Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV
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Vera Oppermann<br />
Der Steinspalter – Plattenspalter<br />
Seltene <strong>Handwerk</strong>sberufe<br />
Der Beruf des Steinspalter bzw. des Plattenspalters,<br />
der uns hier <strong>im</strong> Schwerpunktheft über <strong>Dacheindeckung</strong>smaterialien<br />
besonders interessiert, entwickelte<br />
sich ursprünglich aus dem Berufsfeld des Steinbrechers.<br />
Das war die Berufsgruppe <strong>im</strong> Steinbruch, der die Aufgabe<br />
zukam, große transportfähige Blöcke aus dem anstehenden<br />
Gestein zu brechen.<br />
Aus dem Beruf des Steinbrechers entstand neben dem<br />
Beruf des Stein-/Plattenspalters noch der Steinschläger -<br />
für die Herstellung von Pflastermaterial - und der Steinhauer<br />
für die Spaltung und Zurichtung von Findlingen<br />
für den Haus- und Mauerwerksbau.<br />
Die Arbeit der Steinschläger und der Steinspalter<br />
fand in der Regel direkt <strong>im</strong> Steinbruch statt, weil bei<br />
beiden Tätigkeiten eine große Menge Abraum anfiel,<br />
der gleich <strong>im</strong> Bruch verbleiben konnte und nicht transportiert<br />
werden musste. Für den Steinspalter in einem<br />
Sandsteinbruch kam ein weiterer Faktor hinzu, der ihn<br />
<strong>zur</strong> Arbeit vor Ort zwang. Nur der Sandstein, der nach<br />
dem Abraum der darüberliegenden Sande usw. freigelegt<br />
war, eignete sich zum Spalten.<br />
Ein weiterer Grund sprach noch für die Bearbeitung<br />
des Materials direkt <strong>im</strong> Bruch. Bruchfrisches Material<br />
ließ sich wesentlich besser bearbeiten als Blöcke, die<br />
schon längere Zeit gelagert haben. Beachtet werden<br />
musste aber die Tatsache, dass frisch gebrochener Sandstein<br />
und auch Kalksteinmaterial frostempfindlich war.<br />
Das heißt, das Material musste bei heraufziehendem<br />
Winter frostsicher gelagert werden.<br />
Im Zusammenhang mit unserem Schwerpunktthema<br />
interessieren uns hier der Sandstein, der Kalkstein und<br />
der Schiefer, also <strong>Materialien</strong>, die für die <strong>Dacheindeckung</strong><br />
Verwendung gefunden haben.<br />
Diese drei <strong>Materialien</strong> wurden in Deutschland <strong>im</strong><br />
Tagebau gewonnen. In der Schweiz gibt es jedoch auch<br />
Beispiele für den Untertage-Abbau von Schiefer.<br />
Spalten von Platten am Beispiel von rotem Weser-<br />
Sandstein aus dem Solling<br />
Die Platten wurden je nach Vorkommen direkt per<br />
Hand aus der Wand gespalten. Ein weiteres Verfahren<br />
war das Schroten von spaltbaren Blöcken geschrotet<br />
durch Setzen von Keilbändern und Einbringung von Eisenkeilen,<br />
deren Flankendruck den eigentlichen Spaltvorgang<br />
bewirkt.<br />
Mit einem Spalteisen oder einer Spalthacke wurde die<br />
Platte schließlich abgetrennt. Die Plattenstärke betrug<br />
zwischen 1 cm und 8 cm. Die stärkeren Platten wurden<br />
zu Blockstufen, Sohlbänken, Stürzen und Bodenplatten<br />
verarbeitet. Der umsichtige Umgang mit dem Material<br />
hatte <strong>zur</strong> Folge, dass <strong>im</strong>mer größtmögliche Formate gewonnen<br />
wurden. Neben den Standardmaßen wie 30er,<br />
40er, 50er, 55er, 60er und 65er Breiten wurden auch<br />
<strong>im</strong>mer polygonale Platten aus dem Material gespalten,<br />
damit die Vorkommen opt<strong>im</strong>al ausgenutzt werden<br />
konnten.Die so gespaltenen Platten wurden mit einem<br />
Sprengeisen an der Oberfläche geglättet.Wenn es das<br />
Maß und die Breite der Platte erlaubten, eine Dachplatte<br />
