nach der Veröffentlichung<br />
des Entwurfs Ende dieses<br />
Jahres werden die Diskussion sicherlich<br />
neu entfacht.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
23
Personalvertretung / Sozialpädagogik<br />
Noch viel Sand im Getriebe<br />
Erste Erfahrungen aus dem BPR Realschulen<br />
Die ADD - Personalratswahlen haben<br />
den <strong>GEW</strong> - PersonalrätInnen<br />
der Fachgruppe Realschulen und<br />
Duale Oberschulen kein Glanzergebnis<br />
gebracht.<br />
Gymnasien: Die Zielsetzung bleibt<br />
Querschnitt<br />
Mit 18 Prozent Stimmanteil nur einen<br />
von neun Sitzen im neuen ADD-<br />
BPR Gymnasien? Das d’Hontsche Auszählungsverfahren<br />
macht’s möglich.<br />
Immer noch fällt der <strong>GEW</strong> im Gymnasialbereich<br />
nichts in den Schoß. Der<br />
konkurrierende Philologenverband<br />
musste zwar einige Verluste verzeichnen<br />
gegenüber der HPR-Wahl von<br />
Erni Schaaf-Peitz vertritt <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> auf Bundesebene im Organisationsbereich<br />
Jugendhilfe und Sozialarbeit,<br />
der von dem stellvertretenden<br />
<strong>GEW</strong>-Bundesvorsitzenden Norbert<br />
Hocke geleitet wird. Bei einer gemeinsamen<br />
Sitzung mit dem Bundesfachgruppenausschuss<br />
Sozialpädagogische<br />
Beruf in Saarlouis wurde neben der<br />
1997, es bleibt jedoch bei den gleichen<br />
Mitgliederverhältnissen wie in den alten<br />
Bezirkspersonalräten.<br />
Es gab aber auch erfreuliche Ergebnisse:<br />
Resultate, die deutlich über dem landesweiten<br />
Trend liegen, erzielten unsere<br />
Kandidatinnen und Kandidaten an<br />
ihren eigenen Schulen.<br />
Beratung von Antragsentwürfen zum<br />
Gewerkschaftstag 2001 in Lübeck, Berichten<br />
aus GV, HV und den Landesverbänden<br />
eine gemeinsame Sitzung<br />
mit dem Bundesausschuss für multikulturelle<br />
Angelegenheiten - BAMA -<br />
durchgeführt. Laut der Vorsitzenden<br />
Sanem Kleff versteht der BAMA sich<br />
als „Querschnitt“ im gesamten Bildungswesen.<br />
esp<br />
Nun arbeiten wir also in Trier und<br />
haben erste Erfahrungen gesammelt.<br />
Noch sind wir wenig begeistert von dieser<br />
zentralen Behörde, die seit gut einem<br />
halben Jahr funktionieren soll.<br />
Was sind unsere ersten Eindrücke von<br />
dem neuen Gremium? Man könnte es<br />
als vorsichtige Annäherung bezeichnen,<br />
obwohl sich Teile des Gremiums von<br />
Neustadt, Koblenz und Trier kennen.<br />
Die Atmosphäre ist freundlich zurückhaltend,<br />
das liegt nicht zuletzt an dem<br />
spartanisch und wenig einladenden Sitzungsraum<br />
und seiner schlechten Akustik.<br />
Wir haben nicht einmal Platz genug,<br />
unsere Unterlagen abzulegen, sie<br />
müssen zum Teil auf dem Boden platziert<br />
werden. Garderobe und weitere<br />
Abstellflächen sind Luxus, den sich in<br />
Trier offensichtlich niemand zu leisten<br />
vermag.<br />
Auch die ReferentInnen und SachbearbeiterInnen<br />
sind zum Teil noch ungeübt<br />
und unsicher im Gespräch mit<br />
unserem Gremium. Die Mitarbeiter<br />
sind zwar bemüht, aber einige scheinen<br />
wenig kompetent und auch überfordert.<br />
Der Vorsitzende, Herr Peters,<br />
ist ebenfalls bemüht, den Wünschen<br />
und Bedürfnissen aller Beteiligten<br />
nachzukommen und ein gutes Arbeitsklima<br />
zu schaffen. Aber „gut Ding will<br />
eben Weile haben“.<br />
Kehren wir wieder zur Sacharbeit zurück.<br />
Sie gestaltet sich schwierig, weil<br />
zur Besprechung und Lösung von Problemen<br />
häufig kompetente Hinweise<br />
von Fachreferenten fehlen, da sie -mit<br />
Ausnahme von Trier - in den Außenstellen<br />
Koblenz und Neustadt arbeiten.<br />
Auch wichtige Details aus den Schulen,<br />
die früher schnell bei den Schulpersonalräten<br />
abgefragt werden konnten,<br />
sind oft nicht vorhanden. So verzögern<br />
sich die meisten Vorgänge, und<br />
das kann nicht im Interesse der KollegInnen<br />
und Kollegen sein.<br />
Hinzu kommt die schwierige Sachlage,<br />
was die Einstellung von RealschullehrerInnen<br />
angeht. Qualifizierte BewerberInnen<br />
für die derzeitigen Mangelfächer<br />
Deutsch, Englisch, Mathematik<br />
und Musik fehlen fast ganz. So<br />
wurden zum 1. August 2000 im Bereich<br />
der Außenstelle Nord zur Unterrichtsversorgung<br />
neben 80 Lehrkräften<br />
mit Realschulbefähigung insgesamt 27<br />
GymnasiallehrerInnen mit einem unbefristeten<br />
Vertrag eingestellt, 7 davon<br />
an den mittlerweile 8 Dualen Oberschulen.<br />
Die GymnasiallehrerInnen haben keine<br />
Option, nach 5 Jahren verbeamtet<br />
zu werden. Sie erhalten keinen Gewährleistungsbescheid<br />
und müssen demzufolge<br />
auch keine Nebenabrede unterschreiben.<br />
Finanziell bedeutet das für sie, dass<br />
sie etwa 400 DM weniger Einkommen<br />
haben als ihre angestellten RealschullehrerkollegInnen.<br />
Unser Personalrat ist gerade<br />
- über den Hauptpersonalrat- in<br />
Verhandlungen getreten, diesen Zustand<br />
zu ändern. Nach Auskunft der zuständigen<br />
Juristin bei der ADD Trier ist dies<br />
zur Zeit aus rechtlichen Gründen nicht<br />
möglich. Wir setzen uns aber dafür ein,<br />
dass jungen GymnasialkollegInnen wenigstens<br />
die Option auf eine spätere<br />
Planstelle im Gymnasialbereich erhalten<br />
bleibt und sie im Sekundarbereich<br />
I aller Schularten arbeiten können.<br />
Ein weiteres Problem stellt die Unterrichtsversorgung<br />
durch Vertretungsverträge<br />
dar. Zur Zeit werden landesweit<br />
bei Vertretungsverträgen (Krankheit,<br />
Mutterschutz) immer häufiger junge<br />
KollegInnen eingestellt, die „nur“ das<br />
erste Staatsexamen erworben haben.<br />
Das ist eine untragbare Situation.<br />
Wir sind gespannt, wie unsere Arbeit<br />
bei der ADD Trier weitergeht.<br />
Gisela Justus, Elfriede Schaulinski<br />
<strong>GEW</strong> Personalrätinnen im BPR Realschulen<br />
und Duale Oberschulen bei der<br />
ADD Trier<br />
Persönlicher Einsatz und eine aktive<br />
Personalvertretung vor Ort sind unsere<br />
Pluspunkte. Daneben lassen auch die<br />
Ergebnisse an den Studienseminaren,<br />
voran Mainz, hoffen.<br />
Das Auftreten einer dritten Liste neben<br />
<strong>GEW</strong> und Philologenverband -eröffnet<br />
von einem <strong>GEW</strong>-Mitglied! - war<br />
sicher nicht hilfreich. Mit einem Anteil<br />
von 4,5% hat diese Liste sicher von<br />
beiden Seiten Stimmen abgezogen, aber<br />
beiden sehr knappen Verhältnissen hat<br />
sie uns wohl mehr geschadet. An unserem<br />
Ziel hat sich - auch im Hinblick<br />
auf die kommenden HPR-Wahlen -<br />
nichts geändert: Es muss auch im gymnasialen<br />
Bereich eine moderne, reformorientierte<br />
Interessenvertretung geben,<br />
und dies kann nur die <strong>GEW</strong> sein.<br />
Sybilla Hoffmann<br />
24 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Schulaufsicht<br />
Schulverwaltungsreform und ihre Folgen<br />
„Maßnahmen zur Beseitigung der Mängel bei der ADD ergreifen!“<br />
- Von Kurt Biehler (Fachgruppe Schulaufsicht und Schulverwaltung) -<br />
Bereits in den 80er Jahren führte Dr. Richard Bessoth, Dozent an der<br />
Universität Koblenz - Landau, im Vergleich zu anderen Bundesländern<br />
sowie außereuropäischen Staaten aus: Schulaufsicht findet in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
nicht statt. Und dies in einer Zeit, wo im früheren Regierungsbezirk<br />
Rheinhessen <strong>Pfalz</strong> in der Schulabteilung noch mehr als die<br />
doppelte Anzahl an Referenten und wesentlich mehr Sachbearbeiter<br />
tätig waren. Die Aufgaben haben sich inzwischen verändert. Nach der<br />
Verwaltungsreform zum 01.08.00 muss aber nunmehr heute gesagt<br />
werden: Schulaufsicht kann in der Mittelbehörde ihre zugewiesenen<br />
gesetzlichen Aufgaben nicht mehr hinreichend und zeitgerecht erfüllen.<br />
1. Aufgabe der Schulaufsicht<br />
im sozialen System<br />
Schule<br />
Definieren wir die Schulverwaltung<br />
als eine soziale Organisation (vgl. u.a.<br />
Türk, Klaus: Soziologie der Organisation),<br />
so sind ihr Funktionen/Aufgaben<br />
durch Gesetz und Verordnung<br />
zugewiesen, die sie als unterstützende<br />
Behörde zu erfüllen hat, damit die<br />
Qualität von Schule gesichert wird.<br />
Eine wesentliche Aufgabe stellt die<br />
