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GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz

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12 / 00<br />

-Zeitung<br />

109. Jahrgang<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Demo gegen rechte Gewalt<br />

in Ludwigshafen am 9. November:<br />

Grundschulkinder weisen auf die drohende Abschiebung eines bosnischen Mitschülers und<br />

seiner Familie hin.<br />

Foto: Lukas Schmitt


Editorial / Inhalt / Impressum<br />

Vom Lebkuchenterror und<br />

von anderen Nervensägen<br />

In der Tat, wenn man bereits schon im September<br />

in Supermärkten mit Advents-Dickmachern<br />

konfrontiert wird, so kann das nur<br />

noch als unappetitlicher Lebkuchen-Terror<br />

empfunden werden. Für Redaktionen kommt<br />

das manchmal noch härter: Teilweise schon in<br />

den Sommerferien trudeln Angebote für Weihnachtskarten,<br />

Kalender und ähnliche in dieser<br />

Zeit unabkömmliche Waren ein. Wobei sich<br />

dann auch die Frage stellt, woher diese zahllosen<br />

Kleinverlage mit ihren lebensnotwendigen Angeboten die Adresse<br />

unserer Zeitung haben. In solchen Fällen ist das gerade noch zu ertragen,<br />

denn nicht weit von unserem Postfach steht ein Altpapiercontainer.<br />

Echte Nervensägen sind dagegen die obskuren Fax-Dienste, die<br />

mehrmals in der Nacht ihre für uns völlig unbrauchbaren Meldungen<br />

senden, uns um Schlaf, Papier sowie Farbbänder berauben und auch<br />

nach mehrmaliger Aufforderung nicht aufhören, uns ihre ungewollten<br />

Dienste aufzudrängen.<br />

Sehense mal, Herr Hundt, was <strong>GEW</strong>-aktive Lehrkräfte so alles über<br />

unser Wirtschaftsleben mitkriegen. Berauschend, da wären wir doch<br />

glatt befähigt für die Unterrichtsbefähigung im Fach „Schrott, den die<br />

freie Wirtschaft produziert“. Ja, „die freie Wirtschaft“. Auch solch ein<br />

ätzender Kampfbegriff, der gerne zitiert wird, um den Beschäftigten<br />

im öffentlichen Dienst zu suggerieren, in dieser ihnen unbekannten<br />

Welt herrschten Kreativität, Wagemut und Effizienz, während der öde<br />

öD gekennzeichnet sei durch Verkrustung, Schlafmützigkeit und Verschwendung.<br />

Haha, kann man da nur sagen. Wir erinnern uns z.B.<br />

an eine halbseitige Anzeige, die der „Weltkonzern“ BASF vor einiger<br />

Zeit in unserer Zeitung aufgab. Bürokratischer ging`s gar nicht. Anruf<br />

auf Anruf wegen Kleinigkeiten, der Film kam erst auf den allerletzten<br />

Drücker, und am Schluss wurde dann noch der lächerliche Anzeigenpreis<br />

gedrückt, indem das Geschäft über eine eigene Agentur abgewikkelt<br />

wurde.<br />

Also, seien wir locker und selbstbewusst, wenn uns mal wieder Damen<br />

und Herren aus diesem Milieu in der ihnen eigenen Überheblichkeit<br />

einreden wollen, wir seien die bequemen verbeamteten Schmarotzer,<br />

die nur von ihren überragenden Leistungen profitierten. Und lasst uns<br />

auch damit aufhören, in jeder Diskussion um didaktische Neuerungen<br />

davon zu schwärmen, wie progressiv heutzutage „in der Wirtschaft“<br />

Aus dem Inhalt <strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Nr. 12 / 2000:<br />

Editorial: Vom Lebkuchen-Terror … Seite 2<br />

Schulen: Kommentar Seite 3 - 4<br />

Schulen / Grundschultag Seite 5 - 14<br />

Schulen und Umwelt Seite 15 - 17<br />

Bildungspolitik der CDU Seite 18 - 19<br />

Personalvertretung Seite 20 - 24<br />

Schulaufsicht Seite 25 - 27<br />

Rechte Gewalt / Rechtsschutz Seite 28 - 29<br />

Alter + Ruhestand / Leserbrief Seite 30 - 31<br />

Tipps + Termine Seite 32<br />

Kreis + Region Seite 33 - 34<br />

Schulgeist / Das Allerletzte Seite 35<br />

Schulgeist Seite 36<br />

ausgebildet und gearbeitet werde. Dort werden schöne Vokabeln wie<br />

„Unternehmenskultur“ nämlich rasch zu Makulatur, wenn´s ans Eingemachte<br />

geht. Vielleicht sollten wir uns mal öfter austauschen mit den<br />

KollegInnen aus den anderen DGB-Gewerkschaften.<br />

Vom Allgemeinen zum Konkreten, also von der freien Wirtschaft zu<br />

den spätsommerlichen Lebkuchen und damit zu unserem eigentlichen<br />

Problem: Auch wir müssen zu einem Zeitpunkt an das Jahresende denken,<br />

an dem wir eigentlich noch auf wärmende Sonnenstrahlen hoffen<br />

und es uns vor versüßtem Glühwein bei Weihnachtsliedergedudel auf<br />

Adventsmärkten graut.<br />

Dennoch: Diese ist die letzte <strong>GEW</strong>-Zeitung in diesem Jahr. Und da<br />

für Lehrkräfte ein Jahr gleich zweimal endet, kalendarisch und zu Beginn<br />

der Sommerferien, müssen wir aufpassen, uns nicht schon wieder<br />

mit den gleichen Floskeln ins „Neue“ zu verabschieden. Machen wir es<br />

deshalb kurz und verschonen wir unsere LeserInnen und uns mit der<br />

Aufzählung dessen, was uns in den vergangenen zwölf Monaten geplagt<br />

hat. Sehen wir das Positive für die <strong>GEW</strong>: Sowohl aus dem Gewerkschaftstag<br />

als insbesondere aus den ADD-Personalratswahlen ging<br />

die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> gestärkt hervor. Dies kann uns optimistisch<br />

stimmen für 2001. Auch dann stehen zunächst Wahlen im Vordergrund:<br />

Die Landtagswahlen werden wir kritisch-beobachtend begleiten<br />

mit der stillen Hoffnung, dass es hinterher nicht noch schlimmer<br />

für die Bildungspolitik kommt. Bei den HPR- und ÖPR-Wahlen werden<br />

wir wiederum alle Kräfte mobilisieren müssen, um zu bestätigen,<br />

dass die <strong>GEW</strong> insgesamt die stärkste Interessenvertretung der Beschäftigten<br />

an den Schulen ist.<br />

Zu wünschen bleibt für die letzten Wochen des Jahres: Wir sollten uns<br />

nicht zu sehr treiben lassen vom Notendruck der bevorstehenden Halbjahreszeugnisse,<br />

sondern uns Zeit nehmen, um mit unseren SchülerInnen<br />

besinnliche Momente verbringen zu können. Denn bei allem, was<br />

umstritten ist, eines ist klar: Nichts brauchen junge Menschen heute so<br />

sehr wie Zuwendung, Zeit und Interesse an ihnen. Für sie gibt es keine<br />

„guten und schlechten Fächer“, „keine guten und schlechten Schulen<br />

bzw. Schularten“, keine „alten oder<br />

jungen, progressiven oder konservativen<br />

LehrerInnen“, für sie zählt<br />

letztendlich nur das, was ihnen der<br />

Mensch in der Rolle der Lehrkraft<br />

entgegen bringt.<br />

Das ist schwer für uns, das ist schön<br />

für uns.<br />

Im Namen der <strong>GEW</strong> wünschen wir<br />

alles Gute für 2001.<br />

Günter Helfrich<br />

Impressum <strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Herausgeber:<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Neubrunnenstr. 8, 55116 Mainz,<br />

Tel.: (0 61 31) 28988-0, Fax: (06131) 28988-80, E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-RLP.de<br />

Redaktion:<br />

Günter Helfrich (verantw.) und Karin Helfrich, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen, Tel./ Fax:<br />

(0621) 564995, e-mail: <strong>GEW</strong>ZTGRL1@aol.com; Ursel Karch ( Anzeigen), Arnimstr. 14, 67063<br />

Ludwigshafen, Tel./Fax: (0621) 69 73 97, e-mail: UKarch5580@aol.com; Antje Fries, Rheindürkheimer<br />

Str. 3, 67574 Osthofen, Tel./Fax: (0 62 42) 91 57 13, e-mail: antje.fries@gmx.de<br />

Verlag, Satz und Druck:<br />

Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt a.d.W., Tel.: (06321) 8 03 77;<br />

Fax: (0 63 21) 8 62 17; e-mail: VPPRei@aol.com, Datenübernahme per ISDN: (0 63 21) 92 90 92<br />

(Leonardo-SP - = 2 kanalig)<br />

Manuskripte und Beiträge:<br />

Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen nicht in jedem Falle der<br />

Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Nur maschinengeschriebene Manuskripte können<br />

angenommen werden. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen.<br />

Manuskripte und sonstige Zuschriften für die Redaktion der <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> werden<br />

nach 67023 Ludwigshafen, Postfach 22 02 23, erbeten.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich DM 35,-- incl. Porto<br />

+ MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres.<br />

Im anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />

Anzeigenpreisliste Nr. 11 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluß: jeweils der 5. des Vormonats.<br />

2 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Kommentar<br />

MARKUS - Hoher Aufwand, geringe Erkenntnisse!<br />

Der <strong>GEW</strong>-<br />

Landesvorsitzende<br />

Tilman<br />

Boehlkau<br />

setzt sich kritisch<br />

mit den<br />

ersten Ergebnissen<br />

von<br />

„MARKUS“<br />

auseinander.<br />

Mit hohem finanziellem und<br />

personellem Einsatz wurde<br />

MARKUS (Mathematik-Gesamterhebung<br />

<strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> - Kompetenzen, Unterrichtsmerkmale,<br />

Schulkontext)<br />

vorbereitet, am 30. Mai 2000<br />

in allen achten Klassen der<br />

weiterführenden Schulen<br />

durchgeführt und am 13. November<br />

2000 wurden erste Ergebnisse<br />

der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />

Hat sich der Aufwand gelohnt? Sind<br />

die Ergebnisse so wegweisend, dass sie<br />

die Schullandschaft in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

verändern? Werden die im Frühjahr<br />

versprochenen Unterstützungsleistungen<br />

gewährt?<br />

Die ersten Ergebnisse sind aus meiner<br />

Sicht Plattitüden, Selbstverständlichkeiten<br />

und wenig Konkretes, das haben<br />

die LehrerInnen, SchulleiterInnen<br />

und Eltern auch schon vorher gewusst.<br />

Aber jetzt ist es wissenschaftlich belegt!<br />

Und nun?<br />

Nach meiner ersten subjektiven Durchsicht<br />

fallen mir zwei Punkte auf, die<br />

ich etwas näher betrachten und kritisch<br />

hinterfragen möchte:<br />

1. „Die Größe der Klassen und der<br />

Unterrichtsausfall spielen kaum eine<br />

Rolle bei der mathematischen Leistungsfähigkeit<br />

der SchülerInnen.“<br />

Ich halte diese Feststellung für nicht<br />

aussagekräftig genug. Es wurden keine<br />

Vergleichszahlen zu anderen Fächern<br />

erhoben. Bereits bei der Vorstellung von<br />

MARKUS hat die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> prognostiziert, dass bis Mai 2000<br />

alle frei werdenden Ressourcen in den<br />

Mathematikunterricht gesteckt werden<br />

und dass es kaum Unterrichtsausfall im<br />

Fach Mathematik geben wird. Dies<br />

war und ist übrigens schon immer der<br />

Fall, denn bevor der Mathematikunterricht<br />

ausfällt, wird erst einmal in den<br />

sogenannten Nebenfächern, insbesondere<br />

in Musik, Kunst und Sport, gestrichen.<br />

Die Eltern sorgen schon für den<br />

notwendigen Druck.<br />

Und dass die Größe einer Klasse ebenfalls<br />

kaum eine Rolle spielt, wen<br />

wundert´s? Auch hier muss festgehalten<br />

werden, dass im Hinblick auf den<br />

30. Mai 2000 alle Anstrengungen unternommen<br />

wurden, um die SchülerInnen<br />

fit für den anstehenden Test zu<br />

machen. Um mich nicht falsch zu verstehen<br />

- ich halte das für ein legitimes<br />

Vorgehen. Aber die Feststellung in einem<br />

wissenschaftlich fundierten Test<br />

finde ich für gewagt.<br />

2. Über eine andere Aussage bin ich<br />

gestolpert und bin nach mehrmaligem<br />

Lesen immer noch unangenehm berührt:<br />

In der dpa-Meldung vom 13. November<br />

2000 heißt es: „Nach Angaben von<br />

Helmke zeichnen sich besonders leistungsfähige<br />

Klassen durch einen hohen<br />

Anteil von Schülern mit deutscher<br />

Muttersprache und eine geringe Sprachenvielfalt<br />

aus...“ und in dem „Ersten<br />

Ergebnisbericht“ lesen wir auf Seite 13:<br />

„Sprachliche Homogenität und Sprachenvielfalt:<br />

Hier spielt nicht nur der<br />

reine Anteil von Schülern mit Deutsch<br />

als Muttersprache eine Rolle, sondern<br />

auch die Sprachenvielfalt, d. h. die<br />

Anzahl unterschiedlicher Muttersprachen,<br />

die in einer Klasse gesprochen<br />

werden. Sehr leistungsstarke Klassen<br />

und Kurse sind vergleichsweise homogen...“<br />

Eine in der heutigen Zeit gefährliche<br />

Aussage, die nach meiner Einschätzung<br />

so nicht hätte im Bericht erscheinen<br />

dürfen! Zwar warnen Helmke und<br />

Jäger vor einer selektiven Lesweise. Aber<br />

wen interessiert das, wenn er ganz bestimme<br />

Ziele verfolgt? Aus meiner Sicht<br />

ist im Gegenteil die Multikulturalität<br />

in einer Klasse von ganz besonderem<br />

Nutzen - sie stellt natürlich auch eine<br />

Herausforderung an die Lehrkräfte<br />

und die Politik dar. Denn die Schulen<br />

brauchen die notwendigen Förderstunden<br />

und -Lehrkräfte, um den SchülerInnen<br />

mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

schnellstmöglich den Anschluss an<br />

den Unterricht in den verschiedensten<br />

Fächern zu ermöglichen. Ohne die notwendigen<br />

Unterstützungsleistungen<br />

wird und bleibt es für diese SchülerInnen<br />

schwer, die z. T. doch sehr komplexen<br />

Textaufgaben und Sachzusammenhänge<br />

in Mathematik zu verstehen.<br />

Von daher kann die Aussage von Bildungsminister<br />

Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner<br />

nur unsere volle Unterstützung finden:<br />

„Daher ist nach wie vor eine gezielte<br />

Förderung von Schulen und<br />

Schülerinnen und Schülern mit<br />

schwierigem sozialen Umfeld sowie<br />

Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher<br />

Herkunftssprache dringend notwendig<br />

und wird auch in Zukunft ein<br />

Schwerpunkt der bildungspolitischen<br />

Anstrengungen sein.“ Wir werden es<br />

kontrollieren und auf Defizite aufmerksam<br />

machen.<br />

Abschließend sei festgestellt, dass dieser<br />

„Erste Ergebnisbericht“ zu MARKUS<br />

vielen - auch missverständlichen - Interpretationen<br />

Tür und Tor öffnet. So<br />

hat z. B. der Vorsitzende der F.D.P.-<br />

Fraktion im rheinland-pfälzischem<br />

Landtag, Werner Kuhn, die Integrierte<br />

Gesamtschule ins Abseits gestellt,<br />

denn hier seien die Leistungen in Mathematik<br />

geringer als im Gymnasium.<br />

Da haben Sie aber voll daneben gelangt,<br />

Herr Kuhn, und eine bildungspolitische<br />

Debatte provoziert, die in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> schon längst ausgestanden<br />

ist - für Sie aber wohl noch<br />

nicht! Der ganze Bericht und alle Auswertungen<br />

müssen gelesen werden,<br />

dann hat eine solche Aussage keinen<br />

Bestand mehr. Denn Minister Zöllner<br />

stellt richtig fest: „Schülerinnen und<br />

Schüler in den entsprechenden Kursen<br />

der Regionalen Schule und den Inte-<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

3


Schulen<br />

grierten Gesamtschule erreichen vergleichbare<br />

Leistungsergebnisse wie ihre<br />

Pendants in der Realschule. Dies gilt<br />

auch für Schülerinnen und Schüler im<br />

entsprechenden Kurs der Integrierten<br />

Gesamtschule und ihre Kolleginnen<br />

und Kollegen in den Gymnasien. Der<br />

alte und immer wieder gern provozierte<br />

Streit um die angeblich bessere Schulart<br />

dürfte damit zu den Akten gelegt<br />

werden könne.“<br />

MARKUS muss jetzt dezidierter ausgewertet<br />

werden, denn die ersten Ergebnisse<br />

sind noch nicht aussagekräftig<br />

genug, und es fehlen mir noch die von<br />

Minister Zöllner im Frühjahr 2000<br />

den Schulen versprochenen Unterstützungsleistungen.<br />

Dass ModeratorInnen<br />

für Mathematik ausgebildet werden,<br />

das kann´s ja wohl nicht gewesen sein,<br />

da muss schon noch ein bisschen mehr<br />

„Butter bei den Fisch“, will sagen:<br />

Fortbildungsangebote, Ausweitung des<br />

Förderunterrichts, mehr FörderlehrerInnen<br />

für den allgemeinen Unterricht<br />

…<br />

Einstellungspraxis für Vertretungen prüfen<br />

<strong>GEW</strong> fordert: Perspektiven für Lehrkräfte und personelle Sicherheit für Schulen<br />

In einem Schreiben an Bildungsminister Zöllner<br />

fordert der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Tilman<br />

Boehlkau die Verbesserung der Situation der<br />

FeuerwehrlehrerInnen und der Vertretungslehrkräfte.<br />

„In Sorge um eine gute Unterrichtsversorgung aller Schularten wenden<br />

wir uns heute an Sie mit der Bitte, die Vorschläge der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> (<strong>GEW</strong>) zu prüfen und<br />

mit uns zu erörtern.<br />

Die Einstellungsrunde zum Schuljahr 2000/2001 hat in einigen Schularten,<br />

teilweise unerwartet bzw. nicht vorhersehbar, zu erheblichen<br />

Problemen geführt. Die BewerberInnen-Listen sind weitgehend „abgeräumt“<br />

und in einzelnen Fächern und Schularten gibt es inzwischen<br />

LehrerInnen-Mangel.<br />

Hiervon sind insbesondere die Berufsbildenden Schulen sowie die Sonderschulen,<br />

in einigen Bereichen aber auch die anderen allgemeinbildenden<br />

Schulen betroffen. Dies hat zur Folge, dass betroffene Schulen<br />

einen höheren strukturellen Unterrichtsausfall zu verkraften haben.<br />

Daneben ergibt sich durch die veränderte BewerberInnen-Lage, dass es<br />

immer schwieriger wird, Lehrkräfte für Vertretungsverträge und im<br />

Grundschulbereich für FeuerwehrlehrerInnen-Stellen zu finden. Außerdem<br />

führt die derzeitige Vertragspraxis häufig zu einem für die Schulen<br />

und die Betroffenen nicht vertretbaren Personalkarussell.<br />

Bis zum heutigen Datum sind z. B. immer noch 25 FeuerwehrlehrerInnen-Stellen<br />

nicht besetzt, was zur Folge hat, dass weniger Lehrkräfte<br />

für die Vertretung zur Verfügung stehen.<br />

Insgesamt sieht die <strong>GEW</strong> deshalb die dringende Notwendigkeit, die<br />

rheinland-pfälzische Einstellungspraxis auf den Prüfstand zu stellen<br />

und aus der veränderten Situation Konsequenzen abzuleiten.<br />

Die Landesregierung hat zwar die Einstellungspraxis der 3/4-BAT-Verträge<br />

in einem Stufenplan neu geregelt. Dies ist nach Meinung der<br />

<strong>GEW</strong> aber nicht ausreichend, um die neu entstandenen Probleme mittel-<br />

und langfristig zu lösen, abgesehen davon, dass die Grundschulen<br />

nicht ausgenommen werden dürfen.<br />

Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> unterbreitet zur Verbesserung der Situation<br />

der FeuerwehrlehrerInnen und der Vertretungskräfte folgende Vorschläge:<br />

• FeuerwehrlehrerInnen-Stellen sollten ab sofort unbefristet angeboten<br />

werden, um dadurch die Attraktivität zu verbessern. Bei der „Feuerwehr“<br />

in der Grundschule handelt es sich eindeutig um Dauerbedarf,<br />

denn für die Verlässlichkeit der „Vollen Halbtagsschule“ ist die sogenannte<br />

Vertretungsreserve unabdingbar.<br />

Die Einrichtung der unbefristeten FWL-Stellen wäre kostenneutral<br />

umzusetzen und auch im Hinblick auf die Auswahl unproblematisch,<br />

weil die FWL-Kräfte bereits jetzt entsprechend dem Landesbeamtengesetz<br />

aus der BewerberInnen-Liste nach Eignung, Leistung und Befähigung<br />

ausgewählt werden.<br />

• Um die Attraktivität der Vertretungsverträge zu verbessern, sollten<br />

Kontingente von auf ein Jahr (einschließlich der Ferien) befristeten Verträgen<br />

abgeschlossen werden. Diese können nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz<br />

bzw. für Beschäftigte mit Vertretungsverträgen über<br />

24 Monaten z. B. konkret für Erziehungsurlaub abgeschlossen werden.<br />

Eine derartige Regelung wäre nicht nur kostenneutral, sondern sogar<br />

kostensparend umzusetzen:<br />

Die <strong>GEW</strong> erwartet, dass BewerberInnen eher bereit sein werden, einen<br />

Vertretungsvertrag für ein ganzes Jahr anzunehmen, weil damit für sie<br />

eine verlässliche Beschäftigung für ein Jahr gesichert wäre.<br />

Der Verwaltungsaufwand zur Fertigung ständig neuer Verträge würde<br />

verringert. Der Vertrag wird nur ein Mal abgeschlossen und damit auch<br />

die Gehaltszahlung für ein Jahr gesichert.<br />

Die Vertretungsstellen sollten sinnvoller Weise bestimmten Regionen<br />

zugeordnet werden, damit bei Wechsel der Einsatzschulen die Fahrstrecken<br />

begrenzt und die Vertretungstätigkeit überschaubar und zumutbar<br />

bleibt.<br />

Die Schulen in einer bestimmten Region wären für einen längeren Zeitraum<br />

mit Vertretungslehrkräften versorgt, die Suche nach VertretungslehrerInnen<br />

für kurze Vertretungstätigkeiten würde entfallen.<br />

Hiermit wäre gleichzeitig auch die personale Kontinuität besser gewährleistet.<br />

Wir haben beobachtet, dass Lehrkräfte teilweise 4,5 oder mehr Jahre in<br />

Vertretungsverträgen arbeiten und sich im Schuldienst bewährt haben.<br />

Nach Ansicht der <strong>GEW</strong> muss dringend eine Regelung getroffen werden,<br />

solche pädagogisch bewährten Kräfte nach einem überschaubaren<br />

Zeitraum - aber spätestens nach vier Jahren - auf eine Planstelle zu<br />

übernehmen.<br />

Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> bittet darum, die o. g. Vorschläge innerhalb<br />

des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung<br />

ernsthaft zu prüfen und mit uns schnellstmöglich in konstruktive Verhandlungen<br />

einzutreten, um dem betroffenen Personenkreis eine berufliche<br />

Perspektive und den Schulen eine personelle Sicherheit zu bieten.“<br />

4 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Schulen<br />

Hehre Ziele – aber wo bleibt die Unterstützung?<br />

Zum Welttag der LehrerInnen haben<br />

der Präsident der Kultusministerkonferenz,<br />

Willi Lemke, die Vorsitzenden<br />

der Bildungs- und Lehrergewerkschaften,<br />

der Deutsche Beamtenbund<br />

und der Deutsche Gewerkschaftsbund<br />

eine „Gemeinsame<br />

Erklärung zu den ‚Aufgaben von<br />

Lehrerinnen und Lehrern heute -<br />

Fachleute für das Lernen‘“ unterzeichnet.<br />

In zehn Kapiteln beschreiben sie ein<br />

LehrerInnen-Leitbild, das viel von<br />

den LehrerInnen abverlangt, aber zu<br />

wenig Verbindliches für die Bildungs-<br />

bzw. Kultusbürokratien festschreibt.<br />

Anzuerkennen ist das Bemühen,<br />

die LehrerInnen in der Öffentlichkeit<br />

vor ungerechtfertigten<br />

Angriffen in Schutz zu nehmen und<br />

sie als ‚Fachleute für das Lernen‘ auszuweisen.<br />

Aber müsste das nicht<br />

selbstverständlich sein?<br />

Dass die ‚Zukunftsaufgaben von Bildung<br />

und Erziehung‘ eine große<br />

Herausforderung darstellen, ist allen<br />

an Bildung Beteiligten schon lange<br />

klar. Wirklich allen Beteiligten?<br />

Die <strong>GEW</strong> sieht in den letzten sieben<br />

Jahren wenig Bemühen von Seiten<br />

des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums,<br />

den gestiegenen<br />

Anforderungen an den LehrerInnen-<br />

Beruf gerecht zu werden. Wenn der<br />

Minister für Bildung Wissenschaft<br />

und Weiterbildung, Prof. Dr. E. Jürgen<br />

Zöllner, diese Erklärung mit<br />

unterzeichnet und in der Öffentlichkeit<br />

begrüßt, dann muss er sich fragen<br />

lassen:<br />

• Wann, von wem und wo wurden<br />

und werden die rheinland-pfälzischen<br />

LehrerInnen in ihrer definierten<br />

Aufgabe ‚Fachleute für das Lernen‘<br />

zu sein unterstützt?<br />

• Wie sollen LehrerInnen ihre ‚Kompetenzen<br />

ständig weiter entwickeln‘,<br />

wenn die Ausgaben für die Fort- und<br />

Weiterbildung gekürzt und die Möglichkeiten,<br />

an Weiterbildungsmaßnahmen<br />

teilzunehmen, eingeschränkt<br />

werden?<br />

• Wie sollen sich mit Engagement<br />

und Freude ‚Lehrerinnen und Lehrer<br />

an der Schulentwicklung beteiligen‘,<br />

wenn sie durch ständige Arbeitsverdichtungen,<br />

Arbeitszeitverlängerungen,<br />

Streichung der Altersermäßigung,<br />

Kürzung der Anrechungspauschale,<br />

flächendeckende<br />

Tests usw. immer mehr demotiviert<br />

werden?<br />

Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> steht hinter<br />

der ‚Gemeinsamen Erklärung‘.<br />

Sie erwartet aber, dass das MBWW<br />

und der verantwortliche Minister<br />

auch und insbesondere das Kapitel<br />

IX beachtet: ‚Lehrerinnen und Lehrer<br />

können Unterstützung erwarten‘!<br />

Wir fordern Prof. Dr. Zöllner auf,<br />

den Satz „Es ist Verpflichtung und<br />

Verantwortung von Bildungspolitik<br />

und Bildungsverwaltung für Lehrerinnen<br />

und Lehrer die erforderlichen<br />

Rahmenbedingungen zu sichern,<br />

damit sie den hohen Erwartungen<br />

gerecht werden können..., sie bei ihrer<br />

Arbeit nach besten Kräften zu<br />

unterstützen und das Arbeitsklima<br />

und die Berufsmotivation zu fördern...“<br />

mit Leben zu erfüllen, deshalb<br />

verlangt die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong>:<br />

• Rücknahme der Arbeitszeitverlängerungen,<br />

um die KollegInnen zu<br />

entlasten,<br />

• Rücknahme der auf 10 Jahre befristeten<br />

Arbeitszeitverlängerung von<br />

1993,<br />

• Wiedereinführung der Anrechnungsstunden<br />

in den Grundschulen,<br />

• Wiedereinführung der Altersermäßigung<br />

für alle, die nicht in Altersteilzeit<br />

gehen,<br />

• Keine Leistungsprämie für einzelne,<br />

sondern Stundenentlastungen für<br />

viele,<br />

• Ausweitung der Fort- und Weiterbildungsmittel,<br />

damit die LehrerInnen<br />

noch bessere ‚Fachleute für das<br />

Lernen‘ werden,<br />

• Bereitstellung einer LehrerInnen-<br />

Reserve - insbesondere in der „Vollen<br />

Halbtagsschule“ - , damit alle<br />

SchülerInnen den ihnen zustehenden<br />

Unterricht erhalten und die<br />

KollegInnen an außerschulischen<br />

Veranstaltungen ohne schlechtem<br />

Gewissen (es darf ja kein Unterricht<br />

ausfallen) teilnehmen können,<br />

• Qualitätsentwicklung bzw. ‚-management<br />

mit den LehrerInnen und<br />

nicht ohne bzw. gegen sie (‚Bottom<br />

up‘ statt ‚Top down‘).<br />

Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong> <strong>Pfalz</strong> wird die<br />

