PDF Download - Laborwelt
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R E P O R T<br />
Mikroskopie<br />
Analyse der zellulären Dynamik<br />
durch digitale Lichtmikroskopie<br />
DIETER G. WEISS, SERGEI A. KUZNETSOV, LICHTMIKROSKOPIE-ZENTRUM, INSTITUT FÜR ZELLBIOLOGIE UND<br />
BIOSYSTEMTECHNIK, UNIVERSITÄT ROSTOCK<br />
ERHARD DÖRP, INGOLF MENN, KLINIK UND POLIKLINIK FÜR INNERE MEDIZIN, UNIVERSITÄT ROSTOCK<br />
HEINRICH KRAMBEER, KLAUS MICHEL, INSTITUT FÜR ALLGEMEINE ELEKTROTECHNIK, UNIVERSITÄT ROSTOCK<br />
GERALD GRÜMMER, AXEL BUDDE, HASOTEC, HARDWARE & SOFTWARE TECHNOLOGY GMBH, ROSTOCK<br />
WILLFRIED KRÖGER, TECHNOTRANS E.V., ROSTOCK<br />
Elektronische Lichtmikroskopie<br />
Untersuchungen der dynamischen Vorgänge<br />
in der Zellphysiologie erfordern mikroskopische<br />
Methoden, die Veränderungen der<br />
Lage und der Form von Zellbestandteilen<br />
oder der Konzentration von Substanzen als<br />
Bildsequenz aufzeichnen und analysieren.<br />
Analoge und digitale Videokameras am Mikroskop<br />
haben in Kombination mit analoger<br />
und digitaler Bildverarbeitung die Möglichkeiten<br />
der Lichtmikroskopie weit über die<br />
Grenzen erweitert, die dem Mikroskopieren<br />
mit dem Auge gesetzt waren. Dies führte zu<br />
dramatischen Verbesserungen der Auflösung,<br />
der Lichtempfindlichkeit und des Kontrastes.<br />
Zudem werden durch die Analyse<br />
der elektronischen Signale viele mikroskopische<br />
Verfahren zu quantitativen Meßmethoden.<br />
Diese „elektronische Revolution der Lichtmikroskopie“<br />
1 brachte uns die zahlreichen<br />
neuen Techniken der Videomikroskopie und<br />
der digitalen Mikroskopie. Neben Videokameras<br />
werden auch andere elektronische Systeme<br />
der Bildaufzeichnung am Mikroskop<br />
genutzt, vor allem besonders lichtempfindliche<br />
charge-coupled-device-(CCD)-Kameras<br />
und rasternde Lichtdetektoren, so daß heute<br />
vor allem folgende Verfahren der digitalen<br />
Lichtmikroskopie zur Verfügung stehen:<br />
die Video-Kontrastverstärkungs-Mikroskopie<br />
für höchste Auflösung,<br />
die Restlichtvideomikroskopie für Fluoreszenz<br />
und Lumineszenz-Anwendungen<br />
und<br />
die elektronische Rastermikroskopie für<br />
konfokale und 3D-Anwendungen.<br />
Nach analoger oder digitaler Aufzeichnung<br />
werden die Bilder vorverarbeitet und dann in<br />
Videofrequenz (25 Hz) oder schneller in<br />
schnellen digitalen Bildprozessoren durch<br />
digitale Kontrastverstärkung, digitale Hintergrundsubtraktion<br />
und digitale Filterungen<br />
verbessert.<br />
Zelluläre Dynamik<br />
sichtbar gemacht<br />
Gleichzeitig wird heute die Analyse der dynamischen<br />
Vorgänge in der Zelle immer wichtiger,<br />
sei es bei der Untersuchung der zellbiologischen<br />
Abläufe, ihrer Regelung durch Signalmoleküle,<br />
bei pathophysiologischen Veränderungen<br />
oder bei der Analyse der Auswirkungen<br />
genetischer Modifikationen in<br />
transfizierten Zellen. Die elektronischen Verfahren<br />
der Lichtmikroskopie erlauben heute<br />
das Visualisieren aller membranumgebenen<br />
Zellorganellen bis zu einer Größe von 40 nm<br />
und der Cytoskelettelemente bis zu einem<br />
Durchmesser von 20 nm. Damit können die<br />
intrazellulären Abläufe und ihre Mechanismen<br />
ebenso studiert werden wie die Eigenbewegungen<br />
der Zellen oder die Mikrozirkulation<br />