Personalverwaltung dar. Daneben<br />
sind ihr die Umsetzung der Ministeriumsvorgaben<br />
(Beispiele: Volle<br />
Halbtagsschule, Verkürzung der<br />
Schulzeit, Entwicklung und Verbreitung<br />
der Lehrplanvorgaben) aufgegeben.<br />
Sie hat ihre Aufgabe der Beratung<br />
an den Schulen wahrzunehmen<br />
und Konflikte so zu moderieren,<br />
damit entspannte Bezugsverhältnisse<br />
entstehen, die es erlauben,<br />
sich auf das zu konzentrieren, was<br />
zentral in unserem Blick stehen<br />
muss: die Förderung der Kinder in<br />
der Schule und Steigerung der Schulqualität.<br />
Der systemtheoretische Zusammenhang<br />
ist in der Tabelle unten<br />
verdeutlicht .<br />
2. Strukturdimensionen des<br />
sozialen Systems Schule<br />
Wir unterscheiden die Variablen der<br />
Gesamtebene. Hierzu gehören die<br />
unterschiedlichen „Verwaltungskulturen“<br />
in der Zentralstelle Trier und<br />
den Außenstellen der rheinland-pfälzischen<br />
Schulverwaltung, die noch<br />
nicht stabilisierten Ablaufstrukturen,<br />
die produzierten langen Verwaltungswege<br />
oder der politische Gesamtrahmen,<br />
der zum „Erfolg der<br />
Neugestaltung“ verurteilt und Verantwortliche<br />
infolge der geforderten<br />
Beamtenloyalität zu Rechtfertigungshandlungen<br />
veranlasst. Hierher<br />
gehören auch das Maß der Formalisierung,<br />
mit der bestimmte Verfahren<br />
durchgesetzt werden, die Art<br />
der Verteilung von Entscheidungsmöglichkeiten<br />
auf den verschiedenen<br />
Stufen des Gesamtsystems.<br />
Neben diesen Variablen der Gesamtebene<br />
existieren die der Individualebene.<br />
Zu ihnen gehören das Ausmaß,<br />
mit dem die Mitarbeiter auf<br />
ihre Rollen festgelegt werden, die<br />
Routine, mit denen sie ihre Probleme<br />
lösen und dadurch in ihrem Verhalten<br />
vorhersagbar werden; das Ausmaß<br />
der Rollenstabilität, mit der<br />
Mitarbeiter ihre Aufgabe über Jahre<br />
hinweg unverändert beachten. Ein<br />
wesentlicher Bereich dieser informellen<br />
Organisationsstruktur auf der<br />
Individualebene bilden die sozialen<br />
Einstellungen. Zu ihnen gehören:<br />
nonkonformes Verhalten, Infragestellen<br />
von Regelungen, wahrgenommene<br />
Risikofreudigkeit, mögliche<br />
Konfliktpotentiale und persönliche<br />
Flexibilität im Sinne von Veränderungsbereitschaft<br />
und Anpassungsfähigkeit.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
25
Schulaufsicht<br />
Kurt Biehler,<br />
Fachgruppe<br />
Schulaufsicht<br />
und Schulverwaltung<br />
3. Probleme der Neustrukturierung<br />
der Schulverwaltung<br />
Die Neustrukturierung hat eine Fülle<br />
von zusätzlichen Schwierigkeiten<br />
produziert, die bis heute nicht gelöst<br />
sind. Dies sind:<br />
• Trennung der Fachaufsicht in den<br />
Außenstellen von der Personalaufsicht<br />
in der Zentralstelle. Diese produziert<br />
lange Wege, erfordert mehr<br />
Zeit für die Bearbeitung der Vorgänge<br />
und verzögern die Durchführung<br />
von Entscheidungen bei der Berufung<br />
von Funktionsträgern und Ausfertigen<br />
von Arbeitsverträgen; Trennung<br />
der Rumpf-Personalreferate in<br />
den Außenstellen von denen der<br />
Zentralabteilung, Hin- und Herverlagerung<br />
von Teilzuständigkeiten.<br />
Das reduzierte Personal ist nicht<br />
mehr trotz größten Einsatzes in der<br />
Lage, alle anfallenden Arbeiten zügig,<br />
zeitnah und kompetent zu erledigen.<br />
Mehr Fehler bei der Bearbeitung<br />
sind die Folge. Die mangelnde<br />
Pflege der Datensätze - eine Erscheinung,<br />
die bereits vor den Änderungen<br />
bei der Bezirksregierung zu beobachten<br />
war - führt zu Rückfragen,<br />
Verzögerung bei der Bearbeitung<br />
und Hinausschieben der Entscheidungen.<br />
Trotz neuester Ausstattung<br />
mit EDV-Anlagen ist die erforderliche<br />
einheitliche Software noch zu<br />
erstellen. Der technische Standard<br />
des Datenverarbeitungsnetzes (AS<br />
400) erschwert den raschen Zugang<br />
zu notwendigen Daten. Ihre Kompatibilität<br />
ist nicht gegeben. Die<br />
Fülle der übertragenen Aufgaben an<br />
die Leiter der Fach- und Personalreferate<br />
in den Außenstellen führt zu<br />
unzumutbaren physischen und psychischen<br />
Belastungen. Sie reduzieren<br />
die dringend notwendigen Informationskontakte<br />
zwischen Fachreferenten<br />
und den Leitungen.<br />
• Im letzten Planungszeitraum für<br />
die Lehrerversorgung wurde der notwendige<br />
Konsens über die Zahl der<br />
freigewordenen Lehrerstellen zwischen<br />
Außenstellen und Zentralabteilung<br />
zu spät gefunden. Stückweise<br />
und verspätete Zuteilung der zu<br />
besetzenden Planstellen führte zu<br />
vermeidbaren Verzögerungen. Die<br />
Schulen konnten nicht rechtzeitig zu<br />
Schulbeginn versorgt werden. Die<br />
Budgetierung der Vertretungsmittel<br />
für die Schulaufsichtsbezirke in den<br />
Außenstellen - eine Folge der schrittweisen<br />
Zuteilung der Ressourcen,<br />
die nicht überschritten werden dürfen<br />
- zwingt zur Verkürzung mit anschließender<br />
Verlängerung der Zeitverträge.<br />
Die Folge sind regelmäßig<br />
ein zusätzlicher und vermeidbarer<br />
Verwaltungsaufwand bei den Verlängerungen,<br />
verspätete Gehaltszahlungen,<br />
mündliche und schriftliche<br />
Nachfragen, verärgerte und teilweise<br />
beleidigende Mahnschreiben<br />
durch die Betroffenen. Unbereinigte<br />
Bewerberlisten, die während des<br />
Auswahlverfahrens nicht korrigiert<br />
werden, zwangen die Behörde zum<br />
Abarbeiten seitenlanger Bewerberauflistungen.<br />
Ein unnötiger Aufwand<br />
an Zeit und Kraft! In den drei<br />
Außenstelle werden bei der Berufung<br />
von Bewerbern um Funktionsstellen<br />
drei verschiedene Besetzungsverfahren<br />
durchgeführt. Eine Vereinheitlichung<br />
und Verkürzung der<br />
Wege ist geboten.<br />
• Die zunehmende Verrechtlichung<br />
der Schule hat einen erheblichen<br />
Mehraufwand an Zeit zur Folge.<br />
Beispiel: Begründungsanforderungen<br />
bei Einweisungen in Sonderschulen,<br />
Schulbezirkswechseln, Abordnungen<br />
und Versetzungen usw.<br />
Die Beratung durch Referat 31 in<br />
rechtlichen Fragen ist trotz guten<br />
Willens reduziert, weil die Leiter<br />
nicht mehr in der Lage sind, die<br />
Überfülle der zu leistenden Arbeit<br />
in den Außenstellen noch umfassend<br />
und regelmäßig zu bewältigen.<br />
• Das Führen der Personalakte in der<br />
Zentralabteilung erschwert die Aktenzugänge.<br />
Vielfach muss eine doppelte<br />
Aktenführung gesichert werden,<br />
weil beide Organisationseinheiten<br />
mit ein und demselben Vorgang<br />
befasst sind. Den Referenten in der<br />
Schulaufsicht der Außenstelle liegen<br />
meist keine aktuellen Informationen<br />
über Teilzeitregelungen, Erziehungsurlaube,<br />
Entscheidungen über Stellenbesetzungen,<br />
Ausfertigen von<br />
Urkunden usw. vor. Der ständige<br />
Wechsel der Zuständigkeiten und<br />
der Sachbearbeiter erschwert die vertrauliche<br />
Zusammenarbeit und die<br />
Kommunikation. Referententätigkeiten<br />
in der Schulaufsicht orientieren<br />
sich nicht mehr an dem umfassenden<br />
Auftrag der Schulaufsicht,<br />
sondern beschränkten sich im Wesentlichen<br />
auf Maßnahmen zur Personalbewirtschaftung<br />
über das gesamte<br />
Jahr. Dringend notwendige<br />
Leitungs- und Beratungsaufgaben<br />
müssen vernachlässigt werden.<br />
• Die Reduzierung des Personals in<br />
der Schulabteilung (zur Finanzierung<br />
von LehrerInnenstellen an den Schulen)<br />
führt zur regelmäßigen Überlastung<br />
der Sachbearbeiter und der<br />
Referenten. Darunter leidet die Qualität<br />
der Arbeit. Die Schulaufsicht<br />
verliert zusehends ihren guten Ruf als<br />
Dienstleistungsbehörde. Die Überlastung<br />
des gesamten Personals nicht<br />
nur in den Hochzeiten des Jahres,<br />
sondern über die 12 Monate des<br />
Kalenderjahres hinweg führt zunehmend<br />
zur Flucht aus der Schulaufsicht<br />
durch Rückkehr in eine frühere<br />
Schulleiterfunktion oder in die<br />
Altersteilzeit, zu Krankheiten und<br />
Frustrierung. Die Situation wird<br />
noch durch die anfallenden Vertretungsnotwendigkeiten<br />
und die lang<br />
anhaltende Dauer der Besetzungsverfahren<br />
bei der Berufung von Referentinnen<br />