‚Gemeinsame Erklärung‘ kritisch<br />

begleiten und einem ständigen Prüfverfahren<br />

unterziehen, um Kapitel X<br />

immer wieder in Erinnerung zu rufen:<br />

„Alle Beteiligten sind aufgerufen,<br />

in diesem Sinne gemeinsam an<br />

der qualitativen Weiterentwicklung<br />

des Bildungssystems und der Schule<br />

mitzuwirken.“<br />

Tilman Boehlkau<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

5


Schulen<br />

Statistik sagt nichts über die Wirklichkeit<br />

an den Schulen<br />

„Die Pressekonferenz des Ministers<br />

für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung,<br />

Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner,<br />

zur Versorgung mit Lehrkräften<br />

verfälscht die Wirklichkeit an<br />

den rheinland-pfälzischen Schulen.“,<br />

stellte der Landesvorsitzende<br />

der <strong>GEW</strong>, Tilman Boehlkau, heute<br />

vor der Presse fest.<br />

Es sei zwar erfreulich, dass so vielen<br />

jungen ausgebildeten LehrerInnen<br />

eine berufliche Perspektive geboten<br />

worden sei. Dennoch gäbe es in vielen<br />

Bereichen des Landes nach wie<br />

vor noch Engpässe, die auch nicht<br />

durch statistische Zahlen behoben<br />

werden könnten. Es nutze den betroffenen<br />

Schulen wenig, wenn nicht<br />

genügend Feuerwehrlehrkräfte oder<br />

VertretungslehrerInnen zur Verfügung<br />

stünden, um den Unterrichtsausfall,<br />

der noch durch kurz- und<br />

längerfristige Abwesenheit von KollegInnen<br />

verstärkt würde, zu beseitigen.<br />

„Landesweit fehlen derzeit 25 Feuerwehrlehrkräfte.<br />

VertretungslehrerInnen<br />

für Krankheits- oder Erziehungsurlaubsvertretungen<br />

sind zurzeit<br />

kaum zu bekommen!“, so Boehlkau.<br />

Wenn Minister Zöllner von einer<br />

spürbaren Verbesserung der Unterrichtsversorgung<br />

spreche, dann habe<br />

er nicht zur Kenntnis genommen,<br />

was ihm Eltern, SchulleiterInnen<br />

und LehrerInnen auf einer DGB-<br />

Veranstaltung am 06. November<br />

ADD Trier bearbeitet Personalvorgänge<br />

immer noch schleppend<br />

„Auch 10 Monate nach Start der<br />

Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion<br />

Trier (ADD) ist im Bereich<br />

der Schulverwaltung immer noch<br />

keine effektive Struktur erkennbar!“,<br />

kritisierte der Vorsitzende der<br />

<strong>GEW</strong>, Tilman Boehlkau, vor der<br />

Presse.<br />

Während einer landesweiten Konferenz<br />

der Haupt- und Bezirkspersonalräte<br />

der <strong>GEW</strong> in Mainz wurden<br />

folgende gravierende Mängel bei der<br />

Personalverwaltung der Schulen in<br />

der ADD Trier festgestellt:<br />

• Arbeitsverträge werden nach wie<br />

vor erst Wochen nach Dienstantritt<br />

ausgestellt.<br />

• Gehälter werden deswegen - trotz<br />

erbrachter Arbeitsleistungen - zum<br />

Teil mit Monate langer Verzögerung<br />

ausgezahlt.<br />

• Personalakten, Korrespondenz oder<br />

Gesundheitszeugnisse sind häufig<br />

nicht auffindbar.<br />

• Ernennungs-, Dienstjubiläumsoder<br />

Ruhestandsversetzungs-Urkunden<br />

werden nicht rechtzeitig ausund<br />

den Schulen nicht zum entsprechenden<br />

Zeitpunkt zugestellt.<br />

2000 in Koblenz vorgetragen haben:<br />

• Unterricht fällt aus,<br />

• Klassen müssen nach Hause geschickt<br />

werden,<br />

• Gruppen und Kurse werden aufgelöst,<br />

• LehrerInnen stehen nicht in ausreichender<br />

Zahl zur Verfügung!<br />

„Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> fordert<br />

das MBWW auf, früher mit der Aufstockung<br />

aller 3/4-BAT-Verträge zu<br />

beginnen und diese VertragsinhaberInnen<br />

schneller auf volle Stellen zu<br />

übernehmen, da hiermit die Unterrichtsversorgung<br />

erheblich gesteigert<br />

werden könnte - insbesondere auch<br />

an der Vollen Halbtagsschule!“, so der<br />

<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende zum Abschluss<br />

seiner Erklärungen.<br />

<strong>GEW</strong>-Presseinfo<br />

Die Haupt- und Bezirkspersonalräte<br />

der <strong>GEW</strong> fordern die Entscheidungsträger<br />

in den Regierungsfraktionen<br />

sowie im Ministerium und in<br />

der ADD Trier zum wiederholten<br />

Male auf, in der Verwaltung umgehend<br />

für funktionierende Strukturen<br />

zu sorgen. Es könne nicht angehen,<br />

dass die betroffenen LehrerInnen<br />

die Auswirkungen fragwürdiger<br />

politischer Strukturentscheidungen<br />

bzw. unzulänglicher Umsetzungen<br />

zu tragen haben.<br />

„Die Kritik richtet sich nicht an die<br />

Beschäftigten in der ADD, die ihr<br />

Möglichstes tun, sondern an die<br />

politisch Verantwortlichen, die es<br />

immer noch nicht geschafft haben,<br />

das notwendige qualifizierte Personal<br />

zur Verfügung zu stellen bzw. zu<br />

halten.“, sagte der <strong>GEW</strong>-Vorsitzende<br />

und fuhr fort: „Nach wie vor hält<br />

die <strong>GEW</strong> die Struktur der Reform<br />

der Schulaufsicht für falsch, weil<br />

Abläufe und Wege nicht kürzer, sondern<br />

deutlich länger wurden.“<br />

Mit Entschiedenheit wiesen die<br />

<strong>GEW</strong>-Personalräte Kündigungen<br />

bzw. Kündigungsandrohungen gegenüber<br />

Vertretungslehrkräften zurück,<br />

die durch Fehler der ADD in<br />

unbefristeten Arbeitsverträgen stehen.<br />

Da zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme<br />

den Beschäftigten durch<br />

die ADD keine Arbeitsverträge vorgelegt<br />

wurden, gelten sie nach dem<br />

Gesetz als unbefristet beschäftigte<br />

ArbeitnehmerInnen. „Es kann und<br />

darf nicht sein, dass durch Mängel<br />

in der Verwaltung für die Beschäftigten<br />

unzumutbare Situationen entstehen!“,<br />

betonte Boehlkau. „Wenn<br />

in Zeiten akuten BewerberInnen-<br />

Mangels in bestimmten Fächern und<br />

bestimmten Schularten so mit KollegInnen<br />

umgegangen wird, um eigene<br />

Fehler zu überspielen, dürfen<br />

die politisch Verantwortlichen sich<br />

nicht wundern, wenn BewerberInnen<br />

um Plan- oder Vertretungsstellen<br />

das Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> meiden.“<br />

<strong>GEW</strong>-Presseinfo<br />

Klassenfahrten nach Berlin<br />

(incl. Transfer, Unterkunft,<br />

Programmgestaltung nach Absprache).<br />

Broschüre anfordern bei:<br />

Biss, Freiligrathstr. 3, 10967 Berlin,<br />

Tel. (030) 6 93 65 30<br />

6 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Tod dem Idealismus der jungen GrundschullehrerInnen<br />

oder: GrundschullehrerInnen sind nichts wert …<br />

Schulen<br />

In unserer Gesellschaft sind Herr Studienrat<br />

und Frau Studienrätin angesehene<br />

Leute. LehrerInnen an Hauptschulen<br />

wird immerhin noch eine sehr<br />

anstrengende Tätigkeit attestiert. Für<br />

GrundschullehrerInnen bleibt (so man<br />

oder frau nicht gerade Kinder im<br />

Grundschulalter hat) meist nur ein<br />

müdes Lächeln. Sicherlich hat es beim<br />

Studium nicht zu mehr gereicht! Nun<br />

müssen besagte LehrerInnen zwar Kindergeschrei<br />

ertragen, doch sonst nicht<br />

viel leisten...<br />

Dass nun unser Bildungsministerium<br />

in die selbe Kerbe schlägt, trifft da auch<br />

den größten Idealisten wie ein „Schlag<br />

mit dem Zaunpfahl“. Das Legen eines<br />

Bildungsfundaments wird hier als geringfügiger<br />

erachtet als die Wissensvermittlung<br />

in weiterführenden Schulen.<br />

Wie sonst soll man verstehen, dass alle<br />

3/4-Verträge der Einstellungsjahrgänge<br />

97-99 an weiterführenden Schulen<br />

in Beamtenstellen umgewandelt werden<br />

sollen, während JunglehrerInnen<br />

an Grundschulen ihre fünfjährige Wartezeit<br />

„absitzen“ müssen (vgl. Stufenplan<br />

zur vorzeitigen Übernahme auf<br />

Beamtenstellen vom 25.9.2000).<br />

Das wird an unserer verbundenen<br />

Grund- und Hauptschule zu der absurden<br />

Situation führen, dass die überwiegend<br />

im Grundschulbereich eingesetzten<br />

Dienstältesten 3/4ler erst nach<br />

den (ehemaligen?) Leidensgenossen mit<br />

Hauptschulschwerpunkt verbeamtet<br />

werden. Sollen wir uns nun darum<br />

schlagen, wer im kommenden Schuljahr<br />

eine Hauptschulklasse leiten darf<br />

und wer in der Grundschule bleiben<br />

muss? Na denn auf kollegiale Zusammenarbeit...<br />

Dann sind da ja noch die Neueinstellungen<br />

ab 2002 - in weiterführenden<br />

Schulen schon Beamtenstellen, in der<br />

Grundschule nicht. Was wird aus unserem<br />

großen Engagement, der Motivation<br />

und der Freude am Lehren in<br />

der Grundschule? Wozu hat man sich<br />

im zweiten Staatsexamen so arg ins<br />

Zeug gelegt, dass man sich danach für<br />

die Schulart entscheiden konnte, wo<br />

man seine Neigungen und Fächer (z.B.<br />

integrative Fremdsprachenarbeit Französisch)<br />

besser eingebracht sah? Und die<br />

momentanen Leistungen in der Grundschule?<br />

Das Leistungsprinzip scheint<br />

offenbar nicht für alle Schularten gleichermaßen<br />

zu gelten. Mit dem derzeit<br />

so sehr propagierten Qualitätsmanagement<br />

und der Autonomie der Schule<br />

ist es offensichtlich nicht mehr weit her,<br />

wenn es droht Geld zu kosten.<br />

Mal sehen, wie lange es dauert, bis von<br />

den rheinland-pfälzischen Grundschulen<br />

auch die letzten jungen IdealistInnen<br />

geflüchtet sind...<br />

Eva Holle-Winterberg/<br />

Jana Müller<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

7


Schulen: Grundschultag<br />

„Nicht alles paletti“ beim Landesgrundschultag<br />

Zöllner: „Essentials bei der VHTS realisiert“<br />

„Miteinander leben, lernen, leisten!“, so hieß das Motto des Landesgrundschultages<br />

2000, der am 4. November in Ludwigshafen von<br />

Grundschulverband, VBE und <strong>GEW</strong> gemeinsam angeboten wurde.<br />

Doch miteinander fand recht wenig statt. Statt dessen erlebten die<br />

mutig den freien Samstag opfernden TeilnehmerInnen einen harten<br />

Vormittag mit Frontalunterricht pur, und lediglich am Nachmittag gab<br />

es immerhin 105minütige Workshops; schließlich zum Abschluss Frederik<br />

Vahle mit „musikalischem Kontrapunkt“.<br />

Friedrich Goosmann, Vorsitzender<br />

des Grundschulverbandes in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>,<br />

freute sich über die Teilnehmerzahl<br />

(die allerdings auch er<br />

bisher schon deutlich höher erlebt<br />

haben dürfte!), die das große Engagement<br />

von GrundschullehrerInnen<br />

selbst samstags zeige. Die ellenlange<br />

Promi-Begrüßung riss niemand zu<br />

Beifall hin, erst die Tatsache, dass die<br />

Räume am Berufsbildungszentrum<br />

kostenlos zu haben waren, wurde<br />

beklatscht.<br />

Goosmann kritisierte die Volle Halbtagsschule<br />

und sagte, er zeichne bewusst<br />

ein düsteres Bild, denn die<br />

KollegInnen seien durchaus bereit zu<br />

Leistung, aber das Konzept habe einfach<br />

zu viele Schwachstellen, die Leistung<br />

hemmten. Er hoffe, Hemmnisse<br />

in Zukunft gemeinsam aus dem<br />

Kritische Anmerkungen zur Unterrichtsversorgung an der VHTS machte Helmut Thyssen, der<br />

Vorsitzende des BPR GHS / Regionale Schulen bei der ADD in Trier. Foto: Imhof<br />

Weg räumen zu können. Schließlich<br />

sei es genauso anspruchsvoll, einem<br />

ersten Schuljahr die Lernfreude zu<br />

erhalten, wie einen Leistungskurs zu<br />

unterrichten. Leider drücke sich dies<br />

jedoch weder in Besoldung, noch in<br />

Stundenzuweisung aus.<br />

Ebenfalls höhere Stundenzuweisungen<br />

forderte der Ludwigshafener<br />

Schuldezernent Günther Ramsauer:<br />

Die besonderen Probleme in Ballungsräumen<br />

müssten unbedingt<br />

berücksichtigt werden. „Mehr Zeit<br />

für Kinder“ müsse auch bedeuten,<br />

mehr Zeit für Kinder in der Schule<br />

haben zu können. „Es liegt viel Arbeit<br />

vor allen, die mit Schulpolitik<br />

befasst sind“, befand er.<br />

Bildungsminister Jürgen Zöllner<br />

nutzte seine Redezeit für ein ausgedehntes<br />

Statement, das von der anfänglichen<br />

Rechtferigung des Konzepts<br />

VHTS schließlich zur Vorlesung<br />

in Allgemeiner Pädagogik im<br />

1. Semester geriet.<br />

Mit Einführung der VHTS vor etwas<br />

mehr als zwei Jahren seien Änderungen<br />

vollzogen worden, „die uns<br />

fast zur Selbstverständlichkeit geworden<br />

sind“. Was manchen anfangs als<br />

utopisch erschienen sei, werde heute<br />

als gegeben hingenommen und<br />

nicht mehr in Frage gestellt, wie etwa<br />

das Betreute Frühstück, der „rhythmisierte“<br />

Vormittag oder der Fremdsprachenunterricht.<br />

Das Konzept an<br />

sich sei nie strittig gewesen, meinte<br />

Zöllner, allerdings glaubten die Verbände<br />

immer wieder, auf vermeintliche<br />

Missstände hinweisen zu müssen.<br />

Es werde sogar behauptet, der<br />

Minister weigere sich, die VHTS auf<br />

den Prüfstand zu stellen. Dabei seien<br />

so viele Argumente längst überholt.<br />

Es komme nämlich darauf an,<br />

ob „Essentials“ realisiert worden seien.<br />

Schließlich handle es sich bei der<br />

VHTS nicht um ein statisches Gebilde,<br />

sondern um eine dauernde<br />

Weiterentwicklung, also könne nicht<br />

von Anfang an eine optimale Umsetzung<br />

des Konzepts erwartet werden.<br />

„Mit der Unterrichtsversorgung<br />

ist nicht alles paletti“, musste auch<br />

Zöllner eingestehen, doch setze er<br />

sich ständig im Parlament vehement<br />

für mehr Lehrerstellen ein. Er<br />

wünschte sich, seine Kritiker möchten<br />

weniger „Stammtischparolen folgen“<br />

und statt dessen erbrachte Leistungen<br />

anerkennen: Immerhin habe<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> fünfzig Prozent<br />

mehr LehrerInnen zusätzlich eingestellt<br />

als andere Bundesländer.<br />

Und während der Minister von vorn<br />

noch ausgiebig Werbung für die<br />

hauseigene Homepage und deren<br />

schier unbegrenzte Möglichkeiten<br />

machte, wurden in den hinteren Reihen<br />

schon raschelnd Frühstücksbrote<br />

ausgepackt. Der Applaus nach der<br />

langen Rede geriet dann auch entsprechend<br />

müde.<br />

Um die geplante Talkrunde einzuläuten,<br />

an der neben dem Minister später<br />

Prof. Dr. Marianne Gronemeyer,<br />

8 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Otto Herz und Dr. Henning Unglaube<br />

teilnahmen, durften alle drei<br />

zunächst Kurzvorträge halten.<br />

Unglaube legte seinen Schwerpunkt<br />

auf die Schwierigkeit des Lehrers/der<br />

Lehrerin, gerade zu Beginn des<br />

Schullebens Kinder mit deutlich<br />

unterschiedlichen Biografien, Erfahrungen,<br />

Kulturen „unter einen Hut“<br />

zu bringen, gemeinsam zum Leben<br />

und Lernen zu ermutigen. Doch in<br />

der Unterschiedlichkeit der Kinder<br />

liege neben der Herausforderung<br />

auch eine enorme Chance. Und gerade<br />

angesichts dieses jahrelangen<br />

zwangsweisen Zusammenarbeitens<br />

müsse Wert darauf gelegt werden,<br />

dass Ausbildung und Betreuung besonders<br />

sorgfältig geschähen. Innovatives<br />

Arbeiten solle nicht nur toleriert<br />

werden, sondern müsse vom<br />

Bildungsministerium auch gewollt<br />

werden, sonst sei die Umsetzung<br />

auch noch so guter Ideen zwecklos.<br />

Ersten wirklich begeisterten Applaus<br />

hatte das Plenum für Marianne Gronemeyer<br />

übrig: Sie berichtete zunächst<br />

von Szenen verbalen Machtkampfs<br />

von Grundschülern und gab<br />

der Schule die Schuld dafür, dass die<br />

Jugend so geworden sei: Coolness<br />

gelte als dominantes Ideal, „sprachlicher<br />

Enthusiasmus“ habe ausgespielt.<br />

Grund dafür sei, dass die<br />

Schule keine Begeisterung erwarte.<br />

Hier gehe es nicht mehr um Förderung<br />

der Einzigartigkeit eines Kindes,<br />

sondern um dessen Standardisierung:<br />

Gronemeyer nannte die<br />

Schule heute eine „Rangsortieranstalt“<br />

für das spätere Leben. Die Zensierung<br />

lege Ränge fest, statt Begeisterung<br />

zu wecken und Kinder am<br />

Ernst des Lebens teilhaben und Lernzusammenhänge<br />

erkennen zu lassen.<br />

Neuerdings werde gar noch mit dem<br />

Spaßversprechen geködert: „Unterhaltung<br />

ist angesagt“. Erschreckendes<br />

, aber nicht unrealistisches Fazit<br />

Gronemeyers: „Es scheint nur noch<br />

wünschenswert, was der Computer<br />

kann!“<br />

Bedenkenswerter, kritischer und gleichermaßen<br />

munterer Schlusspunkt<br />

einer langen Reihe von Reden war<br />

das Statement von Otto Herz, der<br />

offensichtlich Spaß daran hatte, seine<br />

vielbeklatschte Provokation „Lernen<br />

und Unterricht“ vorzutragen.<br />

Dabei zitierte<br />

Herz Hans-Georg<br />

Gadamer:<br />

„Die Frage ist<br />

nicht, ob ein<br />

Kind viel weiß,<br />

sondern ob es<br />

viel wissen<br />

möchte.“ Schule<br />

sollte also<br />

nicht viel lehren,<br />

sondern<br />

neugierig machen,<br />

eine der<br />

Neugierde auf<br />

Neues zuträgliche<br />

Lernkultur<br />

schaffen. Und<br />

dabei sei die<br />

Wichtigkeit der<br />

Zusammenarbeit<br />

nicht nur<br />

beim Kuchenbacken<br />

für das<br />

Schulfest zu betonen,<br />

sondern<br />

gerade in pädagogischen<br />

Kernfragen.<br />

Die anschließende<br />

Talkrunde<br />

wurde von<br />

der Journalistin<br />

Mira Futasz moderiert, wobei gleich<br />

zu Anfang Unmut entstand, dass der<br />

Minister angesichts des verschobenen<br />

Zeitplans (auch durch seine eigene,<br />

überlange Rede) noch gerade<br />

’mal zwanzig Minuten dabei sein<br />

konnte, weil weitere Termine seiner<br />

harrten und er so kaum noch zu den<br />

Schwachstellen im System der Vollen<br />

Halbtagsschule befragt werden<br />

konnte. Zudem reagierte er sichtlich<br />

genervt auf die wenigen kritischen<br />

Fragen, die noch gestellt werden<br />

durften: Jürgen Zöllner sprach von<br />

„subjektiven Eindrücken“ der Verbände<br />

und verlangte, dass VBE und<br />

<strong>GEW</strong> offen sagen sollten, wie sie<br />

sich die konzeptionelle Umsetzung<br />

der VHTS tatsächlich vorstellten,<br />

denn schließlich seien sie in den<br />

Dialog zur Umsetzung eingebunden<br />

gewesen. Die meisten Punkte des<br />

Konzepts seien ja nicht im Ministerium<br />

erdacht, sondern von außen gefordert<br />

und dann festgeschrieben<br />

worden. Wieder einmal zeigte sich<br />

der Minister der Ansicht, dass es<br />

durch die Einführung der VHTS<br />

keinerlei Arbeitszeiterhöhung oder<br />

zusätzliche Belastung für die LehrerInnen<br />

gegeben habe.<br />

Nach der Mittagspause hatten die<br />

TeilnehmerInnen am Grundschultag<br />

die Möglichkeit, an einem von 17<br />

Workshops teilzunehmen. Zehn weitere<br />

waren im Vorfeld gestrichen<br />

worden, aber auch so blieben die<br />

Teilnehmerzahlen im Rahmen, viele<br />

Gruppen bestanden gar nur aus vier<br />

bis sechs InteressentInnen. Aus den<br />

Workshops werden wir in der nächsten<br />

Ausgabe berichten.<br />

(tje)<br />

Der Vortrag von Otto<br />

Herz sowie die Berichte<br />

aus den workshops folgen<br />

in der nächsten Ausgabe<br />

der <strong>GEW</strong>-Zeitung.<br />

Schulen: Grundschultag<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

9


Schulen: Grundschultag<br />

Kommentar:<br />

Wer sich fortbildet, ist selber schuld<br />

Ursel Karch von<br />

der <strong>GEW</strong>-Zeitung<br />

<strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> kritisiert<br />

insbesondere, dass<br />

der Grundschultag<br />

samstags stattfand.<br />

In den letzten zehn Jahren waren die<br />

vom Arbeitskreis Grundschule und der<br />

<strong>GEW</strong> gemeinsam veranstalteten<br />

Grundschultage Highlights im Veranstaltungskalender<br />

für GrundschullehrerInnen.<br />

Zwischen 600 und 800 Anmeldungen<br />

lagen oft vor, von denen die<br />

Hälfte abschlägig beschieden werden<br />

musste.<br />

Nicht so in diesem Jahr und das, obwohl<br />

zum ersten Mal auch der VBE<br />

als Mitveranstalter im Boot war. Nur<br />

knapp 200 LehrerInnen meldeten sich<br />

an, von denen dann noch nicht einmal<br />

alle kamen. Und das, obwohl unser<br />

oberster Dienstherr sein Kommen zugesagt<br />

hatte und jede Menge Politprominenz<br />

kam. Na ja, die nächste Landtagswahl<br />

ist auch schon in Sichtweite.<br />

Für die Organisatoren ein Grund, über<br />

die Ursache der geringen Teilnahme<br />

nachzudenken.<br />

Für das Ministerium gibt es sicher nur<br />

einen Grund, dass die LehrerInnen<br />

nicht so zahlreich kamen: Es lag am<br />

Termin, denn diese Fortbildungsveranstaltung<br />

lag an einem Samstag und war<br />

ganztägig. Das bekannte ministerielle<br />

Vorurteil, Lehrkräfte nähmen in großer<br />

Zahl nur an Fortbildungsmaßnahmen<br />

teil, wenn dafür Unterricht entfällt,<br />

wurde vordergründig voll bestätigt.<br />

Die Terminierung war sicher ein<br />

Grund fern zu bleiben - und zwar ein<br />

verständlicher. In den Grundschulen<br />

arbeiten nun mal in weit überwiegender<br />

Anzahl - von den Funktionsstellen<br />

einmal abgesehen - Frauen. Und die<br />

haben immer noch das Problem, Familie<br />

und Beruf unter einen Hut zu<br />

bringen. Der Freitagnachmittag und<br />

der Samstag sind immer noch die Tage,<br />

an denen die Lehrerinnen versuchen,<br />

die „Banalitäten“ des Haushalts auf<br />

die Reihe zu kriegen oder mit allen Familienmitgliedern<br />

’mal was gemeinsam<br />

zu unternehmen. Wenn Lehrerinnen<br />

nur dann für Fortbildung frei sind,<br />

wenn andere Familienmitglieder bereit<br />

sind, ihre häuslichen „Pflichten“ zu<br />

übernehmen, dann brauchen sich die<br />

Organisatoren nicht mehr über die geringe<br />

Zahl von TeilnehmerInnen zu<br />

wundern.<br />

Damit ist das<br />

ministerielle Vorurteil<br />

hinfällig,<br />

denn kein<br />

Dienstherr kann<br />

erwarten, dass<br />

Familienmitglieder<br />

Zusatzarbeit<br />

übernehmen,<br />

nur damit eine<br />

Lehrerin die<br />

Möglichkeit erhält,<br />

bildungspolitisch<br />

und pädagogisch<br />

auf dem<br />

Laufenden zu<br />

bleiben.<br />

Außer der Terminfrage<br />

könnte<br />

es aber noch einen<br />

weiteren<br />

Grund für die geringe<br />

Resonanz<br />

gegeben haben.<br />

Seit 15 Jahren<br />

sind es gerade die<br />

GrundschullehrerInnen gewesen, die<br />

still und leise die innere Schulreform<br />

auf den Weg gebracht haben. Häufige<br />

Fortbildung, großes schulisches Engagement<br />

und persönlicher Einsatz waren<br />

dafür die Voraussetzung, um ihre<br />

pädagogische und methodische Kompetenz<br />

zu erhalten und auszubauen :<br />

Freiarbeit, Wochenplanarbeit, Stationenlernen,<br />

Fremdsprachenarbeit in der<br />

Grundschule sind nur einige Beispiele.<br />

Diese Kompetenz und dieser Einsatz<br />

wurden vom MBWW gerne genutzt.<br />

Aber als es 1998 darum ging, die<br />

VHTS im Hauruckverfahren den<br />

Grundschulen überzustülpen, da wurden<br />

die berechtigten Einwände eben<br />

dieser kompetenten KollegInnen als inkompentente<br />

Miesmacherei und Erbsenzählerei<br />

abgetan. Könnte es nicht<br />

auch sein, dass enttäuschte LehrerInnen<br />

einfach sagen: „So, jetzt macht doch<br />

euren Mist grade alleine, ihr da oben<br />

wisst ja eh alles besser!“ Verständlich<br />

wär‘s.<br />

Mit Einführung der VHTS ist die<br />

Schulwoche zu einem Dauerlauf von<br />

Montag bis Freitag geworden: Keine<br />

Lücke im Stundenplan für Besprechungen,<br />

Sprechstunden, Organisationskram<br />

... Das kommt alles noch zum<br />

Unterricht hinzu. Wenn am Freitag<br />

Mittag um halb zwei das Wochenende<br />

mit hängender Zunge erreicht ist - übrigens<br />

auch die Müllmänner haben<br />

dann Feierabend, aber bis Montag früh<br />

- gewissenhafte LehrerInnen aber nur<br />

bis höchstens zum Sonntagmittag, freut<br />

sich jede/r GrundschullehrerIn auf die<br />

Wochenendverschnaufpause. Aber was<br />

macht unsere Gewerkschaft? Sie terminiert<br />

eine ganztägige Fortbildungsveranstaltung<br />

auf den Samstag! „Wenn<br />

schon die <strong>GEW</strong> und der VBE als Interessenvertretung<br />

der LehrerInnen<br />

Fortbildung auf das Wochenende legen,<br />

dann kann die Belastung der Lehrkräfte<br />

doch gar nicht so groß sein, wie die<br />

es immer behaupten“, das jedenfalls<br />

muss das MBWW aus dieser Terminierung<br />

schließen.Wer und was hindert<br />

das Ministerium künftig dann noch<br />

daran, Fortbildung grundsätzlich in die<br />

unterrichtsfreie Zeit zu legen?<br />

Besten Dank, liebe <strong>GEW</strong> und lieber<br />

VBE, für die gelungene Unterstützung<br />

unserer Interessen als ArbeitnehmerInnen!<br />

Ursel Karch<br />

10 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Mehr Achtung für Lehrer!<br />

