Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV
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Anders als die Verbindungen durch Falzen und Löten<br />
entsprach die Rollentechnik, ohne scharfe Kanten, besser<br />
den Materialeigenschaften von Zink. Die Methode<br />
wurde in Belgien und Frankreich dennoch nur etwa bis<br />
<strong>zur</strong> Mitte des 19. Jahrhunderts benutzt. Im deutschsprachigen<br />
Raum hingegen wurde sie auch noch in der zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts angewandt.<br />
Die ersten Bedachungstechniken mit Zink zeigten<br />
eine Reihe von Schwächen des neuen Materials, welche<br />
sich durch die Materialeigenschaften von Zink erklären<br />
lassen.<br />
Abb. 3, Verbindung über Rollen nach der Lütticher Bedachungsart,<br />
Schema und Isometrie<br />
1 Zinkblech, 2 Haft, 3 Holzschalung<br />
Die so genannte Lütticher Bedachungsart stellt vermutlich<br />
die erste Variante der Blechverbindung über<br />
Rollen dar (Abb. 3). Man bog hierfür Platten an den<br />
Seiten röhrenförmig in jeweils entgegengesetzter Richtung<br />
um. Diese Enden wurden dann, vergleichbar der<br />
Bleitechnik mit Rollen, miteinander verbunden. In vertikaler<br />
Richtung wurden die Bleche durch rückseitig angelötete<br />
Zinkstreifen gehalten. Die Querverbindung der<br />
Bleche erfolgte durch einfache Überlappung. Über die<br />
Abmessungen der Rollenverbindung liegen keine Angaben<br />
vor. Man kann jedoch vermuten, dass die Rollen<br />
einen Durchmesser von etwa 2 cm hatten.<br />
Bei einer weiteren Form, der Verbindung durch doppelte<br />
Rollen, rollte man an den Längsseiten der Bleche in<br />
entgegengesetzter Richtung auf. Es entstanden so zwei<br />
parallele Rollen, die nun mit einem weiterem Element,<br />
einem ebenfalls gerollten Zinkblech, abgedeckt wurden.<br />
Diese Verbindung war etwa 2 cm hoch und 4 cm breit.<br />
(Abb. 4)<br />
Eigenschaften des Werkstoffs Zink<br />
Bei der Betrachtung des Werkstoffs Zink ist grundsätzlich<br />
zu beachten, dass es sich bei dem <strong>im</strong> 19. Jahrhundert<br />
eingesetzten Material noch nicht um die heute verwendete<br />
Legierung Titanzink, sondern nur um Zink handelte.<br />
Aber auch der damals benutzte Herstellungsprozess<br />
in einem Ofen war anders als das heutige Verfahren der<br />
Elektrolyse. So erreichte man bei der Herstellung des<br />
Metalls nicht die heute mögliche Reinheit.<br />
Die Dichte von Zink beträgt 7,2 g/cm3 und liegt<br />
unterhalb der von Eisen. Die bei Zinkblechen beobachtete<br />
starke Bewegung ist durch die thermisch bedingte<br />
Längenausdehnung begründet. Der Koeffizient hierfür<br />
beträgt etwa 3,0 mm/m/100k und liegt noch über dem<br />
bereits hohen Wert von Blei. Da Temperaturunterschiede<br />
ständig auftreten, musste eine starre Verbindung, wie<br />
die des Lötens, nach einiger Zeit versagen.<br />
Zinkbleche können parallel <strong>zur</strong> Walzrichtung weniger<br />
gut als quer zu dieser gebogen werden. Das bedeutet,<br />
dass ein Versagen des Materials be<strong>im</strong> Biegen in Richtung<br />
des Walzens eher auftreten wird. Die Verbindung<br />
mit stehenden Falzen erforderte ein Biegen in dieser<br />
Richtung um 180°, was wiederum die bei dieser Technik<br />
aufgetretenen Probleme erklärt.<br />
Bei 155°C erreicht die Dehnbarkeit des Werkstoffs<br />
ihr Max<strong>im</strong>um und n<strong>im</strong>mt bei höheren Temperaturen<br />
wieder ab. Aber nicht nur eine Überhitzung, z. B. bei<br />
Lötarbeiten, war be<strong>im</strong> Arbeiten mit Zink zu vermeiden,<br />
auch niedrige Temperaturen unterhalb von 15°C führten<br />
be<strong>im</strong> Biegen zum Brechen des Materials.<br />
Genau wie das heute verwendete Titanzink bildete<br />
auch das Zink des 19. Jahrhunderts an der Atmosphäre<br />
eine Patina. Trotz dieser Eigenschaft konnte das Metall<br />
aber unter best<strong>im</strong>mten Umständen korrodieren, so z. B.<br />
durch Weißrostbildung infolge andauernder Wassereinwirkung<br />
oder durch Kontaktkorrosion in Verbindung<br />
mit Kupfer.<br />
Techniken, Systeme und Produkte in der zweiten Hälfte<br />
des 19. Jahrhunderts<br />
Vor allem ab Mitte des 19. Jahrhunderts bildete sich eine<br />
Reihe weiterer Techniken und Systeme heraus, welche<br />
nun die Eigenschaften des Metalls Zink berücksichtigten<br />
und somit eine dauerhafte Bedachung ermöglichten.<br />
Grundsätzlich lassen sich dabei handwerkliche Techniken<br />
und industrielle Systeme unterscheiden.<br />
Abb. 4, Verbindung mit doppelten Rollen, Schema und Isometrie<br />
1 Zinkblech, 2 Haft, 3 Holzschalung<br />
Wulstenfalz<br />
Diese handwerkliche Bedachungsmethode, welche nur<br />
in deutschen Quellen beschrieben wird, stellt die Blechverbindung<br />
mit einem Wulstenfalz dar (Abb. 5). Seit<br />
wann sie verwendet wurde, lässt sich nicht genau be-<br />
<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 1/2011 21