und Referenten verschärft.<br />
Die Budgetierung der Beförderungsmittel<br />
in der Verwaltung führt in<br />
zahlreichen Fällen zu Demotivationen,<br />
weil die geleistete gute Arbeit<br />
nicht angemessen honoriert werden<br />
kann. Zunehmend müssen Schulaufsichtsbeamte<br />
Sachbearbeitertätigkeiten<br />
übernehmen.<br />
4. Bewertung<br />
Wir befinden uns in einer Übergangssituation.<br />
Zahlreiche Mitarbeiter<br />
haben den Wechsel der Dienststelle<br />
einer Versetzung nach Trier<br />
vorgezogen. Neue Personen müssen<br />
Verwaltungsabläufe noch internalisieren,<br />
die gesetzlichen Grundlagen<br />
im Detail erfassen und die Schreiben<br />
sachgemäß fertigen lernen. Neue<br />
Strukturen haben sich noch nicht<br />
gefestigt und alte entsprechen nicht<br />
mehr dem Organisationsrahmen: So<br />
sind die Wege über die neue „Stufe“<br />
der Außenstellen wesentlich verlängert.<br />
Mehrarbeit bei einem geringeren<br />
Personalschlüssel wird erforderlich.<br />
Das Personal kann dies über einige<br />
Monate leisten, auf Dauer nicht.<br />
26 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Schulaufsicht<br />
Die neuen strukturellen Bedingungen<br />
des Systems sind trotz bestem<br />
Willen der Beteiligten ein weiterer<br />
entscheidender Grund für die Dysfunktion<br />
der neuen Verwaltung. Die<br />
bürokratische Umstrukturierung<br />
nach dem hierarchischen Max-Weber-Modell<br />
scheint zu funktionieren:<br />
Immer neue Vereinheitlichungen für<br />
das ganze Bundesland <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> werden verordnet: neue Überprüfungsverfahren,<br />
Verkürzung der<br />
Abläufe von Berufungen bei Funktionsträgern,<br />
Abschluss von Vertretungsverträgen<br />
vor den Ferien (die<br />
wieder nach Einweisung in Planstellen<br />
aufgelöst werden ), Zentralisierung<br />
der Bewerbererfassung usw..<br />
Nicht zu ändern sind die durch die<br />
Distanz zwischen Koblenz/Neustadt<br />
und Trier gegebenen informellen<br />
Strukturen, die das Bild einer guten<br />
Verwaltung prägen sollten. Die Klagen<br />
von SchulleiterInnen und LehrerInnen<br />
häufen sich, dass Entscheidungen<br />
mit ihnen nicht vorgeklärt<br />
und abgestimmt wurden.<br />
Die Schulräte werden an den Verwaltungssitz<br />
gebunden. Von dort aus<br />
bedienen sie das Telefon, weil sie für<br />
die Gespräche vor Ort nicht mehr<br />
Zeit haben. Und die Zentralstelle ist<br />
fern und meist für die Leitungen telefonisch<br />
unerreichbar, weil die Mitarbeiter<br />
dort nur noch Telefondienst<br />
verrichten könnten, ohne ihrer regelmäßigen<br />
Arbeit nachgehen zu<br />
können. Hinreichend gute informelle<br />
Vertrauensstrukturen existieren<br />
(noch) nicht. Die Verwaltung erscheint<br />
als aufgeblähter Popanz, der<br />
als Prügelknabe für eine politisch<br />
gewollte und dem Schulsystem unangemessene<br />
Reform dient.<br />
Fazit:<br />
Ich kann heute nicht sagen: Schulaufsicht<br />
findet nicht statt. Dies wäre<br />
überzogen. Aber als Insider ist festzustellen:<br />
So darf es nicht weitergehen.<br />
Die Reform ist kein neuer Wurf<br />
zur Verbesserung, sondern ein Blindstoß<br />
zur Befreiung, ohne das angestrebte<br />
Ziel erreichen zu können.<br />
Eine ehemals verbesserungsfähige<br />
Behörde wurde durch ein System<br />
ersetzt, welches noch in hohem<br />
Maße disfunktional ist und seine<br />
endgültige auf Aufgaben bezogene<br />
Struktur noch nicht gefunden hat.<br />
5. Lösungen<br />
Was ist zu tun?<br />
• Die Landesregierung hat ihre<br />
Schulverwaltung zu einer teilweise<br />
ineffizienten Organisation kleingespart.<br />
Der Personalschlüssel muss<br />
überdacht werden. Der Personalabbau<br />
erfolgte zu massiv. Ohne Rückgabe<br />
eines Teils der abgebauten Stellen<br />
wird eine „zusätzliche Behörde“<br />
nicht arbeiten können. (Man nehme<br />
als Beispiel das Ministerium für Bildung,<br />
Wissenschaft und Weiterbildung:<br />
Der gemäßigte Personalabbau<br />
dort hat dieser Behörde ihre Arbeitsfähigkeit<br />
bewahrt. Das beweisen<br />
nicht zuletzt die vielen Initiativen im<br />
Rahmen der Steuerung des Gesamtsystems.)<br />
• Ein Teil des angehäuften Personals<br />
im Referat Personalverwaltung in der<br />
Zentralstelle muß auf die Außenstellen<br />
verlagert werden, um kurze Entscheidungs-<br />
und Durchführungswege<br />
zu gewährleisten.<br />
• Die Organisation der Schulverwaltung<br />
kann dem Weberschen Bürokratiemodell<br />
nicht ohne Reibungsverluste<br />
und Dysfunktionalitäten<br />
unterworfen werden. Hier ist kein<br />
Forst zu verwalten und kein Abwassersystem<br />
zu überwachen. Hier geht<br />
es um Tausende von Mitarbeitern an<br />
unseren Schulen und indirekt um<br />
Tausende von Schülern und deren<br />
Eltern. Die Fülle der Kontakte, der<br />
informellen Beziehungen zwischen<br />
den Mitgliedern des Systems erfordert<br />
die Nähe, das Vertrauen. Regionale<br />
Schulämter hätten diese Aufbauarbeit<br />
besser leisten können. Da<br />
sie nicht gekommen sind, wäre darüber<br />
nachzudenken, wie das Dienstleistungsunternehmen<br />
Schulverwaltung<br />
wieder kundenfreundlich und<br />
kundennah gestaltet werden kann.<br />
• Die Trennung von Schulfachverwaltung<br />
(Fachreferate mit Referenten<br />
und Sachbearbeitern) von der<br />
Personalverwaltung (Juristische Referenten<br />
mit ihren Sachbearbeitern)<br />
nötigt zu Verschriftlichungen und<br />
erfordert lange Wege. Die organisatorische<br />
Zusammenführung beider<br />
Untereinheiten könnte helfen, lange<br />
Verwaltungswege zu verkürzen.<br />
Warum sollten nicht jeweils zuständige<br />
Sachbearbeiter zusammen mit<br />
dem Fachreferenten einen Routinevorgang<br />
entscheiden und anschließend<br />
durchführen. Warum sollte<br />
eine Vertretungsmaßnahme anstelle<br />
einer schriftlichen Anordnung (für<br />
Trier) nicht gleich von der gleichen<br />
Person im Regelfall gefertigt werden?<br />
Die zeitlichen Abläufe würden wesentlich<br />
gekürzt und laufende Rückfragen<br />
blieben erspart.<br />
• Sollten die Stellen der Schulfachreferenten,<br />
die Altersteilzeit beantragt<br />
haben, bei Beginn der Freistellungsphase<br />
zur Hälfte blockiert werden<br />
(in manchen Referaten 20 %!),<br />
bräche das System ganz zusammen.<br />
Die durch die Landesregierung vorgegebenen<br />
Aufgaben der Schulaufsicht<br />
lägen brach. Eine stille Aushöhlung<br />
und Unterminierung einer der<br />
wichtigsten Aufgaben der Regierung<br />
wäre die Folge. Dies kann niemand<br />
wollen.<br />
• Und nicht zuletzt bedarf die Institution<br />
eines funktionierenden EDV-<br />
Systems. Die bestehenden EDV-Programme<br />
in den Außenstellen sind zu<br />
vereinheitlichen und zu optimieren.<br />
Routinevorgänge wie Teilzeitanordnungen,<br />
Ausfertigen von Zeitverträgen,<br />
Verlängerungen von bestehenden<br />
Zeitverträgen könnten so in kürzerer<br />
Zeit erstellt und fehlerfreier<br />
gefertigt werden. Dazu sind aber für<br />
einen begrenzten Zeitraum Mittel<br />
notwendig, um die entsprechende<br />
Software zu erstellen und zu erproben.<br />
Hier ist das Ministerium gefordert.<br />
Denn es muss das höchste Interesse<br />
daran haben, dass eine funktionierende<br />
Einheit geschaffen wird.<br />
Eine fragwürdig beratene Landesregierung<br />
hat sich zu einer Umorganisation<br />
der Schulverwaltung verführen<br />
lassen (müssen). Nachdem so viele<br />
Mängel offensichtlich sind, erwartet<br />
die Fachgruppe Schulaufsicht und<br />
Schulverwaltung in der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, dass diese nicht<br />
hinwegdiskutiert, sondern Maßnahmen<br />
zur Beseitigung ergriffen werden.<br />
Die Mitglieder sind bereit, ihren<br />
Beitrag zu leisten.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
27
Rechte Gewalt<br />
Kontakt mindert Vorurteile<br />
Rassismus in Klassen mit vielen Ausländern niedriger<br />
Je höher der Ausländeranteil in einer<br />
Schulklasse - so glaubte man<br />
jahrzehntelang - desto anfälliger sei<br />
die Klasse für fremdenfeindliche<br />
Konflikte.<br />
Eine neue Studie der Universität Bielefeld<br />
unter Leitung von Prof. Dr.<br />
Rainer Dollase an 7800 SchülerInnen<br />
(sowie 3200 Eltern und rund<br />