Gemeinsame Erklärung von Kultusministerkonferenz und Gewerkschaften<br />

Schulen<br />

In einer von der Kultusministerkonferenz<br />

gemeinsam mit sechs Lehrergewerkschaften<br />

mit ihren beiden<br />

Dachorganisationen DGB und Beamtenbund<br />

unterzeichneten ”gemeinsamen<br />

Erklärung“ wird die verantwortungsvolle<br />

und schwierige<br />

Aufgabe von Lehrerinnen und Lehrern<br />

geachtet. In dieser Erklärung<br />

heißt es unter anderem wörtlich: „Es<br />

ist Verpflichtung und Verantwortung<br />

von Bildungspolitik und Bildungsverwaltung<br />

für Lehrerinnen und<br />

Lehrer die erforderlichen Rahmenbedingungen<br />

zu sichern, damit sie<br />

den hohen Erwartungen gerecht werden<br />

können. Dazu gehört auch, sie<br />

vor ungerechtfertigten und pauschalen<br />

Vorwürfen zu schützen, sie bei<br />

ihrer Arbeit nach besten Kräften zu<br />

unterstützen und das Arbeitsklima<br />

und die Berufsmotivation zu fördern<br />

…“<br />

Bildungsminister Zöllner begrüßte<br />

ausdrücklich, dass die gemeinsame<br />

Erklärung zu Stande kam. „Ich freue<br />

mich, dass es gelungen ist mit dem<br />

Vorsitzenden der Bildungs- und Lehrergewerkschaften<br />

sowie ihren Spitzenorganisationen,<br />

dem Deutschen<br />

Gewerkschaftsbund und dem Deutschen<br />

Beamtenbund, die für die Gesellschaft<br />

so wichtige Arbeit von Lehrerinnen<br />

und Lehrern zum Gegenstand<br />

einer gemeinsamen Erklärung<br />

zu machen. Es ist für mich außerordentlich<br />

wichtig, dass der Lehrerberuf<br />

die gesellschaftliche Anerkennung<br />

erfährt, die ihm gebührt,“ betonte<br />

Bildungsminister Zöllner.<br />

Pressedienst des MBWW<br />

Glosse:<br />

Achtung vor dieser Achtung<br />

Beim Frühstück lese ich für gewöhnlich<br />

die Zeitung. Neulich aber vergriff ich<br />

mich an einer Presseerklärung aus dem<br />

MBWW (s. o.). „Mehr Achtung für<br />

Lehrer“ hieß es da in der Überschrift.<br />

Und das über einer Erklärung der Kultusministerkonferenz.<br />

Das gibt`s doch<br />

nicht, war meine erste Reaktion. Den<br />

Löffel mit dem täglichen Frühstücksmüsli<br />

ließ ich wieder in die Schale sinken.<br />

Aber es kam noch besser: Die Politik<br />

sei demnach verpflichtet die Rahmenbedingungen<br />

zu sichern, damit<br />

LehrerInnen den „hohen Erwartungen<br />

gerecht“ werden könnten, die man an<br />

sie stellt. Auch seien sie vor „ungerechtfertigten<br />

und pauschalen Vorwürfen“ zu<br />

schützen.<br />

Das ging mir runter wie Öl. Im nächsten<br />

Augenblick erfasste mich aber die<br />

Wut. Jetzt hab‘ ich mich nach dreißig<br />

Jahren öffentlicher Beschimpfungen<br />

durch PolitikerInnen jeglicher Couleur<br />

daran gewöhnt, dass LehrerInnen ihre<br />

SchülerInnen indoktrinieren und politisch<br />

missbrauchen (Ex- Kultusminister<br />

Gölter), „faule Säcke“ sind (Urteil<br />

des derzeitigen Bundeskanzlers), dass<br />

unser Ministerpräsident, Kurt Beck,<br />

schon am Dienstag das Wochenpensum<br />

an Arbeit von LehrerInnen erledigt hat,<br />

dass LehrerInnen einen überbezahlten<br />

Halbtagsjob ausüben und die reinsten<br />

Ferienmeister sind (öffentliche Meinung).<br />

Und jetzt dies!<br />

Was mach‘ ich bloß mit meinem mühsam<br />

akzeptierten Bild von mir und<br />

meinen BerufskollegInnen, dass LehrerInnen<br />

Schuld haben, wenn die Jugend<br />

aus dem Ruder läuft, und die Wirtschaft<br />

keine brauchbaren Azubis findet,<br />

da sie nichts tun und nur ständig<br />

ihre Ferien planen? Ich war doch schon<br />

so nahe dran, eine Pensionskürzung zu<br />

beantragen, um ein wenig von der<br />

Schuld gegenüber der Gesellschaft abzutragen,<br />

die ich durch meine LehrerInnentätigkeit<br />

auf mich geladen hatte.<br />

Nichts dergleichen! Mir gebührt<br />

„gesellschaftliche Anerkennung“, sagt<br />

der Bildungsminister. Jetzt muss ich<br />

schon wieder umlernen, aber das wird<br />

nicht leicht werden!<br />

Nach der ersten Wut, zur falschen Zeit<br />

Lehrerin gewesen zu sein, kam mir ein<br />

Verdacht, denn PolitikerInnen sagen<br />

nichts ohne eine Absicht zu verfolgen.<br />

Könnte es sein, dass es zu wenig BewerberInnen<br />

für den Schuldienst und zu<br />

wenig Lehramtsstudierende gibt? Soll<br />

das Image nur aufpoliert werden, um<br />

junge Menschen wieder in den Schuldienst<br />

zu locken? Oder laufen den Regierenden<br />

die eigenen Kinder und Enkelkinder<br />

aus dem Ruder, und die Schule<br />

soll es wieder richten?<br />

Wie dem auch sei, ich beneide die aktiven<br />

jungen KollegInnen, die künftig<br />

auf die volle und wohlwollende Unterstützung<br />

bei ihrer schweren Arbeit<br />

durch die PolitikerInnen zählen können<br />

und als erstes Zeichen der neuen<br />

Wertschätzung im nächsten Schuljahr<br />

sicher alle eine volle Planstelle bekommen<br />

werden.<br />

Ursel Karch<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

11


Schulen<br />

Gute Schulpolitik braucht ausreichende Ressourcen<br />

Bestandsaufnahme der LehrerInnenversorgung im nördlichen <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Unter dem Motto „Gute Schulpolitik braucht ausreichende Ressourcen“<br />

veranstalteten der DGB-Kreis Koblenz und die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong>, vertreten durch Tilman Boehlkau, eine Diskussionsveranstaltung<br />

mit Bildungsminister Zöllner am 06. November 2000 in Koblenz. Eingeladen<br />

waren die Eltern, ElternvertreterInnen, LehrerInnen und SchulleiterInnen<br />

im ehemaligen Regierungsbezirk Koblenz.<br />

Ausgangspunkt dieser bildungspolitischen<br />

Veranstaltung war die<br />

schlechte Unterrichtsversorgung zu<br />

Beginn des Schuljahres 2000/2001,<br />

die sich in Zeitungsüberschriften wie<br />

• Bis zum letzten Tag gezittert oder<br />

• Stundenplan nur ein Notplan oder<br />

• Schulstart mit Unterrichtsausfall<br />

oder<br />

• Junglehrer wandern nach Hessen<br />

ab und<br />

• Schulbehörde im Feuer der Kritik<br />

widerspiegelte.<br />

Toni Schüller, DGB-Kreisvorsitzender<br />

Koblenz, konnte eine unerwartet<br />

große Diskussionsrunde (82 TeilnehmerInnen)<br />

begrüßen. Besonders<br />

erfreulich war die zahlreiche Teilnahme<br />

von ElternvertreterInnen, SchulleiterInnen,<br />

GewerkschafterInnen<br />

und jungen KollegInnen. In der Veranstaltung<br />

ging es nicht um die Aufarbeitung<br />

der Vergangenheit, sondern<br />

darum, wie die kommenden<br />

Schuljahre an den Schulen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

reibungsloser ablaufen<br />

können.<br />

Die TeilnehmerInnen machten dem<br />

Bildungsminister deutlich, dass es<br />

enorme Startschwierigkeiten zu Beginn<br />

des neuen Schuljahres gegeben<br />

habe, sowohl was die Unterrichtsversorgung<br />

als auch die individuelle<br />

Beschäftigungssituation betraf (3/4-<br />

BAT-Beschäftigungsverhältnisse,<br />

fehlende Arbeitsverträge, fehlende<br />

Gehaltszahlungen, fehlende Vertretungslehrkräfte<br />

etc.).<br />

Minister Zöllner war ein aufmerksamer<br />

Zuhörer, wertete die Argumente<br />

äußerst sachlich und diskutierte<br />

fachkundig mit den Anwesenden.<br />

In knapp zwei Stunden Diskussionsforum<br />

gelang es den TeilnehmerInnen,<br />

dem Bildungsminister mehrere<br />

Zusagen für eine bessere Unter-<br />

richtsarbeit, aber auch die Situation<br />

der an den Schulen Beschäftigten zu<br />

entlocken:<br />

1. Mit Beginn des neuen Jahres 2001<br />

werden den Schulen in Zusammenarbeit<br />

mit den kommunalen Spitzenverbänden<br />

NetzwerkbetreuerInnen<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Auch Minister Zöllner war der Ansicht,<br />

dass es besonders engagierten<br />

LehrerInnen auf die Dauer nicht<br />

zumut bar ist, die Netzwerkbetreuung<br />

von Computersystemen an den<br />

Schulen neben ihrer pädagogischen<br />

Arbeit zu übernehmen. Deshalb sei<br />

man schon längere Zeit mit den<br />

kommunalen Spitzenverbänden in<br />

Verhandlungen, um diese „technische“<br />

Aufgabe von „Technischen<br />

AssistentInnen“ übernehmen zu lassen.<br />

2. Bildungsminister Zöllner wird<br />

sich dafür einsetzen - und kurzfristige<br />

Lösungsmöglichkeiten schaffen -,<br />

dass LehrerInnen mit anderen Lehramtsprüfungen<br />

auch auf volle BeamtInnen-Stellen<br />

übernommen werden<br />

können.<br />

Zur Erläuterung: GymnasialkollegInnen,<br />

die an Realschulen unterrichten,<br />

können nur in BAT-Verträgen<br />

beschäftigt werden, weil die<br />

Laufbahnvoraussetzungen in der<br />

Realschule anders sind als für Gymnasien.<br />

Da an Realschulen aber ein<br />

hoher Bedarf an bestimmten Fächern<br />

herrscht, der z. T. nur durch<br />

KollegInnen mit dem Lehramt für<br />

Gymnasien erfüllt werden kann, ist<br />

die Benachteiligung dieser Betroffenen<br />

bei der Verbeamtung nicht nachvollziehbar.<br />

3. Nach den Landtagswahlen wird<br />

sich der Wissenschaftsminister Zöllner<br />

für eine Reform der LehrerInnen-Bildung<br />

stark machen.<br />

Dies ist aus Sicht der Eltern besonders<br />

notwendig, da die heutige LehrerInnen-Bildung<br />

eine Reihe von<br />

notwendigen Kompetenzen nicht<br />

vermittelt und praxisfern ist (Beispiele:<br />

fehlende sonderpädagogische<br />

Kompetenzen und wenig Kenntnisse<br />

in der Informationstechnologie).<br />

Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> wird<br />

schnellstmöglich ihre Vorstellungen<br />

zur Reform der LehrerInnen-Bildung<br />

einbringen und darauf drängen,<br />

dass diese Reform zum Schwerpunkt<br />

der nächsten Legislaturperiode<br />

wird.<br />

4. Sollten sich die finanziellen Spielräume<br />

an den Grundschulen weiter<br />

verbessern, z. B. durch weiter sinkende<br />

SchülerInnen-Zahlen und höhere<br />

Steuermehreinnahmen, so wird<br />

sich Minister Zöllner für die Anhebung<br />

der Schulleitungs-Anrechnungsstunden<br />

an den Grundschulen<br />

einsetzen.<br />

5. Bildungsminister Zöllner sagte<br />

letztendlich zu, dass schneller für<br />

Vertretungslehrkräfte gesorgt würde.<br />

Er konnte die Sorgen der Schulleitungsmitglieder<br />

wie auch der Eltern<br />

im Hinblick auf einen ordnungsgemäßen<br />

Unterricht nachvollziehen<br />

und stellte sich auch der Kritik im<br />

Hinblick auf die z. T. lückenhafte<br />

Arbeit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion<br />

(ADD) in Trier.<br />

Zum Abschluss der Veranstaltung<br />

stellte Gabi Weber, die Initiatorin der<br />

Veranstaltung, fest, dass Minister<br />

Zöllner ein offenes Ohr für die Probleme<br />

hatte und die TeilnehmerInnen<br />

sich ernst genommen fühlten.<br />

Für die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> steht<br />

fest, dass noch viel zu tun übrig bleibt<br />

und der Minister auf Unterstützung<br />

hoffen kann - wenn es sich für beide<br />

Partner lohnt und dies sinnvoll erscheint.<br />

tb<br />

12 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Besserer Unterricht und neue Lernkultur<br />

Großes Interesse an Klipperts Reformkonzept<br />

Schulen<br />

Nahezu die Hälfte der 600 rheinland-pfälzischen Sekundarschulen<br />

wollen ihren Unterricht verändern und wünschen sich Nachqualifizierung<br />

und Innovationsservice.<br />

„Meine Ausbildung liegt 30 Jahre<br />

zurück, und heute soll ich Schüler<br />

auf das nächste Jahrtausend vorbereiten“<br />

- „Vieles liegt bei uns im Argen.<br />

Die Kommunikation im Kollegium<br />

stimmt nicht und mit unseren<br />

Methoden laufen uns die Schüler<br />

weg“ - „Unsere Schüler sind nicht<br />

dümmer geworden, aber anders, nur<br />

wir Lehrer haben uns noch nicht<br />

richtig umgestellt“ -Stimmen von<br />

Schulleiterinnen und Schulleitern in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Bei immer mehr<br />

LehrerInnen und SchülerInnen<br />

wächst die Skepsis, dass es mit dem<br />

herkömmlichen Unterricht und der<br />

traditionellen Vermittlungstechnik<br />

nicht mehr so weiter gehen kann.<br />

Der Leidensdruck in der Schule<br />

nimmt zu und auch die Unzufriedenheit.<br />

„Da wird monatelang in<br />

Konferenzen über Leitbilder, Schulprogramme<br />

und Schulprofile diskutiert,<br />

werden schöne Papiere formuliert,<br />

aber in unserem Unterricht,<br />

unserem Kerngeschäft, bleibt alles<br />

beim Alten“, empört sich der Lehrer<br />

einer Integrierten Gesamtschule.<br />

„Der Prophet im Klassenzimmer“<br />

(DIE ZEIT) Dr. Heinz Klippert,<br />

Dozent am „Erziehungswissenschaftlichen<br />

Fort- und Weiterbildungsinstitut<br />

der Evangelischen Kirchen in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“ (EFWI), hatte alle<br />

Schulen mit Ausnahme der Grundschulen<br />

kurzfristig zu einem Informationsnachmittag<br />

ins Heinrich-<br />

Pesch-Haus nach Ludwigshafen eingeladen,<br />

um sein bereits in mehreren<br />

Bundesländern umgesetztes<br />

Konzept der pädagogischen Schulentwicklung<br />

vorzustellen. Der<br />

Grund: Minister Zöllner hat jetzt<br />

auch in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Klipperts<br />

Reformkonzept zum Schwerpunktprogramm<br />

gemacht und wird es finanziell<br />

unterstützen.<br />

Vierhundert LehrerInnen, die meisten<br />

aus den Schulleitungen, reisten<br />

aus allen Teilen des Landes an, für<br />

Klippert ein „bildungspolitisches Signal“<br />

des schulischen Aufbruchs.<br />

„Ich möchte meinen Unterricht verändern,<br />

weiß aber nicht wie“, lautete<br />

der Tenor der meisten Besucher<br />

an diesem Nachmittag. Klippert:<br />

„Die Schüler langweilen sich und<br />

reagieren auf das Lernangebot ihrer<br />

Lehrer mit zunehmendem Desinteresse<br />

und Disziplinlosigkeit. Die Betriebe<br />

vermissen zukunftsgerechte<br />

Schlüsselqualifikationen wie Problemlösungsfähigkeit,<br />

Kommunikations-<br />

und Teamkompetenz, und<br />

die Eltern schließlich sehen angesichts<br />

dieser Defizite die Studienund<br />

Berufschancen ihrer Kinder bedrohlich<br />

schwinden.“ Sein Sanierungskonzept<br />

für das Haus des Lernens<br />

basiert auf einer neuen Lernkultur:<br />

mehr eigenverantwortliches<br />

Arbeiten und Lernen der Schüler,<br />

mehr Methoden- und Kommunikationstraining<br />

und mehr Teambildung<br />

im Klassenraum. Diese neue<br />

Ausrichtung des Unterrichts eröffnet<br />

seiner Auffassung nach zugleich<br />

auch deutliche Entlastungsperspektiven<br />

für die Lehrkräfte. „Denn“, so<br />

Klippert, „wenn die Schüler selbstständig<br />

arbeiten und in aktiver und<br />

interaktiver Weise vorgegebene Aufgaben<br />

und Probleme lösen, dann<br />

wird es für die Lehrkräfte beinahe<br />

zwangsläufig leichter und befriedigender.“<br />

Doch zuvor müssten die<br />

Lehrkräfte nachqualifiziert werden,<br />

„denn wer nicht investiert, darf keine<br />

Innovation erwarten“.<br />

Wie in der Oktoberausgabe der<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung ausgeführt, bieten<br />

Klippert und das EFWI deshalb allen<br />

Schulen, die ihren Unterricht<br />

„systematisch“ verändern möchten,<br />

ein breites Qualifizierungs- und<br />

Unterstützungsprogramm an.<br />

Paul Schwarz<br />

Schulreformer Heinz: Klippert: „Wenn<br />

die Schüler selbstständig arbeiten, dann<br />

wir es für die Lehrkräfte beinahe<br />

zwangsläufig leichter und befriedigender.“<br />

Foto: Seifert<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

13


Schulen<br />

Integration darf nicht mit der Grundschule enden<br />

Positionspapier von <strong>GEW</strong> und LAG „Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen“<br />

Anlässlich eines Arbeitstreffens von<br />

VertreterInnen der <strong>GEW</strong> und der<br />

Landesarbeitsgemeinschaft „Gemeinsam<br />

Leben - Gemeinsam Lernen“<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> e.V. (LAG) haben<br />

die beiden Organisationen ein Positionspapier<br />

verabschiedet.<br />

In elf rheinland-pfälzischen Grundschulen<br />

wird seit dem Schuljahr 1997/98<br />

nach dem Folgekonzept gearbeitet, nachdem<br />

dort einer der beiden Schulversuche<br />

„Gemeinsamer Unterricht von Kindern<br />

mit und ohne Beeinträchtigungen“ bzw.<br />

die „Lern- und Spielschule“ ausgelaufen<br />

ist. Die elf Grundschulen befinden sich<br />

mit diesem Konzept jetzt im vierten Jahr.<br />

Die Erfahrungen an den Schulen haben<br />

gezeigt, dass die personelle Ausstattung<br />

nicht ausreicht, um dem integrativen<br />

Auftrag nachzukommen und die Integration<br />

behinderter Kinder zu sichern.<br />

Aufgrund dieser Situation fordern LAG<br />

und <strong>GEW</strong> die Landesregierung auf, die<br />

für die Schulen notwendigen Voraussetzungen<br />

für Integration zu schaffen. Zentrale<br />

Forderungen in ihrem Positionspapier<br />

sind: Folgekonzeptschulen brauchen<br />

mehr Stunden von SonderpädagogInnen;<br />

sie brauchen flexible Rahmenbedingungen;<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> muss ein flächendeckendes<br />

Angebot an Schulen, die<br />

gemeinsamen Unterricht anbieten, aufgebaut<br />

werden; die Integration darf nicht<br />

mit der Grundschule enden, sondern ist<br />

in der Sekundarstufe I fortzuführen; alle<br />

Beteiligten müssen ausreichend informiert<br />

sein.<br />

gebots für gemeinsamen Unterricht.<br />

Das Recht behinderter Kinder auf gemeinsames<br />

Lernen mit nicht behinderten<br />

MitschülerInnen muss in einer vertretbaren<br />

Zeitspanne im gesamten Land<br />

umgesetzt werden. Wir fordern daher ein<br />

flächendeckendes Angebot an Schulen,<br />

die gemeinsamen Unterricht anbieten.<br />

Hierzu sind „Schwerpunktschulen“ einzurichten,<br />

die für beeinträchtigte Kinder<br />

in einer angemessenen Fahrzeit erreichbar<br />

sind.<br />

Keine Begrenzung des gemeinsamen<br />

Unterrichts auf bestimmte Klassenstufen.<br />

Integration ist ein lebenslanger Prozess.<br />

Deshalb darf Integration nicht mit der<br />

Grundschule enden und nicht davon<br />

abhängig gemacht werden, dass der Abschluss<br />

der Regelschule erreicht werden<br />

kann. Das pädagogische Prinzip des zieldifferenten<br />

Unterrichts muss für die gesamte<br />

Schullaufbahn angewandt werden.<br />

Es müssen Konzepte entwickelt werden,<br />

wie gemeinsamer Unterricht von beeinträchtigten<br />

und nicht beeinträchtigten<br />

Kindern auch in der Sekundarstufe I<br />

außerhalb von Schulversuchen fortgeführt<br />

werden kann.<br />

Integration muss in einem für alle<br />

Beteiligten verlässlichen Rahmen<br />

stattfinden.<br />

Hierzu gehören Information aller Beteiligten<br />

und Konstanz: An den Übergangsstellen<br />

innerhalb des Schulsystems, d.h.<br />

beim Wechsel vom Kindergarten zur<br />

Grundschule und von der Grundschule<br />

zur Sekundarstufe I wird eine Fortführung<br />

der Integration häufig blockiert. Eltern<br />

beeinträchtigter Kinder müssen<br />

rechtzeitig vor der Schulanmeldung über<br />

integrative Angebote informiert werden<br />

(Informationssicherheit). Schulen müssen<br />

frühzeitig Informationen darüber haben,<br />

welche sonderpädagogischen Ressourcen<br />

für beeinträchtigte Kinder zu Verfügung<br />

gestellt werden (Planungssicherheit für<br />

die Schulen). Eine Überweisung eines beeinträchtigten<br />

Kindes an eine Sonderschule<br />

darf nicht ohne das Einverständnis<br />

der Eltern erfolgen (Zukunftssicherheit<br />

für Eltern und Kinder).<br />

Integration ist ein zentrales Thema<br />

der Schulentwicklung.<br />

Jede Schule hat sich der Frage zu stellen,<br />

welchen Stellenwert sie der Integration<br />

Die Forderungen im Einzelnen:<br />

Folgekonzeptschulen brauchen mehr<br />

sonderpädagogische Ressourcen.<br />

Folgekonzeptschulen sollen alle Kindes<br />

der Einzugsgebietes ungeachtet ihrer Beeinträchtigungen<br />

aufnehmen und fördern.<br />

Für eine verantwortbare Integration<br />

reichen die sonderpädagogischen<br />

Ressourcen, die den Schulen zugewiesen<br />

werden, nicht aus. Die derzeitige personelle<br />

Ausstattung fördert eher eine integrationshemmende<br />

resignative Haltung<br />

an den Schulen. Wir fordern daher, die<br />

personelle Grundausstattung aufzustokken.<br />

Kinder dürfen nicht erst als behindert<br />

etikettiert werden, um ihnen dann<br />

in oft mühseligen Einzelentscheidungen<br />

zusätzliche Förderstunden zu gewähren.<br />

Keine regionale Begrenzung des Anim<br />

Rahmen ihres Schulprofils einräumen<br />

will. Bei diesem Klärungsprozess brauchen<br />

Schulen Information und Unterstützung<br />

durch eine Koordinierungsstelle, damit<br />

Ängste und Vorbehalte abgebaut und ein<br />

von möglichst vielen getragenes Selbstverständnis<br />

von Integration geschaffen werden<br />

kann.<br />

Folgekonzeptschulen brauchen flexible<br />

Rahmenbedingungen.<br />

Für Klassen, in denen beeinträchtigte<br />

Kinder unterrichtet werden, muss die offizielle<br />

Klassenmesszahl auf 18 SchülerInnen<br />

abgesenkt werden, um die Kontinuität<br />

in der pädagogischen Arbeit zu sichern,<br />

muss den Schülern ein Mitspracherecht bei<br />

der Zuweisung der Lehrkräfte an ihre<br />

Schule eingeräumt werden; Sonderschullehrkräfte<br />

sollten an die Regelschule versetzt<br />

und nicht abgeordnet werden. Da<br />

gemeinsamer Unterricht ohne eine zeitaufwendige<br />

Kooperation der Lehrkräfte<br />

untereinander unmöglich ist, sind Anteile<br />

für die Kooperation in das Stundendeputat<br />

aufzunehmen. Dies sind wichtige<br />

Steuerungselemente für Schulen, um auf<br />

die Besonderheiten vor Ort angemessen<br />

reagieren zu können.<br />

Die Vereinzelung und Isolierung der<br />

Folgekonzeptschulen muss aufgehoben<br />

werden.<br />

Folgekonzeptschulen müssen untereinander<br />

u.a. über die regionale Fachberatung<br />

vernetzt werden. Wir fordern den Erhalt<br />

und den Ausbau der regionalen Fachberatung<br />

und den Aufbau einer Integrationsberatungsstelle,<br />

in der die Informationen<br />

aus den Schulen gebündelt und Erfahrungen<br />

im Sinne einer Qualitätsentwicklung<br />

ausgewertet werden und die ihrerseits<br />

mit innovativen Ansätzen in die<br />

Schulen hinein wirkt.<br />

Konzeptuelle Verknüpfung von Schulsozialarbeit<br />

und Integration.<br />

Folgekonzeptschulen sind häufig an sozialen<br />

Brennpunkten mit deren spezifischen<br />

Problemstellungen angesiedelt. Wir fordern<br />

daher eine stärkere Einbindung der<br />

Schulsozialarbeit und ein verstärktes Angebot<br />

von Ganztagsschulen mit den entsprechenden<br />

Betreuungsangeboten. Eine<br />

Konzentration von Folgekonzeptschulen<br />

in sozialen Brennpunkten ist aber zu vermeiden,<br />

da Integration eine von allen gesellschaftlichen<br />

Gruppen gleichermaßen<br />

zu leistende Arbeit ist.<br />

14 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Schule und Umwelt<br />

Gesundheitsvorsorge auch in Bildungseinrichtungen<br />

<strong>GEW</strong>-Fachtagung: „Umweltbildung, Arbeits- und Gesundheitsschutz“<br />

