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Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV

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Das erste Falzziegelmodell<br />

der Gebrüder Gilardoni, der<br />

Rautenfalzziegel oder Herzziegel,<br />

1841<br />

Er wurde <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Verband<br />

verlegt, war 41 cm<br />

lang und 24 cm breit und<br />

bei einer Lattenweite von<br />

32,5 cm wurden etwa 14<br />

Stück pro qm Dachfläche<br />

benötigt. Der Rautenziegel<br />

besaß eine einfache Kopf<br />

und Seitenverfalzung und<br />

in der Mitte seiner großen<br />

Mulde eine rauten- bzw.<br />

doppelherzförmige Erhebung,<br />

die sich am Fuß <strong>zur</strong><br />

Hälfte wiederholt. Diese<br />

Erhebung – das Herz oder<br />

die Raute – gab den Anstoß,<br />

daß man diesen Ziegel<br />

<strong>im</strong> Volksmund bald als<br />

Herzziegel oder Herzfalzziegel<br />

bezeichnete. Später<br />

stellte sich heraus, daß die beiden Erhebungen in der<br />

Mulde des Ziegels einen erheblichen Gleitwiderstand<br />

gegen das Abrutschen des Schnees bilden, weshalb der<br />

Herzziegel in schneereichen Gegenden bis heute gerne<br />

als sog. Schneefangziegel verwendet wird.<br />

Nach dem Rautenziegel entwickelten die Brüder Gilardoni<br />

noch zwei weitere Modelle: den Pariser-Falzziegel<br />

mit einer durchgehenden Mittelrippe und den Altkircherziegel,<br />

auch Elsässer Ziegel genannt, mit glatter,<br />

breiter Mulde. Diese beiden Modelle wurden außer Verband,<br />

mit durchlaufenden Fugen verlegt.<br />

Vom Elsaß aus verbreitete sich die Falzziegelherstellung<br />

zunächst in Südfrankreich, ab 1857 auch in<br />

Deutschland und ab 1863 in der Schweiz, Österreich,<br />

Spanien, Belgien usw. Erster Falzziegelfabrikant in<br />

Deutschland war Carl Ludowici, der ab 1857 in Enshe<strong>im</strong><br />

bei St. Ingbert den Herzziegel herstellte. Dies war<br />

naheliegend, denn der Patentschutz war abgelaufen und<br />

viele Alternativen gab es nicht.<br />

Nun war der Herzziegel von Gilardoni der Prototyp<br />

des Falzziegels und als solcher noch sehr unvollkommen.<br />

Schon Carl Ludowici hatte versucht, den Herzziegel zu<br />

verbessern, in dem er einen zweiten Seitenfalz vorsah.<br />

Der entscheidende Wurf gelang aber erst seinem Sohn<br />

Wilhelm Ludowici, der sich ab 1879 mit der Neukonstruktion<br />

eines Falzziegels befaßte. Das Ergebnis war der<br />

Muldenfalzziegel Z1, für den ihm am 7. Mai 1881 das<br />

Deutsche Reichspatent Nr. 16757 erteilt wurde. Dieses<br />

Falzziegelmodell markiert den Beginn einer Entwicklung,<br />

die für die deutsche Dachziegelindustrie insgesamt<br />

von eminenter Bedeutung war.<br />

Falzziegel, links der Muldenfalzziegel Z1 mit Stufenfalz von<br />

Ludowici, rechts der Doppelfalzziegel<br />

Der Erfolg des Z1 war so durchschlagend, daß er<br />

nach dem Verfall des Patents 1896 von den meisten<br />

Dachziegelwerken fast unverändert und unter der gleichen<br />

Bezeichnung vertrieben wurde. Aber schon vorher<br />

waren, um das Patent von Ludowici zu umgehen,<br />

Falzziegel auf den Markt gekommen, die sich äußerlich<br />

kaum von den Ludowici-Falzziegeln unterschieden und<br />

lediglich eine andere, einfachere Verfalzung aufwiesen.<br />

Am bekanntesten ist der Doppelfalzziegel, der anstelle<br />

des Stufenfalzes einen durch Aneinanderfügen von zwei<br />

einfachen Falzen entstandenen Doppelfalz aufwies.<br />

Reformpfanne<br />

Um 1909 entwickelte Ludowici die Reformpfanne<br />

Z1b, die mit ihrer Kopf- und<br />

Seitenverfalzung genau dem Muldenfalzziegel<br />

Z1 entspricht, deren Ziegelsichtfläche jedoch<br />

eine breite, gerade Mulde bildet. Die Vorteile<br />

des Falzziegels sollten so mit der Schönheit<br />

der Pfanne verbunden werden. Zunächst wurde<br />

der Z1b als „Falzziegel Z1 ausgeführt als Pfannenziegel“<br />

definiert. Später kam die Bezeichnung<br />

„Reformziegel“ oder „Reformpfanne“ auf.<br />

Auch der Doppelfalzziegel wurde <strong>zur</strong> Pfanne<br />

umgestaltet. Je nachdem ob die Ausgangsbasis<br />

der Doppelmulden-Stufenfalzziegel oder der Doppelfalzziegel<br />

war, unterscheidet man heute zwischen der<br />

Volkspfanne, der Reformpfanne mit Stufenfalz und dem<br />

Rheinlandziegel oder Standardziegel, in Frankreich und<br />

der Schweiz Juraziegel genannt, der Reformpfanne mit<br />

Doppelfalz.<br />

Schmuckziegel<br />

Schmuckziegel sind besonders geformte oder verzierte<br />

Dachziegel, die <strong>zur</strong> dekorativen und ornamentalen<br />

Gestaltung des Dachs dienen. Sie finden sich fast ausschließlich<br />

an den Kanten des Dachs, also an Traufe,<br />

First, Grat und Ortgang, sowie auf Turm- und Helmspitzen.<br />

Die Entstehung der Dachschmuckziegel geht<br />

<strong>zur</strong>ück auf die griechische Tempelarchitektur der Antike<br />

etwa ab 700 v. Chr.<br />

In der 2. Hälfte des Historismus<br />

(ca. 1820-1910)<br />

entwickelte sich in Anlehnung<br />

an antike Vorbilder und<br />

unter Verwendung mittelalterlicher<br />

Motive, mit Stilelementen<br />

von Antike, Gotik,<br />

Renaissance und Barock,<br />

eine besonders große Anzahl<br />

von Schmuckziegeln, deren<br />

Gestaltung teils auch vom<br />

Jugendstil (ca. 1880-1920)<br />

Reformpfanne<br />

Schnitte durch die<br />

Reformpfanne,<br />

oben die Volkspfanne<br />

mit Stufenfalz,<br />

unten der<br />

Rheinlandziegel<br />

mit Doppelfalz<br />

Schmuckfirstziegel,<br />

oben: mittelalterliche<br />

Firstziegel<br />

unten: Firstziegel<br />

der Jugendstilzeit<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 1/2011 9

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