400 Lehrkräften) aller Schulformen<br />
der Klassen 5 bis 10 kommt überraschenderweise<br />
zum gegenteiligen Ergebnis:<br />
Höhere Ausländeranteile führen<br />
zu weniger negativ getönten Vorurteilen,<br />
zu prozentual höheren<br />
Freundschaften zwischen Kindern<br />
und Jugendlichen unterschiedlicher<br />
Abstammung, zu mehr Zufriedenheit<br />
in der Klasse bei Eltern, Lehrkräften<br />
und SchülerInnen.<br />
In Hauptschulen, in denen die weitaus<br />
meisten AusländerInnen zu finden<br />
sind, liegt der Anteil fremdenfeindlicher<br />
Ablehnung in rein deutschen<br />
bzw. fast rein deutschen Schulklassen<br />
(Ausländeranteil 0-9%) bei<br />
34% - in Klassen mit höherem Ausländeranteil<br />
(bis zu 80%) - dagegen<br />
zwischen 16 und 19%. Nimmt man<br />
alle SchülerInnen zusammen, so liegt<br />
der Anteil fremdenfeindlicher Kinder<br />
und Jugendlicher bei rund 14%.<br />
Mädchen beurteilen Ausländer positiver<br />
als Jungen und lehnen sie seltener<br />
ab. Allerdings nähern sich Jungen<br />
und Mädchen mit zunehmendem<br />
Alter in ihren Einschätzungen<br />
an. Allgemein steigt die Fremdenfeindlichkeit<br />
mit zunehmendem Alter.<br />
In Gymnasien ist die Fremdenfeindlichkeit<br />
geringer als in den anderen<br />
Schulformen.<br />
Im intensiven Kontakt von Mensch<br />
zu Mensch verlieren sich Vorurteile.<br />
Die positiven Ergebnisse sind allerdings<br />
nicht zum Nulltarif zu haben.<br />
Wie in der Studie belegt wird, beruhen<br />
die positiven Ergebnisse auf Anstrengungen<br />
der Lehrerschaft in multikulturellen<br />
Schulklassen: konsequente<br />
Gleichbehandlung, Gerechtigkeit,<br />
Schaffung eines Sozialklimas,<br />
in dem jeder Schüler als Einzelwe-<br />
sen ernst genommen wird. Beim gemeinsamen<br />
Arbeiten für ein gemeinsames<br />
Ziel senkt sich die Fremdenfeindlichkeit.<br />
Skeptisch sind Betonungen<br />
der kulturellen Unterschiede,<br />
z.B. auch der interkulturellen<br />
Projektwochen, zu beurteilen, da sie<br />
das Trennende und nicht das Gemeinsame<br />
betonen.<br />
Zufriedene SchülerInnen neigen zu<br />
weniger Fremdenfeindlichkeit. Bei<br />
HauptschülerInnen tragen insbesondere<br />
„nette“ Lehrkräfte und ein<br />
„spannender Unterricht“ zum Abbau<br />
der Fremdenfeindlichkeit bei. Zufriedenheit<br />
mit den Eltern, mit den<br />
Klassenkameraden, mit der eigenen<br />
Religion senkt die Fremdenfeindlichkeit.<br />
Die zur Zeit größte Studie zum Thema<br />
Fremdenfeindlichkeit in Schulen<br />
macht man nach Meinung von Rainer<br />
Dollase eine Veränderung der<br />
„interkulturellen Pädagogik“ nötig,<br />
die bisher zu stark die Förderung der<br />
kulturellen Identität betont hat und<br />
damit die Unterschiede zwischen<br />
deutschen und ausländischen Schülern<br />
hervorhebt. Die gegenwärtige<br />
Generation ausländischer Kinder<br />
und Jugendlicher sei den deutschen<br />
viel ähnlicher als man angenommen<br />
habe.<br />
Für die Kompetenzen der Lehrkräfte<br />
in multikulturellen Schulklassen<br />
seien keine neuen Erlasse notwendig,<br />
sondern eine sorgfältige Personalpolitik,<br />
die darauf achte, Lehrkräfte mit<br />
besonderem psychologischen Geschick,<br />
mit pädagogischem Takt und<br />
Sensibilität in multikulturellen Klassen<br />
einzusetzen. Diese Fähigkeiten<br />
ließen sich nicht durch eine formale<br />
Prüfung, sondern nur durch Erfahrung<br />
und Beratung erwerben.<br />
Kontakt: Prof. Dr. Rainer Dollase,<br />
Abteilung Psychologie und Interdisziplinäres<br />
Zentrum für Konflikt- und<br />
Gewaltforschung der Universität Bielefeld,<br />
Telefon 05204/880622, 0172/<br />
5667640.<br />
Eine neue Studie beweist: Höhere Ausländeranteile<br />
in Schulklassen führen zu<br />
weniger negativ getönten Vorurteilen.<br />
Foto: Seifert<br />
28 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Rechtsschutz<br />
Altersteilzeit auch bei Teilzeit<br />
Am 27. September 2000 hat die<br />
Bundesregierung in einem Kabinettsbeschluss,<br />
der die Eckpunkte für<br />
die Besoldungsanpassung bei BeamtInnen<br />
festlegt, beschlossen, dass im<br />
Bundesrecht die Erweiterung der Altersteilzeitregelung<br />
inhalts- und zeitgleich<br />
mit dem Bundesangestellten-<br />
Nach § 12 Landesbeamtenzeit kann<br />
eine Beförderung auf eine Funktionsstelle<br />
erst dann erfolgen, wenn sich<br />
die Beamtin bzw. der Beamte auf<br />
dem höher bewerteten Dienstposten<br />
bewährt hat.<br />
Bisher gilt als Beförderungstermin<br />
der rheinland-pfälzische Verfassungstag,<br />
der 18. Mai eines Jahres. Dieser<br />
starre Termin hatte zur Folge, dass<br />
ein Ende November kommissarisch<br />
bestelltes Schulleitungsmitglied oder<br />
ein/e kommissarisch bestellte/r Fachleiter/in<br />
knapp achtzehn Monate<br />
Wie schon berichtet, wurde gerichtlich<br />
überprüft, ob die Lehrerarbeitszeitverordnung<br />
hinsichtlich der verpflichtenden<br />
Vorgriffsstunde und<br />
hinsichtlich der Streichung der Altersermäßigung<br />
rechtlich Bestand<br />
haben kann.<br />
Es wurde gerichtlich festgestellt, dass<br />
der Dienstherr gem. § 80 Abs. 3 Lan-<br />
Erprobungszeit wird geändert<br />
Vorgriffsstunde rechtens<br />
warten muss, bis sie oder er die Beförderungsurkunde<br />
und damit auch<br />
die höhere Besoldung erhält.<br />
Andere, die das Glück hatten, die<br />
kommissarische Beauftragung Anfang<br />
November zu erhalten, konnten<br />
sich schon nach einem halben<br />
Jahr über die höhere Besoldung und<br />
die Urkunde freuen.<br />
Diese Ungleichbehandlung soll geändert<br />
werden. Das MBWW nimmt<br />
Abschied von dem festen Beförderungstermin<br />
und geht über zur Beförderung<br />
nach Bewährung in einer<br />
desbeamtengesetz berechtigt ist, Regelungen,<br />
wie sie in der Lehrerarbeitszeitverordnung<br />
getroffen wurden,<br />
zu machen. Es wurde weiterhin<br />
festgestellt, dass die getroffenen Regelungen<br />
auch nicht gegen höherrangiges<br />
Recht verstoßen.<br />
Der Dienstherr darf somit rechtlich<br />
von den LehrerInnen die Ableistung<br />
tarifvertrag übernommen wird.<br />
Damit dürfte sichergestellt sein, dass<br />
die bundesgesetzlichen Voraussetzungen<br />
für die Altersteilzeit für Teilzeitbeschäftigte<br />
ab dem nächsten<br />
Schuljahr vorliegen.<br />
Die Landesregierung <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> wird aufgefordert dafür zu sorgen,<br />
dass die Bundesregelung zügig<br />
durch Rechtsverordnung umgesetzt<br />
wird.<br />
Bevor Altersteilzeit beantragt wird,<br />
ist dringend zu empfehlen, sich von<br />
der <strong>GEW</strong>-Landesrechtsschutzstelle<br />
über das Antragsverfahren, die Besoldung<br />
bzw. Vergütung während<br />
der Altersteilzeit und die Auswirkungen<br />
auf die spätere Beamtenversorgung<br />
bzw. Rente beraten lassen.<br />
bsm / d.r.<br />
einjährigen Erprobungszeit.<br />
Wenn rechtzeitig vor Ablauf der Erprobungszeit<br />
die Bewährung in der<br />
Funktionsstelle festgestellt worden<br />
ist, dann erfolgt die Beförderung<br />
nach Ablauf der einjährigen Erprobungszeit.<br />
Für lehrbeauftragte FachleiterInnen,<br />
für Leitungen von neu gegründeten<br />
Schulen oder Versuchsschulen kann<br />
die Erprobungszeit bis zu einem halben<br />
Jahr verkürzt werden.<br />
Derzeit ist die betreffende Verwaltungsvorschrift<br />
in Arbeit; sie soll mit<br />
Wirkung vom 01.06.2001 in Kraft<br />
treten. d.r<br />
der Vorgriffsstunde verlangen und<br />
diese später ausgleichen.<br />
Auch das Arbeitsgericht Ludwigshafen<br />
und das Landesarbeitsgericht<br />
Mainz haben festgestellt, dass dies<br />
von den teilzeitbeschäftigten angestellten<br />
Lehrkräften verlangt werden<br />
darf und dass damit auch kein Verstoß<br />
gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz<br />
vorliegt.<br />
bsm<br />
Hilfe beim Arbeitszeugnis<br />
Angestellte sind berechtigt, auch<br />
während des Arbeitsverhältnisses ein<br />
qualifiziertes Arbeitszeugnis zu verlangen.<br />
Da die Zeugnissprache häufig sehr<br />
verschlüsselt formuliert, bietet die<br />
<strong>GEW</strong>-Landesrechtsschutzstelle den<br />
<strong>GEW</strong>-Mitglieder Beratung und Hilfe<br />
bei der Durchsicht solcher Zeugnisse<br />
an.<br />