Durch die namhaften Referenten, die ausgewiesenen ModeratorInnen<br />

und die aktive Beteiligung der TeilnehmerInnen wurde die <strong>GEW</strong>-Fachtagung<br />

„Umweltbildung, Arbeits- und Gesundheitsschutz“ zu einem<br />

vollen Erfolg.<br />

Professor Dr. Bernd Rudow führte<br />

in den Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />

für die Beschäftigten im Bildungsbereich<br />

ein und zeigte Ansätze<br />

zur Prävention auf. Er machte<br />

deutlich, dass das Arbeitsschutzgesetz,<br />

das auf EG-Rahmenrichtlinien<br />

beruht, immer noch zu wenig bekannt<br />

ist und die Pflichten, die sich<br />

daraus für die Arbeitsgeber ergeben,<br />

vor allem im Bildungsbereich noch<br />

nicht hinreichend beachtet werden.<br />

Hier sieht er auch eine Aufgabe der<br />

Gewerkschaft und der Personalräte,<br />

dafür zu sorgen, dass die positiven<br />

Ansätze zum Schutz der Gesundheit<br />

der Beschäftigten und zur Prävention<br />

in der täglichen Praxis zur Geltung<br />

gebracht werden. Dies müsse<br />

geschehen durch Verhandlungen mit<br />

den fachlich zuständigen Länderministerien<br />

und durch Arbeitshilfen für<br />

die LeiterInnen der örtlichen Bildungseinrichtungen.<br />

Auch die Unfallkasse und die Gewerbeaufsicht<br />

sollen einbezogen werden,<br />

um mitzuhelfen das geltende Arbeitsschutzrecht<br />

umzusetzen.<br />

Mit dem neuen Arbeitsschutzgesetz<br />

hat sich der Arbeitsschutz von der<br />

ursprünglichen Unfallverhütung<br />

über die Arbeitssicherheit und Gesundheitsvorsorge<br />

entwickelt. Neuartig<br />

ist der erweiterte Präventionsauftrag,<br />

der vor allem auf die Verhütung<br />

von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren<br />

orientiert, und die<br />

menschengerechte Gestaltung der<br />

Arbeit auch im Sinne der Gesundheitsförderung<br />

im Blick hat.<br />

Durch die Entwicklung zum ganzheitlichen<br />

Arbeitsschutz sind neue<br />

arbeitswissenschaftliche Herausforderungen<br />

und Chancen gegeben,<br />

insbesondere für die Arbeitspsychologie.<br />

Dies gilt im Besonderen für<br />

Berufe mit überwiegend psychoso-<br />

zialen Anforderungen und Belastungen,<br />

unter anderem für die Erzieher-,<br />

Lehrer- und Wisssenschaftlerarbeit.<br />

Schon der geringe Anteil derjenigen,<br />

die auf Grund der gesetzlichen Altersgrenze<br />

aus dem Berufsleben ausscheiden,<br />

müsste für die Arbeitgeber<br />

dringender Anlass sein mit der Gewerkschaft<br />

in ernste Verhandlungen<br />

zu treten, um zu einem wirkungsvollen<br />

Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />

zu kommen.<br />

Durch die Entwicklung des Arbeitsschutzes<br />

zum erweiterten Präventionsauftrag<br />

ist dieser als Chance zur<br />

Entwicklung der Bildungseinrichtung<br />

zu begreifen. Dabei ist Arbeitsschutz<br />

integrativer Bestandteil der<br />

Personalpflege und des Gesundheitsmanagements<br />

in der Bildungseinrichtung.<br />

Personalpflege bezieht sich<br />

auf die Hauptaspekte: Organisation,<br />

Arbeitssituation und Personen.<br />

Die gesunde Bildungseinrichtung ist<br />

vor allem durch eine entsprechende<br />

Kultur bestimmt. Gesundheit ist als<br />

Wert, Norm und Ziel der Einrichtung<br />

transparent ausgewiesen.<br />

Die Arbeitssituation muss so gestaltet<br />

werden, dass sie zur Erhaltung<br />

und Förderung der Gesundheit und<br />

des Wohlbefindens beiträgt.<br />

Bezogen auf die arbeitenden Menschen<br />

muss es das Anliegen sein, die<br />

Handlungskompetenz, die körperliche<br />

und geistige Gesundheit, die<br />

Arbeitszufriedenheit, das Gesundheitsverhalten<br />

und das Wohlbefinden<br />

zu erhalten und zu fördern.<br />

Unter Gesundheitsmanagement sind<br />

alle gesundheitsbezogenen Maßnahmen,<br />

Methoden und Programme zu<br />

verstehen, die in der Bildungseinrichtung<br />

durchgeführt werden.<br />

Der Arbeitsschutz konzentriert sich<br />

auf die Bedingungen, die zu Belastungen<br />

bzw. Gefährdungen führen<br />

können. Demzufolge ist sein methodisch-diagnostischer<br />

Kern die Gefährdungsanalyse<br />

und -beurteilung.<br />

Aus der Gefährdungsbeurteilung<br />

sind die Maßnahmen, Methoden<br />

und Programme abzuleiten, die der<br />

Prävention und der Gesundheitsförderung<br />

dienen.<br />

Grundsätzlich ist die Leitung einer<br />

Bildungseinrichtung für den Arbeitsund<br />

Gesundheitsschutz zuständig.<br />

Sie kann sich dabei durch den Sicherheitsbeauftragten<br />

und/oder die Sicherheitsfachkraft<br />

unterstützen lassen.<br />

Im Personalrat, dem Betriebsrat<br />

oder der Mitarbeitervertretung hat<br />

sie einen gleichberechtigten Partner.<br />

Die Beschäftigten sollten aktiv Mitwirkende<br />

sein.<br />

Professor Rudow erläuterte im Einzelnen<br />

die Gefährdungsbeurteilung,<br />

die in sieben Schritten erfolgen sollte:<br />

• Arbeitskreis Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />

• Erfassung der Arbeitsorganisation:<br />

Gliederung in Arbeitsbereiche, Klassifizierung<br />

von Tätigkeiten<br />

•Festlegung der Bereiche / Tätigkeiten<br />

/ Personen der Gefährdungsbeurteilung<br />

• Diagnose und Dokumentation der<br />

Belastungen / Gefährdungen<br />

• Festlegung von Schutzzielen und<br />

Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />

• Realisierung der Maßnahmen des<br />

Arbeits- und Gesundheitsschutzes<br />

• Überprüfung der Wirksamkeit der<br />

Maßnahmen<br />

Das Kontrollergebnis soll ebenfalls<br />

dokumentiert werden. Es kann Anlass<br />

sein, einzelne Maßnahmen zu<br />

verändern oder neue festzulegen.<br />

Die Qualitätsbeurteilung ist keine<br />

einmalige Angelegenheit. Sie ist erneut<br />

durchzuführen, wenn sich wesentliche<br />

Bedingungen verändert<br />

haben.<br />

d.r<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

15


Schule und Umwelt<br />

„Es ist verrückt, wenn Lernen krank macht!“<br />

Bericht aus der AG „Gesundheitsfördernde Schule“<br />

Viel wurde auf der <strong>GEW</strong>-Fachtagung von Giften gesprochen. Giften allerorten:<br />

im Baumaterial ebenso wie in der Nahrung, in Innenräumen<br />

wie in Außenräumen. Gegen das häufige administrative Herunterspielen<br />

vergifteter Belastungswelten ist das problembewusste, das problemaufzeigende,<br />

das problembekämpfende Gegenspiel für gesunde<br />

Lebenswelten ein unbedingtes „Muss“.<br />

Wenn es um Gesundheitsförderung<br />

geht, dann geht es aber immer um<br />

ein doppeltes: um die Wechselwirkung<br />

von (objektiven) Verhältnissen<br />

und dem (subjektiven) Verhalten.<br />

Die Verhältnisse prägen das Verhalten.<br />

Und das Verhalten prägt die<br />

Verhältnisse.<br />

Gesundheitsförderung ist dabei ein<br />

bewusst positiv gerichteter Begriff. Er<br />

ist Ausdruck der Abkehr von Schrekkensszenarien,<br />

die sich primär um<br />

die Vermeidung von Risikofaktoren<br />

bemüh(t)en. Kennzeichnend für die<br />

negativ ausgerichteten Vermeidungsstrategien<br />

sind die Anti-Raucher-Filme,<br />

in denen z. B. grässliche Raucherbeine<br />

und Raucherlungen gezeigt<br />

werden. Bei manchen haben die<br />

Abschreckungsszenarien dazu geführt,<br />

das verursachende Rauchen zu<br />

lassen. Viele (Raucher) sind aber,<br />

wenn sie sich die Filme überhaupt<br />

angeschaut haben, aus den Filmen<br />

herausgegangen und haben gesagt:<br />

„Jetzt muss ich als erstes eine rauchen!“.<br />

Die Umbenennung der AOK von<br />

einer Krankheitskasse zu einer Gesundheitskasse<br />

soll die Umkehrung<br />

des Denkens von der Abwehr der<br />

Krankheit hin zur Förderung der<br />

Gesundheit ebenfalls ausdrücken.<br />

Klar, dass es nicht nur bei einem<br />

Wort-Wechsel bleiben darf. Entscheidend<br />

ist, ob dem anderen Denken<br />

andere Taten folgen.<br />

Die gesundheitsfördernde Schule<br />

fragt: Was ist notwendig, damit alle,<br />

die mit einer einzelnen Schule zu tun<br />

haben, in einem umfassenden Sinne<br />

sich in der Schule wohl fühlen.<br />

Umfassend meint: in körperlicher, in<br />

geistiger, in seelischer Hinsicht. Die<br />

gesundheitsfördernde Schule orientiert<br />

sich also an dem umfassenden<br />

Gesundheitsverständnis, wie es von<br />

der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) in ihrer berühmten Ottawa-Charta<br />

Anfang der 80iger Jahre<br />

formuliert wurde. Indem die gesundheitsfördernde<br />

Schule nach einem<br />

umfassenden Wohlbefinden in<br />

der Schule fragt, einem Wohlbefinden<br />

bei den Kindern und Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen, bei<br />

den professionellen Pädagogen, auch<br />

bei den Eltern und den Familien<br />

beider, der SchülerInnen wie der<br />

LehrerInnen, auch nach den Wirkfaktoren<br />

der schulischen Umwelt<br />

und des schulischen Umfelds, eignet<br />

sich Gesundheitsförderung hervorragend<br />

als Leitlinie für jede Art<br />

von Schulentwicklungsprozessen. Es<br />

ist verrückt, wenn Lernen krank<br />

macht! Wann aber trägt Lernen zum<br />

Gesunden bei? Denn es geht in der<br />

gesundheitsfördernden Schule nicht<br />

nur darum, etwas über Gesundheit<br />

zu lernen, sondern vor allem, gesund<br />

zu lernen. Otto Herz: „Es gibt Belastungen,<br />

die machen krank. Und es<br />

gibt Anstrengungen, die führen zum<br />

Gesunden. Das ist der Unterschied<br />

zwischen (dem negativen) Di-Stress<br />

und (dem positiven) Eu-Stress.“ Konkrete<br />

Beispiele für gesundendes Lernen<br />

wurden zusammengetragen entlang<br />

den „I-s der Schulentwicklung“,<br />

die Otto Herz benannte: Das Ich/das<br />

Individuum; die Interaktionen zwischen<br />

den Individuen; die Art der<br />

Instruktion und die Frage nach den<br />

Inhalten in der Schule; die Institution;<br />

die zentrale(n) Ideen, der/denen<br />

eine Schule folgt; die Inspektion, die<br />

manchmal zur Inquisition missrät;<br />

die Art, wie Innovationen betrieben<br />

werden; fördern sie die Identifikation<br />

mit der Schule oder eher das Gegenteil?<br />

Und dies alles eingebettet im<br />

Insgesamt des Zeitgeistes, der kaum<br />

noch der Integration dient, sondern<br />

mehr und mehr ausgrenzt.<br />

„Schade“, sagten die meisten TeilnehmerInnen,<br />

„dass wir nicht mehr Zeit<br />

hatten. Uns ist klar geworden: das<br />

Programm gesundheitsfördernde<br />

Schule füllt locker einen ganzen Fortbildungstag<br />

- um dann in einen gesundheitsfördernden<br />

Schulentwicklungsprozess<br />

in der eigenen Schule<br />

einzusteigen.“<br />

oh<br />

„Der Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />

im Lehrerberuf“<br />

Prof. Bernd Rudow berschreibt in seinem<br />

Buch die Gefährdungsbeurteilung<br />

der Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern.<br />

Der Band kann von <strong>GEW</strong>-Mitgliedern<br />

gegen einen Unkostenbeitrag<br />

von 20.- DM bei der <strong>GEW</strong>-Landesgeschäftsstelle<br />

in 55116 Mainz, Neubrunnenstraße<br />

8, Telefon: 06131/<br />

28988-0, Fax: 06131/28988-80, E-<br />

Mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-<strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong>.de angefordert werden.<br />

d.r<br />

16 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Schule und Umwelt<br />

Agenda 21 - Prozesse in Schule und Hochschule<br />

Dr. Alfons Matheis, Professor für den<br />

Fachbereich Kommunikation und<br />

Ethik am Fachhochschulstandort Umwelt-Campus<br />

Birkenfeld, stellte die<br />

Arbeit dieser Hochschuleinrichtung im<br />

Hinblick auf die Umsetzung des<br />

AGENDA 21 vor:<br />

Orientiert am Campus-Modell, wohnen<br />

und arbeiten die Studierenden und<br />

Lehrenden am Campus. Dadurch entsteht<br />

eine äußerst fruchtbare Studienatmosphäre.<br />

Die Curricula der einzelnen<br />

Studiengänge<br />

sind unter dem<br />

Leitbild der Interdisziplinärität<br />

aufgebaut, so dass<br />

reger Austausch<br />

und Kooperation<br />

zwischen Studiengängen<br />

und<br />

Fachgebieten notwendig<br />

ist. Aus<br />

der Alltagspraxis<br />

heraus kann gesagt<br />

werden, dass<br />

noch Energie aufzubringen<br />

ist,<br />

sich in den Prozess<br />

einer interdisziplinären<br />

Kooperation<br />

einzulassen<br />

und alte<br />

Routinen und<br />

Verfahren aufzugeben.<br />

Ein weiteres Studienprinzip<br />

am<br />

Umwelt-Campus<br />

ist die Arbeit in<br />

überschaubaren<br />

Projektteams.<br />

Viele Leistungsnachweise<br />

im<br />

Sinne des European<br />

Credit<br />

Transfer System<br />

sind nur durch<br />

das Engagement<br />

in Projektteams<br />

zu erzielen.<br />

Der Umwelt-<br />

Campus Birkenfeld<br />

ist eines der<br />

sechs rheinland-<br />

pfälzischen anerkannten externen<br />

EXPO-Projekte. Im Rahmen der<br />

EXPO sind zahlreiche Projekte durchgeführt<br />

worden: Von der Einführung<br />

eines Umweltmanagementsystems über<br />

die Durchführung internationaler Videokonferenzen,<br />

über telematische Studienberatung,<br />

die reisende Hochschule<br />

bis hin zur AGENDA-MultiMediaShow<br />

und AGENDA-Mobil.<br />

Erwähnenswert sind zudem die beiden<br />

neuen Studierendenwohnheime auf der<br />

Wir bilden die Zukunft<br />

Basis eines Niedrigenergiehauses und<br />

eines Passivhauses.<br />

Der Umwelt-Campus versucht als Unterzeichner<br />

der Copernicus-Charta<br />

(Umsetzung der AGENDA 21 für wissenschaftliche<br />

Bildungseinrichtungen)<br />

seiner Selbstverpflichtung nicht nur in<br />

Lehre, Studium und Forschung sondern<br />

auch im Bereich der Gebäude und der<br />

Verwaltung nachzukommen.<br />

red.<br />

Sie haben<br />

viel Zeit.<br />

Weil keiner Zeit<br />

für sie hat.<br />

Sie hängen herum und schlagen die Zeit tot. Weil sie keinen<br />

Sinn sehen und oft auch keine Perspektive haben. Neun<br />

Prozent verlassen die Schule ohne Abschluss. Schüler sind<br />

sie nur den halben Tag. Den ganzen Tag aber sind sie junge<br />

Menschen, die Angebote brauchen, Hilfe auf der Suche nach<br />

ihrem Platz im Leben. Wir sorgen dafür, dass jemand Zeit für<br />

sie hat.<br />

Die <strong>GEW</strong>: die Bildungsgewerkschaft.<br />

Lernen Sie uns kennen: www.gew.de<br />

Wer, wenn nicht wir ?<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

17


Bildungspolitik der CDU<br />

Abschied von der Chancengleichheit<br />

<strong>GEW</strong> kritisiert bildungspolitisches Papier der CDU<br />

Die CDU diskutierte auf ihrem Landesparteiausschuss in Mainz ihr<br />

bildungspolitisches Papier „Zukunftsbildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“, mit<br />

dem sie in den Landtagswahlkampf gehen will.<br />

Die stellvertretende<br />

<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />

Bettina<br />

Gerhard beim<br />

Landesparteiausschuss<br />

der CDU:<br />

„Die CDU beschwört<br />

ein Familienbild,<br />

das es so<br />

nicht mehr gibt,<br />

und zieht deshalb<br />

aus unrichtigen<br />

Prämissen falsche<br />

Schlüsse für die<br />

Zukunft des Bildungswesens.“<br />

Darin versprechen die Christdemokraten,<br />

dass sie im Falle eines Wahlsieges<br />

für die Umsetzung einer ganzen<br />

Reihe von Veränderungen in der<br />

Schule sorgen wollen, so zum Beispiel:<br />

- Schulzeitverkürzung am Gymnasium<br />

(Abitur nach 12 Jahren)<br />

- Abkehr vom Kurssystem in der<br />

gymnasialen Oberstufe<br />

- Bei Nichtbefolgung der Schullaufbahnempfehlung<br />

Querversetzung<br />

aus Realschule und Gymnasium in<br />

die Hauptschule oder Realschule<br />

nach dem ersten Halbjahr der Orientierungsstufe<br />

- Abschlussprüfungen in allen Bildungsgängen,<br />

die zur „Mittleren<br />

Reife“, zur Fachhochschulreife oder<br />

zur allgemeinen Hochschulreife führen<br />

- Einführung des Zentralabiturs<br />

- Ausweitung der Kopfnoten<br />

- Lehrplanmäßiger Fremdsprachenunterricht<br />

ab Klasse 2<br />

- Fort- und Weiterbildungspflicht<br />

für Lehrerinnen und Lehrer<br />

- Schulranking (Vergleich der Schulen<br />

und entsprechende Konsequenzen)<br />

Die CDU bescheinigt sich selbst<br />

„Für tragfähig und gut befunden: das<br />

schulpolitische Programm der CDU<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat in ihrer schriftlichen<br />

Stellungnahme* auf elf Seiten ausführlich<br />

auf Schwachstellen, Ungereimtheiten<br />

und Leerformeln hingewiesen.<br />

Die <strong>GEW</strong> kritisiert insbesondere<br />

die Passagen, in denen ein<br />

populistisches Zerrbild von Schule<br />

gezeichnet wird („Spaßschule“) oder<br />

die Lehrerinnen und Lehrer als Affront<br />

empfinden müssen, da sie auch<br />

jetzt gute Arbeit leisten (die CDU<br />

„wird wieder die Qualität des Schulwesens<br />

als Merkmal rheinland-pfälzischer<br />

Bildungspolitik in den Vordergrund<br />

stellen“).<br />

Wer sich vom Grundsatz der Chancengleichheit<br />

verabschiedet und<br />

nicht sehen will, dass das „Ja zur Eliteförderung“<br />

allein die Entwicklung<br />

einer Gesellschaft nicht vorantreiben<br />

kann und schon gar nicht verhindern<br />

kann, dass eine immer größer werdende<br />

Zahl von Menschen den Anforderungen<br />

des Beschäftigungssystems<br />

nicht gewachsen ist, kann sich<br />

nicht auf die Zustimmung der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

berufen.<br />

Das bildungspolitische Papier der<br />

CDU beschwört ein Familienbild,<br />

das es so nicht mehr gibt, und zieht<br />

deshalb aus den unrichtigen Prämissen<br />

falsche Schlüsse für die Zukunft<br />

des Bildungswesens.<br />

Das Wahlkampfwort „Unterrichtsgarantie“<br />

hat zwar Roland Koch in<br />

Hessen (unter anderem) zur Mehrheit,<br />

den Schülerinnen und Schülern<br />

aber keineswegs zu der ausreichenden<br />

Zahl von Lehrerinnen und Lehrern<br />

verholfen. Die hessischen<br />

Schlagzeilen zu Schuljahresbeginn<br />

glichen den Zeitungsmeldungen in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />

„Was verstehen Sie denn unter Unterrichtsgarantie?“<br />

fragte deshalb die<br />

stellvertretende Landesvorsitzende<br />

der <strong>GEW</strong>, Bettina Gerhard, und forderte<br />

die Delegierten auf, das komplexe<br />

Problem nicht mit einem<br />

Schlagwort abzutun. Es besteht akuter<br />

Handlungsbedarf, die Ressourcen<br />

für den Bildungsbereich reichen bei<br />

weitem nicht aus und die Schulen<br />

brauchen dringend Unterstützung,<br />

um ihre umfassenden Aufgaben erfüllen<br />

zu können. „Die <strong>GEW</strong> prangert<br />

nicht erst seit 1992 die fehlenden<br />

Lehrerstellen und die unzureichende<br />

Finanzausstattung der Schulen<br />

an“, sagte Bettina Gerhard in<br />

Mainz. Die CDU aber macht keine<br />

konkreten Zusagen, wie viele Mittel<br />

zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung<br />

und zur Sicherung der<br />

„Qualität des Schulwesens“ bereitgestellt<br />

werden und wie sie finanziert<br />

werden sollen.<br />

Deshalb bleibt die <strong>GEW</strong> bei ihrer<br />

zentralen Forderung, endlich die<br />

Rahmenbedingungen so zu verändern,<br />

dass sie einer Qualitätsverbesserung<br />

nicht länger im Wege stehen.<br />

red<br />

* Die Stellungnahme kann bei der Landesgeschäftsstelle<br />

angefordert werden.<br />

18 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


„Auslese statt Förderung ist das Prinzip“<br />

Bildungspolitische Rückwärtsentwicklung in Hessen<br />

Bildungspolitik der CDU<br />

Zur CDU-Bildungspolitik in Hessen sagt die <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />

Gonhild Gerecht: „Seit der Regierungsübernahme durch CDU und FDP<br />

haben wir es mit einer bildungspolitischen Rückwärtsentwicklung zu<br />

tun, die wir in Hessen kaum für möglich gehalten haben. Die vorgenommenen<br />

Änderungen im Schulgesetz verfolgen Übergangsregelungen,<br />

Verschlechterung der Versetzungsbestimmungen, zentrale Abschlussprüfungen,<br />

die Einführung von schulformbezogenen Stundentafeln<br />

und Lehrplänen. Auslese statt Förderung ist das Prinzip!“<br />

In einem Artikel für die Hessische<br />

Lehrerzeitung beschreibt Christoph<br />

Baumann diese Politik unter der<br />

Überschrift „Rezepte aus den 50er<br />

Jahren“: Die Kultusministerin behauptet,<br />

der vorgelegte Entwurf für<br />

veränderte Stundentafeln sei „ein<br />

weiterer Baustein der Qualitätsoffensive<br />

für die hessischen Schulen“. Tatsächlich<br />

handelt es sich zuerst einmal<br />

um eine rein quantitative Maßnahme,<br />

die kaum Einfluss auf Inhalte,<br />

Didaktik und Methodik des Unterrichts<br />

hat und aus der sich deshalb<br />

eine Qualitätsverbesserung nicht ableiten<br />

lässt. Aus den weiteren Äußerungen<br />

wird die wahre Absicht deutlich:<br />

Die „optimale“ Förderung von<br />

SchülerInnen mit unterschiedlichen<br />

Begabungen gelinge „erwiesenermaßen“<br />

nicht durch gleiche Stundentafeln<br />

und gleiche Lehrplänen für alle<br />

Jugendlichen, sondern nur durch ein<br />

möglichst differenziertes Schulwesen,<br />

in dem Bildungsgänge und<br />

Lehrpläne auf die unterschiedlichen<br />

Fähigkeiten und Neigungen der<br />

SchülerInnen abgestimmt seien.<br />

Beim Wort genommen<br />

Würde man die Kultusministerin<br />

beim Wort nehmen und wirklich auf<br />

die unterschiedlichen Fähigkeiten,<br />

Neigungen und Begabungen der<br />

Menschen eingehen, hieße dies, ein<br />

zigfach gegliedertes Schulsystem einzuführen.<br />

Binnendifferenzierung<br />

hingegen als ein Mittel, unterschiedliche<br />

Begabungen und Befähigungen<br />

im Unterricht zu berücksichtigen, ist<br />

für Ministerin Wolff (CDU) offenbar<br />

ein Fremdwort: „Feindifferenzierung“<br />

endet für sie bei der Zahl drei.<br />

Die Änderung der Stundentafel dient<br />

somit allein der Umsetzung der Regierungspolitik<br />

einer konsequenten<br />

Restauration des traditionellen dreigliedrigen<br />

Schulwesens ab Klasse<br />

fünf.<br />

Frühzeitig, in der vierten Klasse,<br />

muss die Entscheidung fallen, für<br />

welche Schulform eine Schülerin<br />

oder ein Schüler geeignet ist. Ein<br />

späterer Wechsel in höhere Bildungsgänge<br />

wird durch Einführung eigener<br />

Stundentafeln für jede Schulform,<br />

künftig auch durch schulformbezogene<br />

Lehrpläne weiter erschwert.<br />

Auch die geplanten Änderungen der<br />

Versetzungs- und Abschlussbedingungen<br />

bewirken nicht intensivere<br />

und individuellere Förderung, sondern<br />

verschärfte Auslese und Ausgrenzung.<br />

Zusatzangebote: gestrichen<br />

Gleichzeitig werden die vorhandenen<br />

Möglichkeiten zur schulinternen äußeren<br />

Differenzierung, um auf „unterschiedliche<br />

Neigungen und Begabungen“<br />

eingehen zu können, nicht<br />

aus-, sondern abgebaut: Die Stunden<br />

für den Wahlpflichtunterricht werden<br />

massiv gekürzt. Das schränkt die<br />

Möglichkeiten der Schulen drastisch<br />

ein, individuelle Neigungs- und Förderungsangebote<br />

zu machen.<br />

Sicher führt der WPU (Wahlpflichtunterricht)<br />

in vielen Schulen ein<br />

trauriges Schattendasein, jedoch<br />

nicht auf Grund einer verfehlten<br />

Konzeption, sondern weil den meisten<br />

Schulen die Lehrerstunden fehlen,<br />

um ein vielfältiges und attraktives<br />

Wahl- und Förderangebot auf die<br />

Beine zu stellen. Statt aber mehr<br />

Stunden zur Verfügung zu stellen,<br />

geht Kultusministerin Wolff den einfachen<br />

Weg mit dem erwünschten<br />

Nebeneffekt: Die Unterrichtsgarantie<br />

ist leichter zu erfüllen, weil für<br />

Kernunterricht immer weniger Stunden<br />

benötigt werden als für Kurse.<br />

Politische Bildung:<br />

vernachlässigbar<br />

Der Entwurf führt zu Erleichterungen<br />

für alle KollegInnen, die in Fächern<br />

unterrichten, deren Stundenkontingent<br />

wächst. Kann dies aber<br />

den Abbau des Faches Sozialkunde<br />

an Integrierten Gesamtschulen um<br />

zwei, an Haupt- und Realschulen um<br />

eine Jahreswochenstunde rechtfertigen?<br />

In den Klassen 5 und 6 soll dieses<br />

Fach in allen Schulformen überhaupt<br />

nicht mehr unterrichtet werden.<br />

Gerade zu Beginn der Sekundarstufe<br />

I sind die meisten SchülerInnen<br />

mit einer neuen Schule, mit neuen<br />

Fächern und Lehrkräften und einer<br />

anderen Organisation des Unterrichts<br />

konfrontiert. Sie müssen sich<br />

mit ihren MitschülerInnen im neuen<br />

Klassenverband arrangieren. In<br />

dieser Phase hat gerade der Sozialkundeunterricht<br />

eine herausragende<br />

Bedeutung, um sie bei der Orientierung<br />

zu unterstützen.<br />

Dass gerade an den Integrierten Gesamtschulen<br />

das Fach Sozialkunde<br />

oder der Lernbereich Gesellschaftslehre<br />

um zwei Stunden gekürzt wird,<br />

schwächt ein für die Identität dieser<br />

Schulform zentrales Feld. Politische<br />

Bildung zum „Nebenfach“ abzustufen,<br />

ist angesichts der politischen<br />

Verantwortungs- und Skrupellosigkeit<br />

einiger Politiker dieser Landesregierung<br />

nicht verwunderlich. „Die<br />

Koalition von CDU und F.D.P.<br />

wünscht sich offensichtlich den unmündigen<br />

Bürger, der sich mit Politik<br />

nicht wirklich auseinander setzt“,<br />

schreibt der <strong>GEW</strong>-Landesvorstand in<br />

seiner Stellungnahme zu diesem Verordnungsentwurf.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