in den Kapillaren.<br />
Video-Mikroskopie in Kombination mit Hellfeld-,<br />
Interferenz-Kontrast- oder Polarisations-Mikroskopie,<br />
vor allem aber die von R.D.<br />
Allen entwickelte AVEC-DIC-(Allen videoenhanced<br />
contrast differential interference<br />
contrast)-Mikroskopie 2 machen die feinsten<br />
zellulären Details sichtbar und erlauben die<br />
Analyse ihrer Dynamik. So werden in geeigneten<br />
Eukaryontenzellen die Elemente des<br />
endoplasmatischen Retikulums, die Vesikel,<br />
Mitochondrien und Lysosomen ebenso sichtbar<br />
wie die Mikrotubuli und Aktinbündel, an<br />
denen sie durch Motorenzyme in der Zelle<br />
verteilt werden. Kolloidales Gold als Marker<br />
für Antikörper wird bis zu einer Größe von 5<br />
bis10 nm sichtbar und kann – an Antikörper<br />
gekoppelt – als Marker für die Bewegungen<br />
von Makromolekülen genutzt werden. So<br />
wurden die Motorenzyme entdeckt und ihre<br />
Rolle bei der Organellenbewegung entlang<br />
der Cytoskelettelemente aufgeklärt.<br />
Durch die Videomikroskopie kann die echte<br />
Auflösung um den Faktor 2 und die Sichtbarmachung<br />
kleiner Objekte um den Faktor 10<br />
verbessert werden. Dies wird deshalb erreicht,<br />
weil nur mit Kameras bei voller Nutzung der<br />
numerischen Apertur ohne Überstrahlung<br />
gearbeitet werden kann, und weil für elektronische<br />
Bilderzeugung Rayleighs Auflösungskriterium<br />
durch das vorteilhaftere Sparrow-<br />
Kriterium ersetzt wird. 3,4 Objekte, die kleiner<br />
als etwa 150 bis 200 nm sind, werden allerdings<br />
als Beugungsscheibchen vergrößert<br />
abgebildet und werden nur dann getrennt<br />
sichtbar, also aufgelöst, wenn sie einen Abstand<br />
von 200 nm voneinander haben.<br />
Deutliche Fortschritte hat es auch in bezug<br />
auf die Auflösung in der vertikalen oder z-<br />
Achse gegeben (optical sectioning). Während<br />
bereits die klassische Differentielle Interferenzkontrast-(DIC)-Mikroskopie<br />
eine Auflösung<br />
bis zu 300 nm brachte, kann diese im<br />
AVEC-Verfahren noch weiter auf etwa 150<br />
nm gesteigert werden. 3 In der Fluoreszenz-<br />
Mikroskopie ist die z-Auflösung relativ<br />
schlecht (ein bis mehrere Mikrometer); sie<br />
kann aber durch die konfokale Laserraster-<br />
Mikroskopie bis auf etwa 600 nm verbessert<br />
und durch die 2-Photonen-Mikroskopie sogar<br />
auf etwa 200 nm reduziert werden.<br />
Abb.1: Erfassen der<br />
Koordinaten von Zellorganellen<br />
einer Pflanzenzelle<br />
aus dem Live-<br />
Bild. Die Dimensionen<br />
der Objekte, die alle<br />
Auswahlkriterien erfüllen,<br />
sind in Länge und<br />
Höhe durch rote Fadenkreuze<br />
markiert. Der<br />
kleine Bildschirm rechts<br />
zeigt die akkumulierenden<br />
Datenpunkte der<br />
Objekte. Frame Grabber<br />
FG32PATH (HaSoTec<br />
GmbH, Rostock).<br />
Bildbreite 28 µm.<br />
Bewegungsanalysen<br />
Seit die digitale Mikroskopie die Darstellung<br />
der Zellorganellen erlaubt, besteht auch der<br />
Wunsch, die lebhafte Dynamik ihrer Bewegungen<br />
zu analysieren. So wurden Methoden<br />
entwickelt, diese Dynamik durch eine<br />
große Zahl von Parametern wie Geschwindigkeit,<br />
Geradlinigkeit, Länge der Bewegungsphasen,<br />
Richtungstreue und Richtungs-<br />
Kennziffer 13 LW 02/www.biocom.de Info <br />
6 | Nr. II/2001 |transkript LABORWELT