Die Beratung und Unterstützung ist<br />
für die <strong>GEW</strong>-Mitglieder kostenfrei.<br />
d.r<br />
Merkblatt zur<br />
Mehrarbeit<br />
Immer wieder gibt es Anfragen von<br />
KollegInnen aus den Schulen zur<br />
Handhabung von Mehrarbeit, deren<br />
Ausgleich oder deren Bezahlung.<br />
Die <strong>GEW</strong>-Landesrechtsschutzstelle<br />
hat daher ein Merkblatt erarbeitet,<br />
das <strong>GEW</strong>-Mitglieder kostenlos bei<br />
der <strong>GEW</strong>-Landesgeschäftsstelle anfordern<br />
können.<br />
d.r<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
29
Alter + Ruhestand<br />
Die <strong>GEW</strong> gratuliert<br />
im Januar 2001<br />
zum 70. Geburtstag<br />
Herrn Paul Bleicker<br />
13.01.1931<br />
Feckweilerhaide 7 · 55765 Birkenfeld<br />
Herrn Hans Walter Hessinger<br />
21.01.1931<br />
Turnhallenstr. 5 · 55234 Ober-Flörsheim<br />
Frau Roswitha Walter<br />
23.01.1931<br />
Lessingstr. 70 · 56288 Kastellaun<br />
zum 75. Geburtstag<br />
Frau Hilde Schaab<br />
07.01.1926<br />
Unter den Eichen 18 · 56357 Obertiefenbach<br />
Frau Ruth Schreiber<br />
15.01.1926<br />
Glockenstr. 42 · 67655 Kaiserslautern<br />
Herrn Karl Meyer<br />
22.01.1926<br />
Gutenbergstr. 40 · 76889 Oberotterbach<br />
Herrn Kurt Franzmann<br />
23.01.1926<br />
Soonwaldstr. 11 · 55566 Sobernheim<br />
zum 80. Geburtstag<br />
Frau Helga Backhaus<br />
01.01.1921<br />
Stauchwiesen 36 · 67659 Kaiserslautern<br />
zum 85. Geburtstag<br />
Herrn Horst Karst<br />
06.01.1916<br />
Mörikestr. 47 · 67549 Worms<br />
zum 87. Geburtstag<br />
Herrn Eberhard Richard<br />
13.01.1914<br />
Speyerer Str. 50 · 67117 Limburgerhof<br />
zum 89. Geburtstag<br />
Frau Meta Keller<br />
13.01.1912<br />
Merzheimer Hauptstr. 28 · 76829 Landau<br />
Frau Justine Kröhle<br />
17.01.1912<br />
Muskatellerweg 9 · 55291 Saulheim<br />
zum 91. Geburtstag<br />
Herrn Richard Welker<br />
16.01.1910<br />
Hochwaldstr. 4 · 55765 Birkenfeld<br />
zum 92. Geburtstag<br />
Herrn Paul Majuntke<br />
09.01.1909<br />
Ackerstr. 3 · 56459 Gemünden<br />
zum 96. Geburtstag<br />
Herrn Albert Koch<br />
03.01.1905<br />
Spelzenhofstr. 31 · 67678 Mehlingen<br />
im Februar 2001<br />
zum 70. Geburtstag<br />
Herrn Kurt Steigner<br />
15.02.1931<br />
Alte Landstr. 5 · 66955 Pirmasens<br />
zum 75. Geburtstag<br />
Herrn Albert Gerke<br />
05.02.1926<br />
Sonnenstr. 8 · 66954 Pirmasens<br />
Herrn Werner Cornelius<br />
06.02.1926<br />
Faberstr. 11 · 67063 Ludwigshafen<br />
Frau Margarethe Luck<br />
18.02.1926<br />
Zur Holzbachschlucht 21 · 55490 Gemünden<br />
Herrn Lothar Jacob<br />
19.02.1926<br />
Auf Kraemel 6 · 67792 Lauterecken<br />
Frau Ursula Sommer<br />
24.02.1926<br />
Hetzelstr. 9 · 67433 Neustadt<br />
Herrn Karl H. Frankhäuser<br />
24.02.1926<br />
Reiweg 9 · 56587 Straßenhaus<br />
zum 80. Geburtstag<br />
Frau Gisela Appelt<br />
11.02.1921<br />
Hambacher Str. 26 · 67125 Dannstadt-Schauernh.<br />
Herrn Helmut Wöhling<br />
19.02.1921<br />
Hauptstr. 35 · 55490 Gehlweiler<br />
Herrn Johannes Rempel<br />
23.02.1921<br />
Büchnerallee 16 · 55127 Mainz<br />
zum 85. Geburtstag<br />
Frau Elisabeth Herres<br />
12.02.1916<br />
Breite Str. 68 · 56626 Andernach<br />
zum 88. Geburtstag<br />
Frau Anna Dickes<br />
06.02.1913<br />
Pfarrgasse 35 · 55234 Flomborn<br />
Der Landesvorstand<br />
30 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Alter + Ruhestand / Leserbrief<br />
Gesundheit ist nicht alles -<br />
… aber ohne Gesundheit ist alles nichts<br />
Beim Landesseniorentag der <strong>GEW</strong>-<br />
Baden-Württemberg in Heilbronn<br />
war „Gesundes Altwerden“ Thema<br />
der Tagung. Prof. Dr. Franz-Josef<br />
Große-Ruyken, Vorsitzender des<br />
Stadtseniorenrates Freiburg und ehemals<br />
Präsident der Landesärztekammer<br />
BW, stellte in seinem Vortrag die<br />
„Komplexität der Gesundheit im<br />
Alter“ anschaulich dar. Nachfolgend<br />
einige Thesen daraus:<br />
• Was ist unter Gesundheit zu verstehen?<br />
• Unterschiede zwischen der objektiven<br />
Gesundheitsbelastung und<br />
dem subjektiven Krankheitserleben,<br />
• Prävention, Behandlung, Rehabilitation<br />
sowie ambulante und stationäre<br />
Altenarbeit.<br />
Bei der Frage, was unter Gesundheit<br />
zu verstehen sei, zitierte er zunächst<br />
die Definition der WHO (Weltgesundheitsorganisation):<br />
„Gesundheit<br />
ist das Freisein von körperlichen, seelischen<br />
und sozialen Beeinträchtigungen“.<br />
Der Referent gab zu bedenken,<br />
dass der Mensch in jedem Lebensabschnitt<br />
und nicht nur im Alter<br />
körperliche, seelische und soziale<br />
Krisen erlebe. Entscheidend sei, wie<br />
wir damit umgehen. Gesundheit<br />
dürfe nicht als ein rein körperliches<br />
Phänomen betrachtet werden. Auch<br />
das soziale Umfeld trage wesentlich<br />
dazu bei, ob sich der Mensch gesund<br />
oder krank fühle. Gesundheit sei davon<br />
abhängig, ob die Beziehung zur<br />
Umwelt fruchtbar, reichhaltig und<br />
aufgabenbezogen sei. Man spreche<br />
daher auch von einer „sozialen Gesundheit“,<br />
die vor allem ältere Menschen<br />
davon bewahre, in die Isolation<br />
zu geraten. Gesund sei, wer den<br />
Alltag bewältige.<br />
Eine der wichtigsten Aufgaben der<br />
Gesundheitsfürsorge sei deshalb, die<br />
Belastbarkeit des Menschen so zu<br />
steigern, dass er mit Konflikten, Einschränkungen,<br />
Entbehrungen und<br />
Verlusten umgehen kann und es ihm<br />
auch im Alter gelingt, trotz einzelner<br />
körperlicher Einschränkungen<br />
ein einigermaßen zufriedenstellendes<br />
und aufgabenbezogenes Leben zu<br />
führen. Der Heidelberger Philosoph<br />
Martin Buber gebe in seinem 1951<br />
veröffentlichten Buch mit dem Titel<br />
„Ich und Du“ zu überlegen, dass der<br />
Mensch von seinem Wesen her auf<br />
Begegnung angelegt sei, dass er ohne<br />
ein „Du“, d.h. ohne Begegnung mit<br />
dem anderen nicht existieren könne.<br />
Verarbeitung von gesundheitlichen<br />
Einschränkungen werde nur gelingen,<br />
wenn er integriert sei, d.h. die<br />
Möglichkeit habe, Aufgaben im Verein<br />
bzw. in seinen sozialen Beziehungen<br />
wahrzunehmen.<br />
Liebe KollegInnen, ich wünsche<br />
euch allen Gesundheit im weitesten<br />
Sinne, Glück und Zufriedenheit, ein<br />
friedvolles Weihnachtsfest und ein<br />
gesundes neues Jahr 2001!<br />
Edmund Theiß<br />
Schädlich für die <strong>GEW</strong><br />
Betr.: <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> 11/00, Leserbrief von Paul<br />
Schuh<br />
Die einseitige Darstellung des Kollegen<br />
Schuh über die Arbeitsweise von <strong>GEW</strong>-<br />
Personalräten in der ehemaligen Bezirksregierung<br />
Koblenz kann nicht unwidersprochen<br />
bleiben, da sie objektiv<br />
unrichtig ist:<br />
Fakt ist, dass Kollege Schuh per rechtskräftigem<br />
Verwaltungsgerichtsurteil aus<br />
einem Bezirkspersonalrat ausgeschlossen<br />
wurde - wegen objektiv vorliegender<br />
Verstöße gegen das Landespersonalvertretungsgesetz.<br />
Damit hat er der<br />
<strong>GEW</strong>-Fraktion im Bezirkspersonalrat<br />
und der <strong>GEW</strong> Koblenz geschadet.<br />
Fakt ist weiterhin, dass seine Berufung<br />
beim OVG wegen Aussichtslosigkeit<br />
nicht angenommen wurde.<br />
Fakt ist auch, dass Kollegen Schuh in<br />
einem zivilgerichtlichen Verfahren untersagt<br />
wurde, herabwürdigende und<br />
unwahre Äußerungen über bestimmte<br />
KollegInnen unter Androhung eines<br />
Zwangsgeldes zu unterlassen.<br />
Fakt ist, dass Paul Schuh ungerechtfertigte<br />
Dienstaufsichtsbeschwerden gegen<br />
<strong>GEW</strong>-Personalräte eingereicht hat.<br />
Fakt bleibt, dass die „Aktivitäten“ des<br />
Kollegen Schuh für die <strong>GEW</strong> im Raum<br />
Koblenz schädlich waren.<br />
Über ein wegen gewerkschaftsschädigenden<br />
Verhaltens gegen ihn eingeleitetes<br />
Ausschlussverfahren ist noch nicht<br />
endgültig entschieden: Die Bundesschiedskommission<br />
hat den Ausschluss<br />
bestätigt. Der Einspruch des Kollegen<br />
Schuh bei dem Hauptvorstand wird im<br />
März 2001 behandelt.<br />
Tilman Boehlkau<br />
Vorsitzender der <strong>GEW</strong><br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Anmerkung der Redaktion:<br />
Mit dieser Reaktion unseres Landesvorsitzenden<br />