19


Bildungspolitik der CDU<br />

Arbeitslehre: nur für (künftige)<br />

Arbeiter<br />

Die Abschaffung der Arbeitslehre im<br />

Gymnasium und seine Reduzierung<br />

in den übrigen Bereichen können<br />

auch durch eine massive Ausdehnung<br />

dieses Fachs im Bereich der<br />

Hauptschulen nicht kompensiert<br />

werden. Dieses Konzept folgt den<br />

überholten Vorstellungen von der<br />

Aufteilung der Welt in Kopf- und<br />

Handarbeiter und weist ebenfalls auf<br />

das rückwärts gewandte Denken in<br />

der gegenwärtigen hessischen Bildungspolitik<br />

hin.<br />

Biologie: ohne Abschlussrelevanz<br />

Ebenfalls nicht auf der Höhe der<br />

Zeit sind die Veränderungen im Bereich<br />

der Naturwissenschaften: Biologie<br />

wird nur noch bis Klasse 9 er-<br />

teilt und entfällt als Abschlussfach im<br />

10. Schuljahr. Dabei nimmt die Biologie<br />

mittlerweile die beherrschende<br />

Rolle in den Naturwissenschaften ein<br />

und integriert weite Gebiete (...). Die<br />

Bereiche Biologie, Medizin und Gesundheitswesen<br />

gelten übrigens als<br />

zukunftsorientierte, aussichtsreiche<br />

Arbeitsmärkte - nicht nur für HochschulabsolventInnen!<br />

Gerade auch<br />

für SchülerInnen mit mittlerem Abschluss<br />

werden hier künftig attraktive<br />

Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.<br />

Kreativität: nicht gefragt<br />

Kunst und Musik - seit Jahren Stiefkinder<br />

der LehrerInnenversorgung -<br />

werden in Haupt- und Realschule<br />

drastisch um vier Wochenstunden<br />

gekürzt: Der Arbeitsmarkt ruft, nicht<br />

Oper und Museum! (...).<br />

Keine Experimente<br />

Die gegenwärtige Bildungspolitik in<br />

Hessen geht nicht von den realen Anforderungen<br />

aus, die die gesellschaftliche<br />

Entwicklung an die Menschen und<br />

damit an das Schulsystem stellt. Im<br />

Mittelpunkt steht die Restauration eines<br />

Schulsystems mit den Rezepten der<br />

50-er Jahre. So sehr diese an der einen<br />

oder anderen Stelle nostalgischen<br />

Charme ausstrahlen und in einer unüberschaubaren<br />

Welt scheinbar wohltuend<br />

einfache Wege weisen: Sie sind<br />

brandgefährlich, weil sie den Versuch<br />

darstellen, das Rad der Geschichte zurückzudrehen.<br />

Diese Politik bringt<br />

Kinder und Jugendliche um ihre<br />

Chance, für die Herausforderungen<br />

der Zukunft so gut wie möglich gerüstet<br />

zu sein.“<br />

Viel Schatten und wenig Licht<br />

Bildungspolitik im Saarland nach dem Regierungswechsel<br />

Wie in der letzten <strong>GEW</strong>-Zeitung angekündigt und mit einem Interview<br />

mit dem einstigen <strong>GEW</strong>-Vorsitzenden Frieder Bechberger-Derscheidt<br />

begonnen, beschäftigen wir uns im Vorfeld der Landtagswahl auch mit<br />

dem, was die etwaige Alternative „CDU als Regierungspartei“ für die<br />

Bildungspolitik bedeuten könnte. Klaus Kessler schildert zunächst die<br />

wichtigsten Neuerungen nach dem Regierungswechsel im Saarland:<br />

1. Kindergarten<br />

• Stufenweise Abschaffung der Kindergartengebühren<br />

und Verlegung<br />

der KiGA-Verwaltung und Aufsicht<br />

vom Sozialministerium in das Bildungsministerium.<br />

Die erste Stufe<br />

der Gebührenbefreiung ist in diesem<br />

Jahr umgesetzt worden, das heißt, das<br />

dritte Kindergartenjahr ist gebührenfrei.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat sowohl die Verlagerung<br />

der Zuständigkeit für Kindergärten ins<br />

Bildungsministerium als auch die Abschaffung<br />

der Gebühren begrüßt.<br />

2. Schule<br />

2.1 Lehrerstellen<br />

• Schaffung von 100 zusätzlichen<br />

Lehrerstellen zum Schuljahr 2000/<br />

01. Dies ist umgesetzt, aber es gibt<br />

Engpässe in der Lehrerversorgung.<br />

Das heißt, trotz vorhandener Stellen<br />

fehlen in bestimmten Fächern und<br />

Schulformen Lehrkräfte (Mangelfächer:<br />

Mathematik, Physik, Arbeitslehre,<br />

musische Fächer; Schulformengpässe:<br />

Sonderschulen und beruflichen<br />

Schulen).<br />

Die <strong>GEW</strong> hat die Schaffung von neuen<br />

Stellen begrüßt und fordert zur Sicherung<br />

der Lehrkräfteversorgung eine<br />

mittelfristige Personalplanung, ein Angebot<br />

von attraktiven Beamtenstellen<br />

für alle Schulformen, die Aufstockung<br />

von teilzeitbeschäftigten Lehrkräften.<br />

(Beamtenstellen in „Einstellungsteilzeit“<br />

werden jetzt aufgestockt; angestellte<br />

Lehrkräfte nicht in jedem Fall)<br />

2.2. Grundschulen<br />

• Abschaffung der Berichtszeugnisse<br />

in Klasse 2 und Einführung von Notenzeugnissen<br />

Die <strong>GEW</strong> hat dies als pädagogischen<br />

Rückschritt gekennzeichnet und abgelehnt.<br />

• Einführung von landesweiten Orientierungsarbeiten<br />

in den 4. Grundschulklassen<br />

Die <strong>GEW</strong> hat dies als Rückschritt bezeichnet<br />

und befürchtet die Einführung<br />

des „Grundschulabiturs“ in Klassenstufe<br />

4.<br />

• Übergang von der Grundschule zu<br />

weiterführenden Schulen. Abschaffung<br />

des letztentscheidenden Elternwillens<br />

über den Besuch einer weiterführenden<br />

Schule und Einführung<br />

einer rechtsverbindlichen Empfehlung<br />

der Grundschule für das<br />

Gymnasium, gekoppelt an einen bestimmten<br />

Notenschnitt in den Fächern<br />

Mathematik und Deutsch (bei<br />

Nicht-Empfehlung besteht die Notwendigkeit<br />

der Teilnahme an einer<br />

Aufnahmeprüfung für das Gymnasium)<br />

Die <strong>GEW</strong> hat diese Regelung abgelehnt.<br />

• Computer-Ausstattung an Grundschulen<br />

Die Landesregierung hat mit der Initiative<br />

„Zukunft schenken“ die Absicht,<br />

unter Heranziehung von Sponsoren,<br />

alle Grundschulen mit Computern<br />

auszustatten.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat diese Initiative vom<br />

Grundsatz her begrüßt.<br />

• Klassenteiler an Grundschulen<br />

Die CDU-Landesregierung hat den<br />

bisherigen Klassenteiler an Grund-<br />

20 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


schulen von 29 auf 27 herabgesenkt:<br />

Die <strong>GEW</strong> betrachtet dies als unzureichend<br />

und bleibt bei ihrer Forderung:<br />

„Keine Klasse über 25!“<br />

2.3 Realschule und Gesamtschule<br />

2.3.1 Arbeitszeit der LehrerInnen:<br />

• Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung<br />

der Lehrkräfte an Gesamtschulen<br />

von bisher 25 auf 26,5<br />

Unterrichtswochenstunden.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat hiergegen protestiert<br />

(und an einigen Schulen auch gestreikt).<br />

Für die Lehrkräfte, die an<br />

Gesamtschulen in der gymnasialen<br />

Oberstufe eingesetzt sind, ist eine Verbesserung<br />

erreicht worden. Bei einem<br />

Einsatz in der Oberstufe von 2 bis 7<br />

Unterrichtsstunden beträgt das Regelstundenmaß<br />

25 Stunden und ab einem<br />

Unterrichtseinsatz von 8 Oberstufenstunden<br />

beträgt das Regelstundenmaß<br />

24 Unterrichtsstunden. Mit<br />

dieser Regelung ist in der gymnasialen<br />

Oberstufe eine Gleichbehandlung mit<br />

Lehrkräften am Gymnasium erreicht<br />

worden.<br />

2.3.2 Zentrale Abschlussprüfungen<br />

• Einführung von zentralen Abschlussprüfungen<br />

für das Erreichen<br />

des Hauptschulabschlusses und das<br />

Erreichen des mittleren Bildungsabschlusses<br />

Die <strong>GEW</strong> hat dies als Rückschritt bezeichnet<br />

im Vergleich zu den bisherigen<br />

Abschlussverfahren, sie hat in Detailsfragen<br />

der Prüfungsordnungen Verbesserungen<br />

erreicht. Zum Beispiel ist<br />

die Dauer der schriftlichen Prüfungen<br />

in den Fächern Deutsch und Mathematik<br />

bei der Prüfung für den Hauptschulabschluss<br />

gekürzt worden; ist im<br />

Bereich der Prüfung für den mittleren<br />

Bildungsabschluss die vorgesehene verpflichtende<br />

mündliche Prüfung in der<br />

ersten Fremdsprache für alle ersatzlos<br />

gestrichen worden.<br />

2.4 Gymnasium<br />

• Schulzeitverkürzung am Gymnasium<br />

für alle von 9 auf 8 Jahre.<br />

Dieses Vorhaben ist noch nicht umgesetzt,<br />

soll aber durch Änderung des<br />

Schulordnungsgesetzes noch in diesem<br />

Jahr vollzogen werden. Das heißt, SchülerInnen,<br />

die ab dem Schuljahr 2001/<br />

02 ein Gymnasium besuchen, sollen<br />

dann nach 8 Jahren Abitur machen.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat eine generelle flächendeckende<br />

Schulzeitverkürzung am<br />

Gymnasium abgelehnt und fordert eine<br />

Wahlmöglichkeit zwischen 9 und 8<br />

Jahren bis zum Abitur. Darüber hinaus<br />

fordert die <strong>GEW</strong> den Ausbau der<br />

gymnasialen Oberstufen an den saarländischen<br />

Gesamtschulen, an denen<br />

wie bisher das Abitur nach 9 Jahren<br />

erworben werden kann.<br />

2.5 Kopfnoten<br />

• Wiedereinführung der Kopfnoten<br />

auf den Halbjahres- und Jahreszeugnissen<br />

für Verhalten und Mitarbeit<br />

Die <strong>GEW</strong> hat dies kritisiert.<br />

2.6 Verhaltenszeugnisse<br />

• Alle Schulabgänger der Erweiterten<br />

Realschulen, Gesamtschulen und<br />

Gymnasien (außer den Abgängern<br />

der gymnasialen Oberstufe) erhalten<br />

ab dem kommenden Schuljahr ein<br />

eigenes Verhaltenszeugnis, in dem<br />

mit Noten Aussagen gemacht werden<br />

sollen über Verhalten, Mitarbeit,<br />

Arbeitshaltung und Teamfähigkeit.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat dies abgelehnt.<br />

Bildungspolitik der CDU<br />

3. Schulaufsicht<br />

• Ab Januar 2001 werden die Schulämter<br />

im Saarland abgelöst und in<br />

die Zentrale, des MBKW in Saarbrücken,<br />

überführt, das heißt, es gibt<br />

für alle Schulformen des Saarlandes<br />

nur noch eine Schulaufsichtsebene.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat dies als richtigen Schritt<br />

gekennzeichnet, aber auf Detailprobleme<br />

bei der Umsetzung (Arbeitsplätze<br />

und Funktion der Schulräte) hingewiesen.<br />

4. Personalvertretungen<br />

• Einrichtung von Personalvertretungen<br />

im Zusammenhang mit der<br />

Auflösung der Schulämter: Alle<br />

Schulen mit mindestens fünf Wahlberechtigten<br />

erhalten eigene Personalvertretungen.<br />

Ebenso werden an<br />

den Studienseminaren Personalvertretungen<br />

eingerichtet.<br />

Die Einrichtung von Personalvertretungen<br />

an den Schulen und den Studienseminaren<br />

ist eine langjährige Forderung<br />

der <strong>GEW</strong> gewesen, die somit<br />

erfüllt wird.<br />

5. Hochschulen<br />

• Die CDU-Landesregierung plant<br />

ab 2001 Studiengebühren für Langzeitstudierende<br />

einzuführen (vgl. Regelung<br />

in Baden-Württemberg).<br />

Die <strong>GEW</strong> hat dies abgelehnt.<br />

• Die CDU-Landesregierung hat<br />

zwar angekündigt, die Lehrerbildung<br />

zu reformieren und ein Zentrum<br />

für Lehrerbildung an der Universität<br />

des Saarlandes einzurichten,<br />

aber in dieser Richtung hat sich bisher<br />

nichts getan.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert dringend, die Reform<br />

der Lehrerbildung in Angriff zu nehmen<br />

und bedauert, dass dieses Thema<br />

bei der saarländischen Landesregierung<br />

keine Priorität besitzt.<br />

Klaus Kessler,<br />

Voritzender der <strong>GEW</strong> im Saarland<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

21


Personalvertretung<br />

Das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 wird novelliert<br />

Heinz Wüntscher berichtet vom Hearing des DGB in Mainz<br />

Am 18.Oktober fand in Mainz-<br />

Hechtsheim auf Einladung des<br />

DGB eine Anhörung zur Novellierung<br />

des Betriebsverfassungsgesetzes<br />

(BVG) statt. Unter dem Motto<br />

„Wer, wenn nicht wir? für eine fortschrittliche<br />

Betriebsverfassung“ erörterten<br />

eine Reihe von Fachleuten<br />

aus Politik und Wissenschaft mit<br />

Betriebsräten und Gewerkschaftern<br />

aus <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> die notwendigen<br />