herzustellen, wurde ein Eisenrahmen aufgelegt und<br />
die äußeren Umrisse des Rahmens mittels einer großen<br />
Reißnadel auf die Platte übertragen. War die Platte<br />
nicht für eine Maßplatte geeignet, wurde aus ihr eine<br />
Polygonalplatte. Der Anriss wurde dazu genau über eine<br />
Abschlusskante gelegt und mittels eines Hammerstils<br />
von oben abgeschlagen, also zugepasst.<br />
Im 19. Jahrhundert etablierte sich <strong>im</strong> Bereich des<br />
Sollingsandsteins die Herstellung von Schablonen-<br />
Sandsteinplatten, die sowohl als <strong>Dacheindeckung</strong>smaterial<br />
als auch hauptsächlich als Wandbehang-Platten<br />
Verwendung fanden. Die Platten wurden danach, geschützt<br />
durch Stroh oder seltener durch Holzwolle, auf<br />
Pferdeschubwerke verladen und zu den entsprechenden<br />
Baustellen-Verladestationen oder Großhändlern transportiert.<br />
Die Arbeitsbedingungen<br />
Im Solling waren die Sandsteinbrüche neben der<br />
Landwirtschaft der wichtigste Erwerbszweig. Viele<br />
Bauern betrieben einen Steinbruch <strong>im</strong> Nebenerwerb und<br />
sicherten damit ihre Existenz. Dies war mit der Arbeit in<br />
der Landwirtschaft oft schlecht in Einklang zu bringen,<br />
da in Steinbrüchen <strong>im</strong> Winter nicht gearbeitet werden<br />
konnte, solange Handarbeit vorherrschte. Schnee, Eis<br />
und die damit verbundene Rutschgefahr für Arbeiter<br />
verhinderten dies, auch froren die Blöcke am Boden an.<br />
Für körperlich leichtere Arbeiten wurden häufig<br />
Frauen und Kinder eingesetzt, deren Aufgabe es war,<br />
Abraum, Geröll und Erde von der Decke des Steinbruchs<br />
zu beseitigen und bei Transportarbeiten zu helfen.<br />
Die Arbeitszeit betrug in den Sommermonaten 10-<br />
12 Stunden. Häufig kam es zu schweren Unfällen durch<br />
nachrutschende Gesteinswände, verursacht durch Regen<br />
oder durch die beginnende Eisschmelze. Viele Steinbrucharbeiter<br />
erkrankten und starben an der Silikose,<br />
hervorgerufen durch quarzhaltige Gesteine.<br />
Ab 1889 gab es <strong>im</strong> Bayrischen Wald eine Steinhauerschule.<br />
1922 wurde eine Steinhauerschule in Hauzenberg<br />
eingerichtet. An beiden Schulen wurde der Unterricht<br />
<strong>im</strong> Winter und während des übrigen Jahres an den<br />
Wochenenden abgehalten.<br />
Was führte zum Niedergang des Spaltens?<br />
Der Niedergang ist in Deutschland eng verbunden<br />
mit der Stilllegung der meisten Steinbrüche. Diese Entwicklung<br />
lässt sich an drei Punkten festmachen:<br />
• ab 1870 spielten die Transportbedingungen durch das<br />
Aufkommen der Eisenbahn und durch verbesserte<br />
Schifffahrtswege eine geringere Rolle, d.h., unrentable<br />
Steinbrüche wurden schnell stillgelegt;<br />
• ab 1890 verstärkte sich die Mechanisierung in den<br />
Steinbrüchen durch den Einsatz Einsatz erster Spaltmaschinen<br />
und großformatiger Sägen <strong>zur</strong> Plattenherstellung;<br />
• ab 1920 entstand eine starke Konkurrenz durch billige,<br />
industriell hergestellte Ersatzmaterialien.<br />
Heute gibt es nur noch einige wenige Betriebe <strong>im</strong> Bereich<br />
Sandstein, Kalkstein und Schiefer, die in der Lage<br />
sind, handgespaltene Platten<br />
herzustellen. Umso mehr sollte<br />
es für uns eine Aufforderung<br />
sein, mit vorhandenem<br />
Material sorgsam umzugehen.<br />
Vera Oppermann<br />
ist Geschäftsführerin der Gebr. Oppermann<br />
Steinbruchbetriebe.<br />
E-Mail: oppermann@wesersandstein.com<br />
<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 1/2011 61