auf den Leserbrief von Paul<br />
Schuh betrachten wir die Diskussion<br />
über dieses Problem in unserer Zeitung<br />
als beendet. Wir bitten deshalb darum,<br />
von weiteren Stellungnahmen abzusehen.<br />
Die Kritiker an der <strong>GEW</strong>-Arbeit<br />
im ehemaligen BPR GHS / Regionale<br />
Schulen haben ihre ausführliche Plattform<br />
gehabt. Dieser regional begrenzte<br />
Konflikt ist für die meisten Mitglieder<br />
des Landesverbandes - dazu zählen<br />
auch die Redaktionsmitglieder -<br />
nur schwer nachzuvollziehen und stellt<br />
die engagierte Arbeit von <strong>GEW</strong>-KollegInnen<br />
in den Stufenvertretungen in<br />
einem falschen Licht dar.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
31
Tipps + Termine<br />
Schluss mit der sonntäglichen Langeweile<br />
Ein Nachmittag mit Kindern kann<br />
verdammt lang werden - wenn man<br />
nicht mehr weiß, was man unternehmen<br />
soll. Den Zoo kennen die Kinder<br />
längst auswendig, Museen finden<br />
sie genauso langweilig wie ihre Eltern,<br />
alle Schwimmbäder sind besucht<br />
und die 100 Spiele, die sich in<br />
der schmucken Holzkiste aus dem<br />
Spielwarenladen befinden, locken<br />
keinen Halbwüchsigen mehr hinter<br />
dem Ofen hervor.<br />
Was tun gegen die Langeweile? Übernachten<br />
Sie mit Ihren Kindern doch<br />
mal in einer Hängematte, stauen Sie<br />
einen Bach, gehen Sie Pilze oder<br />
Waldfrüchte suchen, lassen Sie sich<br />
von den Kleinen schminken oder<br />
drehen Sie einen Videofilm. Werner<br />
Kölbl, Sozialpädagoge aus München,<br />
hat sich gemeinsam mit den vielen<br />
Kindern, mit denen er beruflich und<br />
privat „arbeitet“, originelle Spielideen<br />
für triste Nachmittage ausgedacht.<br />
„Verrückt spielen“ heißt diese<br />
Sammlung der spannendsten, kreativsten<br />
und vergnüglichsten Freizeitaktivitäten.<br />
Aber Vorsicht, Kölbl hat den Einfallsreichtum<br />
der Kinder kaum gebremst,<br />
d.h. viele der Vorschläge sind<br />
etwas verwegen oder auch „normalerweise“<br />
verpönt: Sich gegenseitig<br />
Haare schneiden, einen ganzen Tag<br />
lang lügen, eine Wassermelone von<br />
einem Turm herunter schmeißen, ein<br />
defektes Elektrogerät zerlegen oder<br />
eine nicht geringe Menge Geld vor<br />
den Augen der restlichen Familie für<br />
etwas garantiert völlig Sinnloses ausgeben.<br />
Aber auch wenn „nur“ musiziert,<br />
gemalt und die Natur erforscht<br />
wird, sind die Spielideen ebenso einfach<br />
wie mitreißend. Das Wichtigste<br />
aber sei, so der Autor, dass man<br />
überhaupt etwas macht und dass<br />
man es gemeinsam tut. Regeln und<br />
ihre Variationen ergeben sich dabei<br />
von ganz alleine.<br />
Werner Kölbl: Verrückt spielen - 113<br />
Ideen, mit Kindern einen Nachmittag<br />
zu verbringen. Eichborn Verlag,<br />
123 Seiten, gebunden, DM 19,80<br />
red.<br />
Überlebende des Holocaust berichten<br />
Die gemeinnützige „Survivors of the<br />
Shoah Visual History GmbH“ macht<br />
erstmals deutschsprachige Interviews<br />
mit Überlebenden des Holocaust aus<br />
ihrem Archiv zugänglich. Ihre Präsentation<br />
erfolgt auf einer CD-ROM<br />
für SchülerInnen und geschichtlich<br />
Interessierte. Zu der von dem amerikanischen<br />
Regisseur Steven Spielberg<br />
in Los Angeles gegründeten gemeinnützigen<br />
„Survivors of the Shoah Visual<br />
History GmbH“ gehört eine<br />
europäische Niederlassung gleichen<br />
Namens mit Sitz in Berlin. Die Stiftung<br />
hat es sich zur Aufgabe gemacht,<br />
die Erinnerungen von Überlebenden<br />
des Holocaust aufzuzeichnen. Zur<br />
Zeit besteht das Archiv aus mehr als<br />
50.000 Videos mit persönlichen Berichten<br />
in 32 Sprachen von Zeitzeugen<br />
aus 57 Ländern.<br />
Die CD-ROM, die unter dem Titel<br />
„Erinnern für Gegenwart und Zukunft.<br />
Überlebende des Holocaust<br />
berichten“ im Cornelsen Verlag erschien<br />
und von einem engagierten<br />
Team deutscher Historiker und Pädagogen<br />
speziell für den Gebrauch der<br />
Schule und Unterricht konzipiert<br />
wurde, verknüpft Berichte von Überlebenden<br />
mit Originaldokumenten,<br />
erläuternden Texten, Fotos und<br />
Filmausschnitten. Zu Wort kommen<br />
jüdische Verfolgte ebenso wie Sinti<br />
und Roma, Homosexuelle, Zeugen<br />
Jehovas, politische Gegner der NS-<br />
Diktatur sowie Menschen, die den<br />
Verfolgten geholfen haben.<br />
Die interaktive CD-ROM bietet einen<br />
biographiebezogenen Zugang<br />
zur Zeit des Nationalsozialismus. Im<br />
Zentrum stehen die persönlichen<br />
Lebensberichte der beiden jüdischen<br />
Überlebenden Irmgard Konrad und<br />
Hans Frankenthal. Vor dem Hintergrund<br />
ihrer Lebenssituationen, Erlebnisse<br />
und Erfahrungen sowie den<br />
Aussagen anderer Zeitzeugen, wird<br />
die Geschichte des Holocaust dargestellt<br />
sowie wichtige Aspekte der Verfolgung<br />
durch das nationalsozialistische<br />
Regime beleuchtet. Eine historische<br />
Einordnung der Einzelaussagen<br />
wird durch zwei Zeitleisten ermöglicht.<br />
Diese dokumentieren die<br />
wichtigsten politischen Ereignisse<br />
und veranschaulichen das alltagsund<br />
kulturgeschichtliche Panorama<br />
der Zeit vor, während und nach der<br />
NS-Herrschaft. Zusätzlich steht ein<br />
Glossar mit Erläuterungen zur Verfügung.<br />
Erinnern für Gegenwart und<br />
Zukunft regt dazu an, sich kritisch<br />
mit der deutschen Geschichte auseinander<br />
zu setzen. Vermittlung von<br />
Wissen und Verstehen wird als eine<br />
Notwendigkeit erachtet, rechtsradikalen<br />
Entwicklungen entgegenzuwirken.<br />
Bezug: Im Buchhandel oder beim<br />
Cornelsen Verlag, Mecklenburgische<br />
Str. 5, 14197 Berlin.<br />
red.<br />
32 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Kreis + Region<br />
Kreisverband Worms-Alzey<br />
Dokumentation von Ohnmacht?<br />
Der <strong>GEW</strong>-Kreisverband Worms-Alzey hat an den Wormser Grundschulen<br />
eine Umfrage zur Situation verhaltensauffälliger Kinder<br />
durchgeführt.<br />
Zwar existiert in Worms seit Jahren das „Worms-Dauner Modell“,<br />
die so genannte „Integrierte Förderung“, um lernbehinderte Kinder<br />
in Regelschulen zu fördern, doch wird das Modell mittlerweile<br />
als Universalmittel für jegliche Form der Beeinträchtigung angewandt<br />
und werden andere Maßnahmen einfach gestrichen. Dies<br />
eindeutig zum Nachteil von betroffenen SchülerInnen und LehrerInnen.<br />
Aufgrund der Rückmeldungen muss davon ausgegangen werden,<br />
dass (natürlich bei wesentlich höherer Dunkelziffer) mindestens<br />
43 Wormser Grundschulkinder ihren LehrerInnen und MitschülerInnen<br />
ganz erhebliche Schwierigkeiten bereiten, die das Umfeld<br />
nicht mehr allein auffangen kann, wozu aber keine Hilfen zur<br />
Verfügung stehen. Besonders häufig (28 Mal) nannten die befragten<br />
KollegInnen Aggression gegen MitschülerInnen als größtes<br />
Problem. Tägliche verbale Entgleisungen wurden in 20 Fällen genannt,<br />
ebenso regelmäßige (bis zu täglichen) Wutausbrüche. Zu<br />
selbstaggressivem Verhalten kam es immerhin bei fünf Kindern.<br />
Bei der Frage nach der Problemlösung zeigte sich, dass die LehrerInnen<br />
zuerst meist versuchen, mit Kind oder Eltern ein Gespräch<br />
zu führen, gleichzeitig aber auch die Wirkungslosigkeit dieser<br />
Maßnahme eingestehen. In mehreren Fällen wurde gar mehrtägiger<br />
Ausschluss vom Unterricht an der Grundschule durchgesetzt.<br />
Die Zusammenarbeit mit dem Schulpsychologischen Dienst wurde<br />
als absolut untergeordnet genannt. In Einzelfällen erscheint die<br />
Zusammenarbeit mit dem Kinderarzt erfolgversprechender.<br />
Die Belastung durch die Beschäftigung mit diesen auffälligen Kindern<br />
nannte die Mehrheit der befragten LehrerInnen als stark gestiegen,<br />
ebenso wurde die Belastung für die Klassengemeinschaft<br />
eingeschätzt.<br />
Besonders bemängelten die PädagogInnen die mangelnde Unterstützung<br />
durch die jeweiligen Elternhäuser. Auch mit der Zusammenarbeit<br />
mit Förderlehrkräften und Jugendamt waren zahlreiche<br />
LehrerInnen gar nicht zufrieden.<br />
Für den <strong>GEW</strong>-Kreisverband wären verschiedene Lösungsansätze<br />
denkbar, zum Beispiel die verstärkte Aus- und Weiterbildung aller<br />