Aktualisierungen des BVG von<br />

1972.<br />

Dr. Gerd Engels aus dem Bundesministerium<br />

für Arbeit und Soziales stellte<br />

im Eingangsreferat die Grundlinien<br />

dar, in denen sich der Entwurf der<br />

Bundesregierung zum Ende dieses Jahres<br />

bewegen wird.<br />

Sowohl die Bedingungen eines veränderten<br />

Arbeitsmarktes, neue Anforderungen<br />

der ArbeitnehmerInnen an Betriebsräte<br />

als auch die veraltete Trennung<br />

von ArbeiterInnen und Angestellten<br />

verlangen nach neuen Antworten<br />

im BVG.<br />

Auch wichtige Fragen zur Sicherung<br />

von Arbeit, im Umwelt- und Datenschutz<br />

machen eine Novellierung erforderlich.<br />

Nicht zuletzt besteht Handlungsbedarf<br />

zu den „weißen Flecken in der betrieblichen<br />

Landschaft“, den Betrieben ab<br />

fünf Beschäftigten ohne Betriebsrat und<br />

Betriebsverfassung.<br />

Dr. Engels nannte insgesamt zehn<br />

Grundlinien, die sich im noch unveröffentlichten<br />

Gesetzentwurf der Bundesregierung<br />

finden:<br />

1) Betriebs- und Unternehmensbegriff:<br />

Hier soll es eine Kombination von gesetzlichen<br />

und tarifvertraglichen Lösungen<br />

geben, damit Interessensvertretung<br />

der Beschäftigten bei Spaltung oder Zusammenlegung<br />

von Betrieben/ Unternehmen<br />

weiter funktioniert. Als Vermutungsregel<br />

soll immer ein „gemeinsamer<br />

Betrieb“ gelten. In Fällen betrieblicher<br />

Strukturänderungen ist ein<br />

generelles Übergangsmandat des Betriebsrats<br />

vorgesehen. Betriebsräte sollten<br />

zusätzlich die Möglichkeit erhalten,<br />

Sparten-, Filial- und Gesamtunternehmensbetriebsräte<br />

zu bilden.<br />

2) Entbürokratisierung des Wahlrechts:<br />

Die Streichung der Gruppenrechte Arbeiter<br />

- Angestellte soll zu mehr Überschaubarkeit<br />

und weniger Kosten bei<br />

den BR-Wahlen führen. Es ist vorgesehen,<br />

dass in Kleinbetrieben das Wahlverfahren<br />

vereinfacht wird, z.B. dadurch,<br />

dass ein Betriebsrat auch direkt<br />

auf einer Betriebsversammlung gewählt<br />

werden kann. Diejenigen, die eine solche<br />

Wahlversammlung einberufen, sollten<br />

durch einen begrenzten Kündigungsschutz<br />

abgesichert werden.<br />

3) Arbeitnehmerbegriff:<br />

Dem Betriebsrat soll Aufschluss über<br />

alle im Betrieb Tätigen gegeben werden,<br />

so dass auch Leih- und Tele-Arbeit<br />

ab einer Mindestdauer von z.B.<br />

drei Monaten in das aktive Wahlrecht<br />

mit einbezogen werden können.<br />

4) Arbeitnehmer-Grenzzahlen für<br />

BR-Wahlen:<br />

Die Grenzzahlen sollen bei BR-Wahlen<br />

und bei Freistellungen (ab 200 Arbeitnehmern<br />

eine Freistellung) herabgesetzt<br />

werden. Teilzeit-Freistellungen<br />

werden im neuen Entwurf ebenso berücksichtigt<br />

wie das Mitbestimmungsrecht<br />

des BR bei Versetzungen von BR-<br />

Mitgliedern. Wie die Unterstützung der<br />

BR-Arbeit durch Fachleute aus dem Betrieb<br />

soll auch der Zugang des BR zu<br />

den modernen Kommunikationsmitteln<br />

erleichtert werden.<br />

5) Stärkung der Mitwirkungs- und<br />

Mitbestimmungsrechte:<br />

Hierunter fallen Qualifizierungsmaßnahmen<br />

bei neuen Techniken, Einführung<br />

von Gruppenarbeit, Verzahnungen<br />

von Sozialplänen mit den Regelungen<br />

des SGB III und Initiativen zur<br />

Beschäftigungssicherung. Die Grenzzahlen<br />

der §§ 99,106 BVG - Mitbestimmung<br />

zu personellen Einzelmaßnahmen<br />

und der wirtschaftlichen Mitbestimmung<br />

sollen herabgesetzt werden.<br />

6) Stärkung der Mitwirkung der<br />

Arbeitnehmer:<br />

Vorgesehen sind Themeninitiativen<br />

mindestens von 5% der Arbeitnehmer<br />

an den Betriebsrat, Entwicklung einzelner<br />

Beteiligungsrechte von Arbeitsgruppen<br />

und der Einsatz von Fachwissen<br />

aus der Belegschaft zur Unterstützung<br />

der BR-Arbeit.<br />

7) Umweltschutz:<br />

Es soll ein Aufgabenkatalog zur Förderung<br />

von Maßnahmen des Umweltschutzes<br />

erstellt werden. In §89 BVG -<br />

Arbeitsschutz- werden Regelungen für<br />

den Umweltschutz aufgenommen.<br />

8) Chancengleichheit Frauen -<br />

Männer:<br />

§15 BVG, in dem es heißt: „Die Geschlechter<br />

sollen entsprechend ihres zahlenmäßigen<br />

Verhältnisses vertreten<br />

sein.“ soll zur Muss-Vorschrift werden.<br />

Zusätzlich werden zur Gleichstellung<br />

der Frauen Ausgleichsansprüche für<br />

Teilzeitbeschäftigte aufgenommen.<br />

Chancengleichheit und Familienschutz<br />

werden zu immanenten Teilen der Personalplanung.<br />

Gleichzeitig ist vorgesehen,<br />

eine Quotenregelung zu den BR-<br />

Wahlen einzuführen.<br />

9) Jugend- und Auszubildendenvertretung:<br />

Für sie soll die Möglichkeit gegeben sein,<br />

eigene Ausschüsse zu bilden und Initiativen<br />

zur Übernahme von Auszubildenden<br />

in das Arbeitsverhältnis zu ergreifen.<br />

Es soll auch eine Konzern -<br />

Vertretung eingeführt werden.<br />

10) Maßnahmen gegen Rassismus<br />

und Fremdenfeindlichkeit:<br />

Dies kann und soll Thema von betrieblichen<br />

Versammlungen sein. Der Betriebsrat<br />

bekommt im Rahmen der Bekämpfung<br />

solcher Tendenzen ein Antragsrecht<br />

zur Entfernung von einzelnen<br />

Arbeitnehmern im Betrieb.<br />

In einer kurzen Diskussion wurde auf<br />

das Problem der Fremdfirmen-Arbeit<br />

und der ständig wechselnden Leiharbeiter<br />

hingewiesen. Es wurde deutlich,<br />

dass den Arbeitgebern in der immer<br />

deutlicheren Einschränkung des Arbeitnehmerbegriffs<br />

klar entgegengetreten<br />

werden muss.<br />

Die Tarifautonomie steht nicht zur<br />

Disposition. Betriebsvereinbarungen<br />

und Experimentierklauseln zum Betriebs-<br />

und Unternehmensbegriff sollten<br />

unterbleiben.<br />

Es wurde betont, dass im neuen Gesetz<br />

auch stärker die Mitbestimmung in<br />

Weiterbildungs- und beruflich erforder-<br />

22 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Personalvertretung<br />

lichen Qualifizierungsmaßnahmen zu<br />

verankern seien.<br />

Zur veränderten Arbeitswelt und ihren<br />

Anforderungen an ein Betriebsverfassungsgesetz<br />

stellte Dr. Achim Seifert<br />

von der Universität Frankfurt fest,<br />

dass heute nach über 28 Jahren viele<br />

„Erosionserscheinungen“ am BVG nagen.<br />

Immer noch reichen die Anreize zur<br />

Bildung von Betriebsräten nicht aus,<br />

um in kleinen und mittleren Betrieben<br />

das Betriebsverfassungsrecht zu<br />

verankern. Das Vergaberecht von Aufträgen<br />

der Öffentlichen Hand könnte<br />

hier zu sozialpolitischen Zielen genutzt<br />

werden, z.B. wäre ein wirksamer Ansatzpunkt,<br />

nur Betriebe mit Betriebsräten<br />

und Tarifbindung in Auftragsvergaben<br />

zu berücksichtigen.<br />

Werden Betriebe umgewandelt, soll<br />

weiterhin vom gleichen Betrieb im Sinne<br />

des BVG ausgegangen werden. §<br />

613a BGB und die Regelungen des<br />

Umwandlungsgesetzes sind demzufolge<br />

auch zu verändern. Abweichungen<br />

davon könnten in Tarifverträgen ausgehandelt<br />

werden. Entsprechende Regelungen<br />

über Betriebsvereinbarungen<br />

sollten aber stets der Zustimmung der<br />

Tarifparteien bedürfen.<br />

Geht man davon aus, dass Stammbelegschaften<br />

immer mehr reduziert werden,<br />

und der Arbeitnehmerbegriff in<br />

bisheriger Form als veraltet angesehen<br />

werden muss, sollte bei der Definition<br />

„Arbeitnehmer“ zum Gradmesser der<br />

Beurteilung die wirtschaftliche Abhängigkeit<br />

der Beschäftigten werden. In der<br />

Leiharbeit und im Fremdfirmeneinsatz<br />

sind so sachgerechte Lösungen möglich,<br />

beispielsweise auch passgenaue Regelungen<br />

durch die Tarifvertragsparteien.<br />

Damit die Arbeitsfähigkeit der Betriebsräte<br />

hin zu „gleichgewichtigen<br />

Akteuren“ verbessert wird, könnten<br />

folgende Maßnahmen hilfreich sein:<br />

Budgetierung der Betriebsratsarbeit,<br />

pauschalierte Schulungsansprüche der<br />

BR, die Anpassung an betriebsübliche<br />

Kommunikationsformen, eine Zuhilfenahme<br />

von betrieblichen Sachverständigen<br />

und die Beteiligung von<br />

Gruppensprechern an der BR-Arbeit.<br />

Norbert Kluge von der Hans-Böckler-<br />

Stiftung referierte im Anschluss über die<br />

Empfehlungen der Mitbestimmungskommission<br />

der Bertelsmann- und der<br />

Hans-Böckler-Stiftung zur Weiterentwicklung<br />

der Mitbestimmung. Im Mittelpunkt<br />

seiner Argumente stand das<br />

gemeinsame Interesse von Arbeitgebern<br />

und Arbeitnehmern an der Mitbestimmung.<br />

Der Besitzstand „Kapital“ benötigt<br />

als Partner den Besitzstand<br />

„Recht“. In diesem Sinne bietet das<br />

BVG entsprechende Konfliktaustragungsregeln,<br />

die auf den neuesten Stand<br />

gebracht werden müssten.<br />

Die MB-Kommission bezeichnet folglich<br />

auch die verbesserte Mitbestimmung<br />

als Bestandteil einer immer aktueller<br />

werdenden Qualitätssicherung.<br />

Während Dr. Walter Sohn von der<br />

Evangelischen Kirche die betriebsverfassungsrechtlichen<br />

Zusammenhänge<br />

unter sozialethischen Gesichtspunkten<br />

sehr treffgenau betrachtete, setzte Heinrich<br />

Ortmann von der IG BCE wiederum<br />

praktische Akzente: Es könne<br />

keine Abwägung von Mitbestimmung<br />

gegen die Erhaltung von Arbeitsplätzen<br />

geben, die Novellierung sei deshalb<br />

auch kein Thema für das „Bündnis für<br />

Arbeit“.<br />

Ausgangspunkt der Novellierung sei die<br />

Durchsetzbarkeit von notwendigen<br />

Änderungen, auch gegen Arbeitgeber,<br />

die in erster Linie mitbestimmungsfreie<br />

Räume erhalten und Betriebsratsbildung<br />

verhindern wollten.<br />

Als letzte Referentin gab Doris Barnett<br />

als MdB eine kurze Stellungnahme der<br />

Bundestagsfraktion der SPD wieder. In<br />

der Koalitionsvereinbarung von 1998<br />

waren schon Eckpunkte der Novellierung<br />

genannt: Betriebs- und Arbeitnehmerbegriff,<br />

Tele-Arbeit und Vereinfachung<br />

des Wahlverfahrens zum Betriebsrat.<br />

Zusätzlicher Regelungsbedarf käme<br />

hinzu, befristet Beschäftigte mit bevorzugter<br />

Behandlung bei Besetzung unbefristeter<br />

Stellen und notwendige Klarstellungen<br />

im Tendenzschutz. Auf jeden<br />

Fall sollten Praktiker aus den Betrieben<br />

an den Erörterungen beteiligt<br />

werden: Wer Öffnungsklauseln fordere,<br />

muss nach Meinung von Doris Barnett<br />

auch Betriebsräte und Mitbestimmung<br />

akzeptieren. An die Adresse der<br />

Arbeitgeber gerichtet heißt das vornehmlich:<br />

Das BVG ist weder ein Wettbewerbs-<br />

noch ein Standortnachteil.<br />

Zum Terminplan der Novellierung sagte<br />

Frau Barnett, Ende des Jahres sei der<br />

Referenten-Entwurf fertig, die politische<br />

Beratung erfolge ab Frühjahr im Bundestag.<br />

Bis September 2001 sei das<br />

Gesetz auf dem Weg. Ab 2002 stehe ein<br />

neues BVG zur Verfügung, rechtzeitig<br />

vor den nächsten Betriebsratswahlen.<br />

In der abschließenden Diskussion betonten<br />

viele Anwesende aufgrund der<br />

wachsenden Komplexität der BR-Arbeit<br />

die Bedeutung verbesserter Freistellungsbedingungen<br />

von Betriebsräten<br />

wie zum Beispiel auch Teilfreistellungen.<br />

Es wurde der Vorschlag gemacht,<br />

die Freistellung nicht alleine an die<br />

Anzahl der Beschäftigten, sondern auch<br />

an andere Kriterien zu koppeln wie z.B.<br />

die Betriebsfläche oder eine besondere<br />

Betriebsstruktur.<br />

Klargestellt wurde die Unterscheidung<br />

von grundsätzlich mitbestimmungsfreien<br />

unternehmerischen Entscheidungen<br />

zu Grundentscheidungen über deren sozialen<br />

Folgen, die mitbestimmungspflichtig<br />

sind.<br />

Auch bei Fusionen von Betrieben solle<br />

der bisherige Betriebsrat bis zu Neuwahlen<br />

ein Übergangsmandat von sechs<br />

Monaten erhalten.<br />

Ganz wichtig für die Zukunft seien Erleichterungen<br />

bei der Neueinrichtung<br />

von Betriebsräten in Klein- und Mittelbetrieben.<br />

Auch der öffentliche Arbeitgeber<br />

könne im Rahmen von Qualitätssicherung<br />

und -kontrolle etwas<br />

dafür tun: zum Beispiel wurden nochmals<br />

die Ausschreibungsverfahren genannt,<br />

u.a. mit Tariftreue-Erklärungen<br />

und der Forderung nach einem Betriebsrat<br />

beim Anbieter.<br />

Die Stärkung der Beteiligung von Beschäftigten<br />

durch Delegation sei ebenso<br />

wichtig, sollte aber nicht dazu führen,<br />

dass der Betriebsrat seine Regelungskompetenz<br />

aus der Hand gibt. Die<br />

Chance der jederzeitigen Zurücknahme<br />

von Delegation müsse gewährleistet<br />

sein.<br />

In der Schlussrunde waren sich die Referenten<br />

darüber einig, dass diese Veranstaltung<br />

zu einer wichtigen und hilfreichen<br />

Ergänzung ihrer bisherigen Vorarbeit<br />

geworden war. Nach der Veröffentlichung<br />

des Entwurfs Ende dieses<br />

Jahres werden die Diskussion sicherlich<br />

neu entfacht.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

23


Personalvertretung / Sozialpädagogik<br />

Noch viel Sand im Getriebe<br />

Erste Erfahrungen aus dem BPR Realschulen<br />

Die ADD - Personalratswahlen haben<br />

den <strong>GEW</strong> - PersonalrätInnen<br />

der Fachgruppe Realschulen und<br />

Duale Oberschulen kein Glanzergebnis<br />

gebracht.<br />

Gymnasien: Die Zielsetzung bleibt<br />

Querschnitt<br />

Mit 18 Prozent Stimmanteil nur einen<br />

von neun Sitzen im neuen ADD-<br />

BPR Gymnasien? Das d’Hontsche Auszählungsverfahren<br />

macht’s möglich.<br />

Immer noch fällt der <strong>GEW</strong> im Gymnasialbereich<br />

nichts in den Schoß. Der<br />

konkurrierende Philologenverband<br />

musste zwar einige Verluste verzeichnen<br />

gegenüber der HPR-Wahl von<br />

Erni Schaaf-Peitz vertritt <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> auf Bundesebene im Organisationsbereich<br />

Jugendhilfe und Sozialarbeit,<br />

der von dem stellvertretenden<br />

<strong>GEW</strong>-Bundesvorsitzenden Norbert<br />

Hocke geleitet wird. Bei einer gemeinsamen<br />

Sitzung mit dem Bundesfachgruppenausschuss<br />

Sozialpädagogische<br />

Beruf in Saarlouis wurde neben der<br />

1997, es bleibt jedoch bei den gleichen<br />

Mitgliederverhältnissen wie in den alten<br />

Bezirkspersonalräten.<br />

Es gab aber auch erfreuliche Ergebnisse:<br />

Resultate, die deutlich über dem landesweiten<br />

Trend liegen, erzielten unsere<br />

Kandidatinnen und Kandidaten an<br />

ihren eigenen Schulen.<br />

Beratung von Antragsentwürfen zum<br />

Gewerkschaftstag 2001 in Lübeck, Berichten<br />

aus GV, HV und den Landesverbänden<br />

eine gemeinsame Sitzung<br />

mit dem Bundesausschuss für multikulturelle<br />

Angelegenheiten - BAMA -<br />

durchgeführt. Laut der Vorsitzenden<br />

Sanem Kleff versteht der BAMA sich<br />

als „Querschnitt“ im gesamten Bildungswesen.<br />

esp<br />

Nun arbeiten wir also in Trier und<br />

haben erste Erfahrungen gesammelt.<br />

Noch sind wir wenig begeistert von dieser<br />

zentralen Behörde, die seit gut einem<br />

halben Jahr funktionieren soll.<br />

Was sind unsere ersten Eindrücke von<br />

dem neuen Gremium? Man könnte es<br />

als vorsichtige Annäherung bezeichnen,<br />

obwohl sich Teile des Gremiums von<br />

Neustadt, Koblenz und Trier kennen.<br />

Die Atmosphäre ist freundlich zurückhaltend,<br />

das liegt nicht zuletzt an dem<br />

spartanisch und wenig einladenden Sitzungsraum<br />

und seiner schlechten Akustik.<br />

Wir haben nicht einmal Platz genug,<br />

unsere Unterlagen abzulegen, sie<br />

müssen zum Teil auf dem Boden platziert<br />

werden. Garderobe und weitere<br />

Abstellflächen sind Luxus, den sich in<br />

Trier offensichtlich niemand zu leisten<br />

vermag.<br />

Auch die ReferentInnen und SachbearbeiterInnen<br />

sind zum Teil noch ungeübt<br />

und unsicher im Gespräch mit<br />

unserem Gremium. Die Mitarbeiter<br />

sind zwar bemüht, aber einige scheinen<br />

wenig kompetent und auch überfordert.<br />

Der Vorsitzende, Herr Peters,<br />

ist ebenfalls bemüht, den Wünschen<br />

und Bedürfnissen aller Beteiligten<br />

nachzukommen und ein gutes Arbeitsklima<br />

zu schaffen. Aber „gut Ding will<br />

eben Weile haben“.<br />

Kehren wir wieder zur Sacharbeit zurück.<br />

Sie gestaltet sich schwierig, weil<br />

zur Besprechung und Lösung von Problemen<br />

häufig kompetente Hinweise<br />

von Fachreferenten fehlen, da sie -mit<br />

Ausnahme von Trier - in den Außenstellen<br />

Koblenz und Neustadt arbeiten.<br />

Auch wichtige Details aus den Schulen,<br />

die früher schnell bei den Schulpersonalräten<br />

abgefragt werden konnten,<br />

sind oft nicht vorhanden. So verzögern<br />

sich die meisten Vorgänge, und<br />

das kann nicht im Interesse der KollegInnen<br />

und Kollegen sein.<br />

Hinzu kommt die schwierige Sachlage,<br />

was die Einstellung von RealschullehrerInnen<br />

angeht. Qualifizierte BewerberInnen<br />

für die derzeitigen Mangelfächer<br />

Deutsch, Englisch, Mathematik<br />

und Musik fehlen fast ganz. So<br />

wurden zum 1. August 2000 im Bereich<br />

der Außenstelle Nord zur Unterrichtsversorgung<br />

neben 80 Lehrkräften<br />

mit Realschulbefähigung insgesamt 27<br />

GymnasiallehrerInnen mit einem unbefristeten<br />

Vertrag eingestellt, 7 davon<br />

an den mittlerweile 8 Dualen Oberschulen.<br />

Die GymnasiallehrerInnen haben keine<br />

Option, nach 5 Jahren verbeamtet<br />

zu werden. Sie erhalten keinen Gewährleistungsbescheid<br />

und müssen demzufolge<br />

auch keine Nebenabrede unterschreiben.<br />

Finanziell bedeutet das für sie, dass<br />

sie etwa 400 DM weniger Einkommen<br />

haben als ihre angestellten RealschullehrerkollegInnen.<br />

Unser Personalrat ist gerade<br />

- über den Hauptpersonalrat- in<br />

Verhandlungen getreten, diesen Zustand<br />

zu ändern. Nach Auskunft der zuständigen<br />

Juristin bei der ADD Trier ist dies<br />

zur Zeit aus rechtlichen Gründen nicht<br />

möglich. Wir setzen uns aber dafür ein,<br />

dass jungen GymnasialkollegInnen wenigstens<br />

die Option auf eine spätere<br />

Planstelle im Gymnasialbereich erhalten<br />

bleibt und sie im Sekundarbereich<br />

I aller Schularten arbeiten können.<br />

Ein weiteres Problem stellt die Unterrichtsversorgung<br />

durch Vertretungsverträge<br />

dar. Zur Zeit werden landesweit<br />

bei Vertretungsverträgen (Krankheit,<br />

Mutterschutz) immer häufiger junge<br />

KollegInnen eingestellt, die „nur“ das<br />

erste Staatsexamen erworben haben.<br />

Das ist eine untragbare Situation.<br />

Wir sind gespannt, wie unsere Arbeit<br />

bei der ADD Trier weitergeht.<br />

Gisela Justus, Elfriede Schaulinski<br />

<strong>GEW</strong> Personalrätinnen im BPR Realschulen<br />

und Duale Oberschulen bei der<br />

ADD Trier<br />

Persönlicher Einsatz und eine aktive<br />

Personalvertretung vor Ort sind unsere<br />

Pluspunkte. Daneben lassen auch die<br />

Ergebnisse an den Studienseminaren,<br />

voran Mainz, hoffen.<br />

Das Auftreten einer dritten Liste neben<br />

<strong>GEW</strong> und Philologenverband -eröffnet<br />

von einem <strong>GEW</strong>-Mitglied! - war<br />

sicher nicht hilfreich. Mit einem Anteil<br />

von 4,5% hat diese Liste sicher von<br />

beiden Seiten Stimmen abgezogen, aber<br />

beiden sehr knappen Verhältnissen hat<br />

sie uns wohl mehr geschadet. An unserem<br />

Ziel hat sich - auch im Hinblick<br />

auf die kommenden HPR-Wahlen -<br />

nichts geändert: Es muss auch im gymnasialen<br />

Bereich eine moderne, reformorientierte<br />

Interessenvertretung geben,<br />

und dies kann nur die <strong>GEW</strong> sein.<br />

Sybilla Hoffmann<br />

24 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Schulaufsicht<br />

Schulverwaltungsreform und ihre Folgen<br />

„Maßnahmen zur Beseitigung der Mängel bei der ADD ergreifen!“<br />

- Von Kurt Biehler (Fachgruppe Schulaufsicht und Schulverwaltung) -<br />

Bereits in den 80er Jahren führte Dr. Richard Bessoth, Dozent an der<br />

Universität Koblenz - Landau, im Vergleich zu anderen Bundesländern<br />

sowie außereuropäischen Staaten aus: Schulaufsicht findet in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

nicht statt. Und dies in einer Zeit, wo im früheren Regierungsbezirk<br />

Rheinhessen <strong>Pfalz</strong> in der Schulabteilung noch mehr als die<br />

doppelte Anzahl an Referenten und wesentlich mehr Sachbearbeiter<br />

tätig waren. Die Aufgaben haben sich inzwischen verändert. Nach der<br />

Verwaltungsreform zum 01.08.00 muss aber nunmehr heute gesagt<br />

werden: Schulaufsicht kann in der Mittelbehörde ihre zugewiesenen<br />

gesetzlichen Aufgaben nicht mehr hinreichend und zeitgerecht erfüllen.<br />

1. Aufgabe der Schulaufsicht<br />

im sozialen System<br />

Schule<br />

Definieren wir die Schulverwaltung<br />

als eine soziale Organisation (vgl. u.a.<br />

Türk, Klaus: Soziologie der Organisation),<br />

so sind ihr Funktionen/Aufgaben<br />

durch Gesetz und Verordnung<br />

zugewiesen, die sie als unterstützende<br />

Behörde zu erfüllen hat, damit die<br />

Qualität von Schule gesichert wird.<br />

Eine wesentliche Aufgabe stellt die<br />

Personalverwaltung dar. Daneben<br />

sind ihr die Umsetzung der Ministeriumsvorgaben<br />

(Beispiele: Volle<br />

Halbtagsschule, Verkürzung der<br />

Schulzeit, Entwicklung und Verbreitung<br />

der Lehrplanvorgaben) aufgegeben.<br />

Sie hat ihre Aufgabe der Beratung<br />

an den Schulen wahrzunehmen<br />

und Konflikte so zu moderieren,<br />

damit entspannte Bezugsverhältnisse<br />

entstehen, die es erlauben,<br />

sich auf das zu konzentrieren, was<br />

zentral in unserem Blick stehen<br />

muss: die Förderung der Kinder in<br />

der Schule und Steigerung der Schulqualität.<br />

Der systemtheoretische Zusammenhang<br />

ist in der Tabelle unten<br />

verdeutlicht .<br />

2. Strukturdimensionen des<br />

sozialen Systems Schule<br />

Wir unterscheiden die Variablen der<br />

Gesamtebene. Hierzu gehören die<br />

unterschiedlichen „Verwaltungskulturen“<br />

in der Zentralstelle Trier und<br />

den Außenstellen der rheinland-pfälzischen<br />

Schulverwaltung, die noch<br />

nicht stabilisierten Ablaufstrukturen,<br />

die produzierten langen Verwaltungswege<br />

oder der politische Gesamtrahmen,<br />

der zum „Erfolg der<br />

Neugestaltung“ verurteilt und Verantwortliche<br />

infolge der geforderten<br />

Beamtenloyalität zu Rechtfertigungshandlungen<br />

veranlasst. Hierher<br />

gehören auch das Maß der Formalisierung,<br />

mit der bestimmte Verfahren<br />

durchgesetzt werden, die Art<br />

der Verteilung von Entscheidungsmöglichkeiten<br />

auf den verschiedenen<br />

Stufen des Gesamtsystems.<br />

Neben diesen Variablen der Gesamtebene<br />

existieren die der Individualebene.<br />

Zu ihnen gehören das Ausmaß,<br />

mit dem die Mitarbeiter auf<br />

ihre Rollen festgelegt werden, die<br />

Routine, mit denen sie ihre Probleme<br />

lösen und dadurch in ihrem Verhalten<br />

vorhersagbar werden; das Ausmaß<br />

der Rollenstabilität, mit der<br />

Mitarbeiter ihre Aufgabe über Jahre<br />

hinweg unverändert beachten. Ein<br />

wesentlicher Bereich dieser informellen<br />

Organisationsstruktur auf der<br />

Individualebene bilden die sozialen<br />

Einstellungen. Zu ihnen gehören:<br />

nonkonformes Verhalten, Infragestellen<br />

von Regelungen, wahrgenommene<br />

Risikofreudigkeit, mögliche<br />

Konfliktpotentiale und persönliche<br />

Flexibilität im Sinne von Veränderungsbereitschaft<br />

und Anpassungsfähigkeit.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

25


Schulaufsicht<br />

Kurt Biehler,<br />

Fachgruppe<br />

Schulaufsicht<br />

und Schulverwaltung<br />

3. Probleme der Neustrukturierung<br />

der Schulverwaltung<br />

Die Neustrukturierung hat eine Fülle<br />

von zusätzlichen Schwierigkeiten<br />

produziert, die bis heute nicht gelöst<br />

sind. Dies sind:<br />

• Trennung der Fachaufsicht in den<br />

Außenstellen von der Personalaufsicht<br />

in der Zentralstelle. Diese produziert<br />

lange Wege, erfordert mehr<br />

Zeit für die Bearbeitung der Vorgänge<br />

und verzögern die Durchführung<br />

von Entscheidungen bei der Berufung<br />

von Funktionsträgern und Ausfertigen<br />

von Arbeitsverträgen; Trennung<br />

der Rumpf-Personalreferate in<br />

den Außenstellen von denen der<br />

Zentralabteilung, Hin- und Herverlagerung<br />

von Teilzuständigkeiten.<br />

Das reduzierte Personal ist nicht<br />

mehr trotz größten Einsatzes in der<br />

Lage, alle anfallenden Arbeiten zügig,<br />

zeitnah und kompetent zu erledigen.<br />

Mehr Fehler bei der Bearbeitung<br />

sind die Folge. Die mangelnde<br />

Pflege der Datensätze - eine Erscheinung,<br />

die bereits vor den Änderungen<br />

bei der Bezirksregierung zu beobachten<br />

war - führt zu Rückfragen,<br />

Verzögerung bei der Bearbeitung<br />

und Hinausschieben der Entscheidungen.<br />

Trotz neuester Ausstattung<br />

mit EDV-Anlagen ist die erforderliche<br />

einheitliche Software noch zu<br />

erstellen. Der technische Standard<br />

des Datenverarbeitungsnetzes (AS<br />

400) erschwert den raschen Zugang<br />

zu notwendigen Daten. Ihre Kompatibilität<br />

ist nicht gegeben. Die<br />

Fülle der übertragenen Aufgaben an<br />

die Leiter der Fach- und Personalreferate<br />

in den Außenstellen führt zu<br />

unzumutbaren physischen und psychischen<br />

Belastungen. Sie reduzieren<br />

die dringend notwendigen Informationskontakte<br />

zwischen Fachreferenten<br />

und den Leitungen.<br />

• Im letzten Planungszeitraum für<br />

die Lehrerversorgung wurde der notwendige<br />

Konsens über die Zahl der<br />

freigewordenen Lehrerstellen zwischen<br />

Außenstellen und Zentralabteilung<br />

zu spät gefunden. Stückweise<br />

und verspätete Zuteilung der zu<br />

besetzenden Planstellen führte zu<br />

vermeidbaren Verzögerungen. Die<br />

Schulen konnten nicht rechtzeitig zu<br />

Schulbeginn versorgt werden. Die<br />

Budgetierung der Vertretungsmittel<br />

für die Schulaufsichtsbezirke in den<br />

Außenstellen - eine Folge der schrittweisen<br />

Zuteilung der Ressourcen,<br />

die nicht überschritten werden dürfen<br />

- zwingt zur Verkürzung mit anschließender<br />

Verlängerung der Zeitverträge.<br />

Die Folge sind regelmäßig<br />

ein zusätzlicher und vermeidbarer<br />

Verwaltungsaufwand bei den Verlängerungen,<br />

verspätete Gehaltszahlungen,<br />

mündliche und schriftliche<br />

Nachfragen, verärgerte und teilweise<br />

beleidigende Mahnschreiben<br />

durch die Betroffenen. Unbereinigte<br />

Bewerberlisten, die während des<br />

Auswahlverfahrens nicht korrigiert<br />

werden, zwangen die Behörde zum<br />

Abarbeiten seitenlanger Bewerberauflistungen.<br />

Ein unnötiger Aufwand<br />

an Zeit und Kraft! In den drei<br />

Außenstelle werden bei der Berufung<br />

von Bewerbern um Funktionsstellen<br />

drei verschiedene Besetzungsverfahren<br />

durchgeführt. Eine Vereinheitlichung<br />

und Verkürzung der<br />

Wege ist geboten.<br />

• Die zunehmende Verrechtlichung<br />

der Schule hat einen erheblichen<br />

Mehraufwand an Zeit zur Folge.<br />

Beispiel: Begründungsanforderungen<br />

bei Einweisungen in Sonderschulen,<br />

Schulbezirkswechseln, Abordnungen<br />

und Versetzungen usw.<br />

Die Beratung durch Referat 31 in<br />

rechtlichen Fragen ist trotz guten<br />

Willens reduziert, weil die Leiter<br />

nicht mehr in der Lage sind, die<br />

Überfülle der zu leistenden Arbeit<br />

in den Außenstellen noch umfassend<br />

und regelmäßig zu bewältigen.<br />

• Das Führen der Personalakte in der<br />

Zentralabteilung erschwert die Aktenzugänge.<br />

Vielfach muss eine doppelte<br />

Aktenführung gesichert werden,<br />

weil beide Organisationseinheiten<br />

mit ein und demselben Vorgang<br />

befasst sind. Den Referenten in der<br />

Schulaufsicht der Außenstelle liegen<br />

meist keine aktuellen Informationen<br />

über Teilzeitregelungen, Erziehungsurlaube,<br />

Entscheidungen über Stellenbesetzungen,<br />

Ausfertigen von<br />

Urkunden usw. vor. Der ständige<br />

Wechsel der Zuständigkeiten und<br />

der Sachbearbeiter erschwert die vertrauliche<br />

Zusammenarbeit und die<br />

Kommunikation. Referententätigkeiten<br />

in der Schulaufsicht orientieren<br />

sich nicht mehr an dem umfassenden<br />

Auftrag der Schulaufsicht,<br />

sondern beschränkten sich im Wesentlichen<br />

auf Maßnahmen zur Personalbewirtschaftung<br />

über das gesamte<br />

Jahr. Dringend notwendige<br />

Leitungs- und Beratungsaufgaben<br />

müssen vernachlässigt werden.<br />

• Die Reduzierung des Personals in<br />

der Schulabteilung (zur Finanzierung<br />

von LehrerInnenstellen an den Schulen)<br />

führt zur regelmäßigen Überlastung<br />

der Sachbearbeiter und der<br />

Referenten. Darunter leidet die Qualität<br />

der Arbeit. Die Schulaufsicht<br />

verliert zusehends ihren guten Ruf als<br />

Dienstleistungsbehörde. Die Überlastung<br />

des gesamten Personals nicht<br />

nur in den Hochzeiten des Jahres,<br />

sondern über die 12 Monate des<br />

Kalenderjahres hinweg führt zunehmend<br />

zur Flucht aus der Schulaufsicht<br />

durch Rückkehr in eine frühere<br />

Schulleiterfunktion oder in die<br />

Altersteilzeit, zu Krankheiten und<br />

Frustrierung. Die Situation wird<br />

noch durch die anfallenden Vertretungsnotwendigkeiten<br />

und die lang<br />

anhaltende Dauer der Besetzungsverfahren<br />

bei der Berufung von Referentinnen<br />

und Referenten verschärft.<br />

Die Budgetierung der Beförderungsmittel<br />

in der Verwaltung führt in<br />

zahlreichen Fällen zu Demotivationen,<br />

weil die geleistete gute Arbeit<br />

nicht angemessen honoriert werden<br />

kann. Zunehmend müssen Schulaufsichtsbeamte<br />

Sachbearbeitertätigkeiten<br />

übernehmen.<br />

4. Bewertung<br />

Wir befinden uns in einer Übergangssituation.<br />

Zahlreiche Mitarbeiter<br />

haben den Wechsel der Dienststelle<br />

einer Versetzung nach Trier<br />

vorgezogen. Neue Personen müssen<br />

Verwaltungsabläufe noch internalisieren,<br />

die gesetzlichen Grundlagen<br />

im Detail erfassen und die Schreiben<br />

sachgemäß fertigen lernen. Neue<br />

Strukturen haben sich noch nicht<br />

gefestigt und alte entsprechen nicht<br />

mehr dem Organisationsrahmen: So<br />

sind die Wege über die neue „Stufe“<br />

der Außenstellen wesentlich verlängert.<br />

Mehrarbeit bei einem geringeren<br />

Personalschlüssel wird erforderlich.<br />

Das Personal kann dies über einige<br />

Monate leisten, auf Dauer nicht.<br />

26 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Schulaufsicht<br />

Die neuen strukturellen Bedingungen<br />

des Systems sind trotz bestem<br />

Willen der Beteiligten ein weiterer<br />

entscheidender Grund für die Dysfunktion<br />

der neuen Verwaltung. Die<br />

bürokratische Umstrukturierung<br />

nach dem hierarchischen Max-Weber-Modell<br />

scheint zu funktionieren:<br />

Immer neue Vereinheitlichungen für<br />

das ganze Bundesland <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> werden verordnet: neue Überprüfungsverfahren,<br />

