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GESETZ UND ZUM ZEUGNIS. - Licht und Recht

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Abschnitt IV. – Die Propheten. 35<br />

nehmen die Propheten einen fester umschriebenen Raum im Volksleben ein; sie wirken jetzt in dem<br />

Gefühl, dass es nicht mehr lange dauern wird; sie wirken, so lange es noch Tag ist. Ihr Wirken ist<br />

auch ein normaleres; sie schreiben auf, was sie von Gottes wegen zu verkünden haben; sie denken<br />

an die Nachwelt, <strong>und</strong> leben nicht mehr so ausschließlich in der Gegenwart, wie ihre Vorgänger, die<br />

Männer der Tat unter den Propheten. Durch ihre Schriften ist uns denn zugleich auch ein Abriss dessen,<br />

was jene Männer der Tat geleistet, überliefert worden. 29 Aus diesen Schriften lernen wir nun,<br />

dass die Propheten, deren Gedächtnis die Heilige Schritt uns bewahrt hat, Männer des Geistes waren,<br />

die zu ganz bestimmten Zeiten dazu berufen waren, Ausleger des göttlichen Wortes <strong>und</strong> Willens<br />

zu sein, <strong>und</strong> zwar waren sie immer zeitgemäß, ihr Handeln <strong>und</strong> Reden hatte Bezug auf die gegenwärtige<br />

Konfiguration der Dinge im Volk Gottes. Und gerade dieser zeitgemäße Charakter ihrer<br />

Handlungen <strong>und</strong> Reden macht sie schwer begreiflich für uns. Ferner sind sie alles andre, als Schönredner,<br />

Schmeichler oder Schwärmer, sie sind weit eher eine schwere Geißel für Alle, die krumme<br />

Wege liebten, ja zu Zeiten Jedermann verhasst. Ihr Theodidaktsein unterschied sie dabei vom Priester;<br />

der letztere hatte einen amtlichen Charakter, die Propheten einen außerordentlichen Beruf. Weihe<br />

oder förmliche Einführung bei dem Volk oder gar Erblichkeit des Berufs ist für sie nicht notwendig,<br />

wie beim Priester.<br />

Man könnte auch sagen: bei den Priestern kommt es mehr auf das Amt an, bei den Propheten auf<br />

die durch Gottes Geist über das gemein-menschliche Niveau emporgetragene Individualität. Von<br />

den Propheten haben wir allerlei herrliche Erzählungen, diese bekannten lichten Bilder im Alten<br />

Testament. Die Priester dagegen treten aus dem Schatten ihres amtlichen Daseins wenig heraus. Der<br />

Prophet tritt auf als ein Solcher, der Gewalt hat (vergl. Mt. 7,29), er heißt auch im Neuen Testament<br />

ein Mann Gottes; er ist im außerordentlichen Wege berufen für die Zeit, wo der M<strong>und</strong> der Priester<br />

<strong>und</strong> Leviten nicht ausreicht oder stumm ist. Wo das Wort Gottes im Lande teuer geworden oder wo<br />

kein König regierte, für solche Zeit erweckte Gott diese außerordentlichen Nothelfer. Diese Propheten<br />

stellen sich dar als die Organe des Geistes Gottes, durch die Gott in Israel gegenwärtig ist (z. B.<br />

Micha 3,8) <strong>und</strong> zwar behufs Züchtigung <strong>und</strong> Belohnung des Volkes. Das Gotteswort aus ihrem<br />

M<strong>und</strong>e ist nicht geringer als das Moses, denn das Neue, was sie bringen, fließt aus derselben Quelle,<br />

wie die Thora, teilweise ist es auf der Thora aufgebaut. Selbige lebendig zu erhalten, dienten die<br />

Propheten, 2. Kön. 17,13. Durch die ganze Geschichte der Könige hindurch tritt bald hier, bald da<br />

ein solcher Prophet auf, der mit einschneidender Rede die Lage der Dinge kritisiert <strong>und</strong> nach ihrem<br />

wahren Wert beurteilt. Der Faden der Prophetie ist nie abgerissen unter jenem alten Volke Gottes.<br />

Die Könige fürchteten sich vor ihnen, die Armen im Volke jubelten ihnen zu, denn sie waren ihre<br />

Helfer <strong>und</strong> Beschützer <strong>und</strong> hielten den Glauben aufrecht; die Wankenden richteten sie auf, indem<br />

sie in ihrer Person einen Mittelpunkt darboten, um den sich Andere sammeln <strong>und</strong> wo sie Stärkung<br />

finden konnten. Während die Priester meist stumme H<strong>und</strong>e waren, Hos. 4,1-10; Jes. 56,10 ff., <strong>und</strong><br />

ihr Amt schlecht verwalteten, erweckt Gott durch seinen Geist beständig Propheten, die gleich<br />

leuchtenden Gestirnen die Finsternis erhellen. Es ist wirklich nicht anders hier, als unter dem Volke<br />

Gottes nach Christus: eine Zeit, in der abermals dicke Finsternis auf der sichtbaren Kirche lastete,<br />

alsbald nach der Apostel Zeit, <strong>und</strong> nur hie <strong>und</strong> da ein M<strong>und</strong> sich öffnete, um Gottes Wahrheit zu<br />

verkündigen <strong>und</strong> Zeugnis abzulegen für das, was recht ist vor Gott. Nur freilich, dass gemäß des<br />

eminent innerlichen Charakters dieser neuen Ökonomie die Nachfolger jener alten Propheten noch<br />

weit weniger ins Äußere hinaustreten, als einst zur Zeit der alten Ökonomie.<br />

Wer demnach im Volke sich zum Glauben der Väter <strong>und</strong> zur Hoffnung Israels bekannte, der hielt<br />

sich zu diesen Propheten. Wir finden in der Not <strong>und</strong> Gefahr die Ältesten Samarias um Elisa versam-<br />

29 Vergl. zu obigem Problem neuerdings König, Offenbarungsbegriff des Alten Testaments, welcher sechserlei Momente<br />

für den höheren Beruf der Propheten namhaft macht (S. 104-210).

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