Lehrkräfte, die Berücksichtigung von V-Kindern bei der Klassenbildung<br />
(-größe), mehr Stunden für Förderlehrkräfte an den Regelschulen<br />
und reduzierte Unterrichtsverpflichtung der betroffenen<br />
Kinder. Auch intensive Unterstützung durch den Schulpsychologischen<br />
Dienst an allen Schulen sollte geleistet werden, fordert<br />
der <strong>GEW</strong>-Kreisverband. Zusätzlich müsste auch das Umfeld<br />
der Schulen verbessert werden, etwa durch den Einsatz von Familienhelfern,<br />
Pflegefamilien, qualifizierte fachärztliche Betreuung<br />
und auch Rückmeldung der Maßnahmen an die Schulen sowie<br />
Einbeziehen der Schule in Entscheidungen außenstehender Stellen.<br />
Wünschenswert wäre die Schaffung besonderer schulischer<br />
Einrichtungen, in denen auch die Rückgliederungsmöglichkeit in<br />
die Regelschulen gegeben ist. Und weniger Bürokratismus wäre<br />
natürlich förderlich.....<br />
Als Konsequenz aus der Umfrage will der Kreisverband Worms-<br />
Alzey Gespräche mit VertreterInnen von Jugendamt und Schulbehörde<br />
führen und versuchen, die Lage der Wormser SchülerInnen<br />
und LehrerInnen zu verbessern. Als positives Beispiel wäre Landau<br />
zu nennen: Bei einer Einwohnerzahl von 40.000 werden jährlich<br />
5 Millionen DM für Jugendhilfe ausgegeben. Die Stadt Worms<br />
hat doppelt so viele Einwohner, gibt halb so viel für die Jugendhilfe<br />
aus und will auch diesen Betrag noch deutlich kürzen.<br />
jöpf/tje<br />
Kreis Ludwigshafen/Speyer<br />
Gegen rechte Gewalt und Rassismus<br />
Unter dem Motto „Ein Band gegen rechte Gewalt und Rassismus<br />
„ fanden sich im November viele Organisationen in Ludwigshafen<br />
zusammen, um gemeinsam öffentlich Zeichen zu setzen. Jugendorganisationen,<br />
Bürgerinitiativen, Kirchen, Parteien und selbstverständlich<br />
der DGB und seine Einzelgewerkschaften beteiligten sich<br />
an den Aktionswochen gegen Rechts.<br />
Zahlreiche SchülerInnen und Lehrkräfte nahmen an der Demo gegen<br />
rechte Gewalt in Ludwigshafen teil. Foto: Lukas Schmitt<br />
Als Auftaktveranstaltung wurde am 9.November ein „Band“ geknüpft<br />
vom Denkmal für die verfolgten Sinti und Roma beim<br />
Lichttor am Rathauscenter bis zur Erinnerungstafel am Standort<br />
der ehemaligen Synagoge in der Maxstr.<br />
Um diese Verbindung herstellen zu können, wurden etwa 1000<br />
Menschen benötigt. Die Veranstalter hatten im Vorfeld deshalb<br />
etwas flaue Gefühle, ob dies denn auch gelingen könnte. Es gelang!<br />
Und nicht nur einmal wurde das „Band“ geknüpft. Doppelt<br />
und dreifach wurde das Band durch die Fußgängerzone gespannt!<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
33
Kreis + Region<br />
Die <strong>GEW</strong> beteiligte sich an der Aktionswoche mit einer öffentlichen<br />
Mitgliederversammlung zum Thema: „Ursachen rechter Orientierungen<br />
bei Jugendlichen“. Kollege Fritz Marz wollte als Referent<br />
nicht als alleiniger Experte Patentrezepte liefern, sondern alle,<br />
die mit Jugendlichen arbeiten, seien ExpertInnen, die „patente Anregungen“<br />
geben könnten, wie mit diesen Jugendlichen umzugehen<br />
sei und wie sie aus der rechten Ecke herausgeholt werden könnten.<br />
Nach einer Definition des Rechtsextremismus und den häufigsten<br />
Ursachen für die Anziehungskraft rechter Gruppierungen auf Jugendliche<br />
stiegen die ZuhörerInnen bereits in die Diskussion ein.<br />
Eltern, ErzieherInnen aus dem außerschulischen Bereich, LehrerInnen<br />
aus allen Schularten und ein Kurs von RealschülerInnen<br />
an der VHS brachten ihre Erfahrungen und Vorschläge ein. Kleinere<br />
Klassen, mehr Schulsozialarbeit, mehr Jugendarbeit, mehr<br />
Hilfe bei schulischen, familiären und Problemen in der Ausbildung,<br />
mehr Möglichkeiten des gemeinschaftlichen Erlebens und<br />
Abbau der drohenden Vereinzelung und Vereinsamung der Jugendlichen<br />
waren die Hauptforderungen.<br />
Nach mehr als zweistündiger Diskussion wurde die Veranstaltung<br />
beendet, obwohl noch viele TeilnehmerInnen gerne weiter gemacht<br />
hätten. Das können und sollen sie auch und zwar jeweils in ihrem<br />
persönlichen Umfeld, denn die Veranstaltung wollte nur Anstoß<br />
sein und Anregung geben. Lösungen müssen immer in der konkreten<br />
Situation und am konkreten Ort gefunden werden.<br />
UK<br />
Bezirk Trier<br />
Es bewegt sich etwas in Sachen<br />
„Integration“!<br />
Unter dem Thema „Integration in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>: Stillstand oder<br />
Weiterentwicklung“ fand am 26.10.2000 eine sehr gut besuchte<br />
Podiumsdiskussion in Trier statt. Nicht nur die unerwartet große<br />
Zahl von ca. 120 Eltern, LehrerInnen, SchulleiterInnen und Schulaufsichtsbeamten,<br />
sondern auch die engagierte Diskussion zeigte,<br />
dass Integration noch immer ein Thema ist, das viele bewegt. Souverän<br />
geleitet durch den Redakteur des „Trierischen Volksfreund“<br />
diskutierten auf dem Podium Frieder Bechberger-Derscheidt<br />
(MBWW), Prof. Dr. Rudi Krawitz (Uni Koblenz-Landau), Dr. Peter<br />
Aymanns (Verein Gemeinsam Leben - Gemeinsam Lernen Trier),<br />
Sylvia Sund (<strong>GEW</strong>) sowie Schulleiter der betroffenen Trierer Schulen.<br />
Etwas Wind aus der Diskussion nahm Frieder Bechberger-Derscheidt<br />
bereits eingangs durch die Ankündigung eines integrativen<br />
Gesamtkonzeptes, zu dem er bereits einige Eckpunkte mitteilen<br />
konnte:<br />
* Ziel: flächendeckendes integratives Angebot durch Schwerpunktschulen<br />
* Beginn des sukzessiven Ausbaus zum Schuljahr 2001/2002 an<br />
ca. 40 Grundschulen, die bereits entsprechende Erfahrungen haben<br />
* bessere personelle Grundausstattung als im „Folgekonzept“<br />
* zusätzliche Zuweisung von Sonderschullehrerstunden für Beeinträchtigte<br />
entsprechend der neuen Verwaltungsvorschrift zur Unterrichtsorganisation<br />
an Sonderschulen („Rucksackstunden“)<br />
Auch wenn diese unerwartet positiven Nachrichten wohlwollend<br />
zur Kenntnis genommen wurden, blieben kritische Fragen und Anmerkungen<br />
sowie weitergehende Forderungen nicht aus.<br />
Bemängelt wurde insbesondere mit Nachdruck die unzureichende<br />
Informationspolitik der Landesregierung in Bezug auf integrative<br />
Maßnahmen. Es sei für Eltern und Kindergärten ausgesprochen<br />
schwierig, an ausreichende Informationen über Möglichkeiten<br />
vor Ort zu kommen. Weder gäbe es entsprechende Veröffentlichungen<br />
noch eine Anlaufstelle. Darüber hinaus wurde von R.<br />
Krawitz angemahnt, Aspekte integrativer Didaktik und Methodik<br />
für alle Lehrämter verpflichtend in die Lehreraus- und -weiterbildung<br />
aufzunehmen. Abgesehen davon würden für die SEK I nach<br />
wie vor integrative didaktische Konzepte fehlen.<br />
Als großes Problem erweist sich für derzeitige integrative Maßnahmen<br />
(„Folgekonzept“ und Einzelintegration), dass hier die Klassenmesszahl<br />
nicht gesenkt wurde. Gefordert wurde weiter, dass<br />
diese in der Grundschule begonnenen Maßnahmen in der SEK I<br />
weitergeführt werden. Als noch dringender zeigte sich jedoch die<br />
Notwendigkeit, für den Bereich der beruflichen Bildung und Eingliederung<br />
Konzepte zu erarbeiten und umzusetzen. Für beeinträchtigte<br />
SchülerInnen aus Trierer Abschlussklassen zeichnet sich<br />
z.Zt. noch keine Lösung ab.<br />
Um zu verdeutlichen, dass Integration tatsächlich politischer Wille<br />
der Landesregierung ist, wurde erneut nachdrücklich die Verankerung<br />
des Schulwahlrechts für Eltern beeinträchtiger SchülerInnen<br />
im Schulgesetz gefordert. Dies gäbe allen Betroffenen die nötige<br />
Rechtssicherheit und würde vor allem die Eltern aus dem Status<br />
von Bittstellern befreien.<br />
Regina Mannitz / Sylvia Sund<br />
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34 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00
Forscher für „Rebell“ gesucht<br />
Unter unserer Rubrik „Das Allerletzte“<br />
sind in der Regel Meldungen abgedruckt,<br />
die es ob ihrer Kuriosität<br />
nicht verdienen, ernst genommen zu<br />
werden. Wenn an dieser illustren<br />
Stelle nun Anmerkungen zu den ersten<br />
Presseberichten - darauf müssen<br />
wir zurückgreifen, zu Pressekonferenzen<br />
im MBWW wird die <strong>GEW</strong>-<br />