Verkürzung der<br />

Abläufe von Berufungen bei Funktionsträgern,<br />

Abschluss von Vertretungsverträgen<br />

vor den Ferien (die<br />

wieder nach Einweisung in Planstellen<br />

aufgelöst werden ), Zentralisierung<br />

der Bewerbererfassung usw..<br />

Nicht zu ändern sind die durch die<br />

Distanz zwischen Koblenz/Neustadt<br />

und Trier gegebenen informellen<br />

Strukturen, die das Bild einer guten<br />

Verwaltung prägen sollten. Die Klagen<br />

von SchulleiterInnen und LehrerInnen<br />

häufen sich, dass Entscheidungen<br />

mit ihnen nicht vorgeklärt<br />

und abgestimmt wurden.<br />

Die Schulräte werden an den Verwaltungssitz<br />

gebunden. Von dort aus<br />

bedienen sie das Telefon, weil sie für<br />

die Gespräche vor Ort nicht mehr<br />

Zeit haben. Und die Zentralstelle ist<br />

fern und meist für die Leitungen telefonisch<br />

unerreichbar, weil die Mitarbeiter<br />

dort nur noch Telefondienst<br />

verrichten könnten, ohne ihrer regelmäßigen<br />

Arbeit nachgehen zu<br />

können. Hinreichend gute informelle<br />

Vertrauensstrukturen existieren<br />

(noch) nicht. Die Verwaltung erscheint<br />

als aufgeblähter Popanz, der<br />

als Prügelknabe für eine politisch<br />

gewollte und dem Schulsystem unangemessene<br />

Reform dient.<br />

Fazit:<br />

Ich kann heute nicht sagen: Schulaufsicht<br />

findet nicht statt. Dies wäre<br />

überzogen. Aber als Insider ist festzustellen:<br />

So darf es nicht weitergehen.<br />

Die Reform ist kein neuer Wurf<br />

zur Verbesserung, sondern ein Blindstoß<br />

zur Befreiung, ohne das angestrebte<br />

Ziel erreichen zu können.<br />

Eine ehemals verbesserungsfähige<br />

Behörde wurde durch ein System<br />

ersetzt, welches noch in hohem<br />

Maße disfunktional ist und seine<br />

endgültige auf Aufgaben bezogene<br />

Struktur noch nicht gefunden hat.<br />

5. Lösungen<br />

Was ist zu tun?<br />

• Die Landesregierung hat ihre<br />

Schulverwaltung zu einer teilweise<br />

ineffizienten Organisation kleingespart.<br />

Der Personalschlüssel muss<br />

überdacht werden. Der Personalabbau<br />

erfolgte zu massiv. Ohne Rückgabe<br />

eines Teils der abgebauten Stellen<br />

wird eine „zusätzliche Behörde“<br />

nicht arbeiten können. (Man nehme<br />

als Beispiel das Ministerium für Bildung,<br />

Wissenschaft und Weiterbildung:<br />

Der gemäßigte Personalabbau<br />

dort hat dieser Behörde ihre Arbeitsfähigkeit<br />

bewahrt. Das beweisen<br />

nicht zuletzt die vielen Initiativen im<br />

Rahmen der Steuerung des Gesamtsystems.)<br />

• Ein Teil des angehäuften Personals<br />

im Referat Personalverwaltung in der<br />

Zentralstelle muß auf die Außenstellen<br />

verlagert werden, um kurze Entscheidungs-<br />

und Durchführungswege<br />

zu gewährleisten.<br />

• Die Organisation der Schulverwaltung<br />

kann dem Weberschen Bürokratiemodell<br />

nicht ohne Reibungsverluste<br />

und Dysfunktionalitäten<br />

unterworfen werden. Hier ist kein<br />

Forst zu verwalten und kein Abwassersystem<br />

zu überwachen. Hier geht<br />

es um Tausende von Mitarbeitern an<br />

unseren Schulen und indirekt um<br />

Tausende von Schülern und deren<br />

Eltern. Die Fülle der Kontakte, der<br />

informellen Beziehungen zwischen<br />

den Mitgliedern des Systems erfordert<br />

die Nähe, das Vertrauen. Regionale<br />

Schulämter hätten diese Aufbauarbeit<br />

besser leisten können. Da<br />

sie nicht gekommen sind, wäre darüber<br />

nachzudenken, wie das Dienstleistungsunternehmen<br />

Schulverwaltung<br />

wieder kundenfreundlich und<br />

kundennah gestaltet werden kann.<br />

• Die Trennung von Schulfachverwaltung<br />

(Fachreferate mit Referenten<br />

und Sachbearbeitern) von der<br />

Personalverwaltung (Juristische Referenten<br />

mit ihren Sachbearbeitern)<br />

nötigt zu Verschriftlichungen und<br />

erfordert lange Wege. Die organisatorische<br />

Zusammenführung beider<br />

Untereinheiten könnte helfen, lange<br />

Verwaltungswege zu verkürzen.<br />

Warum sollten nicht jeweils zuständige<br />

Sachbearbeiter zusammen mit<br />

dem Fachreferenten einen Routinevorgang<br />

entscheiden und anschließend<br />

durchführen. Warum sollte<br />

eine Vertretungsmaßnahme anstelle<br />

einer schriftlichen Anordnung (für<br />

Trier) nicht gleich von der gleichen<br />

Person im Regelfall gefertigt werden?<br />

Die zeitlichen Abläufe würden wesentlich<br />

gekürzt und laufende Rückfragen<br />

blieben erspart.<br />

• Sollten die Stellen der Schulfachreferenten,<br />

die Altersteilzeit beantragt<br />

haben, bei Beginn der Freistellungsphase<br />

zur Hälfte blockiert werden<br />

(in manchen Referaten 20 %!),<br />

bräche das System ganz zusammen.<br />

Die durch die Landesregierung vorgegebenen<br />

Aufgaben der Schulaufsicht<br />

lägen brach. Eine stille Aushöhlung<br />

und Unterminierung einer der<br />

wichtigsten Aufgaben der Regierung<br />

wäre die Folge. Dies kann niemand<br />

wollen.<br />

• Und nicht zuletzt bedarf die Institution<br />

eines funktionierenden EDV-<br />

Systems. Die bestehenden EDV-Programme<br />

in den Außenstellen sind zu<br />

vereinheitlichen und zu optimieren.<br />

Routinevorgänge wie Teilzeitanordnungen,<br />

Ausfertigen von Zeitverträgen,<br />

Verlängerungen von bestehenden<br />

Zeitverträgen könnten so in kürzerer<br />

Zeit erstellt und fehlerfreier<br />

gefertigt werden. Dazu sind aber für<br />

einen begrenzten Zeitraum Mittel<br />

notwendig, um die entsprechende<br />

Software zu erstellen und zu erproben.<br />

Hier ist das Ministerium gefordert.<br />

Denn es muss das höchste Interesse<br />

daran haben, dass eine funktionierende<br />

Einheit geschaffen wird.<br />

Eine fragwürdig beratene Landesregierung<br />

hat sich zu einer Umorganisation<br />

der Schulverwaltung verführen<br />

lassen (müssen). Nachdem so viele<br />

Mängel offensichtlich sind, erwartet<br />

die Fachgruppe Schulaufsicht und<br />

Schulverwaltung in der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, dass diese nicht<br />

hinwegdiskutiert, sondern Maßnahmen<br />

zur Beseitigung ergriffen werden.<br />

Die Mitglieder sind bereit, ihren<br />

Beitrag zu leisten.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

27


Rechte Gewalt<br />

Kontakt mindert Vorurteile<br />

Rassismus in Klassen mit vielen Ausländern niedriger<br />

Je höher der Ausländeranteil in einer<br />

Schulklasse - so glaubte man<br />

jahrzehntelang - desto anfälliger sei<br />

die Klasse für fremdenfeindliche<br />

Konflikte.<br />

Eine neue Studie der Universität Bielefeld<br />

unter Leitung von Prof. Dr.<br />

Rainer Dollase an 7800 SchülerInnen<br />

(sowie 3200 Eltern und rund<br />

400 Lehrkräften) aller Schulformen<br />

der Klassen 5 bis 10 kommt überraschenderweise<br />

zum gegenteiligen Ergebnis:<br />

Höhere Ausländeranteile führen<br />

zu weniger negativ getönten Vorurteilen,<br />

zu prozentual höheren<br />

Freundschaften zwischen Kindern<br />

und Jugendlichen unterschiedlicher<br />

Abstammung, zu mehr Zufriedenheit<br />

in der Klasse bei Eltern, Lehrkräften<br />

und SchülerInnen.<br />

In Hauptschulen, in denen die weitaus<br />

meisten AusländerInnen zu finden<br />

sind, liegt der Anteil fremdenfeindlicher<br />

Ablehnung in rein deutschen<br />

bzw. fast rein deutschen Schulklassen<br />

(Ausländeranteil 0-9%) bei<br />

34% - in Klassen mit höherem Ausländeranteil<br />

(bis zu 80%) - dagegen<br />

zwischen 16 und 19%. Nimmt man<br />

alle SchülerInnen zusammen, so liegt<br />

der Anteil fremdenfeindlicher Kinder<br />

und Jugendlicher bei rund 14%.<br />

Mädchen beurteilen Ausländer positiver<br />

als Jungen und lehnen sie seltener<br />

ab. Allerdings nähern sich Jungen<br />

und Mädchen mit zunehmendem<br />

Alter in ihren Einschätzungen<br />

an. Allgemein steigt die Fremdenfeindlichkeit<br />

mit zunehmendem Alter.<br />

In Gymnasien ist die Fremdenfeindlichkeit<br />

geringer als in den anderen<br />

Schulformen.<br />

Im intensiven Kontakt von Mensch<br />

zu Mensch verlieren sich Vorurteile.<br />

Die positiven Ergebnisse sind allerdings<br />

nicht zum Nulltarif zu haben.<br />

Wie in der Studie belegt wird, beruhen<br />

die positiven Ergebnisse auf Anstrengungen<br />

der Lehrerschaft in multikulturellen<br />

Schulklassen: konsequente<br />

Gleichbehandlung, Gerechtigkeit,<br />

Schaffung eines Sozialklimas,<br />

in dem jeder Schüler als Einzelwe-<br />

sen ernst genommen wird. Beim gemeinsamen<br />

Arbeiten für ein gemeinsames<br />

Ziel senkt sich die Fremdenfeindlichkeit.<br />

Skeptisch sind Betonungen<br />

der kulturellen Unterschiede,<br />

z.B. auch der interkulturellen<br />

Projektwochen, zu beurteilen, da sie<br />

das Trennende und nicht das Gemeinsame<br />

betonen.<br />

Zufriedene SchülerInnen neigen zu<br />

weniger Fremdenfeindlichkeit. Bei<br />

HauptschülerInnen tragen insbesondere<br />

„nette“ Lehrkräfte und ein<br />

„spannender Unterricht“ zum Abbau<br />

der Fremdenfeindlichkeit bei. Zufriedenheit<br />

mit den Eltern, mit den<br />

Klassenkameraden, mit der eigenen<br />

Religion senkt die Fremdenfeindlichkeit.<br />

Die zur Zeit größte Studie zum Thema<br />

Fremdenfeindlichkeit in Schulen<br />

macht man nach Meinung von Rainer<br />

Dollase eine Veränderung der<br />

„interkulturellen Pädagogik“ nötig,<br />

die bisher zu stark die Förderung der<br />

kulturellen Identität betont hat und<br />

damit die Unterschiede zwischen<br />

deutschen und ausländischen Schülern<br />

hervorhebt. Die gegenwärtige<br />

Generation ausländischer Kinder<br />

und Jugendlicher sei den deutschen<br />

viel ähnlicher als man angenommen<br />

habe.<br />

Für die Kompetenzen der Lehrkräfte<br />

in multikulturellen Schulklassen<br />

seien keine neuen Erlasse notwendig,<br />

sondern eine sorgfältige Personalpolitik,<br />

die darauf achte, Lehrkräfte mit<br />

besonderem psychologischen Geschick,<br />

mit pädagogischem Takt und<br />

Sensibilität in multikulturellen Klassen<br />

einzusetzen. Diese Fähigkeiten<br />

ließen sich nicht durch eine formale<br />

Prüfung, sondern nur durch Erfahrung<br />

und Beratung erwerben.<br />

Kontakt: Prof. Dr. Rainer Dollase,<br />

Abteilung Psychologie und Interdisziplinäres<br />

Zentrum für Konflikt- und<br />

Gewaltforschung der Universität Bielefeld,<br />

Telefon 05204/880622, 0172/<br />

5667640.<br />

Eine neue Studie beweist: Höhere Ausländeranteile<br />

in Schulklassen führen zu<br />

weniger negativ getönten Vorurteilen.<br />

Foto: Seifert<br />

28 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Rechtsschutz<br />

Altersteilzeit auch bei Teilzeit<br />

Am 27. September 2000 hat die<br />

Bundesregierung in einem Kabinettsbeschluss,<br />

der die Eckpunkte für<br />

die Besoldungsanpassung bei BeamtInnen<br />

festlegt, beschlossen, dass im<br />

Bundesrecht die Erweiterung der Altersteilzeitregelung<br />

inhalts- und zeitgleich<br />

mit dem Bundesangestellten-<br />

Nach § 12 Landesbeamtenzeit kann<br />

eine Beförderung auf eine Funktionsstelle<br />

erst dann erfolgen, wenn sich<br />

die Beamtin bzw. der Beamte auf<br />

dem höher bewerteten Dienstposten<br />

bewährt hat.<br />

Bisher gilt als Beförderungstermin<br />

der rheinland-pfälzische Verfassungstag,<br />

der 18. Mai eines Jahres. Dieser<br />

starre Termin hatte zur Folge, dass<br />

ein Ende November kommissarisch<br />

bestelltes Schulleitungsmitglied oder<br />

ein/e kommissarisch bestellte/r Fachleiter/in<br />

knapp achtzehn Monate<br />

Wie schon berichtet, wurde gerichtlich<br />

überprüft, ob die Lehrerarbeitszeitverordnung<br />

hinsichtlich der verpflichtenden<br />

Vorgriffsstunde und<br />

hinsichtlich der Streichung der Altersermäßigung<br />

rechtlich Bestand<br />

haben kann.<br />

Es wurde gerichtlich festgestellt, dass<br />

der Dienstherr gem. § 80 Abs. 3 Lan-<br />

Erprobungszeit wird geändert<br />

Vorgriffsstunde rechtens<br />

warten muss, bis sie oder er die Beförderungsurkunde<br />

und damit auch<br />

die höhere Besoldung erhält.<br />

Andere, die das Glück hatten, die<br />

kommissarische Beauftragung Anfang<br />

November zu erhalten, konnten<br />

sich schon nach einem halben<br />

Jahr über die höhere Besoldung und<br />

die Urkunde freuen.<br />

Diese Ungleichbehandlung soll geändert<br />

werden. Das MBWW nimmt<br />

Abschied von dem festen Beförderungstermin<br />

und geht über zur Beförderung<br />

nach Bewährung in einer<br />

desbeamtengesetz berechtigt ist, Regelungen,<br />

wie sie in der Lehrerarbeitszeitverordnung<br />

getroffen wurden,<br />

zu machen. Es wurde weiterhin<br />

festgestellt, dass die getroffenen Regelungen<br />

auch nicht gegen höherrangiges<br />

Recht verstoßen.<br />

Der Dienstherr darf somit rechtlich<br />

von den LehrerInnen die Ableistung<br />

tarifvertrag übernommen wird.<br />

Damit dürfte sichergestellt sein, dass<br />

die bundesgesetzlichen Voraussetzungen<br />

für die Altersteilzeit für Teilzeitbeschäftigte<br />

ab dem nächsten<br />

Schuljahr vorliegen.<br />

Die Landesregierung <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> wird aufgefordert dafür zu sorgen,<br />

dass die Bundesregelung zügig<br />

durch Rechtsverordnung umgesetzt<br />

wird.<br />

Bevor Altersteilzeit beantragt wird,<br />

ist dringend zu empfehlen, sich von<br />

der <strong>GEW</strong>-Landesrechtsschutzstelle<br />

über das Antragsverfahren, die Besoldung<br />

bzw. Vergütung während<br />

der Altersteilzeit und die Auswirkungen<br />

auf die spätere Beamtenversorgung<br />

bzw. Rente beraten lassen.<br />

bsm / d.r.<br />

einjährigen Erprobungszeit.<br />

Wenn rechtzeitig vor Ablauf der Erprobungszeit<br />

die Bewährung in der<br />

Funktionsstelle festgestellt worden<br />

ist, dann erfolgt die Beförderung<br />

nach Ablauf der einjährigen Erprobungszeit.<br />

Für lehrbeauftragte FachleiterInnen,<br />

für Leitungen von neu gegründeten<br />

Schulen oder Versuchsschulen kann<br />

die Erprobungszeit bis zu einem halben<br />

Jahr verkürzt werden.<br />

Derzeit ist die betreffende Verwaltungsvorschrift<br />

in Arbeit; sie soll mit<br />

Wirkung vom 01.06.2001 in Kraft<br />

treten. d.r<br />

der Vorgriffsstunde verlangen und<br />

diese später ausgleichen.<br />

Auch das Arbeitsgericht Ludwigshafen<br />

und das Landesarbeitsgericht<br />

Mainz haben festgestellt, dass dies<br />

von den teilzeitbeschäftigten angestellten<br />

Lehrkräften verlangt werden<br />

darf und dass damit auch kein Verstoß<br />

gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz<br />

vorliegt.<br />

bsm<br />

Hilfe beim Arbeitszeugnis<br />

Angestellte sind berechtigt, auch<br />

während des Arbeitsverhältnisses ein<br />

qualifiziertes Arbeitszeugnis zu verlangen.<br />

Da die Zeugnissprache häufig sehr<br />

verschlüsselt formuliert, bietet die<br />

<strong>GEW</strong>-Landesrechtsschutzstelle den<br />

<strong>GEW</strong>-Mitglieder Beratung und Hilfe<br />

bei der Durchsicht solcher Zeugnisse<br />

an.<br />

Die Beratung und Unterstützung ist<br />

für die <strong>GEW</strong>-Mitglieder kostenfrei.<br />

d.r<br />

Merkblatt zur<br />

Mehrarbeit<br />

Immer wieder gibt es Anfragen von<br />

KollegInnen aus den Schulen zur<br />

Handhabung von Mehrarbeit, deren<br />

Ausgleich oder deren Bezahlung.<br />

Die <strong>GEW</strong>-Landesrechtsschutzstelle<br />

hat daher ein Merkblatt erarbeitet,<br />

das <strong>GEW</strong>-Mitglieder kostenlos bei<br />

der <strong>GEW</strong>-Landesgeschäftsstelle anfordern<br />

können.<br />

d.r<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

29


Alter + Ruhestand<br />

Die <strong>GEW</strong> gratuliert<br />

im Januar 2001<br />

zum 70. Geburtstag<br />

Herrn Paul Bleicker<br />

13.01.1931<br />

Feckweilerhaide 7 · 55765 Birkenfeld<br />

Herrn Hans Walter Hessinger<br />

21.01.1931<br />

Turnhallenstr. 5 · 55234 Ober-Flörsheim<br />

Frau Roswitha Walter<br />

23.01.1931<br />

Lessingstr. 70 · 56288 Kastellaun<br />

zum 75. Geburtstag<br />

Frau Hilde Schaab<br />

07.01.1926<br />

Unter den Eichen 18 · 56357 Obertiefenbach<br />

Frau Ruth Schreiber<br />

15.01.1926<br />

Glockenstr. 42 · 67655 Kaiserslautern<br />

Herrn Karl Meyer<br />

22.01.1926<br />

Gutenbergstr. 40 · 76889 Oberotterbach<br />

Herrn Kurt Franzmann<br />

23.01.1926<br />

Soonwaldstr. 11 · 55566 Sobernheim<br />

zum 80. Geburtstag<br />

Frau Helga Backhaus<br />

01.01.1921<br />

Stauchwiesen 36 · 67659 Kaiserslautern<br />

zum 85. Geburtstag<br />

Herrn Horst Karst<br />

06.01.1916<br />

Mörikestr. 47 · 67549 Worms<br />

zum 87. Geburtstag<br />

Herrn Eberhard Richard<br />

13.01.1914<br />

Speyerer Str. 50 · 67117 Limburgerhof<br />

zum 89. Geburtstag<br />

Frau Meta Keller<br />

13.01.1912<br />

Merzheimer Hauptstr. 28 · 76829 Landau<br />

Frau Justine Kröhle<br />

17.01.1912<br />

Muskatellerweg 9 · 55291 Saulheim<br />

zum 91. Geburtstag<br />

Herrn Richard Welker<br />

16.01.1910<br />

Hochwaldstr. 4 · 55765 Birkenfeld<br />

zum 92. Geburtstag<br />

Herrn Paul Majuntke<br />

09.01.1909<br />

Ackerstr. 3 · 56459 Gemünden<br />

zum 96. Geburtstag<br />

Herrn Albert Koch<br />

03.01.1905<br />

Spelzenhofstr. 31 · 67678 Mehlingen<br />

im Februar 2001<br />

zum 70. Geburtstag<br />

Herrn Kurt Steigner<br />

15.02.1931<br />

Alte Landstr. 5 · 66955 Pirmasens<br />

zum 75. Geburtstag<br />

Herrn Albert Gerke<br />

05.02.1926<br />

Sonnenstr. 8 · 66954 Pirmasens<br />

Herrn Werner Cornelius<br />

06.02.1926<br />

Faberstr. 11 · 67063 Ludwigshafen<br />

Frau Margarethe Luck<br />

18.02.1926<br />

Zur Holzbachschlucht 21 · 55490 Gemünden<br />

Herrn Lothar Jacob<br />

19.02.1926<br />

Auf Kraemel 6 · 67792 Lauterecken<br />

Frau Ursula Sommer<br />

24.02.1926<br />

Hetzelstr. 9 · 67433 Neustadt<br />

Herrn Karl H. Frankhäuser<br />

24.02.1926<br />

Reiweg 9 · 56587 Straßenhaus<br />

zum 80. Geburtstag<br />

Frau Gisela Appelt<br />

11.02.1921<br />

Hambacher Str. 26 · 67125 Dannstadt-Schauernh.<br />

Herrn Helmut Wöhling<br />

19.02.1921<br />

Hauptstr. 35 · 55490 Gehlweiler<br />

Herrn Johannes Rempel<br />

23.02.1921<br />

Büchnerallee 16 · 55127 Mainz<br />

zum 85. Geburtstag<br />

Frau Elisabeth Herres<br />

12.02.1916<br />

Breite Str. 68 · 56626 Andernach<br />

zum 88. Geburtstag<br />

Frau Anna Dickes<br />

06.02.1913<br />

Pfarrgasse 35 · 55234 Flomborn<br />

Der Landesvorstand<br />

30 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Alter + Ruhestand / Leserbrief<br />

Gesundheit ist nicht alles -<br />

… aber ohne Gesundheit ist alles nichts<br />

Beim Landesseniorentag der <strong>GEW</strong>-<br />

Baden-Württemberg in Heilbronn<br />

war „Gesundes Altwerden“ Thema<br />

der Tagung. Prof. Dr. Franz-Josef<br />

Große-Ruyken, Vorsitzender des<br />

Stadtseniorenrates Freiburg und ehemals<br />

Präsident der Landesärztekammer<br />

BW, stellte in seinem Vortrag die<br />

„Komplexität der Gesundheit im<br />

Alter“ anschaulich dar. Nachfolgend<br />

einige Thesen daraus:<br />

• Was ist unter Gesundheit zu verstehen?<br />

• Unterschiede zwischen der objektiven<br />

Gesundheitsbelastung und<br />

dem subjektiven Krankheitserleben,<br />

• Prävention, Behandlung, Rehabilitation<br />

sowie ambulante und stationäre<br />

Altenarbeit.<br />

Bei der Frage, was unter Gesundheit<br />

zu verstehen sei, zitierte er zunächst<br />

die Definition der WHO (Weltgesundheitsorganisation):<br />

„Gesundheit<br />

ist das Freisein von körperlichen, seelischen<br />

und sozialen Beeinträchtigungen“.<br />

Der Referent gab zu bedenken,<br />

dass der Mensch in jedem Lebensabschnitt<br />

und nicht nur im Alter<br />

körperliche, seelische und soziale<br />

Krisen erlebe. Entscheidend sei, wie<br />

wir damit umgehen. Gesundheit<br />

dürfe nicht als ein rein körperliches<br />

Phänomen betrachtet werden. Auch<br />

das soziale Umfeld trage wesentlich<br />

dazu bei, ob sich der Mensch gesund<br />

oder krank fühle. Gesundheit sei davon<br />

abhängig, ob die Beziehung zur<br />

Umwelt fruchtbar, reichhaltig und<br />

aufgabenbezogen sei. Man spreche<br />

daher auch von einer „sozialen Gesundheit“,<br />

die vor allem ältere Menschen<br />

davon bewahre, in die Isolation<br />

zu geraten. Gesund sei, wer den<br />

Alltag bewältige.<br />

Eine der wichtigsten Aufgaben der<br />

Gesundheitsfürsorge sei deshalb, die<br />

Belastbarkeit des Menschen so zu<br />

steigern, dass er mit Konflikten, Einschränkungen,<br />

Entbehrungen und<br />

Verlusten umgehen kann und es ihm<br />

auch im Alter gelingt, trotz einzelner<br />

körperlicher Einschränkungen<br />

ein einigermaßen zufriedenstellendes<br />

und aufgabenbezogenes Leben zu<br />

führen. Der Heidelberger Philosoph<br />

Martin Buber gebe in seinem 1951<br />

veröffentlichten Buch mit dem Titel<br />

„Ich und Du“ zu überlegen, dass der<br />

Mensch von seinem Wesen her auf<br />

Begegnung angelegt sei, dass er ohne<br />

ein „Du“, d.h. ohne Begegnung mit<br />

dem anderen nicht existieren könne.<br />

Verarbeitung von gesundheitlichen<br />

Einschränkungen werde nur gelingen,<br />

wenn er integriert sei, d.h. die<br />

Möglichkeit habe, Aufgaben im Verein<br />

bzw. in seinen sozialen Beziehungen<br />

wahrzunehmen.<br />

Liebe KollegInnen, ich wünsche<br />

euch allen Gesundheit im weitesten<br />

Sinne, Glück und Zufriedenheit, ein<br />

friedvolles Weihnachtsfest und ein<br />

gesundes neues Jahr 2001!<br />

Edmund Theiß<br />

Schädlich für die <strong>GEW</strong><br />

Betr.: <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> 11/00, Leserbrief von Paul<br />

Schuh<br />

Die einseitige Darstellung des Kollegen<br />

Schuh über die Arbeitsweise von <strong>GEW</strong>-<br />

Personalräten in der ehemaligen Bezirksregierung<br />

Koblenz kann nicht unwidersprochen<br />

bleiben, da sie objektiv<br />

unrichtig ist:<br />

Fakt ist, dass Kollege Schuh per rechtskräftigem<br />

Verwaltungsgerichtsurteil aus<br />

einem Bezirkspersonalrat ausgeschlossen<br />

wurde - wegen objektiv vorliegender<br />

Verstöße gegen das Landespersonalvertretungsgesetz.<br />

Damit hat er der<br />

<strong>GEW</strong>-Fraktion im Bezirkspersonalrat<br />

und der <strong>GEW</strong> Koblenz geschadet.<br />

Fakt ist weiterhin, dass seine Berufung<br />

beim OVG wegen Aussichtslosigkeit<br />

nicht angenommen wurde.<br />

Fakt ist auch, dass Kollegen Schuh in<br />

einem zivilgerichtlichen Verfahren untersagt<br />

wurde, herabwürdigende und<br />

unwahre Äußerungen über bestimmte<br />

KollegInnen unter Androhung eines<br />

Zwangsgeldes zu unterlassen.<br />

Fakt ist, dass Paul Schuh ungerechtfertigte<br />

Dienstaufsichtsbeschwerden gegen<br />

<strong>GEW</strong>-Personalräte eingereicht hat.<br />

Fakt bleibt, dass die „Aktivitäten“ des<br />

Kollegen Schuh für die <strong>GEW</strong> im Raum<br />

Koblenz schädlich waren.<br />

Über ein wegen gewerkschaftsschädigenden<br />

Verhaltens gegen ihn eingeleitetes<br />

Ausschlussverfahren ist noch nicht<br />

endgültig entschieden: Die Bundesschiedskommission<br />

hat den Ausschluss<br />

bestätigt. Der Einspruch des Kollegen<br />

Schuh bei dem Hauptvorstand wird im<br />

März 2001 behandelt.<br />

Tilman Boehlkau<br />

Vorsitzender der <strong>GEW</strong><br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Anmerkung der Redaktion:<br />