Zeitung nicht eingeladen - über die<br />
Ergebnisse der „Markus“-Vergleichstests<br />
zu lesen sind, so ist das kein<br />
Versehen, sondern bewusste Absicht.<br />
Denn: Wie sollen wir das Ergebnis<br />
einer teueren Studie ernst nehmen,<br />
deren wesentlichen Erkenntnisse -<br />
darf man der Darstellung in der Tagespresse<br />
glauben - eine bizarre Mischung<br />
aus Banalitäten („gebildete<br />
Eltern und gute Sprachkenntnisse<br />
fördern die Schulleistungen“) und<br />
Provokationen („Lernerfolge sind<br />
nicht abhängig von Unterrichtsausfall<br />
und Klassengröße“) bilden.<br />
Oder andersrum gedacht: Eigentlich<br />
sind diese Erkenntnisse genial, zeigen<br />
sie doch, dass sich die Lernbereitschaft<br />
von Kindern und Jugendlichen<br />
auch nicht von den schlechtesten<br />
Bedingungen trüben lässt. Da<br />
hat die Wissenschaft der Politik eine<br />
wunderbare Vorlage für den Landtagswahlkampf<br />
geliefert: Das leidige<br />
Thema Unterrichtsausfall ist vom<br />
Tisch, denn der ausfallende Unterricht<br />
ist ja der schlechte, und der, der<br />
nicht ausfällt, ist der gute.<br />
Lange, lange ist es her, dass wir als<br />
linke Studenten den „bürgerlichen<br />
Wissenschaftlern“ vorwarfen, sie ließen<br />
sich von den Interessen ihrer<br />
Auftraggeber in ihren Erkenntnissen<br />
leiten. Also, nix mit objektiver Wissenschaft<br />
und so …<br />
Warum ich Dreiminustypen mag<br />
Manchmal haben auch andere Zeitungen<br />
gute Ideen. Ende Oktober<br />
war in der „Rheinpfalz“ das Ergebnis<br />
einer demoskopischen Umfrage<br />
zu lesen, bei der die Leistungen des<br />
Beck´schen Kabinetts nach Schulnoten<br />
zensiert wurden. Während der<br />
Ministerpräsident durch die große<br />
Sympathie bei älteren Semestern mit<br />
2,5 am besten abschnitt, erzielte niemand<br />
aus der Ministerriege eine bessere<br />
Zensur als „drei“. Gar mit „drei<br />
minus“ lag Bildungsminister Zöllner<br />
im hinteren Drittel des Feldes.<br />
Kein Grund, sich zu grämen, Herr<br />
Minister! Ich finde: Drei minus ist<br />
eine Traumnote. Aus der Erfahrung<br />
eines fünfzigjährigen Lebens, in dem<br />
ich gerade mal 12 Jahre außerhalb<br />
der Schule verbrachte, kann ich ohne<br />
Heuchelei sagen: „Dreiminustypen<br />
sind Klasse - ich bin nämlich selbst<br />
einer!“ Bitte auch nicht sauer sein,<br />
dass nicht mal ein Drittel der Befragten<br />
Sie nach der Wahl wieder gerne<br />
in Ihrem schweren Amte sähe: Die<br />
meisten <strong>GEW</strong>-Leute will überhaupt<br />
niemand in einer verantwortlichen<br />
Position!<br />
Dreiminustypen sind cool: Der Abstand<br />
nach unten, wo es gefährlich<br />
werden könnte, ist weit genug, um<br />
unbesorgt den wirklich interessanten<br />
Dingen des Lebens nachgehen zu<br />
können, und die spielen sich bekanntlich<br />
außerhalb der Schule ab.<br />
Weiter nach oben rutschen wollen<br />
echte Dreiminustypen gar nicht,<br />
auch wenn sie es könnten. Das bedeutete<br />
ja einen gewaltigen Verlust<br />
an Lebensqualität und hieße pauken<br />
und schleimen. Bei uns früher waren<br />
die Ehrgeizlinge nie angesehen:<br />
Gute Fußballer, Jungs, die bei den<br />
Mädels locker landen konnten, mit<br />
schicken Autos durch die Gegend<br />
kurvten oder mit provokativen Polit-Sprüchen<br />
die Spießer hochnahmen,<br />
das waren unsere Kings.<br />
Ich sehe schon die erhobenen Zeigefinger:<br />
„Aber, aber, so kann man<br />
als Lehrer nicht mal im Spaß reden,<br />
es geht doch nicht um Noten, es geht<br />
um Lebenschancen.“<br />
In der Tat. Aber kein Problem für<br />
Dreiminustypen. Wenn ein bestimmter<br />
Schnitt mal gebraucht<br />
wird, wandelt sich ein waschechter<br />
Das Allerletzte / Schulgeist<br />
Nein, das kann doch nicht stimmen,<br />
sagen wir inzwischen. Dennoch: Wir<br />
würden gerne die Probe aufs Exempel<br />
machen und finanzieren deshalb<br />
aus unserem üppigen Redaktionsetat<br />
einen Forschungsauftrag. Wir möchten<br />
wissenschaftlich analysieren lassen,<br />
wie sich die Reduzierung der<br />
Bildungsbürokratie sowie der erziehungswissenschaftlichen<br />
Lehrstühle<br />
(Kurzname für unser Projekt in<br />
MBWW-Lyrik: „Rebell“) um die<br />
Hälfte auf die Qualität der Arbeit<br />
von Lehrkräften auswirkt. Stimmt<br />
unsere Annahme, dass es dann zu<br />
einer umgekehrt proportionalen<br />
Steigerung der Schulqualität käme?<br />
Bewerbungen mit der ausführlichen<br />
Beschreibung der angestrebten Erkenntnisse<br />
sind bis zum 1. April<br />
2001 an die <strong>GEW</strong>-Zeitung, PF 22<br />
02 23, 67023 Ludwigshafen, zu senden.<br />
Günter Helfrich<br />
Dreiminustyp ruckzuck zum Einserkandidaten.<br />
Aber eben nur wegen<br />
des Schnitts und nicht aus Prinzip.<br />
Ich kann das auch beweisen: Meine<br />
Spitzenmitschüler haben es alle nicht<br />
weit gebracht, gerade mal zu Lehrern<br />
oder höchstens zu Landtagsabgeordneten.<br />
Mein bester Jugendfreund dagegen,<br />
der Prototyp des Dreiminusmannes,<br />
ist heute als Promiarzt einer<br />
der erfolgreichsten Männer in<br />
unserer Stadt, ganz zu schweigen von<br />
anderen, die von der Schule flogen<br />
und dennoch Chefredakteur, Inhaber<br />
eines Gourmettempels etc. wurden.<br />
Also, nehmen wir die Zensuren nicht<br />
zu ernst. Weil wir das nicht tun, hier<br />
nun das Weihnachtsgeschenk an unsere<br />
<strong>GEW</strong>-Mitglieder: Eine gewisse<br />
Frau Eva Luation hat uns gebeten,<br />
die folgende Umfrage (siehe Seite<br />
36) durchzuführen. Wir bitten um<br />
zahlreiche Teilnahme, damit wir in<br />
der ersten Zeitung des neuen Jahres<br />
auch ein aussagekräftiges Resultat<br />
vorstellen können.<br />
Vielen Dank im Voraus<br />
Günter Helfrich<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />
35
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Beilage zur E&W<br />
<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Neubrunnenstraße 8 · 55116 Mainz<br />
Telefon: 06131-28988-0 • FAX 06131-28988- 80<br />
E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-RLP.de<br />
Schulgeist<br />
Unser Weihnachtsgeschenk:<br />
<strong>GEW</strong>-Mitglieder benoten PolitikerInnen<br />
Gute PädagogInnen benoten nur dann, wenn ihnen eine ausreichende Zahl an Leistungsnachweisen<br />
vorliegt. Sollte dies im einen oder anderen Fall nicht so sein: bitte den Namen streichen!<br />
Ob eine verbale Beurteilung, die wir als progressive Menschen natürlich bevorzugen, hinzugefügt<br />
wird, bleibt den BeurteilerInnen überlassen. Falls ja: bitte kurz fassen. Zum Beispiel so: „Sie war sehr<br />
fleißig, hat aber leider nie auf die Ratschläge der LehrerInnen gehört und deshalb das Klassenziel<br />
verfehlt“.<br />
Ministerpräsident Beck<br />
Zensur: ............................<br />
Verbale Beurteilung: _________________________________________<br />
_________________________________________<br />
_________________________________________<br />
Oppositionsführer Böhr<br />
Zensur: ............................<br />
Verbale Beurteilung: _________________________________________<br />
Minister Zöllner:<br />
Zensur: ............................<br />
_________________________________________<br />
_________________________________________<br />
Verbale Beurteilung: _________________________________________<br />
Staatsekretärin Ahnen<br />
Zensur: ............................<br />
_________________________________________<br />
_________________________________________<br />
Verbale Beurteilung: _________________________________________<br />
Ministerin Götte<br />
Zensur: ............................<br />
_________________________________________<br />
_________________________________________<br />
Verbale Beurteilung: _________________________________________<br />
_________________________________________<br />
_________________________________________<br />
Einsendeschluss: letzter Schultag im Jahre 2000! Wie immer werden unter den Einsendern<br />
Preise verlost, die genauso sinnlos sind wie die meisten Weihnachtsgeschenke!<br />
Absender: ......................................................................................................................................<br />
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