Mit dieser Reaktion unseres Landesvorsitzenden<br />

auf den Leserbrief von Paul<br />

Schuh betrachten wir die Diskussion<br />

über dieses Problem in unserer Zeitung<br />

als beendet. Wir bitten deshalb darum,<br />

von weiteren Stellungnahmen abzusehen.<br />

Die Kritiker an der <strong>GEW</strong>-Arbeit<br />

im ehemaligen BPR GHS / Regionale<br />

Schulen haben ihre ausführliche Plattform<br />

gehabt. Dieser regional begrenzte<br />

Konflikt ist für die meisten Mitglieder<br />

des Landesverbandes - dazu zählen<br />

auch die Redaktionsmitglieder -<br />

nur schwer nachzuvollziehen und stellt<br />

die engagierte Arbeit von <strong>GEW</strong>-KollegInnen<br />

in den Stufenvertretungen in<br />

einem falschen Licht dar.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

31


Tipps + Termine<br />

Schluss mit der sonntäglichen Langeweile<br />

Ein Nachmittag mit Kindern kann<br />

verdammt lang werden - wenn man<br />

nicht mehr weiß, was man unternehmen<br />

soll. Den Zoo kennen die Kinder<br />

längst auswendig, Museen finden<br />

sie genauso langweilig wie ihre Eltern,<br />

alle Schwimmbäder sind besucht<br />

und die 100 Spiele, die sich in<br />

der schmucken Holzkiste aus dem<br />

Spielwarenladen befinden, locken<br />

keinen Halbwüchsigen mehr hinter<br />

dem Ofen hervor.<br />

Was tun gegen die Langeweile? Übernachten<br />

Sie mit Ihren Kindern doch<br />

mal in einer Hängematte, stauen Sie<br />

einen Bach, gehen Sie Pilze oder<br />

Waldfrüchte suchen, lassen Sie sich<br />

von den Kleinen schminken oder<br />

drehen Sie einen Videofilm. Werner<br />

Kölbl, Sozialpädagoge aus München,<br />

hat sich gemeinsam mit den vielen<br />

Kindern, mit denen er beruflich und<br />

privat „arbeitet“, originelle Spielideen<br />

für triste Nachmittage ausgedacht.<br />

„Verrückt spielen“ heißt diese<br />

Sammlung der spannendsten, kreativsten<br />

und vergnüglichsten Freizeitaktivitäten.<br />

Aber Vorsicht, Kölbl hat den Einfallsreichtum<br />

der Kinder kaum gebremst,<br />

d.h. viele der Vorschläge sind<br />

etwas verwegen oder auch „normalerweise“<br />

verpönt: Sich gegenseitig<br />

Haare schneiden, einen ganzen Tag<br />

lang lügen, eine Wassermelone von<br />

einem Turm herunter schmeißen, ein<br />

defektes Elektrogerät zerlegen oder<br />

eine nicht geringe Menge Geld vor<br />

den Augen der restlichen Familie für<br />

etwas garantiert völlig Sinnloses ausgeben.<br />

Aber auch wenn „nur“ musiziert,<br />

gemalt und die Natur erforscht<br />

wird, sind die Spielideen ebenso einfach<br />

wie mitreißend. Das Wichtigste<br />

aber sei, so der Autor, dass man<br />

überhaupt etwas macht und dass<br />

man es gemeinsam tut. Regeln und<br />

ihre Variationen ergeben sich dabei<br />

von ganz alleine.<br />

Werner Kölbl: Verrückt spielen - 113<br />

Ideen, mit Kindern einen Nachmittag<br />

zu verbringen. Eichborn Verlag,<br />

123 Seiten, gebunden, DM 19,80<br />

red.<br />

Überlebende des Holocaust berichten<br />

Die gemeinnützige „Survivors of the<br />

Shoah Visual History GmbH“ macht<br />

erstmals deutschsprachige Interviews<br />

mit Überlebenden des Holocaust aus<br />

ihrem Archiv zugänglich. Ihre Präsentation<br />

erfolgt auf einer CD-ROM<br />

für SchülerInnen und geschichtlich<br />

Interessierte. Zu der von dem amerikanischen<br />

Regisseur Steven Spielberg<br />

in Los Angeles gegründeten gemeinnützigen<br />

„Survivors of the Shoah Visual<br />

History GmbH“ gehört eine<br />

europäische Niederlassung gleichen<br />

Namens mit Sitz in Berlin. Die Stiftung<br />

hat es sich zur Aufgabe gemacht,<br />

die Erinnerungen von Überlebenden<br />

des Holocaust aufzuzeichnen. Zur<br />

Zeit besteht das Archiv aus mehr als<br />

50.000 Videos mit persönlichen Berichten<br />

in 32 Sprachen von Zeitzeugen<br />

aus 57 Ländern.<br />

Die CD-ROM, die unter dem Titel<br />

„Erinnern für Gegenwart und Zukunft.<br />

Überlebende des Holocaust<br />

berichten“ im Cornelsen Verlag erschien<br />

und von einem engagierten<br />

Team deutscher Historiker und Pädagogen<br />

speziell für den Gebrauch der<br />

Schule und Unterricht konzipiert<br />

wurde, verknüpft Berichte von Überlebenden<br />

mit Originaldokumenten,<br />

erläuternden Texten, Fotos und<br />

Filmausschnitten. Zu Wort kommen<br />

jüdische Verfolgte ebenso wie Sinti<br />

und Roma, Homosexuelle, Zeugen<br />

Jehovas, politische Gegner der NS-<br />

Diktatur sowie Menschen, die den<br />

Verfolgten geholfen haben.<br />

Die interaktive CD-ROM bietet einen<br />

biographiebezogenen Zugang<br />

zur Zeit des Nationalsozialismus. Im<br />

Zentrum stehen die persönlichen<br />

Lebensberichte der beiden jüdischen<br />

Überlebenden Irmgard Konrad und<br />

Hans Frankenthal. Vor dem Hintergrund<br />

ihrer Lebenssituationen, Erlebnisse<br />

und Erfahrungen sowie den<br />

Aussagen anderer Zeitzeugen, wird<br />

die Geschichte des Holocaust dargestellt<br />

sowie wichtige Aspekte der Verfolgung<br />

durch das nationalsozialistische<br />

Regime beleuchtet. Eine historische<br />

Einordnung der Einzelaussagen<br />

wird durch zwei Zeitleisten ermöglicht.<br />

Diese dokumentieren die<br />

wichtigsten politischen Ereignisse<br />

und veranschaulichen das alltagsund<br />

kulturgeschichtliche Panorama<br />

der Zeit vor, während und nach der<br />

NS-Herrschaft. Zusätzlich steht ein<br />

Glossar mit Erläuterungen zur Verfügung.<br />

Erinnern für Gegenwart und<br />

Zukunft regt dazu an, sich kritisch<br />

mit der deutschen Geschichte auseinander<br />

zu setzen. Vermittlung von<br />

Wissen und Verstehen wird als eine<br />

Notwendigkeit erachtet, rechtsradikalen<br />

Entwicklungen entgegenzuwirken.<br />

Bezug: Im Buchhandel oder beim<br />

Cornelsen Verlag, Mecklenburgische<br />

Str. 5, 14197 Berlin.<br />

red.<br />

32 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Kreis + Region<br />

Kreisverband Worms-Alzey<br />

Dokumentation von Ohnmacht?<br />

Der <strong>GEW</strong>-Kreisverband Worms-Alzey hat an den Wormser Grundschulen<br />

eine Umfrage zur Situation verhaltensauffälliger Kinder<br />

durchgeführt.<br />

Zwar existiert in Worms seit Jahren das „Worms-Dauner Modell“,<br />

die so genannte „Integrierte Förderung“, um lernbehinderte Kinder<br />

in Regelschulen zu fördern, doch wird das Modell mittlerweile<br />

als Universalmittel für jegliche Form der Beeinträchtigung angewandt<br />

und werden andere Maßnahmen einfach gestrichen. Dies<br />

eindeutig zum Nachteil von betroffenen SchülerInnen und LehrerInnen.<br />

Aufgrund der Rückmeldungen muss davon ausgegangen werden,<br />

dass (natürlich bei wesentlich höherer Dunkelziffer) mindestens<br />

43 Wormser Grundschulkinder ihren LehrerInnen und MitschülerInnen<br />

ganz erhebliche Schwierigkeiten bereiten, die das Umfeld<br />

nicht mehr allein auffangen kann, wozu aber keine Hilfen zur<br />

Verfügung stehen. Besonders häufig (28 Mal) nannten die befragten<br />

KollegInnen Aggression gegen MitschülerInnen als größtes<br />

Problem. Tägliche verbale Entgleisungen wurden in 20 Fällen genannt,<br />

ebenso regelmäßige (bis zu täglichen) Wutausbrüche. Zu<br />

selbstaggressivem Verhalten kam es immerhin bei fünf Kindern.<br />

Bei der Frage nach der Problemlösung zeigte sich, dass die LehrerInnen<br />

zuerst meist versuchen, mit Kind oder Eltern ein Gespräch<br />

zu führen, gleichzeitig aber auch die Wirkungslosigkeit dieser<br />

Maßnahme eingestehen. In mehreren Fällen wurde gar mehrtägiger<br />

Ausschluss vom Unterricht an der Grundschule durchgesetzt.<br />

Die Zusammenarbeit mit dem Schulpsychologischen Dienst wurde<br />

als absolut untergeordnet genannt. In Einzelfällen erscheint die<br />

Zusammenarbeit mit dem Kinderarzt erfolgversprechender.<br />

Die Belastung durch die Beschäftigung mit diesen auffälligen Kindern<br />

nannte die Mehrheit der befragten LehrerInnen als stark gestiegen,<br />

ebenso wurde die Belastung für die Klassengemeinschaft<br />

eingeschätzt.<br />

Besonders bemängelten die PädagogInnen die mangelnde Unterstützung<br />

durch die jeweiligen Elternhäuser. Auch mit der Zusammenarbeit<br />

mit Förderlehrkräften und Jugendamt waren zahlreiche<br />

LehrerInnen gar nicht zufrieden.<br />

Für den <strong>GEW</strong>-Kreisverband wären verschiedene Lösungsansätze<br />

denkbar, zum Beispiel die verstärkte Aus- und Weiterbildung aller<br />

Lehrkräfte, die Berücksichtigung von V-Kindern bei der Klassenbildung<br />

(-größe), mehr Stunden für Förderlehrkräfte an den Regelschulen<br />

und reduzierte Unterrichtsverpflichtung der betroffenen<br />

Kinder. Auch intensive Unterstützung durch den Schulpsychologischen<br />

Dienst an allen Schulen sollte geleistet werden, fordert<br />

der <strong>GEW</strong>-Kreisverband. Zusätzlich müsste auch das Umfeld<br />

der Schulen verbessert werden, etwa durch den Einsatz von Familienhelfern,<br />

Pflegefamilien, qualifizierte fachärztliche Betreuung<br />

und auch Rückmeldung der Maßnahmen an die Schulen sowie<br />

Einbeziehen der Schule in Entscheidungen außenstehender Stellen.<br />

Wünschenswert wäre die Schaffung besonderer schulischer<br />

Einrichtungen, in denen auch die Rückgliederungsmöglichkeit in<br />

die Regelschulen gegeben ist. Und weniger Bürokratismus wäre<br />

natürlich förderlich.....<br />

Als Konsequenz aus der Umfrage will der Kreisverband Worms-<br />

Alzey Gespräche mit VertreterInnen von Jugendamt und Schulbehörde<br />

führen und versuchen, die Lage der Wormser SchülerInnen<br />

und LehrerInnen zu verbessern. Als positives Beispiel wäre Landau<br />

zu nennen: Bei einer Einwohnerzahl von 40.000 werden jährlich<br />

5 Millionen DM für Jugendhilfe ausgegeben. Die Stadt Worms<br />

hat doppelt so viele Einwohner, gibt halb so viel für die Jugendhilfe<br />

aus und will auch diesen Betrag noch deutlich kürzen.<br />

jöpf/tje<br />

Kreis Ludwigshafen/Speyer<br />

Gegen rechte Gewalt und Rassismus<br />

Unter dem Motto „Ein Band gegen rechte Gewalt und Rassismus<br />

„ fanden sich im November viele Organisationen in Ludwigshafen<br />

zusammen, um gemeinsam öffentlich Zeichen zu setzen. Jugendorganisationen,<br />

Bürgerinitiativen, Kirchen, Parteien und selbstverständlich<br />

der DGB und seine Einzelgewerkschaften beteiligten sich<br />

an den Aktionswochen gegen Rechts.<br />

Zahlreiche SchülerInnen und Lehrkräfte nahmen an der Demo gegen<br />

rechte Gewalt in Ludwigshafen teil. Foto: Lukas Schmitt<br />

Als Auftaktveranstaltung wurde am 9.November ein „Band“ geknüpft<br />

vom Denkmal für die verfolgten Sinti und Roma beim<br />

Lichttor am Rathauscenter bis zur Erinnerungstafel am Standort<br />

der ehemaligen Synagoge in der Maxstr.<br />

Um diese Verbindung herstellen zu können, wurden etwa 1000<br />

Menschen benötigt. Die Veranstalter hatten im Vorfeld deshalb<br />

etwas flaue Gefühle, ob dies denn auch gelingen könnte. Es gelang!<br />

Und nicht nur einmal wurde das „Band“ geknüpft. Doppelt<br />

und dreifach wurde das Band durch die Fußgängerzone gespannt!<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

33


Kreis + Region<br />

Die <strong>GEW</strong> beteiligte sich an der Aktionswoche mit einer öffentlichen<br />

Mitgliederversammlung zum Thema: „Ursachen rechter Orientierungen<br />

bei Jugendlichen“. Kollege Fritz Marz wollte als Referent<br />

nicht als alleiniger Experte Patentrezepte liefern, sondern alle,<br />

die mit Jugendlichen arbeiten, seien ExpertInnen, die „patente Anregungen“<br />

geben könnten, wie mit diesen Jugendlichen umzugehen<br />

sei und wie sie aus der rechten Ecke herausgeholt werden könnten.<br />

Nach einer Definition des Rechtsextremismus und den häufigsten<br />

Ursachen für die Anziehungskraft rechter Gruppierungen auf Jugendliche<br />

stiegen die ZuhörerInnen bereits in die Diskussion ein.<br />

Eltern, ErzieherInnen aus dem außerschulischen Bereich, LehrerInnen<br />

aus allen Schularten und ein Kurs von RealschülerInnen<br />

an der VHS brachten ihre Erfahrungen und Vorschläge ein. Kleinere<br />

Klassen, mehr Schulsozialarbeit, mehr Jugendarbeit, mehr<br />

Hilfe bei schulischen, familiären und Problemen in der Ausbildung,<br />

mehr Möglichkeiten des gemeinschaftlichen Erlebens und<br />

Abbau der drohenden Vereinzelung und Vereinsamung der Jugendlichen<br />

waren die Hauptforderungen.<br />

Nach mehr als zweistündiger Diskussion wurde die Veranstaltung<br />

beendet, obwohl noch viele TeilnehmerInnen gerne weiter gemacht<br />

hätten. Das können und sollen sie auch und zwar jeweils in ihrem<br />

persönlichen Umfeld, denn die Veranstaltung wollte nur Anstoß<br />

sein und Anregung geben. Lösungen müssen immer in der konkreten<br />

Situation und am konkreten Ort gefunden werden.<br />

UK<br />

Bezirk Trier<br />

Es bewegt sich etwas in Sachen<br />

„Integration“!<br />

Unter dem Thema „Integration in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>: Stillstand oder<br />

Weiterentwicklung“ fand am 26.10.2000 eine sehr gut besuchte<br />

Podiumsdiskussion in Trier statt. Nicht nur die unerwartet große<br />

Zahl von ca. 120 Eltern, LehrerInnen, SchulleiterInnen und Schulaufsichtsbeamten,<br />

sondern auch die engagierte Diskussion zeigte,<br />

dass Integration noch immer ein Thema ist, das viele bewegt. Souverän<br />

geleitet durch den Redakteur des „Trierischen Volksfreund“<br />

diskutierten auf dem Podium Frieder Bechberger-Derscheidt<br />

(MBWW), Prof. Dr. Rudi Krawitz (Uni Koblenz-Landau), Dr. Peter<br />

Aymanns (Verein Gemeinsam Leben - Gemeinsam Lernen Trier),<br />

Sylvia Sund (<strong>GEW</strong>) sowie Schulleiter der betroffenen Trierer Schulen.<br />

Etwas Wind aus der Diskussion nahm Frieder Bechberger-Derscheidt<br />

bereits eingangs durch die Ankündigung eines integrativen<br />

Gesamtkonzeptes, zu dem er bereits einige Eckpunkte mitteilen<br />

konnte:<br />

* Ziel: flächendeckendes integratives Angebot durch Schwerpunktschulen<br />

* Beginn des sukzessiven Ausbaus zum Schuljahr 2001/2002 an<br />

ca. 40 Grundschulen, die bereits entsprechende Erfahrungen haben<br />

* bessere personelle Grundausstattung als im „Folgekonzept“<br />

* zusätzliche Zuweisung von Sonderschullehrerstunden für Beeinträchtigte<br />

entsprechend der neuen Verwaltungsvorschrift zur Unterrichtsorganisation<br />

an Sonderschulen („Rucksackstunden“)<br />

Auch wenn diese unerwartet positiven Nachrichten wohlwollend<br />

zur Kenntnis genommen wurden, blieben kritische Fragen und Anmerkungen<br />

sowie weitergehende Forderungen nicht aus.<br />

Bemängelt wurde insbesondere mit Nachdruck die unzureichende<br />

Informationspolitik der Landesregierung in Bezug auf integrative<br />

Maßnahmen. Es sei für Eltern und Kindergärten ausgesprochen<br />

schwierig, an ausreichende Informationen über Möglichkeiten<br />

vor Ort zu kommen. Weder gäbe es entsprechende Veröffentlichungen<br />

noch eine Anlaufstelle. Darüber hinaus wurde von R.<br />

Krawitz angemahnt, Aspekte integrativer Didaktik und Methodik<br />

für alle Lehrämter verpflichtend in die Lehreraus- und -weiterbildung<br />

aufzunehmen. Abgesehen davon würden für die SEK I nach<br />

wie vor integrative didaktische Konzepte fehlen.<br />

Als großes Problem erweist sich für derzeitige integrative Maßnahmen<br />

(„Folgekonzept“ und Einzelintegration), dass hier die Klassenmesszahl<br />

nicht gesenkt wurde. Gefordert wurde weiter, dass<br />

diese in der Grundschule begonnenen Maßnahmen in der SEK I<br />

weitergeführt werden. Als noch dringender zeigte sich jedoch die<br />

Notwendigkeit, für den Bereich der beruflichen Bildung und Eingliederung<br />

Konzepte zu erarbeiten und umzusetzen. Für beeinträchtigte<br />

SchülerInnen aus Trierer Abschlussklassen zeichnet sich<br />

z.Zt. noch keine Lösung ab.<br />

Um zu verdeutlichen, dass Integration tatsächlich politischer Wille<br />

der Landesregierung ist, wurde erneut nachdrücklich die Verankerung<br />

des Schulwahlrechts für Eltern beeinträchtiger SchülerInnen<br />

im Schulgesetz gefordert. Dies gäbe allen Betroffenen die nötige<br />

Rechtssicherheit und würde vor allem die Eltern aus dem Status<br />

von Bittstellern befreien.<br />

Regina Mannitz / Sylvia Sund<br />

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34 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00


Forscher für „Rebell“ gesucht<br />

Unter unserer Rubrik „Das Allerletzte“<br />

sind in der Regel Meldungen abgedruckt,<br />

die es ob ihrer Kuriosität<br />

nicht verdienen, ernst genommen zu<br />

werden. Wenn an dieser illustren<br />

Stelle nun Anmerkungen zu den ersten<br />

Presseberichten - darauf müssen<br />

wir zurückgreifen, zu Pressekonferenzen<br />

im MBWW wird die <strong>GEW</strong>-<br />

Zeitung nicht eingeladen - über die<br />

Ergebnisse der „Markus“-Vergleichstests<br />

zu lesen sind, so ist das kein<br />

Versehen, sondern bewusste Absicht.<br />

Denn: Wie sollen wir das Ergebnis<br />

einer teueren Studie ernst nehmen,<br />

deren wesentlichen Erkenntnisse -<br />

darf man der Darstellung in der Tagespresse<br />

glauben - eine bizarre Mischung<br />

aus Banalitäten („gebildete<br />

Eltern und gute Sprachkenntnisse<br />

fördern die Schulleistungen“) und<br />

Provokationen („Lernerfolge sind<br />

nicht abhängig von Unterrichtsausfall<br />

und Klassengröße“) bilden.<br />

Oder andersrum gedacht: Eigentlich<br />

sind diese Erkenntnisse genial, zeigen<br />

sie doch, dass sich die Lernbereitschaft<br />

von Kindern und Jugendlichen<br />

auch nicht von den schlechtesten<br />

Bedingungen trüben lässt. Da<br />

hat die Wissenschaft der Politik eine<br />

wunderbare Vorlage für den Landtagswahlkampf<br />

geliefert: Das leidige<br />

Thema Unterrichtsausfall ist vom<br />

Tisch, denn der ausfallende Unterricht<br />

ist ja der schlechte, und der, der<br />

nicht ausfällt, ist der gute.<br />

Lange, lange ist es her, dass wir als<br />

linke Studenten den „bürgerlichen<br />

Wissenschaftlern“ vorwarfen, sie ließen<br />

sich von den Interessen ihrer<br />

Auftraggeber in ihren Erkenntnissen<br />

leiten. Also, nix mit objektiver Wissenschaft<br />

und so …<br />

Warum ich Dreiminustypen mag<br />

Manchmal haben auch andere Zeitungen<br />

gute Ideen. Ende Oktober<br />

war in der „Rheinpfalz“ das Ergebnis<br />

einer demoskopischen Umfrage<br />

zu lesen, bei der die Leistungen des<br />

Beck´schen Kabinetts nach Schulnoten<br />

zensiert wurden. Während der<br />

Ministerpräsident durch die große<br />

Sympathie bei älteren Semestern mit<br />

2,5 am besten abschnitt, erzielte niemand<br />

aus der Ministerriege eine bessere<br />

Zensur als „drei“. Gar mit „drei<br />

minus“ lag Bildungsminister Zöllner<br />

im hinteren Drittel des Feldes.<br />

Kein Grund, sich zu grämen, Herr<br />

Minister! Ich finde: Drei minus ist<br />

eine Traumnote. Aus der Erfahrung<br />

eines fünfzigjährigen Lebens, in dem<br />

ich gerade mal 12 Jahre außerhalb<br />

der Schule verbrachte, kann ich ohne<br />

Heuchelei sagen: „Dreiminustypen<br />

sind Klasse - ich bin nämlich selbst<br />

einer!“ Bitte auch nicht sauer sein,<br />

dass nicht mal ein Drittel der Befragten<br />

Sie nach der Wahl wieder gerne<br />

in Ihrem schweren Amte sähe: Die<br />

meisten <strong>GEW</strong>-Leute will überhaupt<br />

niemand in einer verantwortlichen<br />

Position!<br />

Dreiminustypen sind cool: Der Abstand<br />

nach unten, wo es gefährlich<br />

werden könnte, ist weit genug, um<br />

unbesorgt den wirklich interessanten<br />

Dingen des Lebens nachgehen zu<br />

können, und die spielen sich bekanntlich<br />

außerhalb der Schule ab.<br />

Weiter nach oben rutschen wollen<br />

echte Dreiminustypen gar nicht,<br />

auch wenn sie es könnten. Das bedeutete<br />

ja einen gewaltigen Verlust<br />

an Lebensqualität und hieße pauken<br />

und schleimen. Bei uns früher waren<br />

die Ehrgeizlinge nie angesehen:<br />

Gute Fußballer, Jungs, die bei den<br />

Mädels locker landen konnten, mit<br />

schicken Autos durch die Gegend<br />

kurvten oder mit provokativen Polit-Sprüchen<br />

die Spießer hochnahmen,<br />

das waren unsere Kings.<br />

Ich sehe schon die erhobenen Zeigefinger:<br />

„Aber, aber, so kann man<br />

als Lehrer nicht mal im Spaß reden,<br />

es geht doch nicht um Noten, es geht<br />

um Lebenschancen.“<br />

In der Tat. Aber kein Problem für<br />

Dreiminustypen. Wenn ein bestimmter<br />

Schnitt mal gebraucht<br />

wird, wandelt sich ein waschechter<br />

Das Allerletzte / Schulgeist<br />

Nein, das kann doch nicht stimmen,<br />

sagen wir inzwischen. Dennoch: Wir<br />

würden gerne die Probe aufs Exempel<br />

machen und finanzieren deshalb<br />

aus unserem üppigen Redaktionsetat<br />

einen Forschungsauftrag. Wir möchten<br />

wissenschaftlich analysieren lassen,<br />

wie sich die Reduzierung der<br />

Bildungsbürokratie sowie der erziehungswissenschaftlichen<br />

Lehrstühle<br />

(Kurzname für unser Projekt in<br />

MBWW-Lyrik: „Rebell“) um die<br />

Hälfte auf die Qualität der Arbeit<br />

von Lehrkräften auswirkt. Stimmt<br />

unsere Annahme, dass es dann zu<br />

einer umgekehrt proportionalen<br />

Steigerung der Schulqualität käme?<br />

Bewerbungen mit der ausführlichen<br />

Beschreibung der angestrebten Erkenntnisse<br />

sind bis zum 1. April<br />

2001 an die <strong>GEW</strong>-Zeitung, PF 22<br />

02 23, 67023 Ludwigshafen, zu senden.<br />

Günter Helfrich<br />

Dreiminustyp ruckzuck zum Einserkandidaten.<br />

Aber eben nur wegen<br />

des Schnitts und nicht aus Prinzip.<br />

Ich kann das auch beweisen: Meine<br />

Spitzenmitschüler haben es alle nicht<br />

weit gebracht, gerade mal zu Lehrern<br />

oder höchstens zu Landtagsabgeordneten.<br />

Mein bester Jugendfreund dagegen,<br />

der Prototyp des Dreiminusmannes,<br />

ist heute als Promiarzt einer<br />

der erfolgreichsten Männer in<br />

unserer Stadt, ganz zu schweigen von<br />

anderen, die von der Schule flogen<br />

und dennoch Chefredakteur, Inhaber<br />

eines Gourmettempels etc. wurden.<br />

Also, nehmen wir die Zensuren nicht<br />

zu ernst. Weil wir das nicht tun, hier<br />

nun das Weihnachtsgeschenk an unsere<br />

<strong>GEW</strong>-Mitglieder: Eine gewisse<br />

Frau Eva Luation hat uns gebeten,<br />

die folgende Umfrage (siehe Seite<br />

36) durchzuführen. Wir bitten um<br />

zahlreiche Teilnahme, damit wir in<br />

der ersten Zeitung des neuen Jahres<br />

auch ein aussagekräftiges Resultat<br />

vorstellen können.<br />

Vielen Dank im Voraus<br />

Günter Helfrich<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00<br />

35


<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Beilage zur E&W<br />

<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Neubrunnenstraße 8 · 55116 Mainz<br />

Telefon: 06131-28988-0 • FAX 06131-28988- 80<br />

E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-RLP.de<br />

Schulgeist<br />

Unser Weihnachtsgeschenk:<br />

<strong>GEW</strong>-Mitglieder benoten PolitikerInnen<br />

Gute PädagogInnen benoten nur dann, wenn ihnen eine ausreichende Zahl an Leistungsnachweisen<br />

vorliegt. Sollte dies im einen oder anderen Fall nicht so sein: bitte den Namen streichen!<br />

Ob eine verbale Beurteilung, die wir als progressive Menschen natürlich bevorzugen, hinzugefügt<br />

wird, bleibt den BeurteilerInnen überlassen. Falls ja: bitte kurz fassen. Zum Beispiel so: „Sie war sehr<br />

fleißig, hat aber leider nie auf die Ratschläge der LehrerInnen gehört und deshalb das Klassenziel<br />

verfehlt“.<br />

Ministerpräsident Beck<br />

Zensur: ............................<br />

Verbale Beurteilung: _________________________________________<br />

_________________________________________<br />

_________________________________________<br />

Oppositionsführer Böhr<br />

Zensur: ............................<br />

Verbale Beurteilung: _________________________________________<br />

Minister Zöllner:<br />

Zensur: ............................<br />

_________________________________________<br />

_________________________________________<br />

Verbale Beurteilung: _________________________________________<br />

Staatsekretärin Ahnen<br />

Zensur: ............................<br />

_________________________________________<br />

_________________________________________<br />

Verbale Beurteilung: _________________________________________<br />

Ministerin Götte<br />

Zensur: ............................<br />

_________________________________________<br />

_________________________________________<br />

Verbale Beurteilung: _________________________________________<br />

_________________________________________<br />

_________________________________________<br />

Einsendeschluss: letzter Schultag im Jahre 2000! Wie immer werden unter den Einsendern<br />

Preise verlost, die genauso sinnlos sind wie die meisten Weihnachtsgeschenke!<br />

Absender: ......................................................................................................................................<br />

36 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 00

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